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D9E - Die neunte Expansion: Mengerbeben
D9E - Die neunte Expansion: Mengerbeben
D9E - Die neunte Expansion: Mengerbeben
Ebook316 pages4 hours

D9E - Die neunte Expansion: Mengerbeben

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About this ebook

Sie sind von Hardan entkommen, ehe die Keimzelle explodierte und Hardan vom Mengerraum und somit vom Rest der Galaxis isolierte.
Sind derartige Explosionen, für die man manipulierten MELK benötigt, ein Weg, die Hondh in die Knie zu zwingen?
Auf Uwardu schmiedet man aufgrund der Erkenntnisse, die Ganges und Go’Satis lieferten, parallel noch einen anderen Plan.
Doch die Fünfte Kolonne und die Rebellen um Ta‘Engos müssen erkennen, dass sie nicht die Einzigen sind, die einen Plan verfolgen. Und dass sie in diesem Plan nur Figuren auf dem kosmischen Schachbrett einer unbekannten Macht sind ..
LanguageDeutsch
Release dateSep 25, 2017
ISBN9783955560683
D9E - Die neunte Expansion: Mengerbeben

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    Book preview

    D9E - Die neunte Expansion - Holger M. Pohl

    Bisher erschienen:

    Dirk van den Boom, Eine Reise alter Helden

    Niklas Peinecke, Das Haus der blauen Aschen

    Matthias Falke, Kristall in fernem Himmel

    Nadine Boos, Der Schwarm der Trilobiten

    Dirk van den Boom, Ein Leben für Leeluu

    Niklas Peinecke, Die Seelen der blauen Aschen

    Matthias Falke, Agenten der Hondh

    Holger M. Pohl, Fünf für die Freiheit

    Dirk van den Boom, Der sensationelle Gonwik

    Niklas Peinecke, Die Sonnen der Seelen

    Karla Schmidt, Ein neuer Himmel für Kana

    Holger M. Pohl, Im Schatten der Hondh

    Dirk van den Boom, 1713

    Matthias Falke, Hinter feindlichen Linien

    Dirk van den Boom, Das Springledeck-Gambit

    Holger M.Pohl, Mengerbeben

    In Vorbereitung:

    Nadine Boos, Tanz um den Vulkan

    Holger M.Pohl, Jene, die sich nicht beherrschen lassen

    Holger M. Pohl

    Mengerbeben

    D9E Band 16

    (c) 2017 Wurdack Verlag, Nittendorf

    www.wurdackverlag.de

    Lektorat: Ernst Wurdack

    Covergestaltung: Camilkuo

    Inhaltsverzeichnis

    Mengerbeben

    Esaragon

    Angmar

    Uwardu

    Angmar

    Das Treffen

    Intermezzo Uwardu

    Die Zeit drängt

    Der Abschied

    Intermezzo Kristall

    Intermezzo Uwardu

    MELK-Diebe

    Uwardu

    Esaragon

    Wyrdwall

    Epilog

    Esaragon

    »Eine Waffe«, murmelte Menom Dalbert.

    Shelwin Klime hob den Kopf und sah den Computerspezialisten an. »Was hast du gemeint, Menom?«

    Er, Dalbert und Delilah saßen in einem der Gemeinschaftsräume des Nilrem-Schiffes und taten, was sie schon seit beinahe sechs Monaten taten: mehr oder weniger nichts. Ta’Engos ließ sich nicht in seine Pläne schauen und manchmal hatte Klime das Gefühl, als ob der Nilrem ihre Anwesenheit an Bord der Esaragon inzwischen bedauerte. Auch wenn er sich das nie anmerken ließ.

    »Es könnte eine Waffe sein.« Menom Dalbert hatte sich in der Zeit auf Hardan verändert, war selbstständiger und selbstbewusster geworden, aber eine Eigenschaft hatte er nicht abgelegt: seine Wortkargheit.

    »Ah ja«, erwiderte Klime, als sei ihm damit alles klar. Was es aber ganz und gar nicht war. Er blickte Delilah an. Ihr Haar war inzwischen wieder nachgewachsen, doch sie verzichtete darauf, es wieder so lang werden zu lassen wie vor ihrem Haarausfall. Klime fand, dass die Kurzhaarfrisur sie noch attraktiver machte. »Verstehst du, was er meint?«, fragte er die Loganerin.

