Der Gottesbegriff und dessen Bedeutung in der Gegenwart: Mit einem Anhang Götterbilder.
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Book preview
Der Gottesbegriff und dessen Bedeutung in der Gegenwart - Ludwig Büchner
Nach der Originalausgabe von 1874
herausgegeben und erweitert mit einer
Sammlung von Götterbildern aus aller Welt
von Wolfgang Buddrus.
Einbandgestaltung: Wolfgang Buddrus.
INHALT
Biographie Ludwig Büchners
Der Gottesbegriff Vorwort des Verfassers
Vortragstext
Anzeige des Verlages
Götterbilder
Ludwig Büchner wird am 29. März 1824 in Darmstadt geboren. Er ist der jüngere Bruder des Dichters Georg Büchner (u.a. die Dramen »Dantons Tod«, »Woyzeck«).
Ludwig studiert Medizin im französischen Straßburg und in Gießen, wo der berühmte Chemiker Justus Liebig lehrt.
Nach seinem medizinischen Staatsexamen wird er als Privatdozent an die Universität Tübingen berufen. Er doziert dort gerichtliche Medizin sowie mehrere praktisch-medizinische Fächer. Daneben veröffentlicht er verschiedene naturwissenschaftliche Aufsätze in Zeitschriften für die allgemeine Bildung.
Angeregt durch Jacob Moleschotts gerade erschienenes Buch »Der Kreislauf des Lebens«, verfaßt Büchner seine »empirisch-naturwissenschaftlichen Studien" in einem Buch, das er Kraft und Stoff nennt. Mit diesem Buch wird er »über Nacht« berühmt, das Werk erlebt über 20 Auflagen und wird in fünfzehn Sprachen übersetzt!
Die in diesem Buch vertretenen Ansichten finden auch heftigen Widerspruch; er muß die Universität verlassen und arbeitet als praktischer Arzt in seiner Vaterstadt Darmstadt. Neben der Tätigkeit in seiner ärztlichen Praxis widmet er sich immer stärker seiner schriftstellerischen Arbeit. Es erscheinen u. a.
1857 »Natur und Geist«.
1861 – 75 »Physiologische Bilder«, 2 Bände.
1868 »Sechs Vorlesungen über die Darwinsche Theorie von der Verwandlung der Arten und die erste Entstehung der Organismenwelt«.
1869 »Der Mensch und seine Stellung in der Natur und Gesellschaft in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft«.
1874 »Der Gottesbegriff und dessen Bedeutung in der Gegenwart«. 1874 »Kraft und Stoff. Empirisch-naturphilosophische Studien in allgemeinverständlicher Darstellung oder Grundzüge der natürlichen Weltordnung, nebst einer darauf gebauten Sittenlehre.«
1876 »Aus dem Geistesleben der Tiere. Staaten und Taten der Kleinen«.
1887 »Über religiöse und wissenschaftliche Weltanschauung«.
1889 »Das künftige Leben und die moderne Wissenschaft«.
1894 »Meine Begegnung mit Ferdinand Lassalle, Ein Beitrag zur Geschichte der sozialdemokratischen Bewegung in Deutschland. Nebst 5 Briefen Lassalles«.
1898 »Am Sterbelager des Jahrhunderts«.
1899 »Im Dienste der Wahrheit«, gesammelte Aufsätze zu verschiedenen medizinischen, philosophischen und politischen Themen.
1909 »Die Macht der Vererbung«.
1881 gründet er mit Freunden den »Deutschen Freidenkerbund«.
Am 1. Mai 1899 stirbt Ludwig Büchner in Darmstadt.
Der Gottesbegriff und dessen Bedeutung in der Gegenwart.
Vorwort.
