Seelsorge: Ein Leitfaden
Von Andreas von Heyl
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Buchvorschau
Seelsorge - Andreas von Heyl
Andreas von Heyl
Seelsorge
Ein Leitfaden
Impressum
© KREUZ VERLAG
in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.kreuz-verlag.de
Umschlaggestaltung: agentur Idee
Umschlagmotiv: © Corbis
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (Buch) 978-3-451-61240-4
ISBN (E-Book) 978-3-451-80252-2
Inhalt
Einleitung
1. Seelsorge – erste Annäherungen
2. Seelsorge als Sorge um die Lebendigkeit
3. Hauptamtliche und ehrenamtliche Seelsorge
4. Seelsorgliche Kompetenz
5. Gesundheit und Krankheit
6. Menschen in Krisensituationen
7. Kommunikation
8. Wahrnehmen und Annehmen
9. Sehen und Hören
10. Sprechen
11. Die Bedeutung der Gefühle
12. Die Ambivalenz
13. Sich einfühlen
14. Die geistliche Dimension
15. Fehler und Fettnäpfchen
16. Kranke besuchen
17. Die Frage nach dem Leid
18. Trösten
19. Zu sich kommen
20. Die erste uns anvertraute Seele ist unsere eigene
Einleitung
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie haben sich dieses Buch zum Thema Seelsorge gekauft oder ausgeliehen, vielleicht haben Sie es auch geschenkt bekommen. Das heißt, Sie sind jemand, der sich für Seelsorge interessiert oder von dem man weiß, dass Sie sich dafür interessieren. Vielleicht können Sie einfach gut zuhören und in Ihrem Bekanntenkreis spürt man, dass man bei Ihnen auch einmal sein Herz ausschütten kann. Unter Umständen werden Sie an Ihrem Arbeitsplatz manchmal von Kollegen¹ angesprochen, die sich in Schwierigkeiten fühlen. Womöglich kommen Sie häufiger mit Menschen, die in Not sind, in Kontakt, als Mitarbeiterin im Besuchsdienst, bei der Tafel für mittellose Menschen, bei der Bahnhofsmission, bei der Betreuung von Asylbewerbern oder bei anderen diakonischen Aktivitäten. Eventuell sind Sie aber auch in irgendeiner Form noch stärker und direkter in der Seelsorge engagiert, als ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Klinikseelsorge, beim Hospizverein, in der Altenheimseelsorge oder bei der Telefonseelsorge.
Dieses Buch möchte Ihnen ein kleiner Leitfaden sein für die Dinge, die bei einer seelsorglichen Tätigkeit wichtig, bedenkens- und beachtenswert sind. Es kann und will jedoch in keiner Weise eine praxisbezogene Seelsorgeausbildung ersetzen. Die Fähigkeit, seelsorglich tätig zu werden, ist zwar auch ein Charisma, eine Begabung, die der einen mehr und dem anderen weniger gegeben ist. Die professionell ausgeübte Seelsorge ist vor allem aber ein »Handwerk«, das man lernen muss – und kann. Deswegen verlangt die Kirche von denen, die in ihrem Auftrag seelsorglich tätig sind, dass sie sich für diese Tätigkeit ausbilden lassen. Für die Hauptberuflichen erfolgt diese Ausbildung in der Regel nach dem abgeschlossenen Theologiestudium im Rahmen so genannter »KSA-Kurse« (Klinische Seelsorge-Ausbildung bzw. Kommunikations- und Seelsorge-Ausbildung). Während dieser Kurse sind die Teilnehmenden mehrere Wochen in einer Ausbildungsgruppe zusammen und üben innerhalb dieser Gruppe und in einem Praxisfeld, normalerweise einer Klinik, die seelsorgliche Haltung und Gesprächsführung ein. Die Klinik wird als Praxisfeld gewählt, weil man dort am intensivsten mit Menschen in Kontakt kommt, die sich in vielerlei Notlagen befinden.
