Mit einer Lüge leben?: Dr. Norden Bestseller 225 – Arztroman
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Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Seit sechs Wochen war Dr. Bernd Molden an der Behnisch-Klinik tätig, und nicht eine Stunde hatten Dieter und Jenny Behnisch bereuen müssen, dem jungen Arzt ohne viel praktische Erfahrung diese Chance gegeben zu haben. Bernd Molden brachte alles mit, was einen guten Arzt auszeichnete. Man konnte auch sagen, dass er für diesen Beruf geboren war. Erstaunlich war das nicht, wenn man seine Herkunft kannte, denn beide Eltern waren Ärzte gewesen, aber darüber sprach er nicht. Dafür gab es mancherlei Gründe.
In seiner ruhigen, stets freundlichen Art, war er bei den Patienten sehr beliebt, obgleich er nicht viel redete. Aber er verstand es zuzuhören, und das war für einen Arzt oft noch wichtiger.
Hilde Meissner zum Beispiel, erzählte ihm ihre ganze Lebensgeschichte, obgleich sie sonst auch nicht gerade mitteilsam war, aber Dr. Jenny Behnisch ahnte sehr bald, warum sie Bernd Molden solches Vertrauen entgegenbrachte. Hilde Meissner hatte vor vielen Jahren ihren Mann und ihren damals noch kleinen Sohn bei einem tragischen Unfall verloren, und ihr Sohn, der auch zufällig Bernd hieß, wäre jetzt ungefähr so alt wie Dr. Molden.
Der war tief erschüttert, als Hilde Meissner ihm von diesem schrecklichen Unfall erzählte, dem sie hatte zuschauen müssen.
»Es war in den Schweizer Bergen, Dr. Molden«, sagte Hilde Meissner leise. »Sie waren beim Skifahren gewesen, und ich wartete drunten im Tal auf sie, weil ich mir den Fuß verstaucht hatte. Wäre ich doch bei ihnen gewesen. Es gab einen Defekt. Niemand konnte später genau erklären, was eigentlich schuld war, aber die Gondel, mit der sie kommen
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Mit einer Lüge leben? - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 225 –
Mit einer Lüge leben?
Patricia Vandenberg
Seit sechs Wochen war Dr. Bernd Molden an der Behnisch-Klinik tätig, und nicht eine Stunde hatten Dieter und Jenny Behnisch bereuen müssen, dem jungen Arzt ohne viel praktische Erfahrung diese Chance gegeben zu haben. Bernd Molden brachte alles mit, was einen guten Arzt auszeichnete. Man konnte auch sagen, dass er für diesen Beruf geboren war. Erstaunlich war das nicht, wenn man seine Herkunft kannte, denn beide Eltern waren Ärzte gewesen, aber darüber sprach er nicht. Dafür gab es mancherlei Gründe.
In seiner ruhigen, stets freundlichen Art, war er bei den Patienten sehr beliebt, obgleich er nicht viel redete. Aber er verstand es zuzuhören, und das war für einen Arzt oft noch wichtiger.
Hilde Meissner zum Beispiel, erzählte ihm ihre ganze Lebensgeschichte, obgleich sie sonst auch nicht gerade mitteilsam war, aber Dr. Jenny Behnisch ahnte sehr bald, warum sie Bernd Molden solches Vertrauen entgegenbrachte. Hilde Meissner hatte vor vielen Jahren ihren Mann und ihren damals noch kleinen Sohn bei einem tragischen Unfall verloren, und ihr Sohn, der auch zufällig Bernd hieß, wäre jetzt ungefähr so alt wie Dr. Molden.
Der war tief erschüttert, als Hilde Meissner ihm von diesem schrecklichen Unfall erzählte, dem sie hatte zuschauen müssen.
»Es war in den Schweizer Bergen, Dr. Molden«, sagte Hilde Meissner leise. »Sie waren beim Skifahren gewesen, und ich wartete drunten im Tal auf sie, weil ich mir den Fuß verstaucht hatte. Wäre ich doch bei ihnen gewesen. Es gab einen Defekt. Niemand konnte später genau erklären, was eigentlich schuld war, aber die Gondel, mit der sie kommen sollten, stürzte ab. Es ist jetzt fünfundzwanzig Jahre her, aber ich vergesse dieses Entsetzen nie. Ich träume davon, ich erwache von meinem Angstschrei und kann nicht mehr schlafen. Ich weiß nicht, warum ich noch nicht in einer Irrenanstalt gelandet bin. Und so viele Operationen habe ich durchmachen müssen, und alle habe ich überlebt. Warum nur? Warum lässt Gott mich nicht sterben?«
Darauf wusste Bernd Molden keine Antwort, so leid ihm diese Frau auch tat, und als Arzt wusste er, dass sie tatsächlich dem Tode oft schon nahe gewesen war.
