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Das Haus Zamis 50 - Lieb Schwesterlein, magst böse sein …
Das Haus Zamis 50 - Lieb Schwesterlein, magst böse sein …
Das Haus Zamis 50 - Lieb Schwesterlein, magst böse sein …
Ebook253 pages3 hours

Das Haus Zamis 50 - Lieb Schwesterlein, magst böse sein …

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About this ebook

Familien haben ihre wohlgehüteten Geheimnisse. Auch die Familie Zamis hat ein solches. Juna, die bislang totgeschwiegene Tochter des Familienoberhauptes Michael Zamis. Das Geheimnis ihrer Geburt liegt lange zurück und schien schon fast vergessen … doch nun kehren mit ihr die Sünden der Vergangenheit zurück – und damit das Grauen!
Feiert mit uns den 50-sten Band der Erfolgsserie DAS HAUS ZAMIS und steigt ein in eine neue Ära!

Der 50. Band von "Das Haus Zamis".

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält den Roman:
116: "Lieb Schwesterlein, magst böse sein ..."

Plus Extras:
+ Glückwünsche zum Fünfzigsten von Mark Freier, Christian Montillon, Simon Borner, Oliver Fröhlich, Catalina Corvo, Christian Schwarz, Andrea Bottlinger, Susan Schwartz, Michael Marcus Thurner, Jörg Kleudgen, Logan Dee und Kai Meyer
+ Schwarzes Testament:
Das allererste Coco-Zamis-Exposé von Ernst Vlcek
LanguageDeutsch
Release dateJun 2, 2017
ISBN9783955722500
Das Haus Zamis 50 - Lieb Schwesterlein, magst böse sein …

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    Book preview

    Das Haus Zamis 50 - Lieb Schwesterlein, magst böse sein … - Michael Marcus Thurner

    Lieb Schwesterlein, magst böse sein …

    Band 50

    Lieb Schwesterlein, magst böse sein …

    von Michael Marcus Thurner und Logan Dee

    nach einem Exposé von Uwe Voehl

    © Zaubermond Verlag 2017

    © Das Haus Zamis – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: Die Autoren-Manufaktur

    www.Zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Für Ernst Vlcek,der in uns allen den Schwarzen Funken entzündet hat!

    (Foto © Uwe Voehl)

    Inhaltsverzeichnis

    Lieb Schwesterlein, magst böse sein …

    Was bisher geschah:

    Vorwort:

    1.

    2.

    3.

    4.

    5.

    6.

    7.

    8.

    9.

    Verehrte »Familie Zamis«!

    SCHWARZES TESTAMENT

    Vorschau

    Fußnoten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco fZamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

    Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind.

    Vorwort:

    Coco Zamis wird 50. Zwar nicht nach Kalenderjahren (da hat sie wie die Serie noch ein paar Jährchen vor sich), aber immerhin nach Bänden. Und immer wieder, wenn Uwe Voehl während der letzten Monate mit diesem Thema auf mich zukam, überfiel mich irgendein Gefühl zwischen Freude, Erstaunen und – Panik!

    Schon 50??

    Natürlich, wir schreiben das Jahr 2017. Es ist über 40 Jahre her, dass DAS HAUS ZAMIS im Rahmen der »Dämonenkiller«-Serie mit den beiden Romanen »Hexensabbat« und »Die Stunde der Ameisen« das Licht der Welt erblickte. Damals ahnten die Autoren Ernst Vlcek und Neal Davenport wohl nicht einmal selbst, dass Coco dereinst noch viele weitere »Jugendabenteuer« erleben würde. Zehn Romane mit weitestgehend losem rotem Faden waren es schließlich, die Ende der Siebzigerjahre während bzw. nach Einstellung der Hauptserie innerhalb der »Dämonenkiller«-Taschenbuchreihe des Pabel-Verlags erschienen.

    Danach kam lange nichts. Bis Zaubermond zwanzig Jahre später die Fortsetzung anpackte. Auch da stand natürlich zunächst der »Dämonenkiller« Dorian Hunter selbst im Vordergrund, aber schon schnell wurden die Rufe der Leser nach den Coco-Romanen laut. Und nach einer Fortsetzung. Trotzdem wäre es natürlich vermessen gewesen, damals schon an so etwas wie ein 50-Bände-Jubiläum zu denken.

