Alzagra: Ein autobiografiktiver Roman
Von Chinz
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Über dieses E-Book
Chris, Krankenpflegeschüler in Köln, ist mit seiner verspäteten Pubertät beschäftigt. Er versucht durch das Schreiben von Geschichten sein Gedanken- und Gefühlschaos zu sortieren.
Er erfährt durch Zufall von dem Geheimnis um Alzagra, und auf einmal findet er sich in einer großen realen Geschichte wieder, die ihm schnell über den Kopf wächst.
Er hat immer davon geträumt, ein Held zu sein, und nun hat er wirklich die Gelegenheit dazu. Das kommt ihm eher ungelegen ...
Chinz
Chinz, 1968 in Köln geboren, wohnt heute in Varel. Er arbeitet als Krankenpfleger, lebt als Musiker und Schriftsteller und bezeichnet sich selbst als gut gelaunten Melancholiker.
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Buchvorschau
Alzagra - Chinz
Buch
1990:
Alzagra, ein neues Medikament gegen Demenz, zeigt bei einigen Patienten verblüffende Ergebnisse. An die Öffentlichkeit dringt davon jedoch nichts, denn die Risiken und Nebenwirkungen, nicht nur für die Patienten, sind groß und die klinische Studie wird gestoppt.
Chris, Krankenpflegeschüler in Köln, ist mit seiner verspäteten Pubertät beschäftigt. Er versucht, durch das Schreiben von Geschichten, sein Gedanken- und Gefühlschaos zu sortieren.
Er erfährt durch Zufall von dem Geheimnis um Alzagra und auf einmal findet er sich in einer großen realen Geschichte wieder, die ihm schnell über den Kopf wächst.
Er hat immer davon geträumt, ein Held zu sein, und nun hat er wirklich die Gelegenheit dazu. Das kommt ihm eher ungelegen.
Autor
Chinz, am 9. Juni 1968 in Köln auf die Welt gekommen und 1990 im Kyffhäuser Keller, unter freundlicher Mithilfe der besten Bedienung der Welt, zum Leben erwacht, wurde dortselbst am Zapfhahn großgezogen. Er wohnt heute mit seiner Familie in Varel.
Die Ausbildung zum Krankenpfleger absolvierte er von 1989 bis 1992 im evangelischen Krankenhaus Köln-Weyertal.
Seine Ausbildungsunterlagen hat er nach dem letzten Schultag feierlich verbrannt.
Die in dieser Zeit geschriebenen Aufzeichnungen in Kölner Kneipen lagern in einer großen Kiste auf dem Dachboden und die damals durchlebten Gefühle in seinem Herzen.
Unter kontinuierlicher Zugabe von Alkohol und Musik wurde beides miteinander vermengt, gerührt, gebacken und heraus kam dieses Buch.
Guten Appetit!
Leser
Für den perfekten Lesegenuss empfiehlt sich die Lektüre am Abend, in einem Schaukelstuhl oder gemütlichen Sessel; Kerzen oder Kamin wären von Vorteil.
Als Getränke bevorzugt Gilden- oder Reissdorf-Kölsch. Natürlich sind auch die im Buch genannten Rotweine adäquat als Lesebegleitung.
Cointreau und Baileys sollten kühl in Bereitschaft stehen. Ein Glas mit Salzstangen ist Grundausrüstung; für Fortgeschrittene, als Ergänzung, ein Käseteller.
für Cora
„Denn das Leben ist ein verlorenes Gut, wenn man nicht gelebt hat, wie man hätte leben wollen."
(Eminescu)
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Kapitel 1: „End Credits", Hans Zimmer
Kapitel 2: „Afterglow" (Live), Genesis
Kapitel 3: „School", Supertramp
Kapitel 4: „Ne schöne Jrooß", BAP
Kapitel 5: „Take the Long Way Home", Supertramp
Erstes Jahr
Kapitel 6: „Candle in the Wind", Elton John
Kapitel 7: „Drive", The Cars
Kapitel 8: „Meanings Will Change", Paul Stookey
Kapitel 9: „You Were Always On My Mind", Elvis Presley
Kapitel 10: „Happy New Year", ABBA
Kapitel 11: „Sound of Silence", Simon & Garfunkel
Kapitel 12: Lord is it Mine?
