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Freier Wille - ein Trugschluss?: Aufklärende Gespräche über unser Menschenbild
Freier Wille - ein Trugschluss?: Aufklärende Gespräche über unser Menschenbild
Freier Wille - ein Trugschluss?: Aufklärende Gespräche über unser Menschenbild
Ebook193 pages2 hours

Freier Wille - ein Trugschluss?: Aufklärende Gespräche über unser Menschenbild

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About this ebook

Ein neues Menschenbild? Ein neuer mitmenschlicher Umgang, eine neue Rechtsprechung? Das sind hohe Ziele, die sich eine Runde von zwölf Diskutanten gesteckt hat. Jeder vertritt seine vorgefasste Position, wenn die Frage eines neuen Menschenbildes, das vielleicht gar nicht so neu ist, erörtert wird. Und ein Gesprächsleiter als eine Art Sokrates führt in vier Gesprächsrunden zum Ziel – eine spannende Diskussion im Stile platonischer Dialoge über Grundfragen des menschlichen Seins und Werdens mit durchaus optimistischem Ausblick.
LanguageDeutsch
Release dateJul 30, 2013
ISBN9783837250541
Freier Wille - ein Trugschluss?: Aufklärende Gespräche über unser Menschenbild
Author

Lothar Höhn

Von 1973 bis 2004 Vollzeitlehrer an einem Gymnasium in Frankreich, danach bis 2011 Teilzeitlehrer an einem Schweizer Gymnasium und schriftstellerische Tätigkeit. 1983 Promotion. Interessengebiete: Philosophie, Psychologie, Theologie, Politik.

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    Freier Wille - ein Trugschluss? - Lothar Höhn

    dafür!

    Freier Wille – ein Trugschluss?

    Aufklärende Gespräche über unser Menschenbild

    An den Gesprächen nehmen Personen teil, die die Willensfreiheit von verschiedenen Standpunkten betrachten. Damit die Leserin und der Leser bei den verschiedenen Aussagen an die Grundeinstellung der Teilnehmer zu diesem Thema erinnert werden, sind die Gesprächsteilnehmer mit verkürzten Namen versehen worden, die diese verdeutlicht.

    Folgende Teilnehmer kommen zu Wort:

    Gl (Gesprächsleiter): Er möchte während der Gespräche eine befriedigende Antwort auf die Frage finden, ob die Willensfreiheit tatsächlich existiert oder ob wir es hier eher mit einer Illusion zu tun haben.

    Theo A vertritt die Willensfreiheit aus theologischer Sicht.

    Theo B versucht in den Heiligen Schriften Stellen zu finden, die auf eine Willensunfreiheit des Menschen hinweisen könnten.

    Psycho A tritt als Psychologe für die Willensfreiheit ein.

    Psycho B findet starke Argumente, die gegen die Willensfreiheit sprechen.

    Philo A verteidigt entschieden die Willensfreiheit vom philosophischen Standpunkt.

    Philo B hegt gewisse Zweifel an einer absoluten Willensfreiheit.

    Natu A findet als Evolutionist die Theorie von der Willensfreiheit für das Zusammenleben innerhalb einer Gesellschaft wichtig.

    Natu B meint, die Willensfreiheit sei aus naturwissenschaftlicher Sicht kaum zu rechtfertigen.

    Kompa A denkt, der Determinismus sei mit der Willensfreiheit kompatibel.

    Kompa B meidet den Begriff Willensfreiheit und spricht mehr von einer Handlungsfreiheit.

    Det A ist ein entschiedener Determinist.

    Det B unterstreicht die gesetzmäßigen Abläufe in der Natur und im Menschen.

    Kompa A und Kompa B sowie Det A und Det B interessieren sich für Natur- und Geisteswissenschaften.

    Erste Gesprächsrunde

    Definition von Willensfreiheit -

    Argumente für und wider die Existenz eines freien Willens -

    eine mögliche Problemlösung in Sicht

    Gesprächsleiter (Gl): Freunde, es freut mich außerordentlich, mit euch heute über ein äußerst wichtiges Thema ausführlich zu sprechen. Es geht um das Für und um das Wider der Willensfreiheit sowie um die damit verbundene Verantwortung. Ihr seid, wie ich weiß, aufgrund eurer Überlegungen zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Was mich betrifft, frage ich mich noch immer, ob die Willensfreiheit wirklich existiert oder ob es sich nur um eine Illusion handelt. Wenn mir während unseres Gesprächs diesbezüglich ein Licht aufginge, wäre ich sehr glücklich; denn mir ist bewusst, dass ein „Ja oder ein „Nein weitreichende Konsequenzen für mich persönlich, aber auch für mein Verhältnis zu meinen Mitmenschen und Nebenmenschen hätte.

