Aus meiner Umwelt: Lebenseindrücke und hinterlassene Gedanken
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Friedrich Brückner
Friedrich Brückner, Jahrgang 1928, ist in Goslar geboren und mit der Landwirtschaft aufgewachsen. Nach dem Krieg lehrte er diesen Beruf in Aschersleben. 1960 wechselte er nach Berlin und arbeitete im Forst Berlin-Buch. Als Rentner zog er nach der Wiedervereinigung Deutschlands ins weite Ostfriesland, wo er heute lebt.
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Book preview
Aus meiner Umwelt - Friedrich Brückner
Inhalt
Vermutung
Sonnenheide
Hallo!
Meine neue Umwelt
Hinterlassenschaft
Frühling
Juni
Altweibersommersonnentage
Erster Schnee
Eisvogel
Osterwasser
Regenstille
Verlorene Würde
Anpassung
Tierliebe
Schuldenlast
Wildwechsel
Hoffnungen
Vogelträume
1.Mai
Ein Stern
Schlafstörung
Erwachen
Trotzdem
Nebeltag
Gemeinsamkeit
Gleichgewichtsstörung
Vogelhochzeit
Gefühlskräfte
Einmalig
Vertretbar (?)
Naturverbunden
Nothilfe
Warnung
Ansprüche
Werkspionage
Macht der Worte
Fortschritt
Wiesenweg
Kiefernstangenholz
Zeitspuren
Sperlinge
Albtraum
Waldesstille
Nah und fern
Neulinge
Triebkräfte
Abstand
Vorurteile
Offene Fragen
Die Waschküchenrauchschwalben
Angsthase
Der Feldhamster
Gesetzmäßig
Freundlichkeit
Ein Wunder?
Das Erbe der Zeit
Ausgleich
Erfahrungswerte
Zum Lachen
Hunde
Babsy
Der Todverbeller
Schuldfrage
Friedhofskrähen
Pantoffelkeiler
Die Zeit kommt
Fehlmeldung
Hoffnung
Gewusst wie!
Die Menge macht’s
Töten
Einöde
Unwissenheit (oder die Macht des Wissens?)
Der Alte
Hundeleben
Von Alters her
Verlust
Zuneigung
Umweltfreunde
Für alle Fälle
Gartenschnirkelschnecken
Ich kann es nicht
Der Bahnwärter
Hotelkrähen
Randwerte
Ungewissheit
Kleinigkeiten
Neurose
Relationen
Ziele
Getreidehalmbruchkrankheit
Bummelpirsch
Rabenrätsel?
Modewelt
Zeitwert
Blödelei
Zurück ins Paradies?
Zufallsfund
Trittbrettfahrer(-in)
Burnout
Dämmerstunde
Mein Alter über 80 Jahre
Alterswelt
Das Alter
Anfangsgedanken
Vermutung
Es werden sicher nur wenige, mir gleichgesinnte Mitmenschen sein, die lesen, oder hören wollen, was ich in jüngerer Lebenszeit, und heute, in meinen Altersjahren zu der mich prägenden Umwelt aufgeschrieben habe. Aber eben für sie, und vor allem für mich selber, habe ich es getan.
Sonnenheide
Nur die Leute im Dorf wissen, wohin der sandige Weg über den Heidehügel führt.
Doch sie gehen ihn selten.
Arbeit weist Ihnen andere Wege, und Fremde wissen kein Ziel, ihm zu folgen. Ich vertraue dem Weg.
Er führt mich in Stille und Weite ärmlicher Heide. Trockenrasig und sonnenwarm dehnt sich das Land, ein wenig hügelig, bis hinüber zum Wald, der blaßblau in der Ferne verschwimmt.
Es ist, als hätte die Natur auf ihrem Weg durch das Land an diesem Orte ausgeruht, um Atem zu holen, und vergessen, ihre reichen Gaben zu verstreuen. Eine Kiefer drüben am Hang ist geblieben, knorrig geduckt. Eine Birke im Grund, schräg gewachsen gegen den Wind. Staubig steht vor mir ein Wildrosenstrauch, durchwebt von wirrem Ginstergezweig.
Schweigen liegt über dem Land.
Das wenige Leben ringsum braucht Ruhe und Kraft, sich selbst zu er halten auf magerem Sand. Trotzig erkämpft sich die krüppelastige Kiefer jede Fingerlänge ihrer Größe.
Und auch der lichten Birke sieht man an, wie sie geduldig Jahr für Jahr aus trockenem Grund neuen Wuchs gefiltert hat.
Und wer sich dieser großen Stille fügt, der findet wieder zu sich selbst.
Im Anblick dieser einen Kiefer erfüllt mich überströmend neue Kraft. Und angesichts der schlanken Birke erspüre ich das eigene Ich.
Im Alleinsein mit der stillen Weite löst sich in mir Enge und Kleinlichkeit.
Scheint auch das Land um mich herum in Ärmlichkeit erschaffen, ich sehe Schönes überall.
Ein üppig blumenbuntes Wiesental mag schön in unseren Augen sein. Doch rührt es mich niemals so an, wie blütengelbe Immortellen, die kümmerlich zu meinen Füßen stehen.
Und wenn die ersten Heideblüten mit zarten Farben über diese Hügel ziehn, dann wage ich die Stengel kaum zu brechen, denn diese Schlichtheit will behütet sein.
Ich finde nirgendwo so tief und innig Schönes dargeboten aus der Hand Natur.
Und über allem höre ich Gesang.
Es ist nicht das in aller Fülle sich überschlagende Konzert im Frühlingswald.
