Vati, ich warte so auf dich: Sophienlust 131 – Familienroman
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Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Denise von Schoenecker, der die Sommerhitze normalerweise nichts anhaben konnte, fühlte sich unbehaglich. Sie war überzeugt, in dem großen Kaufhaus, in dem sie sich im Augenblick aufhielt, funktionierte die Klimaanlage nicht ordentlich.
Es herrschte ein ziemliches Gedränge, denn auf den Verkaufstischen stapelten sich die Sonderangebote. Zusätzlich aufgestellte Drahtkörbe mit besonders preiswerten Waren verengten die Durchgänge, sodass man kaum daran vorbeikam.
Irgendetwas hätte ich noch besorgen sollen, dachte Denise. Was war es bloß? Sie wollte stehenbleiben, wurde aber vorwärtsgeschoben.
Der Lärm und die schlechte Luft beeinträchtigten ihre Konzentrationsfähigkeit. Ach ja, jetzt fiel es ihr wieder ein. Nick brauchte neue Schwimmflossen. Wo befand sich eigentlich die Sportartikelabteilung?
Energisch bahnte sich Denise einen Weg zur Rolltreppe, neben der sich eine Orientierungstafel befand. Dabei kam sie an Ständern mit Wintermänteln zu unglaublich niedrigen Sommerpreisen vorbei. Der bloße Anblick dieser wärmenden Pracht machte ihr die herrschende Hitze noch unerträglicher. Endlich stand sie neben der Rolltreppe und stellte fest, Sportsachen gab es im dritten Stock.
Denise fuhr nach oben. Dort merkte sie erleichtert, dass in diesem Stockwerk wesentlich weniger Menschen anwesend waren als unten, sodass sie in Ruhe ein Paar Schwimmflossen aussuchen konnte. Dabei erinnerte sie sich, dass Henrik geklagt hatte, seine Taucherbrille sei undicht. Also entschloss sie sich, ihm eine neue zu schenken. Danach blieben ihre Blicke an buntgemusterten Badekleidern aus Frotteestoff hängen. Sie fand, dass diese Kleider für die Mädchen in Sophienlust sehr praktisch wären, wenn sie zum See gingen. Aber Kleider wollte Denise nicht kaufen, ohne dass die Mädchen Gelegenheit hatten, sie zu probieren. Deshalb suchte sie die
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Sophienlust (ab 351)
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Vati, ich warte so auf dich - Elisabeth Swoboda
Sophienlust –131–
Vati, ich warte so auf dich
…doch Anselms Vater ist mit einer anderen Frau verheiratet
Roman von Elisabeth Swoboda
Denise von Schoenecker, der die Sommerhitze normalerweise nichts anhaben konnte, fühlte sich unbehaglich. Sie war überzeugt, in dem großen Kaufhaus, in dem sie sich im Augenblick aufhielt, funktionierte die Klimaanlage nicht ordentlich.
Es herrschte ein ziemliches Gedränge, denn auf den Verkaufstischen stapelten sich die Sonderangebote. Zusätzlich aufgestellte Drahtkörbe mit besonders preiswerten Waren verengten die Durchgänge, sodass man kaum daran vorbeikam.
Irgendetwas hätte ich noch besorgen sollen, dachte Denise. Was war es bloß? Sie wollte stehenbleiben, wurde aber vorwärtsgeschoben.
Der Lärm und die schlechte Luft beeinträchtigten ihre Konzentrationsfähigkeit. Ach ja, jetzt fiel es ihr wieder ein. Nick brauchte neue Schwimmflossen. Wo befand sich eigentlich die Sportartikelabteilung?
Energisch bahnte sich Denise einen Weg zur Rolltreppe, neben der sich eine Orientierungstafel befand. Dabei kam sie an Ständern mit Wintermänteln zu unglaublich niedrigen Sommerpreisen vorbei. Der bloße Anblick dieser wärmenden Pracht machte ihr die herrschende Hitze noch unerträglicher. Endlich stand sie neben der Rolltreppe und stellte fest, Sportsachen gab es im dritten Stock.
