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Elementarpädagogik und Professionalität: Lebens- und Konfliktraum Kindergarten
Elementarpädagogik und Professionalität: Lebens- und Konfliktraum Kindergarten
Elementarpädagogik und Professionalität: Lebens- und Konfliktraum Kindergarten
Ebook240 pages2 hours

Elementarpädagogik und Professionalität: Lebens- und Konfliktraum Kindergarten

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Eine qualitätsgeprägte Elementarpädagogik verlangt von den Fachkräften ein identisches und professionelles Handeln. Nur so geben ErzieherInnen und Leitungskräfte dem Kindergarten ein eigenes, unverwechselbares Profil und sorgen damit für Voraussetzungen und Merkmale einer kompetenten Pädagogik.
Dieser zweite Band – als Folgepublikation von Elementarpädagogik aktuell – geht speziell auf die Person(al)qualität von elementar-pädagogischen Fachkräften ein. Dazu werden vierSchwerpunkte betrachtet:
• der „Lebensraum Kindergarten“ als Interaktionsgeflecht zwischen Kindern und Erzieherinnen sowie den ErzieherInnen selbst.
• der „Konfliktraum Kindergarten“ als Lernfeld für konfliktüberwindende Kommunikation.
• die Leitungskraft als Ausgangspunkt und Motor für eine kompetente Profilentwicklung
von Personen und der Einrichtung selbst.
• Perspektiven für eine innovative und zeitaktuelle Elementarpädagogik.
Das Buch will eine praktische Hilfestellung für alle elementarpädagogischen Fachkräfte sein,die sich den neuen Herausforderungen im Kindergarten stellen wollen (Qualitätssicherung /Bildungsort Kindergarten).
LanguageDeutsch
Release dateJul 22, 2013
ISBN9783944548715
Elementarpädagogik und Professionalität: Lebens- und Konfliktraum Kindergarten

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    Elementarpädagogik und Professionalität - Armin Krenz

    978-3-944548-71-5

    Vorwort

    Der Kindergarten ist ein Ort für Kinder – ausgestattet mit einem eigen­ständigen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag. So hat es schon 1970 und 1973 der Deutsche Bildungsrat deutlich formuliert. Schaut man in die Ausführungen der Bildungskommission, fallen folgende Merkmale einer Aufgabenstellung für Kindertageseinrichtungen auf: Sie

    •berücksichtigen die besonderen soziokulturellen Hintergründe der Kinder und ihrer Eltern und haben die Auf­gabe, diese bei der gesamten Arbeit zu beachten;

    •ermöglichen den Kindern eine „ganzheitliche Entwicklung" und verzichten somit auf teilisolierte Förderungen einzelner Teilleistungs­bereiche von Kindern;

    •ermöglichen den Kindern den Einsatz ihrer gesamten geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten und gewähren ihnen gleichzeitig ausreichend Ruhepausen;

    •schenken den Kindern genügend Zeit, um sich frei und durch vielerlei Möglichkeiten ausdrücken zu können;

    •berücksichtigen die individuellen Unterschiede der Kinder in einer Kindergruppe und beachten in der pädagogischen Arbeit die besonderen (Entwicklungs-)Bedürfnisse der Kinder;

    •bieten den Kindern vielfältigste Möglichkeiten für individuelles und soziales Lernen;

    •achten auf besondere Krisenpunkte in der Entwicklung von Kindern;

    •legen die Grundlagen für ein späteres Lernen in den nachfolgenden Bildungseinrichtungen.

    Damit wird deutlich: Der Kindergarten soll sich als Ort für Kinder verstehen, in dem tagtäglich Bildungsprozesse initiiert, auf- und ausge­baut werden. Insoweit überraschen Hektik und Aktionismus, die in vielen Kindertageseinrichtungen zu beobachten sind, ausgelöst durch die PISA-Studie 2000 und weitere Nachfolgeunter­suchungen. In den oben genannten Merkmalen wird deutlich, dass es in den Kindertageseinrichtungen primär darum geht, dafür Sorge zu tragen, dass elementarpädagogische Fachkräfte:

    •den Kindern vielfältigste Formen von Lernerfahrungen ermöglichen müssen;

    •den Kindergarten als ein Forschungsfeld – auch mit Kindern – gestalten;

    •gemeinsam mit Kindern tagtäglich auf „Entdeckungs­reise" gehen;

    •den Kindern helfen, Lernmotivation, -freude, -interesse und -neugierde zu entdecken;

    •bei Kindern für emotionale Sicherheit sorgen müssen;

    •die Kinder darin unterstützen, ein stabiles Selbstwert­gefühl zu ent­wickeln;

    •alltägliche Lernangebote aus dem mittelbaren und unmittelbaren Um­feld zum sinnverbundenen Lernen ent­decken und mit Kindern als solche erleben.