, Supertramp
Kapitel 13: „Ripples", Genesis
Kapitel 14: „Don’t Let It Show", Alan Parsons Project
Kapitel 15: „I’ll Be Over You", Toto
Kapitel 16: „The Show Must Go On", Queen
Kapitel 17: „Black Velvet", Alanah Myles
Kapitel 18: „Imagine", John Lennon
Kapitel 19: „Slipping Through My Fingers", ABBA
Kapitel 20: „Halt mich", H. Grönemeyer
Kapitel 21: „A Girl in Winter", Sky
Kapitel 22: „The Rose", Bette Midler
Kapitel 23: „Downstream", Supertramp
Kapitel 24: „Against All Odds", Phil Collins
Kapitel 25: „Maybe", Tom Pace
Kapitel 26: „Symphonie 3, Satz 1", L.v.Beethoven
Kapitel 27: „You Light Up My Life", Kasey Cisyk
Kapitel 28: „Hotel California", Eagles
Kapitel 29: „Moon River", Henry Mancini
Kapitel 30: „Memories", Bryn Harworth
Kapitel 31: „Your Song", Elton John
Kapitel 32: „Don’t Leave Me Now", Supertramp
Kapitel 33: „My Kind of Lady", Supertramp
Kapitel 34: „Those Were The Days", Mary Hopkins
Kapitel 35: „Ich denk, es war ein gutes Jahr", Reinhard Mey
Kapitel 36: „Shout", Tears for Fears
Kapitel 37: „Vielleicht", Mario Hene
Kapitel 38: „Nothing Left To Lose", Alan Parsons Project
Kapitel 39: „Who Wants To Live Forever", Queen
Kapitel 40: „Englishman in New York", Sting
Kapitel 41: „A Face in the Crowd", Tom Petty
Kapitel 42: „Is it Okay?", Fame
Kapitel 43: „I Feel Good", James Brown
Kapitel 44: „Rosa", Pe Werner
Kapitel 45: „Here Comes the Flood", Peter Gabriel
Zweites Jahr
Kapitel 46: „Bookends", Simon & Garfunkel
Kapitel 47: „One Better Day", Madness
Kapitel 48: „God Only Knows", Beach Boys
Kapitel 49: „Here’s Where the Story Ends", The Sundays
Kapitel 50: „Adaio Cheyenne", E. Moricone
Kapitel 51: „Poor Boy", Supertramp
Kapitel 52: „Me and I", ABBA
Kapitel 53: „Empty Chairs", Don Mc Lean
Kapitel 54: „Happy Xmas", John Lennon
Kapitel 55: „As Times Go By", Dooley Wilson
Kapitel 56: „Time After Time", Cindy Lauper
Kapitel 57: „You Are so Beautiful", Joe Cocker
Kapitel 58: „Ahn ner Leitplank", BAP
Kapitel 59: „Why Don’t You Write Me?", Simon & Garfunkel
Kapitel 60: „A winzig kleiner Tropfen Zeit", R. Fendrich
Kapitel 61: „Three Little Birds", Bob Marley
Kapitel 62: „Su ne Morje", BAP
Kapitel 63: „Liz on Top of the World", J.Y. Thiebaudet
Kapitel 64: „New Kid in Town", Eagles
Kapitel 65: „Time in a Bottle", Jim Croce
Kapitel 66: „The Boxer", Simon & Garfunkel
Kapitel 67: „Do kanns zaubre", BAP
Kapitel 68: „Here Today", Paul Mc Cartney
Kapitel 69: „Hello", Lionell Richie
Kapitel 70: „The Long and Winding Road", Beatles
Kapitel 71: „The River", Bruce Springsteen
Kapitel 72: „I’m on Fire", Bruce Springsteen
Kapitel 73: „Blue", Black
Kapitel 74: „Friends Will Be Friends", Queen
Kapitel 75: „Badge", Eric Clapton
Kapitel 76: „Sensitive Kind", J.J.Cale
Kapitel 77: „American Pye", Don Mc Lean
Kapitel 78: „Losing My Religion", R.E.M.