Denise fuhr nach oben. Dort merkte sie erleichtert, dass in diesem Stockwerk wesentlich weniger Menschen anwesend waren als unten, sodass sie in Ruhe ein Paar Schwimmflossen aussuchen konnte. Dabei erinnerte sie sich, dass Henrik geklagt hatte, seine Taucherbrille sei undicht. Also entschloss sie sich, ihm eine neue zu schenken. Danach blieben ihre Blicke an buntgemusterten Badekleidern aus Frotteestoff hängen. Sie fand, dass diese Kleider für die Mädchen in Sophienlust sehr praktisch wären, wenn sie zum See gingen. Aber Kleider wollte Denise nicht kaufen, ohne dass die Mädchen Gelegenheit hatten, sie zu probieren. Deshalb suchte sie die Stoffabteilung auf, wo sie sich für einen gelb, orange und rot geblümten Frotteestoff entschied, von dem sie annahm, dass er den Kindern am besten gefallen würde. Morgen würde sie dann die Schneiderin anrufen und nach Sophienlust bestellen.
Denise überlegte, wie viel sie von dem Stoff benötigen würde. »Wenn ich pro Kind zwei Meter nehme«, rechnete sie halblaut, »neun mal zwei, das wären achtzehn Meter. Für Heidi und die kleineren Mädchen würde zwar auch etwas weniger genügen, umgekehrt aber schadet es nichts, wenn etwas als Reserve übrigbleibt. Ich möchte zwanzig Meter von diesem Frotteestoff hier«, sagte sie dann laut zu der Verkäuferin, die sie daraufhin ungläubig ansah und anzunehmen schien, dass sie sich verhört habe.
»Zwanzig Meter?«
»Ja, ich rechne für jedes meiner Mädchen zwei Meter. Das ergibt achtzehn Meter, und zwei Meter möchte ich als Reserve«, erklärte Denise etwas ungeduldig.
Die Verkäuferin betrachtete sie mit staunenden Blicken. Sie konnte nicht recht glauben, dass diese schlanke, jugendlich wirkende Frau neun Töchter und vielleicht noch wer weiß wie viele Söhne besitzen sollte. Natürlich wusste sie nicht, dass der Stoff für Denises Schützlinge in Sophienlust bestimmt war.
Die zwanzig Meter Frottee ergaben ein ziemlich schweres Paket. Denise überging im Geist noch einmal ihre getätigten Einkäufe und war nun überzeugt, nichts vergessen zu haben. Sie fuhr die Rolltreppen wieder hinunter und strebte dem Ausgang zu, um ihre Last möglichst schnell im Auto verstauen zu können. Doch knapp vor dem Ausgang geriet sie in ein Knäuel aufgeregt durcheinander redender Menschen. Alle ihre Versuche, sich Durchgang zu verschaffen, schlugen fehl. Sie vermochte nicht zu erkennen, was die Ursache dieses Auflaufs war, doch aus einigen Bemerkungen entnahm sie, dass eine alte Frau plötzlich zusammengebrochen war.
»Die Arme! Wie schrecklich!«
»Ich habe gesehen, was passiert ist. Sie ist einfach umgefallen. Ganz plötzlich.«
»Ein Glück, dass so schnell ein Arzt zur Stelle war.«
»Was fehlt der Frau?«
Denise hasste es, von einer Menge Neugieriger eingekeilt zu sein, aber sie konnte weder vor noch zurück. Doch jetzt hörte sie die Sirene eines Krankenwagens, und das Knäuel vor ihr geriet in Bewegung. Undeutlich nahm sie wahr, dass jemand auf einer Bahre abtransportiert wurde. Nun sah sie auch den Arzt, einen älteren Mann, der achselzuckend erklärte:
»Da war nichts mehr zu machen. Sie muss sofort tot gewesen sein. Meiner Meinung nach Gehirnschlag.«
Nachdem es nun nichts Sensationelles mehr zu sehen gab, verlief sich die Menge wieder. Denise hatte ihr Paket für einen Augenblick auf den Boden gestellt. Sie war durch den Stoffkauf und die Vorstellung, dass sich die Mädchen darüber freuen würden, froh gestimmt gewesen, aber der Tod der unbekannten alten Frau hatte diese Stimmung ins Gegenteil umschlagen lassen. Denise war nun traurig und deprimiert. Trotz der Hitze fröstelte sie. Seufzend wollte sie das Paket wieder aufnehmen, als sie hörte, dass jemand neben ihr leise, doch anhaltend schluchzte. Es gelang ihr unschwer, den Urheber dieses Geräusches festzustellen. Da stand ein kleiner, ungefähr fünfjähriger Junge, zusammengesunken, mit bebenden Schultern. Von seinem Gesicht war nichts zu erkennen, denn er hielt den Kopf gesenkt. Denise sah nur seine blonden, glatten halblangen Haare. Doch niemand kümmerte sich um das Kind. Die Leute hasteten alle vorüber.
»Warum weinst du? Was ist denn geschehen?«, fragte Denise den Jungen.
