Die Mühlhäuser Batseba: Kurzgeschichte
By Yvonne Bauer
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Mühlhausen 1765: Eine junge Frau betritt splitternackt während des Adventsgottesdienstes die Marienkirche. Sie gibt sich als Prophetin aus, die die Apokalypse verkünden soll. Einzig die göttliche Liebe zwischen ihr und dem verheirateten Pastor des Gotteshauses könnte die Stadt vor dem Hereinbrechen des Chaos schützen ...
Yvonne Bauer
Darf ich mich vorstellen? Mittlerweile Mitfünfzigerin wurde ich Anfang der Siebziger im wunderschönen Mühlhausen/Thüringen geboren. Dort bin ich aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach Abi und Berufsausbildung stand erstmal die Familie im Mittelpunkt. Eine Hochzeit und drei Kinder später startete ich dann im Medizinstudium durch und wurde Ärztin. Auch der Doktortitel musste her. In der Zwischenzeit waren die Kids groß, für jedes, das auszog, zog eine Katze ein. In meiner Freizeit, die es nach Studium und Doktorarbeit wieder gab, verschlang ich einen historischen Roman nach dem anderen und irgendwann reifte in mir der Gedanke, selbst zu schreiben. So fing ich an, für meinen ersten Roman zu recherchieren. Dabei spielte mir die Liebe zu meiner Heimatstadt in die Karten. Ich schrieb und schrieb und ..., naja, Ihr wisst schon. Was dabei raus gekommen ist, könnt Ihr auf meiner Seite nachlesen...
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Book preview
Die Mühlhäuser Batseba - Yvonne Bauer
»Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt.«
Sigmund Freud (1856 - 1939)
Inhaltsverzeichnis
Mühlhausen, 22. Dezember AD 1765
Mühlhausen, 9. Januar AD 1766
Mühlhausen, 27. März AD 1766
Nebra, 29. März 1766
Anmerkungen der Autorin
Über die Autorin
Mühlhausen, 22. Dezember AD 1765
»Nein, lasst mich los!«
Das Echo meines ohrenbetäubenden Schreis hallte von den Wänden des Gotteshauses wider. Hände griffen nach mir.
»Bitte, bitte, lasst mich doch los! Ich will zu ihm! Lasst mich um Himmels willen zu ihm!« Ich rief den Gottesmann in der Kanzel an.
»Deine Rechte sind mein Lied in dem Hause meiner Wallfahrt ...«
Erneut zerrten Hände an mir. Warum hörte denn keine dieser Frauen auf mich? Sahen sie nicht, was hier vor sich ging? Wieso schauten mich alle Menschen so entsetzt an?
Ein Mantel wurde mir über die Schultern geworfen. Die Wolle kratzte auf meiner nackten Haut.
»Das könnt ihr doch nicht tun! Gott hat es mir gesagt!«
»Frau, komm beruhige dich! Du störst den
Gottesdienst am heutigen vierten Advent! Du machst dich nur unglücklich!«
Verzweifelt versuchte ich die Hände abzuschütteln, die mich davon abhielten, zum Herrn Superintendenten vorzudringen.
»Ich bin ein Engel Gottes! Ihr dürft mich nicht aufhalten!«
»Jetzt ist es aber genug, Weib!«
Gnadenlos wurde ich in Richtung der Kirchenpforte gezogen. Ich wehrte mich, so gut ich nur konnte, versuchte zu treten, zu kratzen, doch die eisernen Griffe lockerten sich nicht.
Ein Mann schob mich vor die Tür und schloss die Pforte.
»Weib bist du noch ganz bei Sinnen? Es ist ein schweres Vergehen, den Kirchenfrieden auf diese lästerliche Art und Weise zu stören. Die Kirchendiener haben schon nach den Wachen geschickt. «
Der Schnee unter meinen Füßen ließ mir die Fußsohlen erfrieren. Der eisige Wind suchte sich seinen Weg durch die Ritzen des Mantels hindurch und ließ die Eiseskälte meine Beine hinaufkriechen. Bald war es mir unmöglich, das Aufeinanderklappern der Zähne nur einen weiteren Moment zu unterdrücken, so sehr ich mich auch bemühte.
Mein langes braunes Haar wurde vom Wind aufgewirbelt und peitschte mir ins Gesicht, sodass es mir die Sicht versperrte.
So sah ich die beiden grobschlächtigen Soldaten nicht, die auf mich und den Mann, der