Die letzten Tage der Menschheit: Tragödie in 5 Akten mit Vorspiel und Epilog
Von Karl Kraus
4/5
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Über dieses E-Book
Karl Kraus (1874-1936) war einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des beginnenden 20. Jahrhunderts. Er war Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Förderer junger Autoren, Sprach- und Kulturkritiker sowie vor allem ein scharfer Kritiker der Presse und des Hetzjournalismus oder, wie er selbst es ausdrückte, der Journaille.
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Rezensionen für Die letzten Tage der Menschheit
25 Bewertungen2 Rezensionen
- Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5"Austrian political satire" sounds as though it should be one of those famous examples of oxymoron - like "military intelligence" and "English cooking". But it turns out that satire actually flourishes in conservative, authoritarian cultures. It isn't much fun attacking sacred cows unless they really are treated as sacred.Karl Kraus seems to have devoted his life to the cause of satire: with his paper Die Fackel he was a thorn in the flesh of everyone in authority from Franz-Josef to the Nazis. But Die letzten Tage... is the work for which he is remembered. A vast, complex, unperformable play, as full of contradictions and inconsistencies as The Good Soldier Švejk; the Austrian Oh, what a lovely war; the ultimate hatchet job on k. und k. pretentions. And, given that it was written well before the Nazis came to power in Austria, a scarily prescient look at how cultural and ethical values break down in wartime.It isn't easy to read: part of the reason it spent so long on my TBR shelf is the all-but-impenetrable Viennese dialect Kraus uses in many scenes; another is the wealth of topical references, hard to make sense of even with the glossary in the back of the book. But I think it was worth the struggle.
- Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5This becomes rather difficult to rate. If one takes it at face value, as a play, the rating must be low indeed, for it doesn't work as a play. Too talky, too long, too many characters, and a proposal to present it over 10 nights to make it work. Most people would leave before the end of the prologue. If, however, one approaches it as a dialogue in the grand old tradition of dialogues, it becomes a master work on the day to day sentiments driving Austrians (and Germans to some extent) during World War I. It is a fascinating look at attitudes and ideas. Still, even as a dialogue, it could be trimmed. A lot of repetition, a lot of unnecessary cluttering of the record, could be trimmed out. I found it worthwhile, especially since my education was a bit fuzzy on WWI, since most of my instructors were more interested in WWII. The author is an Austrian who experienced the war first hand, and wrote about it while it was happening. What we see here is a more immediate response to the mood of the war, not a political analysis from someone far removed, and that's what makes it so interesting. There are analyses, usually in the mouth of the character known as The Grumbler (who seems to be the author's voice), and some interesting ruminations on war. Read it next time you have a month to spare. Or break it down into bite size pieces, and keep it going until you get to the end.
Buchvorschau
Die letzten Tage der Menschheit - Karl Kraus
Epilog
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Die Aufführung des Dramas, dessen Umfang nach irdischem Zeitmaß etwa zehn Abende umfassen würde, ist einem Marstheater zugedacht. Theatergänger dieser Welt vermöchten ihm nicht standzuhalten. Denn es ist Blut von ihrem Blute und der Inhalt ist von dem Inhalt der unwirklichen, undenkbaren, keinem wachen Sinn erreichbaren, keiner Erinnerung zugänglichen und nur in blutigem Traum verwahrten Jahre, da Operettenfiguren die Tragödie der Menschheit spielten. Die Handlung, in hundert Szenen und Höllen führend, ist unmöglich, zerklüftet, heldenlos wie jene. Der