    »Nein.«

    »Menom, wir können dir leider nicht folgen. Würdest du mich und Delilah bitte aufklären, was genau du mit ›Es könnte eine Waffe sein‹ meinst?«

    Der Blick, mit dem Dalbert ihn daraufhin bedachte, zeigte, dass er eigentlich keine große Lust hatte, es ihm zu erklären. »Wenn die Daten stimmen, die ich habe, und wenn ich sie richtig interpretiere, dann erscheint uns allen das, was wir im Hardan-System erlebt haben, mehr oder weniger als Zufall.«

    »Ta’Engos und seine Leute sind derselben Meinung«, warf Delilah ein.

    Dalbert ging nicht darauf ein. »Und doch ist dieser Zufall reproduzierbar. Womit es dann aber kein Zufall mehr ist, sondern ein geplantes Vorgehen.«

    Es dauerte einen Augenblick, bis die Loganerin begriff. »Du bist verrückt, Menom! Du kannst nicht ernsthaft daran denken, den Mengerraum zu beschädigen. Das ist Irrsinn!«

    »Ich denke gar nicht daran, Delilah. Aber es ist möglich, dass andere daran gedacht haben. Für uns mag es als Zufall erscheinen, doch …« Er zuckte die Achseln.

    »Du bist verrückt!«, wiederholte Delilah. Sie sah Klime an. »Eine solche Waffe wäre …«

    »Menom hat Recht, Delilah! Wenn es wirklich reproduzierbar ist, woran ich nicht zweifle, dann lässt es sich tatsächlich als Waffe verwenden.«

    »Oder als Schutz.«

    Klime sah Dalbert an.

    Was meint er nun schon wieder?

    Es fiel ihm manchmal schwer, den Gedankensprüngen Dalberts zu folgen.

    »Das liegt doch auf der Hand.« Dalbert sagte es in einer Art, die überzeugter nicht klingen konnte.

    Doch Klime schüttelte den Kopf. »Als Schutz? Und wie soll das funktionieren?«

    »Um das Hardan-System existiert jetzt eine Zone mit einem Durchmesser von fast vier Lichtjahren, in der kein Schwammflug möglich ist. Wer auf Hardan startet, benötigt beinahe zwei Jahre mit Lichtgeschwindigkeit, um diese Zone zu verlassen.«

    »Woher weißt du das?«

    Dalbert zeigte auf sein Pad.

    »Ah, verstehe, du hast ein neues Spionageprogramm geschrieben und es …«

    »Nein!« Die Heftigkeit, mit der Dalbert das sagte, ließ Klime unvermittelt zusammenzucken. »Ich habe mich lediglich in das Bordsystem gehackt.«

    »Verstehe. Ich dachte nur, du hättest …«

    Dalbert ließ ihn nicht ausreden. Heftig, beinahe zornig unterbrach er Klime: »Nein, ich habe kein neues Spionageprogramm geschrieben und ich werde auch keines schreiben.« Er winkte ab, als Klime etwas sagen wollte. »Belassen wir es einfach dabei, Shelwin. In Ordnung?«

    Klime zögerte einen Moment, dann nickte er.

    »Gut.« Dalbert schien zufrieden. »Es ist also möglich, die Hondh in ein Sonnensystem einzuschließen. Zwar nicht für immer, aber man kann dafür sorgen, dass ihre Schiffe eine ganze Zeit brauchen, ehe sie das System verlassen können.«

    »Oder um es anzufliegen, um Nachschub und Ausrüstungsgüter an Bord zu nehmen.« Delilah zeigte, dass sie Dalberts Gedankengang verstanden hatte. »Dafür zu sorgen, dass eine Welt Zeit hat, sich auf den Widerstand vorzubereiten, Tributschiffe abzufangen, die Besatzer zu vertreiben oder den Mentalfeldgenerator zu zerstören, ohne sofortige Repressalien befürchten zu müssen.«

    Nun verstand auch Klime. »Eine Art Schutzblase.«

    Mit einer knappen Kopfbewegung stimmte Dalbert zu.