    All diese Merkmale deuten auf eine Abgrenzung von schulischem Lernen hin. Insofern überrascht es, wenn in manchen Kinder­tageseinrichtungen wieder „klassische Vorschularbeitsmappen" aus vergange­nen Zeiten hervorgeholt und genutzt werden. Wichtig ist, dass der Kindergarten nur dann seine Aufgabe als Bildungsort erfüllen wird, wenn neben einer professionell gestalteten Arbeit gerade die „inneren Struktur- und Person(al)bedingungen" dazu geeignet sind, die Kin­dertageseinrichtung zu einem solchen Bildungsort werden zu lassen. Dazu müssen vor allem folgende Grundsätze Beachtung gefunden haben bzw. finden:

    Kindertageseinrichtungen müssen sich als ein wirklicher Lebens­raum für Kinder verstehen: Grundsatzfragen müssen aufgeworfen, diskutiert und beantwortet werden.

    Elementarpädagogische Fachkräfte müssen sich selbst als Bil­dungsträger verstehen und in ihrer Person Bildungsmerkmale tra­gen, die sich entwicklungsfördernd für Kinder erweisen.

    Eine entwicklungsfördernde Bildungsatmosphäre für Kinder kann sich nur dort entwickeln, wo eine möglichst spannungsfreie, kollegiale Zusammenarbeit der elementarpädagogischen Fachkräfte besteht.

    Leitungskräfte müssen eine Bildungsoffensive in „ihren" Einrich­tungen installieren und dafür Sorge tragen, dass eine ständige Ver­besserung der Bildungsqualität erreicht werden kann.

    Elementarpädagogische Fachkräfte müssen sich der Tatsache be­wusst sein, dass sie für Kinder als Resilienten wirksam werden kön­nen. Das heißt, dass sie seelische Widerstandskräfte in Kindern wecken, auf- und ausbauen können, wenn es den Fachkräften ge­lingt, sowohl durch eigene Persönlichkeitsmerkmale als auch durch ihre Umgangs- und Arbeitskultur in der Einrichtung für ein entspre­chendes Bildungsklima zu sorgen.

    Dreh- und Angelpunkt für eine personenorientierte Bildungsarbeit ist die personale Kompetenz der Fachkräfte. Sie bewirkt eine Innenqualität, die letztlich immer eine Person braucht, um in Ent­wicklungsprozesse zu kommen. Ohne diese innenqualitätsgeprägte Ausgangslage wird es nicht möglich sein, für wirkliche Lernmotiva­toren im Kindergarten zu sorgen.

    Bildungsvermittlung im Kindergarten – als Ziel und Aufgabe der Elementarpädagogik – lebt vor allem von dem Bildungsengage­ment der Fachkräfte. So heißt die Bildungsdevise unter anderem, dass die Fachkräfte neugierig, wahrnehmungsoffen, lernfreudig, lernmotiviert und innovativ die Tage mit Kindern erleben und gestal­ten. Immer wieder gilt es, neue Perspektiven für sich und

    die Arbeit zu entdecken, aufzunehmen und weiterzu-­

    ent­wickeln, damit auch der Kindergarten selbst eine

    Bildungseinrichtung mit Perspekti­ven sein wird.

    Diesen Ausgangsdaten wird in dem Buch Rechnung getragen. Dazu hat der Autor aus seiner umfangreichen Sammlung vielfältigster Fachartikel aus fast 30 Jahren eine Auswahl entsprechender Fachbeiträge vorge­nommen und zusammengestellt. Alle Beiträge wurden dort, wo es nötig erschien, gegebenenfalls aktualisiert. Manche inhaltlichen Aus­führungen mögen in Einzelfällen auf den ersten Blick an anderer Stelle (z. B. im ersten Band

    „Elementarpädagogik aktuell") ähnlich erscheinen. Doch bei genauerem Lesen wird auffallen, dass zwar Ausgangsinhalte manches Mal gleich sind, diese aber dann in der weiteren Betrachtung eine andere inhaltliche Richtung einschlagen und entsprechend anders fortgesetzt werden, damit auch neue Facetten einer professionellen Elementarpädagogik schwerpunktspezifisch beleuchtet werden können.