Humor ist nur der Selbstvorwurf eines, der nicht wahnsinnig wurde bei dem Gedanken, mit heilem Hirn die Zeugenschaft dieser Zeitdinge bestanden zu haben. Außer ihm, der die Schmach solchen Anteils einer Nachwelt preisgibt, hat kein anderer ein Recht auf diesen Humor. Die Mitwelt, die geduldet hat, daß die Dinge geschehen, die hier aufgeschrieben sind, stelle das Recht, zu lachen, hinter die Pflicht, zu weinen. Die unwahrscheinlichsten Taten, die hier gemeldet werden, sind wirklich geschehen; ich habe gemalt, was sie nur taten. Die unwahrscheinlichsten Gespräche, die hier geführt werden, sind wörtlich gesprochen worden; die grellsten Erfindungen sind Zitate. Sätze, deren Wahnwitz unverlierbar dem Ohr eingeschrieben ist, wachsen zur Lebensmusik. Das Dokument ist Figur; Berichte erstehen als Gestalten, Gestalten verenden als Leitartikel; das Feuilleton bekam einen Mund, der es monologisch von sich gibt; Phrasen stehen auf zwei Beinen – Menschen behielten nur eines. Tonfälle rasen und rasseln durch die Zeit und schwellen zum Choral der unheiligen Handlung. Leute, die unter der Menschheit gelebt und sie überlebt haben, sind als Täter und Sprecher einer Gegenwart, die nicht Fleisch, doch Blut, nicht Blut, doch Tinte hat, zu Schatten und Marionetten abgezogen und auf die Formel ihrer tätigen Wesenlosigkeit gebracht. Larven und Lemuren, Masken des tragischen Karnevals, haben lebende Namen, weil dies so sein muß und weil eben in dieser vom Zufall bedingten Zeitlichkeit nichts zufällig ist. Das gibt keinem das Recht, es für eine lokale Angelegenheit zu halten. Auch Vorgänge an der Sirk-Ecke sind von einem kosmischen Punkt regiert. Wer schwache Nerven hat, wenn auch genug starke, die Zeit zu ertragen, entferne sich von dem Spiel. Es ist nicht zu erwarten, daß eine Gegenwart, in der es sein konnte, das wortgewordene Grauen für etwas anderes nehme als für einen Spaß, zumal dort, wo es ihr aus der anheimelnden Niederung der grausigsten Dialekte wiedertönt, und das eben Erlebte, Überlebte für etwas anderes als Erfindung. Für eine, deren Stoff sie verpönt. Denn über alle Schmach des Krieges geht die der Menschen, von ihm nichts mehr wissen zu wollen, indem sie zwar ertragen, daß er ist, aber nicht, daß er war. Die ihn überlebt haben, ihnen hat er sich überlebt, und gehen zwar die Masken durch den Aschermittwoch, so wollen sie doch nicht aneinander erinnert sein. Wie tief begreiflich die Ernüchterung einer Epoche, die, niemals ein Erlebnisses und keiner Vorstellung des Erlebten fähig, selbst von ihrem Zusammenbruch nicht zu erschüttern ist, von der Sühne so wenig spürt wie von der Tat, aber doch Selbstbewahrung genug hat, sich vor dem Phonographen ihrer heroischen Melodien die Ohren zuzuhalten, und genug Selbstaufopferung, um sie gegebenenfalls wieder anzustimmen. Denn daß Krieg sein wird, erscheint denen am wenigsten unfaßbar, welchen die Parole »Jetzt ist Krieg« jede Ehrlosigkeit ermöglicht und gedeckt hat, aber die Mahnung »Jetzt war Krieg!« die wohlverdiente Ruhe der Überlebenden stört. Sie haben den Weltmarkt – das Ziel, zu dem sie geboren wurden – in der Ritterrüstung zu erobern gewähnt; sie müssen mit dem schlechteren Geschäft vorlieb nehmen, sie auf dem Trödelmarkt zu verkaufen. In solcher Stimmung rede ihnen einer vom Krieg! Und es mag zu befürchten sein, daß noch eine Zukunft, die den Lenden einer so wüsten Gegenwart entsprossen ist, trotz größerer Distanz der größeren Kraft des Begreifens entbehre. Dennoch muß ein so restloses Schuldbekenntnis, dieser Menschheit anzugehören, irgendwo willkommen und irgendeinmal von Nutzen sein. Und »weil noch die Gemüter der Menschen wild sind«, sei, zum Hochgericht auf Trümmern, Horatios Botschaft an den Erneuerer bestellt:
Und laßt der Welt, die noch nicht weiß, mich sagen,
Wie alles dies geschah; so sollt ihr hören
Von Taten, fleischlich, blutig, unnatürlich,
Zufälligen Gerichten, blindem Mord;
Von Toden, durch Gewalt und List bewirkt,
Und Planen, die verfehlt, zurückgefallen
Auf der Erfinder Haupt: dies alles kann ich
Mit Wahrheit melden.