    So viele Wandlungen und Veränderungen hat die Serie seitdem durchgemacht. Da wäre natürlich als Erstes die Stabübergabe an die neuen Autoren zu nennen: Ernst Vlcek hat noch einige Romane beigesteuert, bis Uwe Voehl mit Band 14 endgültig das Zepter als Exposéautor übernahm. Das erste große Thema bildeten damals die Romane um Michael Zamis und seine Vergangenheit in Russland – ein Wegweiser für die Entwicklungen, die folgten und schließlich in die Umfirmierung der Serie in DAS HAUS ZAMIS mündeten. Längst ging es nicht mehr nur allein um Coco und ihre Erlebnisse, bevor sie Dorian Hunter kennenlernte. Immer mehr Figuren der über die gesamte Welt verzweigten Zamis-Sippe (einschließlich Verbündeter, Bekannter und Gegner) kamen hinzu und machten DAS HAUS ZAMIS zu einer Familiensaga, deren Handlung sich über mehrere Jahrhunderte erstreckte.

    Wie lange wird die Serie noch laufen?

    Diese bange Frage stellten sich mitunter nicht nur die Leser, sondern auch wir Autoren – denn DAS HAUS ZAMIS zählt wohl zu den wenigen Serien, deren Ende seit Beginn bekannt ist: Eines nicht sehr fernen Tages nämlich würde Coco in Wien Dorian Hunter über den Weg laufen, sich in ihn verlieben und dafür aus der Schwarzen Familie verstoßen werden ... und die Handlung von DAS HAUS ZAMIS damit nahtlos in die von DORIAN HUNTER übergehen.

    Auf unserem mittlerweile legendären Autorentreffen in Wien 2005 haben wir diese Frage natürlich auch mit Ernst Vlcek und Neal Davenport diskutiert. Ihre Ansicht zu dem Thema war klar: Solange die Leser DAS HAUS ZAMIS lesen wollten, würde dieser Tag eben niemals erreicht werden – und Coco die einzige Frau der Welt sein, die Zeit ihres Lebens 22 Jahre jung bleibt ... Damals ahnten wir alle nicht, dass es eines Tages doch ganz anders kommen sollte, weil mit den neuen Autoren auch neue Ideen Einzug erhielten und die Serie eine Entwicklung nahm, die vor zwölf Jahren einfach niemand hatte vorhersehen können.

    Mein Dank für die vergangenen 50 Bände geht darum nicht nur an Ernst Vlcek und Neal Davenport, sondern inzwischen in fast noch größerem Maße an Uwe Voehl. Er war und ist Triebfeder, Ideengeber und Motor der Serie – spätestens seit dem Zeitpunkt, seit ich meinen letzten Roman beisteuerte (furchtbar, wie lange das nun auch schon wieder her ist). Natürlich habe ich die Serie als Verleger trotzdem verfolgt – und auch die weiteren Veränderungen: Mit Band 19 stieg Catalina Corvo als Co-Autorin ein und schrieb neben Uwe die meisten Romane. Zusammen bildeten sie lange Jahre ein großartiges Duo. Bis sich ein gewisser Logan Dee dazwischenmengte, der kürzlich von Besuchern einer »John Sinclair«-Convention als »exakter Doppelgänger von Uwe Voehl« beschrieben wurde ... und natürlich Michael Marcus Thurner, der mit Band 33, »Töte Dorian Hunter!«, den oben angedeuteten entscheidenden Wendepunkt beisteuerte: Mit diesem Roman emanzipierte sich DAS HAUS ZAMIS endgültig von DORIAN HUNTER und verfolgt seitdem konsequent seinen eigenen Weg – in eine ungewisse Zukunft ...

    Des Weiteren danke ich, in alphabetischer Reihenfolge, allen weiteren Autoren: Simon Borner, Diana Dark, Oliver Fröhlich, Jörg Kleudgen, Christian Montillon (der übrigens mit Band 8, »Jagd auf die Paria«, seine erste Veröffentlichung überhaupt feierte und inzwischen Hauptexposéautor bei »Perry Rhodan« und »Die drei ???« ist), Peter Morlar, Ralf Schuder, Susan Schwartz, Christian Schwarz und Susanne Wilhelm. Hervorheben möchte ich aus dieser Riege – aus traurigem Anlass – Rüdiger Silber. Er ist, von den Serienvätern Ernst Vlcek und Neal Davenport abgesehen, der einzige DHZ-Autor, der bereits gestorben ist.

    Darüber hinaus gibt es noch einige weitere Menschen, die entscheidend zum Gelingen der Serie beigetragen haben: Illustrator Mark Freier, der sämtliche Coverbilder gezeichnet hat, den Grafiker Sebastian Hopf, der mit seinen Entwürfen den Look der Serie entwickelt hat und bis heute für die Fertigstellung der Druckunterlagen eines jeden Buches verantwortlich ist. Sowie Jan Werner und Thomas Knip, die die Serie von redaktioneller Seite betreut haben bzw. bis heute betreuen.