Kapitel 79: „Too Good to Be True", Tom Petty
Kapitel 80: „Mit 18", Marius Müller Westernhagen
Kapitel 81: „Dancing in the Dark", Bruce Springsteen
Kapitel 82: „Mad Not Mad", Madness
Kapitel 83: „Somebody Who Cares", Paul Mc Cartney
Kapitel 84: „Through the Barricades", Spandau Ballet
Kapitel 85: „Thank You for Being a Friend", Andrew Gold
Kapitel 86: „Tonight, Tonight", Genesis
Kapitel 87: „If Everyone Was Listening", Supertramp
Drittes Jahr
Kapitel 88: „I’m No Hero", Cliff Richard
Kapitel 89: „Firth of Fifth (Live)", Genesis
Kapitel 90: „Every Breath You Take", Police
Kapitel 91: „Caribbean Blue", Enya
Kapitel 92: Dreamer
, Supertramp
Kapitel 93: „Eagle", ABBA
Kapitel 94: „Undertow", Genesis
Kapitel 95: „Help", Beatles
Kapitel 96: „Still Got The Blues", Gary Moore
Kapitel 97: „Brothers in Arms", Dire Straits
Kapitel 98: „Cyrano (Finale)", Jean-Claude Petit
Kapitel 99: „Mercey Street", Peter Gabriel
Kapitel 100: „Watermark", Enya
Kapitel 101: „Turn of a Friendly Card", Alan Parsons Project
Kapitel 102: „Ein Leben lang", Mario Hene
Kapitel 103: „One of These Nights", Eagles
Kapitel 104: „If You Could Read My Mind" G. Lightfood
Kapitel 105: „Strange Little Girl", Stranglers
Kapitel 106: „Easy Does It", Supertramp
Kapitel 107: „Money’s Too Tight To Mention", Simply Red
Kapitel 108: „You’ve Got a Friend", Carole King
Kapitel 109: „Don’t Get Me Wrong", Pretenders
Kapitel 110: „Sunglasses at Night", Corey Heart
Kapitel 111: „Isn’t Life Strange", Moody Blues
Kapitel 112: „Advice For the Young at Heart ", Tears for Fears
Kapitel 113: „Heaven Can Wait", Meat Loaf
Schluss
Kapitel 114 : „Karins Theme", Chinz
P.S.
Glossar
Nachwort
Prolog:
Er saß auf der Terrasse, trank einen Schluck Chateau les Pins und wie so oft kam ihm ein genialer Gedanke, aus dem ein ganzes Buch werden könnte; aber wie auch so oft hatte er gerade nichts zum Schreiben dabei; und falls er doch etwas zum Schreiben hatte, dann wurde aus dem leichten, klaren Gedanken auf einmal schwere, komplizierte Arbeit.
Sätze mussten ausformuliert werden, wörtliche Rede lag ihm nicht und wenn er wirklich gekämpft und etwas niedergeschrieben hatte, fiel plötzlich auf, dass der Gedanke nicht so genial war oder halt eben nur ein Gedanke, ein Gefühl - keine ganze Geschichte.
Aber ... wenn er die vielen, nie aufgeschriebenen Gedanken und Ideen, all diese Bruchstücke noch einmal vor sich hätte; wenn er Schubladen im Kopf hätte, wo er sie sammeln und sortieren könnte - Ob sie dann eine Geschichte ergeben würden?
Was geschieht mit all den vergessenen Gedanken?
Gibt es im Kopf eine Sicherungskopie?
Schweben sie irgendwo im Raum, bis jemand anderes sie denkt?
Oder lösen sie sich auf? Wie der Chateau les Pins, der auf unerklärliche Weise schon wieder aus dem Glas verschwunden war ...
Eine wirklich große Geschichte hat er erlebt. Aufgeschrieben hat er sie nicht.
Er hat sie auch nie jemandem erzählt und so erscheint sie ihm inzwischen unwirklicher als viele, die er oft erzählt hat und die nie geschehen sind.
Seit langer Zeit denkt er wieder an die Zeit mit Alzagra und Herrn Moning zurück, die ihm heute wie ein Traum vorkommt.
In der Presse ist nie etwas Größeres, Zusammenhängendes berichtet worden, jedenfalls soweit er es verfolgt hat.
Ist vielleicht gar nicht viel geschehen oder ist es vertuscht worden?
Hat es womöglich außer ihm niemand mitbekommen?
Das dürfte auch der Grund sein, warum er es nie erzählt hat. Es ist einfach zu peinlich:
Er war eine Figur in einer großen Geschichte, hatte Einblick in eine wissenschaftliche Sensation und er hat es gar nicht richtig begriffen ...
- 1 -
„End Credits", Hans Zimmer
Nichts.
Völlige Leere in meinem Blick. Weltschmerz, Verzweiflung, all das spüre ich deutlich im ganzen Körper und ich spüre, wie es aus meinen Augen starrt.
Ich habe das schon oft gesehen, auf Bildern, in Filmen.
Während ich noch darüber nachdenke, welchem Filmstar ich gerade ähnlich sehe, bemerke ich irritiert, dass niemand etwas merkt.
Schwester Erika delegiert wie immer alle Arbeit an mich, gönnt mir keine Pause, um meine Melodramatik so richtig auszuleben. Von ihr habe ich das auch nicht erwartet. Hat sie je etwas mitbekommen?