Es ist ein schlichter, ziehender Gesang einförmig hoher Töne, der über diesem Lande schwebt, wie silberzarte Spinnenfäden, die herbstlich mit dem Winde ziehn. Das Singen stört die Stille nicht.
Es fügt sich ein, in Ruhe und Bescheidenheit.
Und lange muß ich hörend suchen, bis ich die Sänger finde im Versteck. Es ist die Lerche, hoch im mittagsblassen Himmel, und im Gestrüpp die Ammer, die sich im Gesange reckt. Und ganz verborgen finde ich im Gras die Grille, die unermüdlich sirrend ihre Töne reibt.
Drei Sänger nur, und doch füllt ihr Gesang die Weite aus. Voll Wehmut und zugleich mit Jubel.
Und nirgendwo verspüre ich es stärker: Dies Land ist eine Liebe wert.
(September 1986)
Hallo!
Und einen guten Tag.
Auch Leselust? Ich freue mich.
Gerade etwa fünf Minuten Ihrer Lebenszeit sind sie eben lesewillig meiner Schreibfreude gefolgt. Dabei sind sie dort angekommen, wohin ich am liebsten gegangen bin, wenn ich es konnte.
Sollten Sie ebenfalls solche Wege gehen mögen, dann könnten Sie weiterlesen, denn ich glaube, sie werden Gedankengänge finden, die auch sie berühren.
Schließlich bin ich all die Jahre nicht allein diese Wege durch eine Umwelt gegangen, die mir mein Leben zugewiesen hat. Andere Menschen sind wie ich, oder auf ähnliche Art geprägt worden; und könnten nachvollziehen, was ich empfinde mit dem, was ich hier und da aufgestöbert, und aufgeschrieben habe.
Immer wieder, im Verlauf meines Lebens, sind mir draußen
in meiner Umwelt Menschen begegnet, mit denen ich nach einiger Wortklauberei, über Dinge reden konnte, über die sie in ihrer sonstigen Umwelt mit Anderen kein Wort verlieren würden.
Eigenartig?
Denke ich darüber nach, muß ich bekennen, ich gehöre auch zu ihnen!
Alles, was ich von Hand in den 80 er Jahren geschrieben habe, hat meine Frau in Schreibmaschine gebracht, aber gesprochen haben wir darüber nie.
Höchstens über Tippfehler.
Wo immer man hindenkt im menschlichen Wirken, es gibt noch reichlich offene Türen.
In den Jahren zwischen 1980 und 1990 habe ich erschrieben, was ich bis dahin in meiner Umwelt aufgenommen hatte.
Erinnerungen, Begebenheiten, Ansichten, Betrachtungen, Erkenntnisse.
Es stammt aus Deutschlands Hitler Zeit, und aus kleindeutschlands sozialismusgläubiger Zeit der DDR.
Geographisch würde ich diese Umwelt dem Gebiet zwischen Harz und Ostsee zuordnen.
Nach 1990 ließ ich alles, was ich erfasst hatte, ruhen, und wollte es vergessen.
Der Grund dafür war, die negativen Kritiken, die Einbildung, nur wenige Menschen zu erreichen, das Ende der DDR, mit vielen Ungewissheiten, und die familiäre Umsiedlung nach Ostfriesland.
Eine Neuorientierung und Rückbesinnung erfolgte im Jahre 2016. Wieder gab es Gründe. Ich schrieb meiner Familie und Freunden auf, was aus meinem Leben kaum bekannt war.
Dabei berührte ich vieles aus meiner Umweltbeziehung. Und mir fiel ein kleiner Handzettel wieder zu, von einem Literaturprofessor, der einige Texte von mir gelesen, veröffentlicht und beurteilt hatte. Das ermutigte mich. Er hinterließ mir nur ein paar Worte. Mir aber waren sie wie eine Offenbarung.
Alle die von mir damals geschriebenen Texte will ich ohne Kommentar wiedergeben.
Der Zeitabstand von 20-30 Jahren, mit dem gewachsenen menschlichen Einfluss, und dem immer deutlicher werdenden Klimawandel, soll für sich sprechen. Texte, die ich aus meiner heutigen Sichtweise, des Jahres 2016 hinzufüge, werde ich jeweils kennzeichnen.
Meine neue Umwelt
Endstation?
Nach Ende und Wende der DDR zur Einheit der Deutschen, die Rente, und unseren Umzugsplänen, taten sich um 1990 viele Ungewissheiten auf.
Auch die neuen Vorstellungen unserer drei Kinder kamen noch hinzu.
Also, was nun? Bleibt es bei Berlin? Nein!
Eines der Kinder machte den Anfang.
Nach Ostfriesland.
Ostfriesland?
Ach, herrje! Wo denn da?
Ostrhauderfehn.
Keine Ahnung. Nochmal, wo?
Ost-rhau-der-fehn!!
Nie gehört. Mal hingucken. Ach, du Sch….ande!
Das ist alles? Neue Sportart: 10.000 Meter Weitgucken.
Ach komm, was soll´s, wir machen es!
Das sind nun 20 Jahre her. Die Kinder sind alle hier und mehren sich. Ihre Mami hat uns verlassen, ich mach´s noch weiter. 20 Jahre. Früher waren 10 Jahre schon eine Ewigkeit. Heute sind sie ein Zeitenklacks. Und ich schulde den Ostfriesenjahren eine Rückschau, denn ich konnte nicht ahnen, wieviel Vielfalt diese Landschaft zu bieten hat. Das Land in seiner Offenheit zeigt mir mehr an Natur, als ich erwartet habe; und ich vermisse unsere „Berliner Zeit" auf keinen Fall.
Jede Zeit hier, in meiner neuen Umwelt erfreut mich, gefällt mir