Er gab seiner Mutter ein Versprechen: Dr. Laurin 129 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Als Henrik Paulsen seine Mutter in die Prof.-Kayser-Klinik brachte, war er von bangen Ahnungen erfüllt. Er war selbst Arzt, wenn auch gerade erst fertig geworden mit dem Studium. Und wenn es um die eigene Mutter ging, verschloss man gern die Augen vor Symptomen, denen man sonst sehr ernste Bedeutung beimaß. Aber Henrik wollte sichergehen.
Er setzte seine ganze Hoffnung auf Dr. Laurin. Vor Tagen hatte er schon ein langes Gespräch mit ihm geführt, und so war Dr. Leon Laurin auf die neue Patientin vorbereitet.
Er kannte Gisela Paulsen noch nicht persönlich. Sie lebte in der Nähe von Stuttgart, und Henrik hatte sie nur schwer dazu überreden können, sich in der Prof.-Kayser-Klinik untersuchen zu lassen.
»Was du nur hast«, hatte sie immer wieder gesagt, »die Beschwerden kommen und gehen. Ich bin eben noch in den Wechseljahren. Du machst dir viel zu viele Gedanken.«
Sie schwor auf ihren Hausarzt, und der hatte ihr gesagt, dass ihr nichts Ernsthaftes fehle. Es wären nur Abnutzungserscheinungen und rheumatische Schübe.
Henrik hatte sich nicht mit ihm anlegen wollen. Er hatte seiner Mutter aber sehr eindringlich gesagt, dass man mit dreiundfünfzig Jahren so schmerzhafte Abnutzungserscheinungen noch nicht haben dürfe und er davon auch nicht überzeugt sei.
Als sie ihm dann auch noch zögernd eingestand, dass sie sich vor den Vorsorgeuntersuchungen gedrückt hätte, waren seine Befürchtungen noch stärker geworden.
»Du kannst mir jetzt doch auch was gegen die Schmerzen verschreiben, da du nun deinen Doktor hast«, sagte sie bestimmt.
»Dann müsstest du dich erst von mir untersuchen lassen, Mutti«, hatte er erklärt, aber sie hatte heftig
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Er gab seiner Mutter ein Versprechen - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 129 –
Er gab seiner Mutter ein Versprechen
Patricia Vandenberg
Als Henrik Paulsen seine Mutter in die Prof.-Kayser-Klinik brachte, war er von bangen Ahnungen erfüllt. Er war selbst Arzt, wenn auch gerade erst fertig geworden mit dem Studium. Und wenn es um die eigene Mutter ging, verschloss man gern die Augen vor Symptomen, denen man sonst sehr ernste Bedeutung beimaß. Aber Henrik wollte sichergehen.
Er setzte seine ganze Hoffnung auf Dr. Laurin. Vor Tagen hatte er schon ein langes Gespräch mit ihm geführt, und so war Dr. Leon Laurin auf die neue Patientin vorbereitet.
Er kannte Gisela Paulsen noch nicht persönlich. Sie lebte in der Nähe von Stuttgart, und Henrik hatte sie nur schwer dazu überreden können, sich in der Prof.-Kayser-Klinik untersuchen zu lassen.
»Was du nur hast«, hatte sie immer wieder gesagt, »die Beschwerden kommen und gehen. Ich bin eben noch in den Wechseljahren. Du machst dir viel zu viele Gedanken.«
Sie schwor auf ihren Hausarzt, und der hatte ihr gesagt, dass ihr nichts Ernsthaftes fehle. Es wären nur Abnutzungserscheinungen und rheumatische Schübe.
Henrik hatte sich nicht mit ihm anlegen wollen. Er hatte seiner Mutter aber sehr eindringlich gesagt, dass man mit dreiundfünfzig Jahren so schmerzhafte Abnutzungserscheinungen noch nicht haben dürfe und er davon auch nicht überzeugt sei.
Als sie ihm dann auch noch zögernd eingestand, dass sie sich vor den Vorsorgeuntersuchungen gedrückt hätte, waren seine Befürchtungen noch stärker geworden.
»Du kannst mir jetzt doch auch was gegen die Schmerzen verschreiben, da du nun deinen Doktor hast«, sagte sie bestimmt.
»Dann müsstest du dich erst von mir untersuchen lassen, Mutti«, hatte er erklärt, aber sie hatte heftig protestiert.
Dann fing sie davon an, dass sie endlich nach Rumänien fahren wollte, um nach ihren Verwandten zu suchen und die Gräber ihrer Eltern zu besuchen.
»Du hast es mir versprochen, Henrik, wenn du mit dem Studium fertig bist«, beharrte sie.
»Wir fahren, wenn du dich gründlich untersuchen lässt. Ich kann es nicht verantworten, dass du in diesem Land, in dem die medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist, zusammenbrichst.«
»Ich werde nicht zusammenbrechen«, hatte sie behauptet, aber sie hatte schließlich doch eingewilligt, die Untersuchung vornehmen zu lassen.
Schon während der dreistündigen Autofahrt – Henrik fuhr sehr vorsichtig – zeigte Gisela Paulsen immer wieder Anzeichen von Schwäche.
Henrik musste sie dennoch bewundern, wie beherrscht sie blieb.
Nun waren sie am Ziel, und Gisela Paulsen blickte sich erstaunt um.
»Das ist ja eine ganz moderne Klinik«, stellte sie voller Bewunderung fest. »Das muss sehr viel gekostet haben. Ich wünschte, du könntest dir auch mal so etwas aufbauen.«
»Ich bin froh, wenn ich praktizieren kann und eine gute Stelle finde, Mutti.«
»Vielleicht kannst du hier eine bekommen«, meinte sie.