    Bevor wir beginnen, sollten wir zunächst den Begriff „Willensfreiheit" definieren, damit wir alle dasselbe darunter verstehen und nicht aneinander vorbeireden. Wäret ihr mit folgender kurzen Definition einverstanden:

    Willensfreiheit ist die Fähigkeit, ohne äußere und innere Zwänge und von nichts abhängig in voller Eigenverantwortung Entscheidungen zu treffen.

    (Zustimmendes Kopfnicken.)

    Euer Kopfnicken zeigt euer Einverständnis. Ah, da ist doch noch ein Einwand!

    Philo A: Bevor wir über die Freiheit des Willens sprechen, sollten wir uns zuerst darüber einig sein, was wir unter dem Willen verstehen.

    Gl: Gut, was verstehst du darunter?

    Philo A: Wille ist die kraftvolle Fähigkeit, Handlungen bewusst zu steuern.

    Psycho B: Wobei natürlich die Beweggründe eine Rolle spielen.

    Philo A: Schon der Ausruf „ich will!" zeigt überdies, dass das Ego dabei stark eingebunden ist.

    Psycho B: Wenn ich dich (sich an Philo A wendend) richtig verstehe, hat der Wille mehr einen geistigen Ursprung für dich. Ich würde eher davon ausgehen, dass der Wille aus der Psyche hervorgeht.

    Psycho A: Die Psyche spielt bei der Willensbildung gewiss eine große Rolle; den Geist würde ich dabei jedoch nicht unterschätzen.

    Philo B: Ich bin insofern mit Philo A einverstanden, da bei einer Wahl von mehreren Möglichkeiten der menschliche Geist bewusst und willentlich die Entscheidung trifft. Nur gibt es eben auch Handlungen - und da würde ich Psycho B zustimmen - die impulsiv zustande kommen, und bei denen der Geist irgendwie ausgeschaltet wird.

    Philo A: Auch ein impulsiver Akt kommt über das geistige Mitwirken zustande, denn ohne Geist könnte die Psyche gar nicht aktiv werden. Ich neige sogar sehr stark dazu anzunehmen, dass selbst hysterische Ausbrüche bewusste Äußerungen des Willens sind.

    Psycho B: Du meinst, der Geist beherrscht mit seinem Willen und seinem Wollen die Psyche vollkommen?

    Philo A: Vollkommen? (Er überlegt.) Das sollte jedenfalls so sein. Das wird von uns so erwartet, und unser sehr geschätzter Immanuel Kant meinte, wenn ich ihn richtig verstanden habe, es sei möglich! Es gibt sogar Vieles, was nur vom Wollen des Geistes verrichtet wird! Da sehe ich gar nichts Psychisches dabei.

    Psycho B: Ein Ausspruch, eine Handlung - ohne dass die Psyche daran beteiligt wäre?

    Philo A: Natürlich gibt es das. Ich weiß zum Beispiel nicht, welche Rolle die Psyche beim Lösen von mathematischen Problemen oder beim Forschen auf den verschiedensten Gebieten spielen sollte.

    Psycho B: Ich könnte es mir durchaus vorstellen, aber lassen wir es vorläufig. Wir werden sicherlich noch einmal darauf zu sprechen kommen, wenn wir über die Freiheit des Willens reden.

    Gl: Ja, das ist ein guter Gedanke. Was gäbe es vom theologischen Standpunkt zum Willen zu sagen?

    Theo A: Von theologischer Seite würde ich die Willensäußerung als einen seelischen Akt bezeichnen. Unter Seele verstehe ich die Einheit von Geist und Psyche.

    Theo B: So sieht es anscheinend auch der Apostel Paulus, wenn er von einem „inwendigen Menschen" spricht und damit sicherlich den Geist und die Psyche als Einheit, als das eigentliche Ego meint, während der äußere Mensch dem Verfall preisgegeben ist.

