Ein Haus jenseits der Welt
Von Georgi Danailov
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Buchvorschau
Ein Haus jenseits der Welt - Georgi Danailov
Traubenschnaps
Wenn ich mir überlege, wie viele Dinge auf dieser Welt ich nicht
verstehe und wie viele ich niemals verstehen werde …
schrecklich. Zum Beispiel die Baseballregeln oder diese
Zeichen und Rufe der Börsenmakler!
Die große Übersiedlung
Bereits eine Woche später besaßen wir das Dokument über unser Eigentum. In ihm standen mein Name sowie die Bestätigung, dass ich ein Haus und eine Parzelle im schönsten Dorf der Welt besitze. Für mich war das ein aufwühlendes Ereignis. Niemals zuvor hatte ich das Gefühl kennengelernt, etwas zu besitzen, etwas mein Eigen zu nennen, über irgendein Besitztum verfügen zu können. Das hier, von hier bis hier und von dort bis dort, das gehört mir persönlich. Hier, diese alte stabile Pforte, diese fast meterdicken Feldsteinmauern und diese Veranda und dieser Baum auch. Ist das eine Kirsche? Freilich eine Kirsche, nur eine wilde. Und jener dort ist ein Apfelbaum, und diese beiden schwächlichen sind Pflaumenbäume … Und natürlich werde ich eine Kiefer pflanzen und eine Fichte und eine Tanne, und wenn ich dann anfange zu altern, werden sie das Haus überragen. Wie dumm, dass Bäume so langsam wachsen und der Mensch so schnell altert. Stellt euch nur mal vor – diese hundertjährigen Buchsbäume, sie gehören uns. Und ich werde Gras säen, keinerlei Gemüse, keinerlei Quatsch – einfach grünes Gras. Blumen natürlich, vor allem Rosen und Ringelblumen, vielleicht Margeriten … Es ist unangenehm, dass du immer warten musst, bis der Samen keimt; manchmal musst du monatelang darauf warten, bis er keimt und bis es dann endlich blüht, das Blümlein. Gott sei Dank werden auf dem Markt blühende Veilchen verkauft, mit Wurzeln, fertig zum Pflanzen, und Gänseblümchen und buschige Nelken … Das sind immerhin Heilmittel gegen die Ungeduld.
Ich bin im Sozialismus aufgewachsen und gelangte erst allmählich zu der Erkenntnis, dass das Streben nach Besitz dem Menschen angeboren ist, einfach biologisch vorbestimmt. Jedes lebende Wesen benötigt einen Bau. So auch ich. Jedes lebende Wesen braucht die Sicherheit seines Nestes, seiner Höhle, seines Eckchens. So auch ich. Erzählt mir nichts von den Fischen, auch sie haben ihre Wasser. Singen die Vögel im Frühjahr etwa allein aus Liebe? Nichts dergleichen – frühmorgens bei Sonnenaufgang zwitschern sie, treten in einen regelrechten Sängerwettstreit, dass es ihnen glatt die Herzen sprengt, denn sie wollen überall eines verkünden: Hier, dieser Busch, dieser blühende Zweig, dieses Gestrüpp – das ist mein, hier habe bereits ich mich niedergelassen, und bitte etwas Abstand! Privatbesitz! Es wird ohne Vorwarnung geschossen! Ein Philosoph würde sagen, der Mensch hat den größten Fehler begangen, als er einen Platz einzäunte und verkündete: »Das ist mein!« Nur Philosophen haben den Mut, großen Blödsinn auszusprechen. »Das ist mein!« zu sagen ist genauso wenig frevelhaft wie das Recht des Erstgeborenen. Er steht am Anfang des Lebens, und sein Hang nach eigenem Besitz ist natürlich. Genauso brauche auch ich einen eigenen Raum, der mich von der Welt abschirmen und sie eingrenzen wird. Der Plattenbau-Mensch ist geschädigt. Vielleicht unwiderruflich. Er hat sich daran gewöhnt, in einem Heim aus Beton zu leben und zu sterben, nur sollte als Folge dieser Anpassung nichts Gutes erwartet werden. Die negativen Auswirkungen werden zutage treten, und sie werden auch die nichts ahnenden nachfolgenden Generationen beeinflussen.
Obgleich alles erklärbar war, was in jenen Wochen, nachdem wir das verzauberte Dorf entdeckt hatten, geschah, mutete es dennoch geradezu unwahrscheinlich an. Plötzlich waren meine Freunde von einem Fieber befallen. Sie warfen sich in ihre Autos, und um den Preis von gebrochenen Stoßdämpfern und Gepäckträgern, von geplatzten Reifen, verkohlten Krümmern und überhitzten Motoren jagten sie dem Dorf zu, und zur größten Verwunderung der wenigen noch verbliebenen Einheimischen schoben sie sich durch die krummen Gassen, eilten durch die Häuser, erschienen auf Steindächern, versanken in verrotteten Dielen, ließen ihre Stimmen aus Löchern und hinter Bretterzäunen ertönen, bis sie nur noch erschöpft umherschlichen, mit wild flackerndem Feuer in den Augen.
– Diese Sofioter sind durchgedreht! – war die allgemeine Schlussfolgerung.
Nur die Misstrauischen flüsterten sich etwas anderes zu:
– Hier gibt es irgendeine Gaunerei, irgendetwas stimmt hier nicht, es muss etwas geben … Was nur?