Wer ehrenamtlich in der Seelsorge tätig werden möchte, wird vor der Entsendung in den Dienst in der Regel einen »KESS-Kurs« (Kurs für ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger) oder einen »KSPG-Kurs« (Kurs für seelsorgliche Praxis und Gemeindearbeit) besuchen.² Die Kosten werden weitgehend von der Kirche bezuschusst. Für die seelsorgliche Arbeit in einer Klinik oder einem Altenheim ist der Besuch eines solchen Kurses ebenso Voraussetzung wie die Absolvierung bestimmter Spezialkurse für die Mitarbeit im Hospizverein oder in der Telefonseelsorge.
Wenn man nun aber Seelsorge nur durch die Praxis und im Rahmen spezieller Schulungsprogramme lernen kann, wozu dann dieses Buch? Weil jede Art von Praxis auch ihre theoretische Begleitung und »Unterfütterung« braucht. Wer etwas tut, muss wissen, warum er es tut, und warum er es gerade so und nicht anders tun sollte, damit es wirksam wird. Wer auf Menschen zugeht, die sich in Not befinden, sollte zumindest ein Stück weit ahnen, wie es sich anfühlt, wenn man sich in einer Notlage befindet. Er bzw. sie sollte wissen, welche Form der Begegnung hilfreich ist und welche Fettnäpfchen man meiden sollte. Wer seelsorglich tätig sein möchte, sollte ein Gefühl dafür entwickeln, was die Seele eines Menschen braucht und was nicht, was das Herz eines Menschen öffnet und was es verschließt. Insofern möchte ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, mit diesem Buch einen Begleiter für Ihre seelsorgliche Praxis an die Hand geben, in dem Grundaufgaben und Grundzüge einer hilfreichen Seelsorge beschrieben sind und ein wenig der Horizont umrissen wird, unter dem Seelsorge geschieht. Ich konzentriere mich in meinen Beispielen vor allem auf den Besuch im Krankenhaus. Die angesprochenen Dinge haben aber auch bei allen anderen Formen von Besuchsdienst ihre Gültigkeit. Gleiches gilt für die konfessionelle Gebundenheit. Die Zielgruppe dieses Buches sind ehrenamtlich Mitarbeitende in der evangelischen Kirche. Seine Aussagen sind jedoch ebenso auf Mitarbeitende in der katholischen Kirche oder in einer Freikirche übertragbar.
1. Seelsorge – erste Annäherungen
Was ist das eigentlich: Seelsorge? Stellt man Menschen diese Frage, kommt heraus, dass die meisten eigentlich wissen, was Seelsorge ist. Sie können es nur nicht so gut in Worte fassen. Wir spüren, ob uns ein Mensch guttut, ob uns ein Wort oder ein Gespräch weiterbringt oder ob das Gegenteil passiert. Wir sagen: Da ist jemand, mit dem ich reden kann. Wir wissen, an wen wir uns wenden würden, wenn wir in einer schwierigen Lebenssituation sind, und wem wir da lieber aus dem Weg gehen. Wir erinnern uns, wann wir in unserem Leben Seelsorge gebraucht und bekommen haben, wer dann da war und sich um unsere Seele »gesorgt« hat, uns gab, was in diesem Moment für unseren inneren Menschen wichtig war. Ebenso erinnern wir uns, wann und von wem wir enttäuscht worden sind. Solche negativen Erfahrungen bleiben lange im Gedächtnis.
