Veland
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Book preview
Veland - Gerhart Hauptmann
Kunst.
Dramatis personae
König Harald Schönhaar
Bödwild, seine Tochter
Ai, Ingi, seine Söhne
Jarl Gunnar
Atli, Jäger
Bui, Boddi, Strandwächter
Veland
Ketill, Schafhirt
Mannen des Königs Harald
Erster Akt
Die Schafinsel. Eine flache Ödenei mit spärlichem Graswuchs. Zwischen Blöcken der Eingang in die Werkstatt Velands. Diese selbst ist unterirdisch. Erster und zweiter Strandwächter, Bui und Boddi, schwer bewaffnet, langsam den Strand abschreitend.
Bui
O widerwärtig schauderhafter Dienst, den uns
Harald, der König, aufhalst: immer nur den Strand
von dieser wüsten Insel abzuschreiten.
Boddi
Er
straft uns. Zwar weiß ich nicht, womit wir es versehn
und seine Gnade uns verscherzten; doch wir sind
verbannt, so viel ist sicher.
Bui
Heißt es auch, daß wir
bestellt sind, Veland zu bewachen, dieses Vieh,
das einem Menschen kaum von ferne ähnlich ist:
wir selbst sind die Gefangnen!
Boddi
Und bei alledem
erpreßt man noch von uns den Zoll der Dankbarkeit;
denn, sagt man, dieses Untier zu bewachen, ist
der Tüchtigste, der Tapferste kaum gut genug.
Und eine Last von Ehren sei auf uns gehäuft,
indem man uns zum Wächteramte auserwählt.
Wahrlich, ich wüßte keine Last, die ich so gern
ins Meer versenken würde.
Bui
Aus der Seele hast
du mir gesprochen, Bruder. Oder legte endlich doch
auf andre Harald unsre ehrenvolle Last!
Boddi
Als König würd' ich töten diese Nachtgeburt
Veland! Ich bin ein Krieger zwar, und, weiß es Gott,
Furcht hat sich mir im Schlachtgetümmel nie genaht;
allein, sooft ich diesen bleichen Unhold, dies
gelähmte Scheusal, diesen fürchterlichen Schmied
erblicke, läuft es eisig übern Rücken mir.
Ja schon, wenn seine Höhle in der Nähe ist.
Und dabei heißt es, daß er unsern König haßt
und nur das Leben deshalb trägt, um sich an dem
zu rächen, der so furchtbar ihn verstümmelt hat.
Wer aber tat das?
Bui
König Harald, niemand sonst.
Boddi
Und wo und wie geschah es? Weißt du's, sag es mir.
Bui
Im Wolfstal. König Harald hatte sich im Herbst
mit vielen seiner Mannen dorthin aufgemacht.
Sie ritten viele Tagereisen, ehe sie
am Fuße des Gebirges waren, drin es liegt.
Und manche Tagereise klommen sie hinan,
eh sie das Tal erreichten. Selten nur betritt
das abgelegne, felsumschloßne Menschenfuß,
und außer Atli, der des Königs Koppel führt,
kennt nur der Bär, der Adler nur den Weg dorthin.
Und, sagt man, böse Geister.
Mitteninne nun
im Tal liegt, ewig unbewegt, ein kleiner See.
Die Flut ist grundlos! Und am Ufer fanden wir
die Höhle Velands, aufgetürmt wie diese hier.
Rauch stieg aus ihrem Dache.
Boddi
Also warest du
auch damals von der Fahrt.
Bui
Und nie vergess' ich sie.
Boddi
Und merkte Veland euer Nahn? Des Luchses Ohr
hört nicht so fern Geräusche, als sie seines hört,
und keines Hundes Witterung war je so fein
als seine. Und sein Auge blicket adlerweit.
Bui
Es sollte wohl uns übel ausgeschlagen sein,
wenn er daheim war, der an Kraft ein Riese ist.
Allein, verlassen glimmte nur im leeren Haus
der Herd und sandte durch die Esse dünnen Rauch.
Wir traten unbehindert in das Innre ein. –
O Himmelsvater, welch ein Reichtum glänzte da
dem Jarl ins Auge! Aus geschwärzter Wölbung hing,
auf Lindenbast gereiht, der Ringe goldner Hort:
Armring und Fußring, Zauberring und Siegelring.
Die Last war groß und für zwölf Rosserücken wohl
zu schwer. Solch eine Goldlast sah ich nie seitdem.
Vergessen war da ganz im Augenblick die Jagd.
Was war uns jetzt der Höhlenbär und jedes Wild
außer das goldne: die bequeme Beute, die
uns ohne Hatz und ohne Kampf ins Eisen sprang
und jede Faust besinnungslos zum Raube trieb.
Allein, Jarl Harald hatte kaum die Wut erkannt,
als er mit harter Stimme jeden Griff verbot
ins fremde Gut des Schmiedes, und er sagte so:
»Der Schmied gilt mehr als hundertfach des Schatzes Wert,
ihn und nicht Gold, das doch von Hand zu Händen geht,
sollt ihr mir fangen und zu ew'ger Knechtschaft mir
heimschleppen. Dann erst nehmt, was er im Hause hat,
und teilt es nach gerechtem Spruche unter euch!« –
Und so geschah's. Wir hielten lange lauernd uns
versteckt im Hinterhalt, bis Veland endlich kam.
Da zagte mancher, der ihn sah und der das Wild,
den Bären, sah, der seine breite Schulter kaum
zu drücken schien, so ungebunden war sein Schritt.
Denn damals stand er ja noch aufrecht, war noch nicht
wie jetzt durch König Haralds List verstümmelt und verschrumpft.
Boddi
Geschah das gleich, durchschnitt man gleich die Sehnen ihm
an seiner linken Ferse und am rechten Knie?
Bui
Wir banden ihn, als er ermüdet von der Jagd
in unerwecklich tiefem Schlafe röchelnd lag.
Und erst hier auf dem Holm, als man die Fesseln ihm
abnahm, damit er durch die Werke seiner Kunst
sich nützlich mache, hat man ihm den Fuß gelähmt.
Boddi
Sein Los ist bitter. Und mich kommt es bitter an,
des vordem Freien schmähliche Gefangenschaft
bewachen, drin zum Tiere er entartet ist.
Doch sieh, dort kommt des Königs Jäger, Atli, her.
Wer hat sein Boot ihm durch des Sundes Eis gezwängt
Und wichtig muß die Botschaft sein, die er uns bringt.
Atli
ist eilenden Schrittes herangekommen
Ahoi, ihr Männer! Seid ihr's wirklich? Seid
ihr die Strandwächter, die ich suche, oder
nur wieder Schatten, die im Nebel schwinden?
Bui
Wir sind die Wächter, Bui und Boddi, fürchte nichts.
Boddi
Wer Bui und Boddi trifft, der ist in guter Hut.
Was aber, Atli, willst du auf dem Holme wohl
jagen? Denn weder Bär noch Eber gibt es hier.
Hier haust nur Seegevögel, und du wärest nie
ein Mann, der gerne Vögel oder Fische fing.
Atli
Wie gerne fing' ich Fisch und Vogel und
was für ein zahmes Wild ihr immer wollt,
müßt' ich nur nicht auf dieser Wildspur keuchen,