    Theo A: In dem Willen selbst sehe ich jedoch mehr eine Angelegenheit des Geistes, der die Aufgabe hat, die Psyche zu kontrollieren und zu beherrschen. Seine Kraft erleben wir, wenn es darum geht, ein Ziel zu erreichen. Eigentlich ist der Wille immer auf ein Ziel gerichtet.

    Philo A: Du würdest also wie ich im Willen eine Kapazität sehen, die dazu dient, über sich selbst zu bestimmen.

    Theo A: Ja, ohne Zweifel!

    Psycho B: Theo A hat gerade von der Stärke beziehungsweise von der Kraft des Willens gesprochen. Aus psychologischer Sicht existiert eine ganze Palette von Willensstärken. Auch im Volksmund wird von Leuten gesprochen, die einen starken beziehungsweise schwachen Willen haben. Außerdem hat oft ein und dieselbe Person für etwas einen starken und für etwas anderes einen schwachen Willen. Das würde bedeuten, dass hinter der Willensstärke doch mehr die Psyche steckt. Wenn der Wille nur eine geistige Angelegenheit wäre, dann wäre der Geist selbst für die Willensstärke verantwortlich. Das erscheint mir doch sehr fraglich.

    Gl: Ich merke, es wird kompliziert, hier eine einheitliche Meinung zu finden. Es hängt davon ab, von welchem Winkel wir den Willen betrachten. Vielleicht wird uns das, was wir unter Wille tatsächlich zu verstehen haben, klarer, wenn wir uns mit seiner Freiheit beschäftigen. Nun sind unsere Philosophen, Psychologen und Theologen zu Wort gekommen. Und was versteht ihr anderen unter dem Willen?

    Det A: Die bisherige Diskussion habe ich aufmerksam verfolgt. Da für mich alles deterministisch abläuft - im Kosmos, hier auf der Erde und auch im Menschen - spielt es für mich keine so große Rolle, von welchem Blickwinkel wir den Willen sehen. Auf alle Fälle ist der Wille eine Kraft, mit der das Ego ein Ziel zu erreichen versucht.

    Gl: Du würdest also den Willen folgendermaßen definieren:

    Der Wille ist eine Kraft, mit der das Ego ein Ziel zu erreichen versucht.

    Das ist eine sehr kurze Definition. Wenigstens werden alle dieser Kernaussage zustimmen können. (Kopfnicken und Ja-Rufe.) Der Vorteil ist, dass wir beim Willen zunächst weder von einer geistigen noch von einer psychischen Kraft sprechen. Wer weiß, ich habe es schon erwähnt, vielleicht werden wir bezüglich des Willens im Laufe unseres Gesprächs klüger, wenn es um dessen Freiheit geht.

    Psycho B: Wenn wir auch alle mit dieser kurzen Definition des Willens einverstanden sind, so werden wir uns während der Diskussion noch abfragen müssen, was wir unter dem Ego zu verstehen haben.

    Philo A: Da werden unsere Differenzen wieder deutlich hervortreten.

    Gl: Das kann ja noch hochinteressant werden! Wenden wir uns nun unserem eigentlichen Thema der „Willensfreiheit beziehungsweise dem auch zu verwendenden synonymen Ausdruck „Entscheidungsfreiheit zu. Eingangs hatte ich Willensfreiheit so definiert: Willensfreiheit ist die Fähigkeit, ohne äußere und innere Zwänge und von nichts abhängig in voller Eigenverantwortung Entscheidungen zu treffen. Können wir es nach dem bisherigen Diskussionsergebnis trotzdem so stehen lassen?

    Natu A: Ich meine, wir sollten in dieser Formulierung den Willen und die Kraft, die dahinter steckt, mit einfügen und natürlich auch, dass es dabei um ein Ziel geht. Denn schließlich geht es beim Willen um mehr als nur darum, Entscheidungen zu treffen.

    Gl: Gut. Wer von euch hätte einen Formulierungsvorschlag, wenn wir den Willensinhalt wie von Natu A erwähnt ausführlicher einbringen?