Hilde Meissner bekam nie Besuch. Sie hatte keine Angehörigen mehr, das hatte Bernd Molden auch von ihr erfahren. Sie war reich. Sie hatte schon viel Geld mit in die Ehe gebracht, und auch ihr Mann war sehr begütert gewesen. Und nach dem Tode ihres Mannes und ihres einzigen Kindes hatte sie in der Arbeit Ablenkung und wohl auch Trost gesucht und den Elektrogroßhandel noch gewinnträchtiger gemacht, als er je gewesen war. Hilde Meissner interessierte sich nicht für Besitz und Geld. Sie war eine früh gealterte, vom Leid geprägte Frau und wünschte sich nur, auch bald mit ihrem Mann und ihrem Kind in der Ewigkeit vereint zu sein. Doch jetzt hatte sie einem jungen Mann alle mütterliche ungenutzte Güte entgegengebracht, und Bernd Molden ahnte nicht, welche Folgen dies noch für ihn haben sollte. Für ihn war sie eine todkranke Patientin, deren Tage gezählt waren. Er wusste es. Er kannte alle Untersuchungsergebnisse und die Diagnose, die Dr. Dieter Behnisch und seine Frau Jenny mit ihm besprochen hatten. Hilde Meissner litt an Magenkrebs im letzten Stadium.
»Sie ist ein Mensch, dem man wirklich ein glücklicheres Leben vergönnt hätte«, hatte Jenny Behnisch gesagt. »Aber für sie wird der Tod als Freund kommen, lang ersehnt. Nehmen Sie sich Zeit für sie, wenn es möglich ist, Bernd. Ich weiß, wie sehr sie Sie mag.«
»Sie denkt an ihren Sohn, immer wieder an ihren Sohn. Wie ungerecht doch das Schicksal sein kann.«
Damit wusste Jenny Behnisch in diesem Augenblick wenig anzufangen, zumindest was diese Bemerkung Bernd Moldens betraf. Gewiss hatte sie das Schicksal auch schon ungerecht empfinden gelernt, aber sie wusste auch, dass Bernd Molden eine sehr enge Beziehung zu seiner Mutter hatte.
Aber ihn mochten nicht nur die mütterlichen Frauen, es gab auch jüngere und sogar ganz junge, die voller Ungeduld nach dem jungen Arzt Dr. Molden Ausschau hielten, obgleich dieser nun wirklich nicht auf Wirkung aus war.
Aber eines Tages wurde Benita Popp eingeliefert, die Tochter des berühmten Filmregisseurs Anselm Popp, und über Benitas bevorstehende Heirat mit dem nicht minder bekannten Opernsänger Peter Nolan war schon genug in den Zeitungen berichtet worden.
Aber nun war es so, dass Peter Nolan den schweren Unfall verursacht hatte, bei dem Benita schreckliche Verletzungen davontrug, während er selbst mit einem Schock davonkam, der sich allerdings auf seine Stimme auswirkte.
Es stand jedenfalls fest, dass Peter Nolan am meisten sich selbst bedauerte, und Benitas Mutter, Ines Popp, war in allem Unglück froh, dass er in eine andere Klinik gebracht worden war.
Dass Benita in die Behnisch-Klinik gebracht worden war, war dem Umstand zu verdanken, dass auch Dr. Norden zu der Unfallstelle gerufen worden war, und er kannte Benita. Peter Nolan war zu diesem Zeitpunkt schon auf schnellstem Wege zum Kreiskrankenhaus gebracht worden, aber Benita konnte man erst mit Hilfe der Feuerwehr aus dem demolierten Wagen befreien.