    Möge auch dieses Buch dazu beitragen, das Wesentliche der

    Pädagogik in Augenschein zu nehmen, das Unwesentliche bewusst zu vernachläs­sigen und das Notwendige zu unternehmen, um die elementarpädago­gische Arbeit konstant und konsequent auch weiterhin zu professionalisieren!

    Lebensraum Kindergarten

    Lebensraum Kindergarten – Grundsatzgedanken für eine kindorientierte Elementarpädagogik

    Vorbemerkung

    Kinder leben in zunehmendem Maße in einer Welt, in der sie immer weniger „Kind sein können bzw. dürfen", so wie es seinerzeit der ame­rikanische Medienökologe Neil Postman, ein engagierter Streiter für die Wahrung der Kindheit, mit seinem Buch „Das Verschwinden der Kindheit" deutlich auf den Punkt gebracht hat.

    Christian Büttner und Aurel Ende sprechen in der Bestandsaufnahme der Kinderleben zwischen 1740 und heute von den Begriffen „Gefördert und mißhandelt" (gleichnamiger Titel des Buches) und alltägliche Beob­achtungen führen dazu, sich mit veränderten Umfeldbedingungen von Kindern immer wieder auseinander­zusetzen. Diese sind gleichsam das Grundlagenmaterial für die Gestaltung und Neuorientierung der Arbeit im Kindergarten.

    Das Verschwinden der Kindheit

    Jeder von uns kennt sicherlich die Situation, bei der die Frage auftaucht, ob es wünschenswert sei, heute noch einmal Kind zu sein. Im Zusam­menhang mit diesen Überlegungen folgen eigene Erinnerungen, etwa an das Höhlenbauen im Wald, das Verstecken in Kornfeldern, das Erklettern von Bäumen oder das ausgelassene Spielen auf bunten Wiesen, die Fahrradtour mit den Eltern, die besonderen Wochenendfahrten zu Verwandten oder der gemeinsame Besuch des Freibades im Sommer. Daneben gibt es aber sicherlich auch weniger schöne Erinnerungen, etwa die Strenge mancher Lehrer in den Schulen, das eingeschränkte Spielmaterial zu Hause, die kleine Wohnung oder die freitägliche Gemü­sesuppe, die trotz innerer Ablehnung gegessen werden musste.

    Die Kindheit hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten dramatisch ver­ändert. Konsumorientierung entwickelt sich zum neuen Heil, bei dem auch Kinder vermehrt als „Konsumenten entdeckt werden. Viel zu be­sitzen, so wird uns versprochen, bedeutet gleichzeitig „Glück und der Be­sitz von bestimmten Markenprodukten verspricht schon fast „Glückselig­keit". Neue Erziehungskonzepte und bildungspolitische Strömungen scheinen wie Pilze aus dem Boden zu schießen und erheben mehr oder weniger den Anspruch, eine optimale Kinderbetreuung zu garantieren.

    Förderungsprogramme sind für viele Eltern ein Segen, weil damit un­genutzte, brachliegende Kompetenzen ihrer Kinder stärker unterstützt werden können, und Spielplatzspezialisten bieten eine Vielfalt an För­deraktivitäten an. Elternratgeber zur richtigen Erziehung überschwem­men den Markt, und Tendenzen zeigen: Je „hemdsärmeliger, knackiger" die Ratschläge sind, desto besser kommen sie auch an.

    Spielmittel werden immer mehr zu Lerngeräten, sodass in ­erster Linie weniger die Freude der Kinder im Vordergrund steht, als vielmehr die Frage, wie pädagogisch wertvoll bestimmte Spiel­sachen tatsächlich sind, wie umweltfreundlich ihre Verarbeitung ist und wie nutzbringend diese für die kindliche Entwicklung zu sein scheinen. Erfahrungen werden zuneh­mend aus dem übergroßen Angebot der Medien gezogen, Fernseh­sender buhlen primär um Einschaltquoten, und Urlaubsreisen werden nur dann als besonders attraktiv erlebt, wenn sie möglichst in den letz­ten Winkeln unserer Erde verlebt werden können. Das Straßennetz wird immer enger gezogen, sodass viele Spielflächen von Kindern dem „Moloch Verkehr" geopfert werden, freie Grundstücke werden mit Neu­bauten oder Industriegebieten besetzt, gepflegte Grün­anlagen sind mit Regeln belegt, was an dieser Stelle verboten ist, und Familien mit mehr als zwei Kindern gelten nicht selten als verantwortungslos.