    »Aber das ist Irrsinn!«, wiederholte die Loganerin. »Den Mengerraum auf diese Art und Weise zu manipulieren. Niemand kann vorhersagen, welche Auswirkungen das auf den Schwamm hat.«

    »Er wird sich davon erholen«, antwortete Dalbert.

    »Woher willst du das wissen?«

    »Es gibt hinreichend genug Untersuchungsergebnisse, dass es immer wieder einmal Störungen im Schwamm gab und diese irgendwann verschwanden. Es existieren sogar Hinweise darauf, dass im Augenblick eine Rekonfiguration des Mengerraums stattfindet.«

    »Ja, Störungen natürlicher Art. Auch dass der Schwamm sich immer wieder einmal rekonfiguriert, ist eine bekannte Tatsache in der Menger-Physik. Dein Waffengedanke ist aber etwas ganz anderes!«

    Dalbert lächelte. »Woher willst du wissen, dass diese Störungen immer natürliche Ursachen hatten? Wir sehen nur die Auswirkungen.« Er wurde wieder ernst. »Und es ist nicht mein Waffengedanke! Ich interpretiere lediglich, was ich lese und sehe.«

    Delilah öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, doch dann schwieg sie und warf Klime einen Blick zu, den er als Aufforderung deutete: Sag du auch etwas dazu! Als erwarte sie Unterstützung von ihm. Aber Klime schüttelte nur den Kopf. »Der Gedanke ist nicht so abwegig, Delilah.«

    Sie starrte ihn an. »Ihr seid beide irre!«, stieß sie hervor.

    »Vielleicht brauchen wir eine gewisse Portion Irrsinn, um in diesem Krieg erfolgreich zu sein, Delilah«, erwiderte Klime sanft. »Auf konventionellem Weg können wir die Hondh nicht besiegen.«

    »Und deswegen sollen wir Risiken eingehen, deren Konsequenzen niemand abzuschätzen vermag?« Sie sah Dalbert finster an. »Sagen deine Quellen oder deine Überlegungen auch, warum noch niemand vorher auf diesen Gedanken gekommen ist?«

    »Ich versichere dir, dass das System voll von Berechnungen ist, was aus diesem Ereignis alles an Möglichkeiten abgeleitet werden kann. Über kurz oder lang werden die Nilrem auf denselben Gedanken kommen.«

    »Und ihn hoffentlich verwerfen!«

    »Du hast Angst!«, hielt Klime ihr vor.

    »Angst?« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß nicht, ob man es Angst nennen kann, Shely. Vielleicht ist es das, aber vielleicht ist es auch einfach nur …« Sie suchte nach einem geeigneten Wort. »Der Gedanke entsetzt mich einfach. Ich glaube nicht, dass der Schwamm sich jemals davon erholen wird. Jedenfalls nicht so leicht, wie Menom vermutet. Ich befürchte eher, dass es zu einem Kollaps des Schwamms führen könnte. Dass dann gar keine überlichtschnelle Raumfahrt mehr möglich ist. Für niemanden!«

    »Du übertreibst, Delilah!«

    Sie sah Klime an. »Bist du dir dessen ganz sicher?«

    Klime starrte im Halbdunkel an die Decke. Neben ihm bewegte sich Delilah im Schlaf und murmelte etwas Unverständliches. Er versuchte ihr Gesicht zu erkennen, doch dazu reichte das spärliche Licht nicht.

    Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, stand er auf und verließ ihre Schlafkabine. Erst als er die Tür leise geschlossen hatte, machte er Licht.

    Die Esaragon war erstaunlich großzügig eingerichtet. Es gab ausreichend Platz für Besatzung und Passagiere. Ta’Engos hatte ihnen erzählt, dass es sich bei dem Schiff um einen Frachtraumer seines Volkes handelte, den die Rebellenorganisation für ihre Zwecke umgebaut hatte. Der Umbau beinhaltete allerdings keine Raumwaffen. Das Verbot der Hondh war in diesem Punkt unmissverständlich. Der Einbau solcher Waffen hätte bei jedem Anflug eines Sonnensystems, das zum Hondh-Imperium gehörte, unkalkulierbare Risiken mit sich gebracht. Natürlich galt das Waffenverbot nicht für Kriegsschiffe der Hondh-Flotte, doch die Esaragon war ein privates Schiff.