Die Bibel – ein Seelsorgebuch
Das Wort »Seelsorge« kommt so in der Bibel nicht vor. Aber in einer Vielzahl von biblischen Geschichten geschieht das, was wir als Seelsorge bezeichnen. Im Grunde genommen ist die ganze Bibel ein einzigartiges Seelsorgebuch, das fortwährend davon erzählt, wie Gott, Jesus und dann auch die Apostel seelsorglich am Menschen handeln bzw. gehandelt haben. Diese seelsorgliche Dimension der Bibel hat der ehemalige Leipziger Professor für Praktische Theologie, Jürgen Ziemer, einmal schön beschrieben. Er unterscheidet zwischen: »Seelsorge der Bibel, Seelsorge mit der Bibel und Seelsorge in der Bibel«.³ In der ersten Perspektive wird die Bibel als die zentrale Ur-Kunde der Seelsorge gesehen, als das Buch, in dem von Anfang bis Ende die Rede ist von Gottes Liebe zu den Menschen und seiner Sorge um ihre Seele, um ihr Wohl und ihr Heil. Die zweite Perspektive betrachtet die Bibel als eine reichhaltige Sammlung von Erzählungen und anderen Texten, die Menschen trösten und ermutigen können – und als solche in der Seelsorge Verwendung finden. In der dritten Perspektive kommt in den Blick, wie Gott, die Propheten, Jesus und die Apostel Menschen im Einzelnen seelsorglich begegnet sind. Daraus können wir für unsere heutige Art, Seelsorge zu betreiben, viel lernen. Allerdings geht es nicht um simple Imitationsversuche. Wir sind weder Jesus noch Paulus. Aber an der Art und Weise, wie in den biblischen Geschichten im Sinne Gottes und Jesu mit Menschen umgegangen wird, richten sich die Grundwerte der christlichen Seelsorge aus.
Die Psalmen: Seelsorgliche Poesie
Die Psalmen sind eine ganz eigene »Seelsorgeliteratur«. Es handelt sich um eine Sammlung von bildstarken und emotionalen Gebeten und Liedern, die vielen Menschen aus dem Herzen sprechen, nicht zuletzt auch darum, weil die dunkle und leidvolle Seite des Menschseins darin nicht verschwiegen wird. Die Beter, die vor bald dreitausend Jahren ihre Gefühle in Worte kleideten, bringen Erfahrungen zum Ausdruck, die auch wir Heutigen noch machen:
»Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Knochen haben sich voneinander gelöst; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs.« (Psalm 22,18)
»Meine Tage sind vergangen wie ein Rauch, und meine Gebeine sind verbrannt wie von Feuer. Mein Herz ist geschlagen und verdorrt wie Gras, dass ich sogar vergesse, mein Brot zu essen. Mein Gebein klebt an meiner Haut vor Heulen und Seufzen. Ich bin wie die Eule in der Einöde, wie das Käuzchen in den Trümmern. Ich wache und klage wie ein einsamer Vogel auf dem Dache. Denn ich esse Asche wie Brot und mische meinen Trank mit Tränen.« (Psalm 102,4–10)
Aber nicht nur leidvolle Empfindungen werden in den Psalmen zur Sprache gebracht, sondern auch die tiefe Gewissheit des Geborgenseins bei Gott, etwa im 23. Psalm, wo der Beter bekennt:
»Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.«
Oder im 139. Psalm:
»Herr, du erforschest mich und kennest mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege. Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüsstest. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen.«
Wieso kann man solche Texte als seelsorglich bezeichnen? Viele Menschen, damals wie heute, tun sich schwer damit auszudrücken, wie ihnen ums Herz ist. Die Psalmen bieten Worte an, mit denen das gelingt. Worte, mit denen man einem anderen Menschen sagen kann: »Schau her, genau so geht es mir. So sieht es in meinem Inneren aus.« Worte, mit denen man auch ein Gebet formulieren kann: »Sieh, Vater im Himmel, so wie dem Beter im 102. Psalm geht es mir. Hilf mir!« oder: »Ich fühle mich so geborgen bei dir, wie es im 139. Psalm aufgeschrieben ist.« Menschen, die sich in Not befinden, aber auch viele, die ein starkes Gottvertrauen in sich spüren, fühlen sich von diesen Betern verstanden. Sich von einem anderen Menschen verstanden zu fühlen ist eine der wichtigsten Erfahrungen in der Seelsorge.
