Zur letzten Zeit: Gedichte
By Fritz Kuckes
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About this ebook
Fritz Kuckes thematisiert in seiner reichen Auswahl an Gedichten mal augenzwinkernd, mal kritisch, mal heiter oder melancholisch jene späte Lebensphase des Menschen: den allgegenwärtigen Konflikt zwischen Alt und Jung, die wachsende Differenz zwischen der Erinnerung der Älteren und der schnelllebigen Realität, die realistische Auseinandersetzung mit Krankheit, Vergänglichkeit und Tod, aber auch mit Jugend, Tier und Natur. Über allem schwebt die Lust am Leben!
Fritz Kuckes
Dr. med. Fritz Kuckes, Staatsexamen 1960 in Heidelberg, nach achtjähriger Kliniktätigkeit ab 1968 zunächst in der Pfalz, dann im Hochschwarzwald bis 1999 als Facharzt für Allgemeinmedizin mit landärztlicher Praxis niedergelassen.
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Zur letzten Zeit - Fritz Kuckes
Tag!
VORWORT
Auf meine Frage an einen Bekannten, ob er auch Gedichte lese, gab er mir zur Antwort, dies nur im äußersten Notfall zu tun.
Ich drückte ihm das vorliegende Büchlein mit der Bemerkung in die Hand, dass er damit für eine solche Situation gerüstet sei.
Er steckte es in seine Jackentasche, ohne einen Blick darauf zu werfen.
Als er meiner Enttäuschung gewahr wurde, tröstete er
mich mit der Zusicherung, er fände an seinen Bücherwänden ohne Zweifel noch ein verstecktes Plätzchen.
WEG OHNE UMKEHR
Ein junger Mensch steht fest im Leben,
sucht nach Vollkommenheit zu streben.
Durch Kraft und Vorwärtsdrang gestählt,
doch auch von Zweifeln oft gequält.
Erleidet Schiffbruch immer mal,
schwankt zwischen Hochgefühl und Qual;
beseelt von tausend Emotionen,
die aufgewühlt im Herzen wohnen.
Die Ziele himmelhoch gesteckt,
zu Sternen steil emporgereckt;
auf Abenteuer steht die Lust,
doch Hand in Hand sind Wunsch und Frust.
Nach Anerkennung auf der Jagd,
ist er vom Ehrgeiz hart gepackt;
Mal ist die Welt vom Glück verbrämt,
mal von der Trauer fast gelähmt.
Der junge Mensch wird auch mal alt –
die Glut der Jugend ist dann kalt.
Beweglichkeit und Kräfte schwinden,
der Geist kann Neues kaum noch binden.
Affekte ziehen sich zurück;
doch gibt es noch das kleine Glück!
Resignation bestimmt den Schritt,
nimmt Toleranz und Nachsicht mit.
Im Kreise sich gemächlich drehen
auf eig‘nem Vorteil nicht bestehen;
Gelassenheit, dazu Verzicht,
entzünden unverhofft ein Licht …
DER FLOHMARKT
Wenn ich auf dem Flohmarkt bin,
hat das Leben für mich Sinn!
Wüsste nicht, was schöner wäre,
als die Flohmarktatmosphäre –
All die Leute, all die Sachen,
die mich froh und glücklich machen!
Meinen letzten Pfennig Rente
gebe ich für dies‘ Ambiente.
Wie im Rausche gehe ich
sinnend dann von Tisch zu Tisch,
suche, wühle, feilsche, kaufe
frohgemut im Tageslaufe:
Puppen, Mäntel, Uhren, Kleider,
Kännchen, Bücher und so weiter;
auch mal einen ganzen Stuhl
halt‘ ich für besonders cool;
Täschchen, Mäppchen, dies und das,
Höschen, Hemdchen und BHs …
All das, was des Mannes Herz
bringt zum Klopfen himmelwärts,
pack‘ ich zu besond‘rem Zwecke
dann alsbald in Reisesäcke.
Auf geht‘s schnell zum nächsten Zug
und dann fort zum Weiterflug
auf die Insel voller Wonne …
Heiße Rhythmen, Wärme, Sonne;
Kinderlachen, braune Frauen,
jung und feurig anzuschauen!
Helle Strände, blaues Meer,
Kuba – nichts lieb‘ ich so sehr!
Und auf meine alten Tage
nach des Lebens Zorn und Plage,
sitz‘ ich hier mit weitem Herzen,
hör‘ die Jungen dankbar scherzen:
„Opa, bist du wieder da,
schenkst uns Hot Pants und BH –
ach, wir mögen dich ganz toll,
dich und deinen Koffer voll!"
Tanzend schwingen sie die Knie
und ich fühl‘ mich jung wie sie.
Jeder leuchtend dunkle Blick
bringt mir früh‘re Kraft zurück.
Heiße Rhythmen, Meeresrauschen –
ihnen könnt‘ ich ewig lauschen;
losgelöst in Harmonie
sing‘ ich ihre Melodie.
Und ich will an Kubas Stränden
auch mein Dasein einst vollenden,
warten, bis im Abendlicht
sich die letzte Brandung bricht. –
Dieser Tod, so heiß begehrt:
Leider bleibt er nun verwehrt.
Kraft fehlt jetzt zu solchen Flügen,
darum muss mir‘s hier genügen.
JUGENDWAHN
Ein Greis, so um die achtzig Jahr,
gebeugt, mit schütt‘rem weißen Haar,
an sich gesund, im Kopf noch klar,
vergleicht, wie es mal früher war.
So oft er grübelnd daran denkt,
kommt er zum Schluss: Nichts wird geschenkt.
Da hilft kein Beten und kein Fluchen –
doch mit Programm könnt‘ man‘s versuchen!
Fortan steht er um fünfe auf
und macht als Erstes Dauerlauf;
nach einer Stunde hartem Trimmen
geht er im fernen Freibad schwimmen.
Mit Rad und Handtuch kommt er an
und zieht zwei Stunden seine Bahn.
Dann fährt er müd‘ und japsend heim,
isst Müsli erst, dann Haferschleim,
trinkt eine Kanne Rotbuschtee
und legt sich kurz auf‘s Kanapee.
Doch lange Ruhe gibt es nicht;
Gelenkigkeit und Gleichgewicht
gehören auch zur Trainingspflicht!
Die Kraft muss auch gefördert sein:
Sich beugen nur auf einem Bein,
dann Liegestützen immer mehr -
das alles hilft und stählt ihn sehr.
Tief atmen, lockern, spannen, dehnen,
die Glieder, Rücken, Muskeln, Sehnen.
Dies alles muss man stets bedenken,
vom Puls bis hin zu den Gelenken.
Gleich nach drei Stunden wilder Mühe
vertilgt er gierig Würfelbrühe.
Drei Liter gießt er in den Magen –
und stirbt drauf fast an Herzversagen ...
Es rast der Puls, er bebt und flimmert;
der alte Mann, er stöhnt und wimmert.
Ein Schmerz fährt ihm durch Brust und Flanken,
es schwinden Sinne und Gedanken.
In einem Bett kommt er zu sich
auf weißem Laken säuberlich.
Zwei Schläuche hängen ihm am Arm,
ein Thermometer steckt im Darm.
Auf seiner glatt rasierten Brust
verteilt sich bunter Kabelwust.
Drei Klemmen zwicken ihn am Ohr,
in seinem Penis drückt ein Rohr.
Es piepst und blinkt im Intervall
im ganzen Zimmer überall.
Ein Doktor tritt in seinen Raum
mit ernster Miene, lächelt kaum.
„Sie sind ein Rätsel", hebt er an,
„erzählen