    War das, was Menom angedeutet hatte, tatsächlich ein Weg, die Hondh zu besiegen oder in die Schranken zu weisen? Diese Frage ließ Klime keine Ruhe. Er teilte zwar nicht Delilahs Befürchtung, dass der Einsatz einer derartigen Waffe wirklich zu einem Kollaps des Mengerraums führen könnte. Doch er wollte es auch nicht von vorneherein als völlig abwegig abtun. Er verstand viel zu wenig von der Physik des Schwamms, als dass er sich ein Urteil hätte erlauben können.

    Was, wenn jemand schon vorher gewusst hatte, was geschehen würde, wenn der manipulierte MELK in der Art verwendet wurde, wie an der Keimzelle? Deutete nicht die Tatsache, dass jemand dafür gesorgt hatte, dass der exotische Kunststoff nach Hardan gelangte, geradezu darauf hin?

    Dann ist es in der Tat kein Zufall mehr!

    Plötzlich erschien ihm alles in einem anderen Licht. Das machte es zwar nicht verständlicher, doch die Zusammenhänge, die sich daraus ergaben, waren atemberaubend.

    Wie war es zum Beispiel zu der Zusammenarbeit der abtrünnigen Nilrem mit den Blauen gekommen? Die Blauen waren den Hondh eigentlich treu ergeben, nur ihr Wunsch, die Heimat endlich wiederzusehen, machte die Blauen empfänglich für rebellische Gedanken, ohne wirkliche Rebellen aus ihnen zu machen. Hatte jemand, der zum einen die Nilrem-Rebellen und zum anderen die Sehnsucht der Blauen kannte, diesen Kontakt bewusst eingefädelt?

    Dann der manipulierte MELK. Bislang war Klime davon ausgegangen, dass eine Den-Haag-Gruppe dafür verantwortlich war, von der Davies nichts gewusst hatte. Doch die neuen Erkenntnisse ließen auch den – viel wahrscheinlicheren – Schluss zu, dass Unbekannte die Fäden zogen.

    Wenn er das, was geschehen war, in eine andere Reihenfolge brachte, dann drängte sich ein Gedanke auf: Jemand hatte einen strategischen Langzeitplan! Das Ziel dieses Planes kannte er nicht. Aber waren diese Unbekannten möglicherweise genau die Verbündeten, die die freien Welten brauchten, wollten sie gegen die Hondh bestehen? Wenn dem so war, dann war die Frage nur, wie die Freien Welten es bewerkstelligen konnten, mit diesen Unbekannten in Kontakt zu treten.

    Der Gedanke elektrisierte Klime. Er musste mit Ta’Engos darüber reden. Und zwar am besten sofort!

    Klime fand Ta’Engos und Ha’Masik in der Zentrale des Schiffes. Die beiden unterhielten sich angeregt mit einem dritten Nilrem: De’Votar, der Kommandant des Raumschiffes, auf dem sie nun schon sechs Monate unterwegs waren. Klime kam es vor, als sei es erst gestern gewesen, dass sie an Bord gekommen waren, dabei lagen die Ereignisse auf Hardan beinahe sieben Monate zurück.

    Ta’Engos hatte ihnen ein wenig über die Organisation erzählt, aber Klime war überzeugt, dass er mit manchem noch hinter dem Berg hielt. Ob aus Misstrauen gegenüber seinen Gästen oder aus anderen Gründen.

    Als er auf die drei Männer zusteuerte, beendeten sie ihr Gespräch und De’Votar ging zu seinem Kommandostand.

    »Neue Pläne?«, fragte er, als er Ta’Engos und Ha’Masik erreichte.

    »Nicht neu«, erwiderte der Rebellenführer gelassen. Klime war nach wie vor fasziniert von der Tatsache, dass diese so ungeschlacht aussehenden Wesen, deren Haut grobporig und unrein wirkte und deren Haare eher struppigen Fäden glichen, eine derart melodiöse und angenehme Stimme hatten. »Nein, in der Tat nicht neu, aber wir mussten sie modifizieren.«

    »Gab es einen Grund?«

    Ta’Engos lächelte. »Es gibt immer einen Grund, Shelwin Klime, seine Absichten zu hinterfragen.«

    Eine nichtssagende Antwort, aber Klime wusste, dass er nicht mehr erfahren würde.