Der zweite Wagen, der in diesen Unfall verwickelt gewesen war, wurde von einer Frau mittleren Alters gesteuert, die ebenfalls in die Behnisch-Klinik gebracht wurde. Auch sie war schwer verletzt, aber ihren Namen wusste man noch nicht. Als Dr. Molden diesen dann erfuhr, wurde er blass, und zum ersten Mal sah ihn Dr. Behnisch fassungslos und verwirrt.
»Madlen Börring, ist Ihnen diese Frau bekannt, Bernd?«, fragte er.
»Der Name, nur der Name«, erwiderte Bernd. »Mein Gott, warum muss sie ausgerechnet hierherkommen!«
»Was erregt Sie so?«, fragte Dieter Behnisch.
»Ich kann das nicht mit ein paar Worten erklären. Es ist eine lange, schon sehr alte Geschichte, aber ich fühle mich nicht in der Lage, dieser Frau ärztliche Hilfe zuteil werden zu lassen, Chef. Sie können mich sofort entlassen durch diese Weigerung.«
»Wir werden schon einen Weg finden, Bernd«, sagte Dr. Behnisch ruhig. »Wir werden uns zu gegebener Zeit aussprechen, und vorerst brauchen Sie sich um diese Patientin nicht zu kümmern. Vielleicht wünscht sie auch, in eine andere Klinik verlegt zu werden.«
Doch dazu war Madlen Börring vorerst gar nicht in der Lage. Sie war genauso bewusstlos wie Benita Popp, obgleich ihre Verletzungen nicht so schwer waren wie die von Benita, und Dr. Norden bangte mit den Behnischs um das Leben dieses bezaubernden Mädchens.
Als Dr. Norden die Behnisch-Klinik verließ, kam Ines Popp, Benitas Mutter. Sie war herbeigerufen worden. Sie war eine vollendete Dame, vom Scheitel bis zur Sohle, selbst jetzt, da man ihr die innere Erregung anmerken konnte. Ihr feines schmales Gesicht, das noch immer schön zu nennen war, hatte einen schmerzlichen Ausdruck.
Dr. Norden umschloss ihre schmale Hand mit beruhigendem Griff, aber diese Hand war eiskalt und zitterte.
»Sie wird doch leben«, stammelte sie. »Mein Kind muss leben! Sie ist doch alles, was ich habe.«
Solche Worte hatte er nicht erwartet. Die Ehe der Popps galt als glücklich, und Anselm Popp machte nicht durch Affären von sich reden.
»Wir können augenblicklich noch gar nichts sagen, gnädige Frau«, rang er sich ab. »Benita wird operiert. Sie können sich darauf verlassen, dass Dr. Behnisch und seine Frau alles tun werden, um Benitas Leben zu erhalten.«
In ihren Augen war ein trostloser Ausdruck. »Diese Raserei«, flüsterte sie. »Damit kann man sich doch wirklich nichts beweisen, aber es geht ihnen nichts schnell genug. So traurig alles auch ist, ich hoffe nur, dass wenigstens diese Heirat nicht zustande kommt.«
Vielleicht hatte sie es gar nicht sagen wollen. Ein Zucken lief über ihr Gesicht.
»Kann ich Benita sehen?«, fragte sie hastig.
»Jetzt noch nicht. Ich weiß auch nicht, wie lange die Operation dauert. Sie können hier warten. Ich werde Schwester Irmgard Bescheid sagen, dass sie Ihnen einen Kaffee bringt.«
»Danke, das ist nicht nötig. Ich gehe auch lieber nach draußen. Ich brauche Luft.« Schon griff sie an ihre Kehle und rang nach Atem. Und dann schwanden ihr plötzlich die Sinne, und Dr. Norden musste nun hier auch noch als Arzt in Aktion treten.
Dr. Norden betrachtete die Bewusstlose. Er kannte sie ja nicht erst seit dieser Stunde, und er bemerkte, wie sehr sie abgebaut hatte, seit er sie zum letzten Mal gesehen hatte. Er konnte jetzt nicht feststellen, welches die Ursache war, dass sie auch so abgenommen hatte, aber eine gründliche Durchuntersuchung hielt er für angebracht. Gut, eine augenblickliche Schwäche, durch den Schock, die Erregung verursacht, mochte diese Ohnmacht ausgelöst haben, aber das war nicht mehr jene Ines Popp, die er schon Jahre kannte, schon seit dem Tage, als