    Spielplätze (mit ihrer besonderen Unattraktivität) geben bestimmte Spielfunktionen vor, Veränderungen werden geahndet oder sofort auf ihre TÜV-Tauglichkeit hin untersucht, Kurse bestimmen für viele Kinder neben der Kindergarten- oder Schulzeit den Tagesrhythmus, und das Handy wird zum verlängerten Sprachrohr in einer zunehmend anonymi­sierten Welt, in der lebendige Beziehungen immer seltener werden. Der normale Gang in den Wald, in dem Kinder spielen möchten, wird als gefährlich eingestuft, weil etwas passieren könnte, sodass er nicht selten von Eltern verboten wird, und der Aufenthalt vor dem Haus ist aufgrund der Zunahme des Straßenverkehrs inzwischen nicht weniger problematisch.

    Auf den Punkt gebracht bedeutet eine Betrachtung heutiger Kindheit, dass das Kinderleben immer mehr zerrissen, die Kinderzeiten in zu­nehmendem Maße zerteilt und Kinderwelten immer stärker eingeengt werden. Zwar mag es auf den ersten Blick so wirken, als hätten es Kin­der der heutigen Generation besser bzw. leichter, weil sie mehr Spielmit­tel, größere Bildungschancen, bessere Förderungsmöglichkeiten oder vielschichtigere Kommunikationswege nutzen können. Ein genaueres Betrachten macht aber deutlich, dass es vor allem um eines geht: Kinder müssen eine ständige Zunahme an Erfahrungsverlusten hinnehmen.

    Aus entwicklungspädagogischer Sicht muss diese Tatsache sowohl Eltern als auch pädagogische Fachkräfte aufrütteln, weil bekannt ist, dass Kinder vor allem über das Handeln lernen – erinnert sei an die Lernfolge der Kinder bis zum siebten Lebensjahr: 1. handeln, 2. fühlen, 3. denken, 4. nachdenken. So entwickeln sich alle kognitiven Prozesse aus dem Tun, dem Aktiv-Sein, der Tätigkeit und motorischen Aktivität. Nicht umsonst heißt es in dem bekannten Spruch: „Aus Erfahrung wird man klug."

    Wenn Kinder in zunehmendem Maße Erfahrungsverlusten ausgesetzt sind, es aber gleichzeitig ihrer Bestimmung entspricht, sich als Akteure in dieser Weit zu begreifen, gibt es nur ganz bestimmte Auswege: Ent­weder resignieren die Kinder, ziehen sich zurück und klagen darüber, dass ihnen „soooo langweilig sei", oder sie suchen sich vielfältige Chancen, die Welt dennoch zu entdecken, etwa durch Regel- und Gren­züberschreitungen, Bewegungsüberschüsse oder Aktionismen, indem sie auf sich aufmerksam machen (müssen), nach dem Motto: „Seht her, hier bin ich."

    Kindergarten – ein Garten für Kinder

    Wer einmal durch einen großen Garten mit altem Baumbestand und einer reichhaltigen Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt gegangen ist, lässt sich gern in ein „Reich der Sinne" entführen. Einerseits gibt es vielfäl­tige Farben und Formen der unterschiedlichen Pflanzen zu bewundern, andererseits betören die unterschiedlichen Düfte. Die Blumen und Sträucher entwickeln ihre Pracht zu unterschiedlichen Zeiten, sodass eine Blütezeit die andere ablöst. Hecken dienen Kleintieren zum Schutz, bieten Nistgelegenheiten, und große Bäume spenden Schatten; so hel­fen sie, dass der Boden in den heißen Sommermonaten nicht gänzlich austrocknet. Ein Garten zeichnet sich durch seine Vielfältigkeit aus im Ge­gensatz zu angelegten Monokulturen mit ihrer besonderen Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Unwettern.

    Der Kindergarten kann – ausgehend von diesem Bild – auf dreierlei Arten seine Aufgaben wahrnehmen. Einerseits kann er alles laufen las­sen und dazu beitragen, dass sich der Garten „irgendwie entwickelt (gemäß eines antiautoritären Erziehungsstils). ­Andererseits kann er einem „vorzeigbaren, gepflegten und jederzeit gesteuerten Vorstadt­garten entsprechen, in dem die Beete unkrautfrei gehalten

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