Vorspiel
Inhaltsverzeichnis
1. Szene
2. Szene
3. Szene
4. Szene
5. Szene
6. Szene
7. Szene
8. Szene
9. Szene
10. Szene
1. Szene
Inhaltsverzeichnis
Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke. Ein Sommerfeiertagabend. Leben und Treiben. Es bilden sich Gruppen.
Ein Zeitungsausrufer: Extraausgabee –! Ermordung des Thronfolgers!¹ Da Täta vahaftet!
Ein Korsobesucher (zu seiner Frau): Gottlob kein Jud.
Seine Frau: Komm nach Haus. (Sie zieht ihn weg.)
Zweiter Zeitungsausrufer: Extraausgabee –! Neue Freie Presse! Die Pluttat von Serajevo! Da Täta ein Serbee!
Ein Offizier: Grüß dich Powolny! Also was sagst? Gehst in die Gartenbau?
Zweiter Offizier (mit Spazierstock):Woher denn? G'schlossen!
Der Erste (betroffen): G'schlossen?
Ein Dritter: Ausg'schlossen!
Der Zweite: Wenn ich dir sag!
Der Erste: Also was sagst?
Der Zweite: Na gehn mr halt zum Hopfner.
Der Erste: Selbstverständlich – aber ich mein, was sagst politisch, du bist doch gscheit –
Der Zweite: Weißt, no wer' mr halt (fuchtelt mit dem Spazierstock) – a bisserl a Aufmischung – gar nicht schlecht – kann gar nicht schaden – höxte Zeit –
Der Erste: Bist halt a Feschak. Weißt, einer wird ganz aus'n Häusl sein, der Fallota, der was –
Ein Vierter (tritt lachend hinzu): Grüß dich Nowotny, grüß dich Pokorny, grüß dich Powolny, also du – du bist ja politisch gebildet, also was sagst?
Der Zweite: Weißt, diese Bagasch hat Umtriebe gemacht ganz einfach.
Der Dritte: Weißt – also natürlich.
Der Vierte: Ganz meine Ansicht – gestern hab ich mullattiert –! habts das Bild vom Schönpflug gsehn, Klassikaner!
Der Zweite: Weißt, der Fallota das ist dir ein Patriot, der sagt immer, es genügt nicht, daß man seine Pflicht erfüllt, man muß ein Patriot sein unter Umständ. Wenn der sich was in den Kopf setzt, da gibts keine Würschtel. Weißt was ich glaub? Wern mer halt schwitzen müssen die Täg. No von mir aus!
Der Dritte: Was is mit'n Hopfner?
Der Vierte: Du, hast die zwei Menscher gekannt da?
Der Zweite: Weißt, der Schlepitschka von Schlachtentreu, der is furchtbar gebildet, der liest dir die Presse also auswendig von A bis Z, er sagt wir sollen auch lesen, dort steht sagt er, wir sind für den Frieden wenn auch nicht für den um Frieden um jeden Preis, du is das wahr? (Eine Büfettdame geht vorüber.) Du schau, das ist das Mensch wo ich dir erzählt hab was ich umsonst gehabt hab neulich. (Der Schauspieler Fritz Werner geht vorüber.) Djehre!
Der Dritte: Du mir scheint den kenn ich nicht.
Der Vierte: Den kennst nicht? Geh mach keine Gspaß den kennst nicht! Das is doch der Werner!
Der Dritte: Klassisch, weißt was ich mir eingebildet hab, ich hab mir eingebildet, das is der Treumann!
Der Erste: Geh hör auf! Wie kann man denn den Treumann mit dem Werner verwechseln!
Der Zweite: Siehst du, weil du nicht Logik studiert hast – er hat doch konträr den Werner mit dem Treumann verwechselt.
Der Dritte: Weißt, nein – wart (denkt nach). Weißt überhaupt was meine Ansicht is? »Husarenblut« is besser wie »Herbstmanöver«!
Der Zweite: Hör auf.
Der Erste: Du, du bist ja furchtbar gebildet, also –
Der Vierte: Also natürlich war das der Werner!
Der Erste: Du bist ja furchtbar gebildet&nbs