Gottes Sorge um uns als Grund unserer Seelsorge
Vom Standpunkt des Glaubens aus kann man sagen: All unsere menschliche Seelsorge ist im Grunde nichts anderes als die Konsequenz der göttlichen Seelsorge, der Tatsache, dass wir Gott am Herzen liegen. Er hat den Menschen als sein Gegenüber geschaffen und ihm diese wunderbare Erde als Heimat gegeben. Er hat sich ihm in liebender Sorge zugewandt, bedingungslos und absolut. Seine Liebe zu den Menschen gipfelt im Tod Jesu am Kreuz. Die Folge ist, dass Menschen, die sich Gott verbunden wissen, sich nun auch ihrerseits anderen Menschen in liebender Sorge zuwenden. In der Bibel werden für diese Zuwendung verschiedene Worte gebraucht, z.B. Trösten, Ermahnen, Zurechthelfen, Beistehen, Füreinander-Sorge-Tragen, einander Dienen. Das Wort »cura«, das in der lateinischen Bibel oft in diesem Zusammenhang gebraucht wird, hat eine doppelte Bedeutung: »Sorge; sorgen; sich kümmern« und: »Heilung; am Prozess der Heilung mitarbeiten«. Wo Menschen sich um andere Menschen kümmern, verringert sich deren Kummer. Wo Menschen sich um andere Menschen sorgen, beginnt der Prozess der Heilung.
»Allgemeine« und »spezielle« Seelsorge
In der Kirchengeschichte begann man bald zu unterscheiden zwischen der Seelsorge, die durch den gesamten Dienst der Kirche am Menschen geschieht, vor allem durch Wortverkündigung, Sakramentsverwaltung, Diakonie und Unterricht (lateinisch: cura animarum generalis), und der speziellen Seelsorge (cura animarum specialis), dem explizit seelsorglichen Handeln im jeweiligen Einzelfall.
Nach wie vor betrachten die führenden Vertreter der Amtskirche die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Sakrament als wichtigste Aufgabe der Kirche. Die Menschen, die in den großen Kirchenumfragen der letzten Jahrzehnte zu Wort kommen, sehen das anders. Für sie rangieren an der ersten Stelle dessen, was sie von der Kirche erwarten, Seelsorge und Diakonie. Die Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung: Die Kirche soll sich der Menschen mit ihren inneren und äußeren Nöten annehmen. Dazu ist sie da. Tut sie das nicht, braucht man sie nicht. Wenn sie es aber tut, kommt ja die Verkündigung auch zu ihrem Recht. Seelsorge und Diakonie sind letztlich nichts anderes als die »tätige« Verkündigung des Evangeliums der Liebe Gottes zu den Menschen. Das Wort Gottes kommt hier zwar nicht so zur Sprache wie in einem Gottesdienst oder einer Unterrichtsstunde. Aber es ereignet sich, es geschieht der Wille Gottes, wenn jemand einem anderen zuhört oder ihm Gutes tut.
Dilettantische Seelsorge brüskiert und verletzt
Weil Seelsorge tiefe Schichten der Persönlichkeit eines Menschen erreicht, werden durch sie auch tiefe Wirkungen erzielt, durch gute Seelsorge gute, durch schlechte Seelsorge schlechte. Immer wieder einmal erleben Seelsorgende, dass ihnen Menschen von ihrer tiefen Enttäuschung mit der Kirche erzählen, etwa, weil ein Pfarrer sie vor vielen Jahren durch eine barsche Äußerung brüskiert hat, oder weil er eine gewünschte Amtshandlung aus formalistischen Gründen abgelehnt hat. Ähnliche Frustrationen können entstehen, wenn sich der Hilfe- oder Ratsuchende vom Seelsorger falsch verstanden oder sogar