Er war froh, dass sie jetzt friedlich gestimmt war, und dann zeigte sie sich sichtlich beeindruckt von Dr. Laurin, der es meisterhaft verstand, beruhigend auf sie einzuwirken, als sie wieder damit anfing, dass Henrik sich viel zu große Sorgen mache.
Schon nach der ersten Untersuchung wusste Dr. Laurin, dass diese Sorgen mehr als begründet waren. Es fiel ihm nur schwer, Henrik dies mitzuteilen.
»Es tut mir leid«, begann er vorsichtig, und Henrik wurde noch eine Spur blasser.
»Es ist also Krebs«, sagte er tonlos.
»Im fortgeschrittenen Stadium. Und wie es aussieht, könnten wir auch mit einer Uterusamputation nichts mehr ausrichten. Aber wir werden sie noch hierbehalten und ihr das Gefühl geben, dass nicht alles vergeblich ist.«
Henrik nickte zustimmend. Er brauchte Zeit, um eine Antwort zu finden.
»Sie wollte es ja nicht wissen«, sagte er leise. »Sie ist ganz auf Abwehr eingestellt. Und wenn ich ihr sagen würde, dass eine rechtzeitige Untersuchung es nicht so weit hätte kommen lassen, würde es das auch kaum nützen. Sie will unbedingt nach Rumänien fahren, aber das kann ich doch nicht verantworten.«
»Das wird auch nicht mehr möglich sein. Es ist erstaunlich, wie sie sich hält. Sie ist eine starke Frau.«
»Und eine eigensinnige. Sie hat sehr viel durchgemacht. Ich habe ihr unendlich viel zu verdanken. Sie verstehen, wie mir zumute ist?«
»Ich verstehe Sie sehr gut. Ich möchte Ihnen anbieten, hierzubleiben, falls Sie nicht anderweitige Verpflichtungen haben. Es könnte Ihrer Mutter helfen.«
»Sehr gern würde ich bleiben. Ich bin Ihnen unendlich dankbar für Ihr Entgegenkommen, Dr. Laurin.«
»Wir können immer Hilfe brauchen. Leider müssen wir mit unseren Mitteln haushalten und können nicht noch mehr qualifizierte Ärzte einstellen, aber Zeitkräfte nützen uns auch.«
»Ich will keine Bezahlung. Ich kann hier dazulernen, und dafür bin ich dankbar. Ich hätte nur nicht gedacht, dass ausgerechnet meine Mutter mein erster schwerer Fall sein würde.«
Henrik Paulsen war jung, erst siebenundzwanzig. Er hatte glänzende Zeugnisse und seinen Doktor cum laude gemacht. Er hatte keine Zeit vergeudet wie so viele Studenten.
Dr. Laurin war durch Professor Rödemer auf ihn aufmerksam gemacht worden, als sie sich anlässlich eines Ärztekongresses trafen. Rödemer war der Doktorvater von Henrik, und er wusste von den Sorgen, die dieser sich um seine Mutter machte. So war Leon Laurin mit dem jungen hochbegabten Kollegen bekannt geworden.
Er konnte ihn gut einschätzen und wusste, dass Henrik ein Arzt ganz nach seinen Vorstellungen war. Gerade in letzter Zeit war Dr. Laurin wieder mit einigen Kollegen konfrontiert worden, den er am liebsten die Approbation abgesprochen hätte. Er hatte keinerlei Verständnis dafür, wenn als Kunstfehler hingestellt wurde, was schlicht und einfach Versagen war. Es machte ihn zornig, wenn es dann auch noch vertuscht wurde.
Er fragte Henrik nach seinen Zukunftsplänen, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Gynäkologe würde er wohl nicht werden wollen, da er seine Mutter nicht helfen konnte.
»Momentan weiß ich es noch nicht«, gab Henrik offen zu. »Neurochirurgie oder auch die Genforschung würden mich interessieren. Aber wie es auch kommen mag – ich müsste zuerst Mutters Wunsch erfüllen und in ihre Heimat fahren, auch wenn sie mich nicht mehr begleiten kann. Ich bin es ihr schuldig. Es war immer ihr größter Wunsch. Sie ist in Bukarest geboren. Mein Großvater hat dort bis zu seinem Tod als Arzt praktiziert. Sie haben schwere, aber auch schöne Zeiten dort erlebt, und Mutter wollte so gern noch einmal alte Freunde und auch Verwandte besuchen. Jetzt wäre es möglich.«
»Aber auch nicht gerade erfreulich«, meinte Dr. Laurin. »Vielleicht wäre Ihre Mutter enttäuscht und traurig zurückgekehrt.«
»Sie hat als junges Mädchen viel Trauriges erlebt, aber sie hat sich dennoch die Erinnerung an ihre Heimat bewahrt, obwohl es ihr hier viel besser ging. Es mag sein, dass der frühe Tod meines Vaters dazu beigetragen hat, dass sie mehr in der Vergangenheit lebte.«
»Aber es ging ihr hier doch gut«, sagte Dr. Laurin zögernd.
»Sehr gut sogar, aber sie dachte dabei immer an die anderen, denen es in Rumänien nicht so gut ging. Viele Pakete schickte sie, aber die meisten erreichten nicht den Empfänger. Auch das stimmte sie traurig. So wollte sie an Ort und Stelle sehen, wo sie helfen könnte.«
Er fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wollte er aufkommende Gedanken wegwischen.
»Darf ich jetzt zu meiner Mutter gehen?«, fragte er.
»Selbstverständlich. Sie hat eine Injektion bekommen und wird sich wohlfühlen.«
»Dann will sie bestimmt gleich wieder nach Hause«, meinte Henrik besorgt.
»Sie können ihr ja sagen, dass es ihr noch