»Sie werden doch wohl nicht gerade Paula heißen...«: ... Erinnerungen einer Hamburger Familie ...
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Suzanne Jancke-Vent widmet sich der Geschichte ihrer Familie mütterlicherseits, die aus dem Schanzenviertel stammt und später in Niendorf einen Großhandel für zoologischen Bedarf führte. Es ist eine Reise in eine Welt, die so in Hamburg nicht mehr zu existieren scheint.
Reinhard Jancke
Reinhard Jancke wurde 1938 in Hamburg geboren und kann sich mit Fug und Recht als waschechter Hamburger bezeichnen. Er ist Unternehmer durch und durch und das familieneigene Unternehmen »Gebr. Jancke GmbH« ist für ihn mehr als nur ein Geschäft, es ist eine Herzensangelegenheit. Er beschreibt turbulente Zeiten, die mit vielen Tränen und geschäftlichen Niederlagen einhergingen. Diese wurden jedoch mit Tatkraft, Fleiß und einem starken Glauben an das Gelingen gemeistert.
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Book preview
»Sie werden doch wohl nicht gerade Paula heißen...« - Reinhard Jancke
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
von Suzanne Jancke-Vent
Die »Appels« und die »Janckes«
von Reinhard Jancke
Hamburger durch und durch ...
von Suzanne Jancke-Vent
Firma & Familie
von Reinhard Jancke
Vorwort
von Suzanne Jancke-Vent
»Paula«: das ist meine Oma Paula, und derjenige der diesen »charmanten« Satz zu ihr gesagt hat, war mein Opa Kurt. Ganz in der Nähe übrigens, in der Bartholomäus-Therme hier in Barmbek, bzw. Winterhude. Ich wohne, nach langer Abwesenheit auch wieder in Winterhude, wie ein Großteil meiner Familie väterlicherseits es seit Jahrzehnten tut.
Meine Oma war ein großes Kommunikationstalent, wie man heute sagen würde, gesellig, gut gelaunt und optimistisch. Genau wie mein Papa übrigens, der unsere Familien- und Firmengeschichte, auf den Aufzeichnungen meiner Oma basierend, vor ein paar Jahren ganz altmodisch mit der Schreibmaschine niederschrieb. Auf seine typische Art, authentisch und urhamburgisch. Es waren turbulente Zeiten, die er hier beschreibt. Die mit vielen Tränen und geschäftlichen Niederlagen einhergingen, jedoch mit Tatkraft, Fleiß und einem starken Glauben an das Gelingen gemeistert wurden.
Das war allerdings nicht nur in meiner Familie väterlicherseits der Fall sondern auch mütterlicherseits. Mein Opa Henry besaß das Talent, aus Dreck Geld zu machen. Mit Schnauze, Herz und guten Ideen kämpfte er, der – ebenso wie meine Oma Hilde – aus kleinsten Verhältnissen aus dem Schanzenviertel stammte, sich durchs Leben. Es ging also auch bei Oma Hilde und Opa Henry bergauf und bergab. Dort wo einst vierzig Jahre lang ihr Geschäft am Rande des Niendorfer Moores florierte, befindet sich heute die U-Bahnstation Niendorf-Nord. Es ist mir ein Herzensbedürfnis diese Geschichte auch zu erzählen. Viel Vergnügen beim Lesen eines kleines Stückchens Hamburg-Geschichte anhand zweier Familien.
Die »Appels« und die »Janckes«
von Reinhard Jancke
Da wir keinen Stammbaum haben, kein Familienwappen und auch nicht von Adel sind, muss ich etwas im Nebel stochern.
Da sind erstens die »Janckes«. Den alten Opa Max, Papas Vater, soll ich noch gekannt haben. Buchbinder. Schlimmer kann es nicht kommen. Das sind die Leute, die Seite auf Seite legen, kein Eselsohr und keinen Fettfleck dulden. Pedantisch, streng und humorlos. Die fünf Kinder, Karl, August, Emil, Kurt und Gertrud mussten Herr Vater sagen und beim Essen noch stehen. Hat Papa jedenfalls behauptet. August wurde Druckereidirektor in Finnland, Karl war Lektor bei Langenscheidt in Berlin, Emil fiel vom Dach, Gertrud weiß ich nicht, und Papa, der Jüngste, hintereinander: Buchbinder, Eisenkrämer, selbstständiger Ölkaufmann, unselbständiger Waldarbeiter, Arbeitsloser, wie damals sechs Millionen Deutsche. Dann mal bei der Hammonia Kerzenfabrik und bei den Fischölwerken Wesermünde. Wenn er am Wochenende zu seiner Freundin Paula nach Hamburg fuhr, hatte er immer ein Abteil für sich alleine. Hat er gesagt.
Zweitens die »Appels«: Unser Opa Willy Appel – Klempnermeister – Ehren- und Obermeister, ist mein Liebling. Klempnerlehrling und Geselle. Im ersten Weltkrieg in den Karpaten verwundet. Mit Ernst Thälmann die Schalmei geblasen und sich mit den »Braunen Horden« gekloppt. Ein Kommunist der ersten Stunde, natürlich aus Barmbek, wohnte damals in der Schmalenbeckerstraße. Vorsitzender von diversen Vereinen, 1905 Mitbegründer des Fußballvereins Helios Lloyd am Lübeckertorfeld. Immer gut gelaunt, großzügig, unternehmungslustig, möglicherweise meiner Oma Olga nicht immer ganz treu.
Drittens die »Bereiters«. Uropa Georg Bereiter kam aus Ungarn. Damit haben wir Paprika, Tokajer und Csárdás. War Maler, Dekorateur und Polsterer. Heute nennt man das Innenausstatter. Hatte neun Kinder, die so exotische Namen trugen wie Olga, Paula, Lene, Lisbeth, Mariechen, Dora, Anna, Toni und Georg. Besagte Olga traf dann auf den temperamentvollen Klempner Willy Appel. Die beiden hatten zwei Töchter: unsere Mutter Paula und ihre Schwester Edith. Die Wochenenden verbrachte man häufig auf dem Fußballplatz von Helios-Lloyd. Die Familie Appel zog 1927 in die Semperstraße, die Mädchen kamen auf die Schule Vossberg am Grasweg. Mein Mutter Paula hatte dort bei Herrn Rudolf Möller Unterricht. Wie ihre schulischen Leistungen waren, ist nicht bekannt, sie war eher eine sportliche und sehr selbstbewusste Frohnatur, die gern flirtete. Und sie liebte das Wasser, war eine begeisterte Schwimmerin und nahm an vielen Wettkämpfen teil. Möglicherweise traf sie dort auf ihre große Liebe:
Kurt Jancke traf die 17-jährige Paula Appel im Hallenbad Bartholomäusstraße. Papa, fast 10 Jahre älter, wollte Muttis Namen wissen. Den mochte sie nicht. »Nun ja«, platzte Papa raus, »Sie werden ja nicht gerade Paula heißen«. Das muss beide zum Lachen gebracht haben, denn man kam sich näher, sehr nahe sogar. Mutti war damals Lehrling bei der Maihak AG –