Aber Agnes aus dem Kreislauflabor. Ein Mensch mit so viel Herzenswärme und Einfühlungsvermögen - Nichts! Sie hat es nicht bemerkt. Dabei hat sie mir doch ins Gesicht geschaut, hat mich angelächelt.
Ich könnte ihr natürlich auch etwas sagen, mich erklären.
Könnte ich?
Ich kann es mir ja nicht mal selbst sagen. Ich habe dafür keine Worte.
Aber wozu Worte, warum sprechen, wenn meine Augen schreien?!
Oder doch nicht?
Ich spüre es, aber ich weiß es nicht. Eigentlich glaube ich es mir nicht mal.
Zum Spiegel im Stationszimmer zu gehen, traue ich mich nicht. Da habe ich zu oft mit IHR gestanden, hinter IHR, zwangsläufig eng an SIE geschmiegt, wenn ich die Hände vorne im Waschbecken gewaschen habe. Nie hat mir jemand so wunderbar im Weg gestanden!
Ich weiß nicht, ob ich mir jemals wieder die Hände waschen kann. Das ist allerdings nicht das, was mich wirklich trifft.
In einer Endlosschleife läuft die Filmmusik aus Rainman in meinem Kopf. Ich hatte die Platte heute Morgen aufgelegt und hörte gerade End Credits, als ich IHREN Brief las. Ich weiß nicht, ob jemals wieder eine andere Musik in meinem Kopf erklingen wird.
Nun gut, es hätte schlimmere Stücke geben können.
Ich kann mich an keine längere Phase in meinem Leben erinnern, in der ich nicht ständig Musik gehört habe. Manchmal laut und bestimmend, meistens als Hintergrundmusik; immer in meinem Kopf, ein musikalisch anspruchsvoller Tinnitus sozusagen.
Auf die Musikauswahl hatte ich selten Einfluss. Nur manchmal, wenn ich von außen über Boxen oder Kopfhörer ein Lied hörte, schwenkte auch meine innere Musik um.
Nun also: Für immer End Credits. Für immer am Bahnhof stehend, dem Zug mit IHR hinterher starrend, IHREN Brief in der Hand wie Bogart in Casablanca.
Ich weiß nicht mehr, was bei ihm stand, bei mir steht:
Ich mag Dich ja gern, aber wie Du Dir auch schon mal überlegt haben solltest, ist unsere Beziehung so langsam lächerlich ... Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich jemand anderen kennengelernt habe ... Das heißt ja nicht, dass wir nichts mehr miteinander zu tun haben können ...
Ich stehe und starre dem Zug nach. Die Bahnhofsmission ist geschlossen. Die Schaffnerin tippt mich an:
„Wird das jetzt bald mal was mit dem Essen verteilen?!"
Blöde Kuh!
Ja, es wird. Ja, ich funktioniere. Was soll ich sonst tun?
Auch von den Patienten bemerkt keiner was. Sie schauen erst mich an, dann das Abendessen. Einige interessieren sich wenigstens für das Essen.
Es ist der 8.4.1989. Der letzte Tag meines Zivildienstes auf Station 223 im Merheimer Krankenhaus. Nicht nur mein Zivildienst endet heute.
Vor genau zwei Monaten habe ich SIE das erste Mal gesehen. SIE kam von links in mein Leben; hier im Stationszimmer.
„Hallo, ich bin Rea, die neue Praktikantin. Mache hier die Ausbildung zur MTA."
Ich nicke wissend, ohne einen Schimmer, was MTA ist.
Mega Toller Anblick wäre naheliegend gewesen, ist mir damals aber noch nicht eingefallen.
Zwei Wochen später dann, mit knapp einundzwanzig Jahren, endlich die erste Freundin und der erste Kuss ...
... und nun schon der erste Abschiedsbrief.
Ich bin sonst in den meisten Dingen eher langsam.
Um halb zehn gehe ich zu Fuß nach Hause. Zwölf Kilometer von Merheim bis in den Buchenkamp. Leichter Nieselregen, End Credits.
Die passende Musik habe ich gefunden. Irgendwann werden auch die Worte kommen.
- 2 -
„Afterglow" (Live), Genesis
„Afterglow"
Wie ein Blatt, das vom Baum fällt, muss ich eine neue Heimat suchen ...
Es ist viel Platz auf dem Waldboden:
Ich kann mich treten lassen und damit anderer Leute Tritt abfedern,
... ich kann mich unauffällig in der Masse der bunten Blätter verstecken,
... ich kann mich auf einen Bach fallen lassen und durch die Welt treiben, hier und da hängenbleiben,
... vielleicht kann ich als Teil eines Nestes oder Baues dienen,
... oder ich falle ins Feuer und rieche für einen Moment würzig,
... vielleicht werde ich glitschig, dass man auf mir ausrutscht,
... vielleicht werde ich getrocknet und Teil eines Kunstwerks.