    Ihr alle habt DAS HAUS ZAMIS zu dem gemacht, was es ist – natürlich immer im Zusammenspiel mit euch, lieben Lesern! Auch euch gilt deshalb mein herzlicher Dank: für eure jahrelange Treue, für die wertvollen Rückmeldungen und die Leidenschaft, mit der ihr Cocos Erlebnisse verfolgt habt. Eine Leidenschaft, die wir wohl alle teilen!

    So bleibt mir zum Abschluss nichts weiter, als dem HAUS ZAMIS weiterhin Erfolg zu wünschen – für hoffentlich noch viele weitere Jahre!

    Dennis Ehrhardt (alias Dario Vandis)

    Hamburg, April 2017

    Lieb Schwesterlein, magst böse sein …

    von Michael Marcus Thurner

    nach einem Exposé von Uwe Voehl

    1.

    Ich besah mich im Spiegel. Ich war jung. Ich war schön. Und wenn ich nach den Blicken der Männer ging, war ich begehrenswert.

    Äußerlichkeiten, alles nur Äußerlichkeiten!

    Zumindest machte es mich nicht glücklicher. Nicht zufriedener. Was zählten schon Äußerlichkeiten?

    Ich war an diesem Morgen in meinem Refugium unter dem Café Zamis erwacht und hatte gleich geahnt, dass der Tag nicht meiner werden würde. Ich war buchstäblich mit dem linken Bein aufgestanden.

    Auch nachdem ich geduscht hatte, fühlte ich mich nicht besser. Vielleicht lag es ja auch an diesem Kellerloch. Selbst eine Hexe wie ich wünschte sich manchmal, von einem Sonnenstrahl geweckt zu werden.

    Wenn man es so wollte: Im Moment fehlte die Sonne in allen Facetten meines Lebens.

    Ich schaute erneut in den Spiegel, nackt wie ich war. Meine Haut war blass. Klar, wann hatte ich schon mal Zeit, ein Sonnenbad zu nehmen? Und mein Trip in die USA lag nun auch schon länger zurück.

    Ich befahl dem Spiegel, meine Haut bräunen zu lassen. Natürlich war es nur mein Spiegelbild, das in der nächsten Sekunde tatsächlich so aussah, als käme es gerade von den Bahamas. Ich hätte auch einen Zauber wirken können, der meine eigene Haut gebräunt hätte, aber auch das wäre wieder nur äußerlich gewesen.

    Mein Seelenleben erhellte diese Art von Kosmetik kein bisschen.

    Leider, einen Zauber, der einen mit Glückhormonen überschwemmte, kannte ich zwar, aber er war mit Nebenwirkungen verbunden, die ich mir lieber ersparen wollte. Das letzte Mal, als ich der Versuchung nicht hatte widerstehen können, hatte ich die Dosis falsch eingeschätzt. Ich war in den nächstbesten Club gefahren und hatte mich gleich von mehreren Männern abschleppen lassen.

    Dumm gelaufen!

    Ich zeigte meinem Spiegelbild den Mittelfinger und machte die Bräune wieder rückgängig. Dafür befahl ich ihm, mein Spiegelbild altern zu lassen.

    An irgendeinem musste ich ja meine schlechte Laune auslassen. Die Coco im Spiegel alterte. Aber selbst mit dreißig, vierzig und fünfzig sah sie noch blendend aus.

    Erst die siebzigjährige Coco zeigte ein paar Falten, doch auch die standen ihr. Die vormals schwarzen Haare waren jetzt weiß. Es verlieh ihr eine ungeahnte Würde.

    Ich hatte plötzlich Spaß an dem Spiel. Und tatsächlich ging es mir allmählich besser. Mir wurde bewusst, wie wenig mein momentanes Empfinden zählte. Das Leben setzte sich aus unzähligen Augenblicken zusammen. Aus Augenblicken wurden Tage, Wochen, Jahre … Was zählte da schon mein Tief an diesem Morgen?

    Ich beschloss, an diesem Tag einfach mal fünfe gerade sein zu lassen und mich zu entspannen. Einfach mal durch die Stadt bummeln, mich in einen Biergarten setzen und mich ausnahmsweise mal bedienen zu lassen anstatt in meinem eigenen Café Mädchen für alles zu spielen. Oder ich …

    Mein Handy klingelte. Ich lief ins Wohnzimmer, wo ich es am Abend zuvor auf den Tisch gelegt hatte, und sah aufs Display. Mein Bruder Georg hatte Sehnsucht nach mir. Wenn das mal nicht meinen Tagträumen einen Strich durch die Rechnung machte. Meistens war Georg der Überbringer schlechter Nachrichten. Auf gute hoffte ich meistens vergebens.