    »Was kann ich für dich tun?«

    Klime hatte sich überlegt, wie er das Gespräch beginnen und seine Fragen stellen sollte. Er hatte nicht vor, dem Nilrem alles zu offenbaren, was ihm durch den Kopf ging. In mancherlei Hinsicht fühlte er sich ab und zu fünfhundert Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. In die Zeit, als er noch beim Geheimdienst gewesen war: Wie entlockte man einem befreundeten Verbündeten das, was man wissen wollte, ohne seine eigenen Geheimnisse auszuplaudern?

    »Du musst mir natürlich nicht alles verraten«, begann er daher vorsichtig, »auch wenn ich es befremdlich finde, dass du uns immer noch misstraust.«

    Ta’Engos warf Ha’Masik einen kurzen Blick zu. Klime glaubte Belustigung darin zu erkennen. »Nun, ganz so untätig seid ihr nicht, oder? Uns ist nicht entgangen, was dein Freund Menom Dalbert macht. Aber er scheint mit unseren Systemen nicht so richtig zurechtzukommen.«

    Klime hob die Schultern. Es gelang ihm mühelos, seine Überraschung zu verbergen. Was genau wussten die Nilrem über Dalberts Tun?

    »Dalbert tut, was er tut«, antwortete er ausweichend, »aber du weißt, dass es nicht gegen euch gerichtet ist.«

    »Wäre es das, Shelwin Klime, hätte ich längst etwas unternommen«, erwiderte Ta’Engos gelassen. »Also, was kann ich für dich tun?«

    »Wir haben über das nachgedacht, was im Hardan-System geschah. Mit dieser Keimzelle. Wir fragen uns, ob die Blauen oder ihr geahnt habt, dass die Explosion eine Störung des Mengerraums zur Folge haben würde.«

    Ta’Engos sah ihn nachdenklich an. Inzwischen kannte Klime den Nilrem gut genug, um seinen Gesichtsausdruck einigermaßen deuten zu können. »Nun«, begann der Rebellenführer, »ich kann nicht für die Blauen sprechen. Sie haben ihre Geheimnisse, und die wenigsten davon sind uns bekannt. Doch wenn ich raten müsste: Nein, sie wussten nichts davon. Sie waren meiner Meinung nach ebenso überrascht wie wir. Was uns angeht, versichere ich dir: Wir hatten nicht die geringste Ahnung. Als wir den Plan zu entwickeln begannen, hatten uns die Blauen lediglich darüber informiert, was dort im Entstehen begriffen war und wie wir es aufhalten konnten. Es dauerte eine geraume Zeit, bis wir alles so in die Wege geleitet hatten, um größtmögliche Aussicht auf Erfolg zu haben.«

    »Glatz und seine Leute, gehörten die ebenfalls dazu?«

    Ta’Engos machte eine zustimmende Geste. »Eine Ablenkung, aber auch der Versuch, den inneren Kreis der Hondh zu schädigen.«

    Klime hob die Augenbrauen. »Wie das?«

    Der Nilrem lachte. »Immer wieder muss ich feststellen, mein Freund, dass du noch viel zu wenig über die Struktur des Hondh-Imperiums weißt. Dennoch willst du es angreifen. Nun, es ist nicht so, dass wir Nilrem in direktem Kontakt mit den Hondh stehen. Auch die Blauen tun das vermutlich nicht, obwohl bei ihnen die Wahrscheinlichkeit höher ist. Doch vorrangig erhalten sie – genau wie wir – alle Befehle über die Mittler. Unseren Informationen zufolge befand sich ein Hondh auf Hardan. Sehr wahrscheinlich ist er immer noch dort.«

    Für einen Moment war Klime versucht, ihm zu erzählen, was er von Delilah und Dalbert erfahren hatte. Das, was Parasit über das Computersystem von Hardan herausgefunden hatte: dass Parasit dort einen Hondh oder gar etwas noch über den Hondh Stehendes vermutete. Doch er ließ es bleiben.