Ihre Stimme schien ihn trotz des sanften Tons zu erschrecken, denn er zuckte zusammen und warf ihr aus verquollenen Augen einen schüchternen Blick zu. »Meine Großmutti ist fort«, würgte er, von neuerlichem Schluchzen geschüttelt, hervor. Er schnupfte auf und fuhr sich mit dem Handrücken über die Nase.
Denise öffnete ihre Handtasche und holte ihr Taschentuch hervor. Damit putzte sie ihm die Nase und versuchte, auch seine Augen zu trocknen, doch die Tränen rannen ihm immer von neuem über die Wangen.
»Komm, dort drüben ist der Informationsschalter. Ich gehe mit dir hin. Wir wollen die Dame bitten, deine Großmutti über den Lautsprecher auszurufen. Du weißt doch, wie du heißt?«
»Anselm Nissel. Aber das nützt nichts.« Der Junge schüttelte trostlos den Kopf.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bleibe bei dir, bis dich deine Großmutti holt.« Denise nahm den Jungen bei der Hand und wollte ihn wegziehen, doch Anselm rührte sich nicht vom Fleck. Seine Tränen flossen unaufhörlich weiter. Das Taschentuch von Denise war nun schon ganz nass. Sie versuchte den Jungen von neuem zu beruhigen. »Du brauchst doch nicht so sehr zu weinen. Bestimmt sucht dich deine Großmutti. Was wird sie von dir denken, wenn du so verweint bist?«
»Nein, meine Großmutti sucht mich nicht. Sie ist fort und hat mich hier allein gelassen.«
Denise faßte ihn nun genauer ins Auge. Er sah ganz und gar nicht nach einem vernachlässigten Kind aus. Er war hübsch und adrett gekleidet und für einen kleinen Jungen erstaunlich sauber gewaschen.
Denise überlegte, ob er vielleicht so schlimm gewesen war, dass seine Großmutter sich bemüßigt gefühlt hatte, ihm eine Lektion zu erteilen, aber sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Die schüchternen blaugrauen Augen, der zarte Mund und die etwas blassen Wangen überzeugten sie davon, dass sie einen sehr braven Jungen vor sich hatte.
»Ich weiß nicht, wie ich dir helfen soll. Erzähl mir einmal genau, was vorgefallen ist«, forderte Denise ihn schließlich auf.
Folgsam begann Anselm zu erzählen: »Meine Großmutti wollte eine Salatschüssel und neue Suppenteller kaufen. Wir sind eine Weile herumgegangen und haben geschaut, wo das Geschirr ist. Es war furchtbar heiß, und die Leute haben uns immer wieder weggedrängt.«
Denise nickte. Ihr selbst war es heute genauso ergangen. »Und in dem Gedränge hast du deine Großmutti verloren?«, vermutete sie, als Anselm stockte.
»Nein. Sie hat mich doch an der Hand gehalten. Aber auf einmal ist sie stehengeblieben und hat gesagt, dass ihr schlecht ist und dass wir schnell hinaus auf die Straße gehen sollten. Dabei hat sie mich losgelassen und ist umgefallen. Ich wollte sehen, was los ist, aber da waren so viele Leute. Sie haben mich immer weiter weg von meiner Großmutti geschoben. Und dann ist ein Auto gekommen. Sie haben meine Großmutti hineingelegt und sind fortgefahren.«
Denise war erschüttert. An die Möglichkeit, dass es sich bei der verstorbenen Frau um Anselms Großmutter handeln könnte, hatte sie nicht gedacht.
Anselm blickte vertrauensvoll zu ihr auf. »Vielleicht kannst du mich zu meiner Großmutti bringen?«, schlug er vor.
»Nein. Das ist nicht möglich«, erwiderte Denise. Sie wusste, der Junge hatte noch nicht erfasst, dass seine Großmutter tot war, und sie selbst fühlte sich im Moment außerstande, ihm diese Tatsache beizubringen. »Wo wohnst du denn? Ich werde dich zu deinen Eltern bringen«, sagte sie statt dessen.
»Ich wohne in der Breitegasse Nummer drei, erster Stock, Tür siebzehn. Aber es ist jetzt niemand daheim.«
»Arbeiten deine Eltern? Vielleicht kann ich sie an ihrem Arbeitsplatz erreichen?«
»Meine Mami hat ein Geschäft. Einen Kosmetiksalon.«
»Gut. Sag mir die Adresse. Wir wollen hinfahren.«
»Es ist nicht weit von hier. Hauptstraße hundertneun.