    Ich setzte trotzdem ein Lächeln auf, denn irgendwo hatte ich mal gelesen, dass man damit auch gleich anders klänge. »Bruderherz, seit wann hast du so früh am Morgen schon Sehnsucht nach mir?«, begrüßte ich ihn.

    Zwei, drei Sekunden herrschte Stille, dann antwortete er misstrauisch: »Wie bist du denn drauf? Diesen aufgesetzten Frohsinn erträgt ja kein Mensch!«

    »Ich bitte doch um etwas mehr Sensibilität! Ich habe gerade erst meinen morgendlichen Tiefpunkt mit ein paar mentalen Imaginationsübungen erfolgreich überwunden …«

    »Hör gefälligst auf mit dem Quatsch. Ich muss mit dir reden!«

    »Aber das tun wir doch bereits!«, flötete ich. Das Gefühl, dass mein Tag gelaufen sein würde, verstärkte sich.

    »Schluss jetzt! Es ist ernst! Vater hat mich gebeten, dich anzurufen. Du sollst sofort in die Villa kommen.«

    »Soso: Dich bittet er, mir befiehlt er!«

    »So war das nicht gemeint. Nun lass dich nicht so gehen, es ist wirklich dringend.«

    Als ich vor dem Tor zu unserem Grundstück stand, hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis. Wie oft seit meinem Auszug hatte ich hier schon geklingelt, um hineingelassen zu werden? Natürlich besaß ich keinen Schlüssel mehr. Keinen magischen Schlüssel. Als ich vor einem Jahr ausgezogen war, hatte mein Vater als Erstes die magischen Codes geändert, die uns Zamis jederzeit den Zutritt zum Grundstück und zum Haus gewähren. Seitdem musste ich vor dem Tor stehen und anklingeln wie jeder Besucher auch.

    Immerhin war ich nur Besucherin, und darüber war ich wie immer froh. Meinen Auszug, meine Trennung von der Familie und die damit verbundene Selbstständigkeit hatte ich noch keinen Augenblick bereut.

    Noch ehe ich jedoch überhaupt den Klingelknopf drücken konnte, schwang das Tor bereits lautlos nach innen auf. Nanu, hatten mich die meinen etwa bereits erwartet? Dann musste der Anlass tatsächlich dringend sein.

    Wie meistens.

    Ich betrat den Garten und hatte das Gefühl, dass irgendetwas anders war als sonst. Aber ich konnte es nicht sagen. Als ich mich umdrehte, schloss sich das Tor von selbst. Okay, das war also irgendeine hübsche Zauberei, aber nichts, was mich hätte irritieren sollen. Diesen Trick beherrschte ich mit einem Fingerschnipsen.

    Stirnrunzelnd schaute ich zur Villa und suchte mit den Blicken die Fensterfront ab, konnte aber niemanden dahinter erblicken.

    Ich zuckte die Schultern und ging den Kiesweg, der zum Haus führte, weiter. Das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, wurde mit jedem Schritt stärker. Ich blieb stehen, drehte mich einmal um die eigene Achse und inspizierte die Umgebung. Da war nichts, was ich nicht kannte. Jeder Busch, jeder Baum war mir von Kindheit an vertraut. Ebenso die magischen Fallen, die überall auf unvorsichtige Besucher und vor allem unerwünschte Eindringlinge lauerten. Diese hatte mein Vater zum Glück nicht nach meinem Auszug verändert. Vielleicht waren ein paar wenige hinzugekommen, aber ich gehörte zur Familie. Mir konnten sie nicht gefährlich werden.

    Die Ahnung, dass etwas anders war als sonst, verstärkte sich. Unwillkürlich schaltete ich in den Verteidigungsmodus. Meine Sinne waren bis zum Äußersten gespannt. Sollte mich jemand angreifen, würde ich augenblicklich reagieren.

    Aber wer immer dieser Jemand oder dieses Etwas war – er oder es zeigte sich einfach nicht.

    Also setzte ich meinen Weg fort.

    Und dann hörte ich ihn! Es war nur ein leises Geräusch gewesen – so leise, dass ich zunächst dachte, ich hätte es verursacht: durch meine Schritte, die den Kies leicht bewegten.