    »Jedenfalls bestand Glatz’ Auftrag nicht nur darin, für Ablenkung zu sorgen, sondern er sollte auch den Hondh beseitigen. Deshalb die Zerstörung der Keimzelle …« Ta’Engos hob die Schultern. Eine Geste, die verblüffend menschlich wirkte. »Alles in allem sollte es ein schwerer Schlag gegen die laufende Expansion werden.«

    »Der ja auch weitgehend erfolgreich war«, sagte Klime.

    »War er das?«

    »Natürlich! Die Keimzelle wurde vernichtet und der Hondh sitzt auf Hardan fest. Es wird Jahre dauern, bis er von dort entkommt.« Er ging davon aus, dass die Nilrem das Ausmaß der Zone kannten, in der durch die Störung des Mengerraums kein überlichtschneller Flug mehr möglich war. »Zudem haben die Hondh die Blauen verloren. Auch das werden sie nicht so einfach wegstecken.«

    »Wir wissen nicht, ob alle Blauen sich diesem Exodus anschließen werden«, schränkte Ha’Masik ein. »Von Hardan wissen wir es natürlich, von Kadwur und Terns haben wir zumindest Gerüchte gehört. Doch es sind unsichere Quellen.«

    »Das ist richtig, doch schon die Tatsache, dass es diese Gerüchte gibt, sollte dir zeigen, dass etwas im Gange ist. Wie kam eigentlich der Kontakt zwischen euch und den Blauen zustande? Außer ihrem Wunsch, die Heimat wiederzufinden, hegen sie ja keine sehr rebellischen Gedanken.«

    »Wie kommst du darauf?«

    »Ich hatte den Eindruck, dass es so ist.«

    Ta’Engos ließ sich Zeit mit der Antwort. »Die Blauen«, begann er schließlich, »sind schwer zu durchschauen. Einerseits stehen sie bereits sehr lange im Dienst der Hondh und sind ihnen treu ergeben. Sie verurteilen zwar immer wieder einmal etwas, was die Hondh tun, und halten sich eher für Sklaven als für Diener der Hondh. Aber die Blauen sind ein eigenartiges Volk. Möglicherweise brauchen sie diese … sagen wir verquere Sicht der Dinge. Doch der Wunsch, ihre Heimat wiederzusehen, ist tief in ihnen verankert. Eine kollektive Sehnsucht nach dem Gestern. Womöglich genetisch bedingt, vielleicht hat es aber auch andere Ursachen.«

    »Und diese Sehnsucht habt ihr euch zunutze gemacht?«

    »Wir? Nein! Es waren die Blauen, die Kontakt zu uns aufgenommen haben. Sie erzählten uns von der Keimzelle und der Möglichkeit, sie zu zerstören.«

    »Aber warum sollten sie das tun, wenn sie sonst loyal gegenüber den Hondh sind?«

    »Sie wollten ein Schiff und wussten, dass nur wir es ihnen geben konnten. Von den Hondh hätten sie es nie erhalten.«

    Klime kannte diese Version der Geschichte. Aber er war überzeugt, dass mehr dahinter stecken musste. Von sich aus wären die Blauen nie auf ein solches Ansinnen gekommen. Jemand musste ihnen diesen Gedanken eingepflanzt haben. »Das war aber nicht ihre eigene Idee, oder? Jemand hat ihnen das eingeflüstert.«

    »Das ist wahrscheinlich so.«

    »Und das macht dich nicht neugierig?«

    Der Nilrem lächelte. »Du meinst, ob ich nicht wissen will, wer die Blauen und uns für seine Zwecke benutzt?«

    »Ja.«

    »Ich habe versucht, etwas darüber herauszufinden, doch die Blauen waren nicht sehr auskunftsfreudig. Genau genommen sagten sie gar nichts dazu. Als ich zu intensiv bohrte, drohten sie damit, uns ihre Unterstützung zu entziehen.« Dem Nilrem war anzumerken, dass ihm das Gespräch mehr und mehr Unbehagen bereitete.

    Entweder Ta’Engos weiß es nicht oder er will nicht darüber sprechen. Klime beschloss, die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen.