    Philo A: Wir könnten eventuell deiner Formulierung nur noch den Gedanken von Natu A hinzufügen und es so abfassen: Willensfreiheit ist die Fähigkeit, ohne äußere und innere Zwänge und von nichts abhängig in voller Eigenverantwortung Entscheidungen zu treffen, deren Ziele kraft des Wollens erreicht werden sollen.

    Philo B: Wenn auch die Entscheidungen über das Bewusstsein erfolgen, müssten wir es, so meine ich, doch noch besonders erwähnen, und zwar als das „volle Bewusstsein".

    Philo A: Dann müssten wir es wie folgt formulieren: Willensfreiheit ist die Fähigkeit, ohne äußere und innere Zwänge und von nichts abhängig bei vollem Bewusstsein sowie in voller Eigenverantwortung Entscheidungen zu treffen, deren Ziele kraft des Wollens erreicht werden sollen.

    Gl: Seid ihr damit zufrieden? Fehlt noch etwas? Keine Widerrede? Dann kommen wir zum eigentlichen Thema. Ah, Philo B hat noch etwas einzuwenden.

    Philo B: Eigentlich nicht; meine Frage wäre nur, ob wir unter Freiheit alle dasselbe verstehen.

    Gl: Wer möchte Freiheit definieren?

    Philo A: Wenn wir uns die zusammengesetzten Wörter, in denen die „Freiheit" vorkommt, anschauen, wie Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Reisefreiheit, dann verstehen wir im allgemeinen Sinn unter „Freiheit", von der Möglichkeit Gebrauch machen zu können, uneingeschränkt Tätigkeiten auszuüben beziehungsweise Handlungen auszuführen.

    Philo B: Dem sollten wir noch hinzufügen, dass wir bei einer Freiheit auch zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen können.

    Gl: Dann würden wir Freiheit so formulieren:

    Freiheit ist, von der Möglichkeit Gebrauch machen zu können, uneingeschränkt Handlungen auszuführen und zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen zu können.

    Wäret ihr mit dieser Definition der Freiheit einverstanden? Kein Einspruch? Dann würde unsere gefundene Formulierung von der Willensfreiheit folgendermaßen lauten:

    Willensfreiheit ist die Fähigkeit, ohne äußere und innere Zwänge und von nichts abhängig bei vollem Bewusstsein zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu wählen sowie in voller Eigenverantwortung Entscheidungen zu treffen, deren Ziele kraft des Wollens erreicht werden sollen.

    Könnten wir diesen Satz so akzeptieren, nachdem wir noch die Freiheit besonders definiert haben?

    Philo B: „Ohne äußere und innere Zwänge entspricht dem „uneingeschränkt, und ich finde es auch gut, dass die Verantwortung in dieser Formulierung gleich mit eingeschlossen ist, denn zur Willensfreiheit gehört, die Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen oder für ein Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen werden zu können.

    (Allgemeine Zustimmung.)

    Gl: Steigen wir in die eigentliche Debatte ein. Ihr habt bereits eine Meinung zu diesem Thema. Ich bin, so glaube ich, der einzige in dieser Runde, der noch keine echte Antwort auf die Frage gefunden hat, ob die Willensfreiheit existiert oder nicht, und ich bin ganz gespannt, ob mich der eine oder andere mit seinen Argumenten überzeugen kann.

    Natu A: Der Homo sapiens ist nicht allwissend. Wir sind alle Suchende und Forschende, und schon so manches Mal musste ich gewonnene Erkenntnisse über Bord werfen, weil andere stärkere Argumente für dieses und jenes sprachen. Deshalb gehe ich auch vorbehaltlos in diese Debatte. Für mich ist es ein sehr spannendes Thema, und wie du (sich an Gl wendend) es eingangs erwähnt hast, handelt es sich dabei um ein äußerst wichtiges Thema.

    Gl: Ja, denn die Antwort auf ein Für oder Wider hat schließlich weitreichende Konsequenzen, und ich glaube, keiner in unserem Kreis wird sich neuen Erkenntnissen verschließen. (Die meisten stimmen dem zu; nur Philo A und Det A bleiben stumm.) Ich sehe, Philo A und Det A schweigen. Aber auch ihr werdet euch nicht absichtlich weigern, zu höheren Erkenntnissen zu kommen.

    Philo A: Natürlich würde ich mich nicht absichtlich einer neuen Erkenntnis verschließen. Ich kann es mir jedoch nicht vorstellen,

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