Der nachstehende Vortrag ist in mehreren Städten Amerikas und Deutschlands in den Wintern 1872-73 und 1873-74 gehalten worden und wird hier mit fast denselben Worten, in denen er gesprochen wurde, nur in etwas erweiterter Ausführung, einem größeren und allgemeineren Publikum vorgelegt. Zwar ist das Wesentliche seines Inhalts bereits in früheren Schriften des Verfassers, namentlich in „Kraft und Stoff" enthalten; aber nichtsdestoweniger glaubt er, dem Wunsch und Bedürfnis einer nicht geringen Anzahl von Lesern durch diese Zusammenstellung und Erweiterung der auf den wichtigen Gottes-Begriff bezüglichen Erwägungen und Betrachtungen der materialistischen oder Einheits-Philosophie, soweit dieses in den begrenzten Rahmen eines Vortrages paßt, entgegenzukommen. Auch mag eine solche Veröffentlichung imstande sein, einen erneuten Anstoß zur endlichen und definitiven Eliminierung eines Begriffes zu geben, der, wie der Verfasser glaubt, unsrer ganzen geistigen, sozialen und politischen Entwicklung, wie kein anderer, hindernd im Wege steht. Die Unverträglichkeit dieses Begriffes und aller ihm anhängenden Konsequenzen mit unsrer modernen wissenschaftlichen Bildung und der daraus folgende Zwiespalt zwischen Sein und Scheinen, zwischen Leben und Wissen, zwischen Bildung und Unbildung, zwischen Ideal und Wirklichkeit wirkt, wie es dem Verfasser scheint, lähmend auf die Gemüter und verwirrend auf die Geister und erzeugt und unterhält jene geistige Indifferenz oder Blasiertheit, die das allgemeine Leben der Gegenwart mehr oder weniger charakterisiert und die der ärgste Feind des allgemeinen Fortschritts ist.
Endlich soll diese Veröffentlichung auch noch den nebensächlichen Zweck haben, gegenüber den mancherlei schiefen und entstellenden Berichten der Organe der öffentlichen Meinung über diese Vortrag und seinen Inhalt das, was wirklich gesagt worden ist, dem öffentlichen Urteil vorzulegen und anheimzustellen. Dieses Urteil wird voraussichtlich von der einen und mächtigeren Seite her ebenso ungünstig und verwerfend, wie von der andern weniger mächtigen her zustimmend sein, sie das der Verfasser von seinen früheren Publikationen her bereits gewohnt ist. Aber da das Suchen nach Wahrheit von jeher ein schwieriges und mit mancherlei Gefahren verbundenes Geschäft gewesen ist und immer bleiben wird, namentlich sobald es sich von der großen und offiziell erlaubten Heerstraße entfernt, so wird dabei durchaus nichts zu verwundern oder zu ärgern bleiben. Es kann sehr wohl möglich sein, daß der Verfasser im Ganzen oder im Einzelnen sich geirrt hat, da ja Irrtum vom Aufsuchen der Wahrheit unzertrennlich ist; und sollte dieses der Fall sein, so wird ihn der Nachweis dieses Irrtums mit positiven Gründen (nicht mit Schimpfen oder Bibelsprüchen) im Interesse der Wahrheit nicht minder erfreuen, als der glänzendste Erfolg seiner eignen Meinung.
Was die einzelnen Beweise für das Dasein Gottes und ihre Widerlegung selbst betrifft, wo wird man zwar von philosophischer Seite aus darauf hinweisen, daß eine solche Widerlegung eine gänzlich unnötige Wiederholung einer in der Philosophie längst getanen und abgetanen Arbeit sei. Aber der aufmerksame Leser wird bemerken, daß eine gründliche und allgemeinverständliche Widerlegung dieser angeblichen Beweise, die trotz aller philosophischen Kritik halb bewußt, halb unbewußt die Geister beherrschen, nur vom naturwissenschaftlichen und speziell naturphilosophischen Standpunkte aus möglich ist und daß hierbei Betrachtungen, die zum Teil erst aus den jüngsten Erwerbungen jener Wissenschaften gewonnen worden sind, eine hervorragende Rolle spielen. Endlich hat sich ja die Philosophie durch Beibehaltung des Gottesbegriffes als moralischen Postulats im Widerspruch mit ihrer eignen Kritik für den Gottesbegriff und dessen Schwächen mehr oder weniger verantwortlich gemacht und muß sich daher auch eine erneute Widerlegung und namentlich den Nachweis seiner Entbehrlichkeit von moralischen Gesichtspunkten aus gefallen lassen. Wäre