    »Ich verstehe«, meinte er daher nur. »Aber kommen wir auf den Grund zurück, weshalb ich hier bin. Ich frage dich also noch einmal: Wie sehen eure Pläne aus? Wo und wie können wir euch unterstützen?«

    Die beiden Nilrem wechselten einen schnellen Blick. »Unser Ziel, Shelwin Klime«, begann er, »ist unverändert geblieben. Die Hondh bekämpfen und dafür zu sorgen, dass ihre Herrschaft endet. Die Freiheit für unser Volk. Für jedes Volk, das unter ihrer Herrschaft steht.«

    »Ich hätte einen Vorschlag«, sagte Klime.

    »Und der wäre?«

    »Du weißt, was mit der Keimzelle um Hardan geschah und die Folgen sind uns allen bekannt. Das müssen wir ausnutzen!«

    »Ausnutzen?«, wollte Ha’Masik wissen. »Was genau meinst du damit?«

    »Hardan ist isoliert. Warum nicht auch andere Hondh-Welten isolieren?« Sein Blick wandte sich dem Rebellenführer zu. »Lasst uns Mengerbomben bauen. Sorgen wir dafür, dass die Hondh entweder nur unter größten Mühen in ein System eindringen können. Oder – noch besser – ihre Systeme nicht verlassen können.«

    Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Ha’Masik begriff. »Ich bin kein Menger-Physiker, Shelwin Klime, doch das, was du vorschlägst, ist Irrsinn. Du denkst ernsthaft daran, den Mengerraum zu stören?« Er wandte sich an Ta’Engos und sagte etwas in Nilrema, das Klime nicht verstand. Dieser antwortete ebenfalls in Nilrema. Es ging ein paar Augenblicke hin und her, dann wechselten beide wieder in die Standardsprache.

    »Nicht nur Ha’Masik hält deinen Vorschlag für Wahnsinn«, sagte Ta’Engos. »Ich ebenfalls. Allerdings anders als er halte ich ihn für einen Wahnsinn, der überdenkenswert ist.« Er lächelte – beinahe menschlich. »Wie sieht dein Plan aus, Shelwin Klime?«

    »Ich habe noch keinen Plan. Nur eine Idee.«

    Ta’Engos lachte. »Lass mich daran teilhaben. Vielleicht wird doch noch ein Plan daraus. Möglicherweise sogar einer, der durchführbar ist.«

    Delilah umfasste eine dampfende Tasse mit ihren Händen, als wolle sie sich an dem heißen Getränk wärmen. »Und was sagt Ta’Engos?«

    Klime ließ sich Zeit mit der Antwort. Er holte sich eine Tasse mit einem kaffeeähnlichen Getränk und setzte sich in einen Sessel.

    Delilah wartete geduldig.

    »Ta’Engos weiß etwas, das er uns nicht sagen möchte«, begann er schließlich. Er hob die Hand, als die Loganerin den Mund öffnete. »Ich glaube nicht, dass es echtes Misstrauen ist, was er uns entgegenbringt, aber er vertraut uns auch nicht völlig.« Er zuckte mit den Achseln. »Das ist ein kleiner, aber leider wesentlicher Unterschied. Etwas ist im Busch, aber Ta’Engos lässt sich nicht in die Karten schauen. Was allerdings die Sache mit den Mengerbomben angeht … Ich schätze, der Gedanke gefällt ihm.« Klime grinste.

    »Dann ist er genauso verrückt wie du und Menom. Ihr wollt eine Katastrophe heraufbeschwören!«

    »So schlimm wird es schon nicht werden.«

    »Es wird noch schlimmer werden!« Trotz des spöttischen Tonfalls klang es wie eine düstere Prophezeiung. »Doch nehmen wir einmal an, wir setzen diesen wahnsinnigen Plan um, dann verrate mir, wie du es dir gedacht hast.«

    In wenigen Worten erklärte er es ihr. An manchen Stellen nickte sie zustimmend, dann wieder schüttelte sie ablehnend den Kopf.

    »Du hast mich nicht völlig überzeugt, Shely«, sagte sie, nachdem er geendet hatte, »aber ganz unmöglich scheint es mir auch nicht zu sein.«

    »Wir brauchen zwei Dinge dazu. Erstens: einen dieser Reaktoren der Blauen. Zum Zweiten: manipulierten MELK. Das eine müssen die Nilrem uns besorgen. Das andere finden wir

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