    Aber da war noch jemand, der über den Kiesweg ging.

    Und zwar direkt hinter mir!

    Ich blieb stehen.

    Drehte mich langsam um.

    Und sah niemanden.

    Also schön! Spielte ich das Spiel eben mit. Aber auf meine Weise. Und nach meinen Regeln.

    Ich wandte mich erneut dem Haus zu und ging weiter. Nach zwei Schritten versetzte ich mich in den schnellen Zeitablauf. Neben mir beherrschte mein Bruder Georg diese Spezialität der Zamis am besten. Daher vermutete ich, dass er es war, der sich den Spaß mit mir erlaubte. Er war hinter mir hergegangen und hatte sich in dem Moment, als ich mich umgedreht hatte, in den schnelleren Zeitablauf versetzt.

    Also hätte ich ihn jetzt sehen müssen.

    Aber nach wie vor blieb mein Verfolger unsichtbar!

    Und wenn ich es recht bedachte, sah so ein schlechter Scherz auch gar nicht nach Georg aus. Aber wer legte es dann darauf an, mich zu foppen?

    Ich versetzte mich wieder in den normalen Zeitablauf. Als ich weiterging und meine Ohren spitzte, hörte ich erneut, dass jemand hinter mir herging.

    Nun, zumindest schien er es nicht auf mich abgesehen zu haben. Aber eines hatte er zumindest erreicht: Ich war sauer.

    Und ich war es erst recht, als das Spielchen weiterging und sich die Haustür, erneut ehe ich überhaupt klingeln konnte, wie von selbst öffnete und eine Stimme aus dem Nichts mich begrüßte: »Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Zamis! Oder darf ich Sie Coco nennen? Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu sehr erschreckt …«

    »Schluss mit dem Unsinn!«, sagte ich verärgert. »Wer sind Sie?«

    »Oh, Sie aufzuklären steht mir nicht zu. Das überlasse ich Ihrem Herrn Vater!«

    Was sollte das? Und vor allem diese gestelzte Sprache!

    »Wo steckt mein Vater?«, wollte ich wissen.

    »Im Wohnzimmer. Ihr Herr Bruder und die gnädige Frau erwarten Sie dort ebenfalls.«

    Herr Bruder? Gnädige Frau? Diese neuen Töne im Hause Zamis waren ja fast noch merkwürdiger als die Schritte des Unsichtbaren!

    »Darf ich vorangehen?«

    »Nein, den Weg finde ich selbst!«, sagte ich brüsk und ließ meinen unsichtbaren Begleiter stehen.

    Tatsächlich erwartete mich das Empfangskomitee bereits im Wohnzimmer. Mein Vater, gewandet in seinem seidenen Hausmantel, saß in dem englischen Chesterfield-Sessel, von dem aus er das ganze Zimmer im Blick hatte. Die Beine lässig übereinandergeschlagen, ein Glas Whisky in der Hand, begrüßte er mich. »Schön, dass du endlich da bist.« Wie immer klang es ein wenig vorwurfsvoll.

    Meine Mutter Thekla schritt auf mich zu und drückte mich kurz zur Begrüßung. Dann trat sie wieder einen Schritt zur Seite. Sie erschien mir ungewöhnlich blass.

    Mein Bruder Georg nickte mir nur zu. Er saß auf dem Sofa, ebenfalls ein Glas Whisky haltend.

    »Seit wann trinkt ihr schon am frühen Morgen?«, fragte ich. »Und seit wann beschäftigt ihr einen Spaßvogel als Diener?«

    Mein Vater zog eine Augenbraue hoch. »Meinst du etwa Oskar?«

    »Ich habe vergessen, es dir am Telefon mitzuteilen«, schaltete sich Georg ein. »Oskar ist unser neuer Hüter des Hauses. Zu seinen ersten Lebzeiten hatte er zweiunddreißig sadistische Morde auf dem Gewissen. Seine Spezialität war es, sich als Butler in betuchte Häuser einzuschleimen und die Bewohner grausam zu foltern und schließlich zu töten, um an ihr Vermögen zu kommen.«

    »Ich verstehe, und jetzt hat er sich bei euch eingeschlichen?«

    »Red keinen Unsinn!«, brauste mein Vater auf. »Und setz dich endlich! Es macht mich ganz nervös, wie du auf mich herabschaust!«

    »Am Ende seines Lebens geriet Oskar an den Falschen«, fuhr mein Bruder unverdrossen fort. »Er erschlich sich unter falscher Identität eine Anstellung in einem Dämonenhaushalt. Dort

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