– Das Gold! – sagte jemand geheimnisvoll.
– Welches Gold?
– Na sie haben mitbekommen, dass es im Dorf Gold gibt.
– Wo ist’s denn, dieses Gold?
– Es ist so, dass es im Dorf Gold gibt, es gibt welches. Kann gar nicht sein, dass es keins gibt. Hier liegt in jedem Haus Gold vergraben. Weil, als sie vor den Türken geflüchtet sind, und das ist nicht nur einoder zweimal passiert, da haben sie ihr Gold immer vergraben – es war gefährlich, es mitzunehmen, und sie haben sich überlegt, dass sie es, wenn sie eines Tages nach Hause zurückkommen, wieder ausgraben werden. Doch manche sind gar nicht zurückgekommen – entweder man hat sie hier in der Gegend unter die Erde gebracht, oder sie sind irgendwo in der Ägäis untergegangen. Andere waren vergesslich, kannst es glauben, sie rauften sich die Haare, wo sie es denn hingetan haben könnten, ihr Gold, und sie klopften und gruben sich tagelang durchs Haus. Hier, wie bei dem Joška seinem Großvater, der ist bekanntlich mit zwei Maultieren ins Dorf gekommen, zwei Ladungen Gold hat er dabeigehabt, das ist absolut sicher. Er hat es ja auch seiner Frau gezeigt und seinen Kindern, alle haben es gesehen, ist keine Lüge. Er hat also eines Tages die beiden Ladungen Gold in seinen Stall gebracht und den Seinen zugerufen: »Ich will hier jetzt niemanden sehen, trollt euch auf den Wies!« Und als sie am Abend zurückkamen, war von dem Gold und der ganzen Pracht nichts mehr zu sehen. Das heißt, der Opa hat es irgendwo zu Hause versteckt, denn draußen hätte man ihn ja sonst gesehen, wo doch hellerlichter Tag war. Und wie er es versteckt hat! Niemand hat es jemals gefunden. Niemand – weder die Polizei noch die Fremden, noch die Seinen.
– Aber als er starb, hat er da nichts hören lassen?
– Wer? Er? Nichts hat er hören lassen.
Und seitdem glaubt der Joška daran, dass er es noch finden wird, das Gold, früher oder später wird er es sicher finden …
– Er hat’s schon gefunden, wenn du mich fragst!
– Der Joška?
– Klar der Joška!
– Wie jetzt, er hat’s gefunden?
– Na ja so, einfach gefunden.
– Aber wenn er es gefunden hat, warum will er dann kein neues Haus, sondern bleibt noch immer in dem von seinem Großvater? Wenn er es gefunden hat, warum streift er wohl den ganzen Tag im Wald herum? Das sind zweihundert Kilo Gold, Mann. Ein Millionär wäre der Joška.
– Und die Polizei?
– Aber es ist doch seins, aus seinem Haus.
– Wenn sie ihn drankriegen, dann gibt’s weder dein noch mein. Erinnerst du dich noch an die Leute aus Skrebatno? Wie ist es ihnen denn ergangen, als sie die Goldstücke in dem tiefen Loch gefunden haben, wie denn? Die guten Leute brachten sie ehrlichen Herzens zur Miliz, zählten sie ihnen vor, soundso viel Goldstücke sind es, übergaben sie. Und was passierte dann? Was? Wo habt ihr die anderen versteckt, haben sie gerufen. Was für andere, wir haben doch alle hergebracht. Alle soll’n das sein? Und wie sie sie dann gepackt haben. Prügel! Prügel! Regelrecht durchgewalkt haben sie sie! Hat nicht viel gefehlt, und sie wären ins Gefängnis gewandert.
– Na ja, also wäre ich einer von der Miliz, ich hätte ihnen auch nicht geglaubt. Geht gar nicht, dass sie nicht etwas für sich behalten haben! Es gibt doch so ein Gesetz – alles, was sich einen halben Meter unter der Erde befindet, ist dem Staat seins.
– Einen Meter, einen.
– Na gut, dann eben einen Meter. Kann sein, dass auch du was auf deinem Feld findest – ist auch dem Staat seins.
– Und was war mit denen, die das eingefallene Haus gekauft haben?!
– Und?
– Na weißt du’s noch?
– Was soll ich noch wissen?
– Sie tauchten auf, erzählten, sie müssten noch Material holen – Balken, Dielen, Leitern; dann haben sie zwei Tage lang alles aufgerissen und Staub aufgewirbelt, und am dritten, da sind sie auf und davon. Sind nie wieder aufgetaucht. Haben die Bretter und Balken einfach dagelassen, überhaupt alles. Sie haben den Topf gefunden und dann – Fersengeld, ab durch die Mitte!
– Wenn du willst, frag den Hristo, wie das bei ihm war, als er den Rahmen seines Fensters ausbesserte, da ist ihm doch plötzlich die Latte abgebrochen, also die von ganz oben, und dahinter – ein Topf.
– Was denn für ein Topf?
– Was für einer, na so einer aus Ton. Ein Tontopf.
– Und drinnen?
– Drinnen Henkel! Leer war er.
– Und warum war er dann über dem Fenster eingemauert?
– Weil er irgendwann mal voll gewesen ist. Dann hatten es die Leute aber aus irgendeinem Grund mal eilig, haben ein Loch in den Boden geschlagen, die Goldstücke eingesammelt und die Latte wieder angenagelt. Wozu h