Mir ist es egal. Ich werde nie mehr das sein, wofür ich eigentlich bestimmt war,
was mein Name ist,
was meine einzige Sehnsucht ist:
Ein Blatt an meinem Baum sein!
Beim Schreiben hatte ich es nicht bemerkt. Das waren die Worte, die ich gesucht hatte. Auf einen kleinen karierten Zettel geschmiert, zerknittert, wahrscheinlich achtlos in den Mantel gesteckt. Nur Zufall, dass ich ihn noch nicht weggeschmissen habe.
Erst Monate später, als ich meine Zettel durchwühle, weil Karin mich gefragt hat, ob ich noch mehr Sachen geschrieben habe, finde ich Afterglow wieder.
Wenn ich es mit Schreibmaschine getippt hätte, würde ich jetzt nicht glauben, dass das von mir ist. Aber es ist tatsächlich meine Handschrift. Und dann fällt mir auch wieder der Abend im Zarahs ein. Nein. Der Abend nicht. Ich weiß nicht mehr, ob ich alleine dort saß, ob meine damalige Lieblingsbedienung Martina da war.
Ich weiß mich nur an einem Holztisch sitzend, ein kleines Kölsch vor mir, in der Kneipe läuft irgendeine Musik, in meinem Kopf läuft Afterglow von Genesis und ich schreibe diesen Zettel voll.
Keine Erinnerung, ob ich es am Ende noch mal durchgelesen habe. Ob ich damals wenigstens schon ahnte, dass ich die Worte gefunden habe. Nach all den völlig gescheiterten Versuchen, nach all dem wortlosen Starren.
Jetzt lese ich sie, anfangs nur froh, noch etwas zum Vorlesen für Karin zu haben. Dann noch mal lesend und langsam begreife ich:
Da stehen wir. Ich konnte es schreiben. Jetzt bin ich frei. Endlich kann Neues beginnen. Vielleicht ja sogar mit Karin?
Ich nehme die Zettel und gehe in die siebte Etage. Kurz vor Karins Tür bleibe ich stehen. Nein. Jetzt nicht. Jetzt diesen Moment auskosten. So nah, so innig war ich lange nicht mit mir.
Die letzten Monate habe ich mich nur um mich selbst gedreht, habe gegrübelt, gestarrt, geschrieben, geweint, in meinem Inneren gewühlt. Und doch, erst jetzt, wo ich befreit bin, fühle ich mich mir selbst wieder nah.
Es braucht Abstand, um sich nah zu sein.
Ich gehe aufs Dach. Zwölfter Stock des Personalwohnheims. Hier stehe ich oft und starre über Köln; immer Richtung Norden.
Afterglow läuft, gefolgt von End Credits und dann kommt sehr überraschend für mich: One Better Day von Madness.
Endlich wieder Abwechslung in der Musikauswahl! Die letzten Monate bestanden aus End Credits und noch einigen, nicht von mir ausgesuchten, dramatischen Liedern. Adagio for Strings an den ganz schlimmen Tagen.
Mitten im Saxophonsolo von One Better Day quietscht die Tür zum Treppenhaus. Och nö! Wer stört?!
Karin kommt auch aufs Dach. Über jeden anderen hätte ich mich jetzt geärgert.
Sie stellt sich neben mich. Sie sagt kein Wort. Auch sie starrt.
Ich weiß nichts über andere. Gibt es noch mehr Menschen, die dauernd Musik hören? Ich glaube es nicht. Es hat keiner Andeutungen gemacht. Aber ... Ich habe auch noch nie zu jemandem davon gesprochen.
Wir starren.
Sie stört überhaupt nicht. Viele schöne Erinnerungen mit ihr werden dazu kommen und doch ist dieser Moment einer der schönsten: Sie stört nicht.
„Du bist seit Langem der erste Mensch, der mir nicht auf die Nerven geht." Mein liebstes Filmzitat. (Die Reifeprüfung)
Für einen unvergesslichen Moment braucht es manchmal nichts Besonderes, nichts Großes; nur das Fehlen des erwarteten Negativen.
- 3 -
„School", Supertramp
Es tut mir leid, wenn ich eben ein bisschen vorgeprescht bin. Ich bin das erste Mal ein allwissender Erzähler. Meine Deutschlehrerin hat sich viel Mühe gegeben, zu erklären, was der allwissende Erzähler macht und was nicht; und in der Zeit hin und her springen gehört nicht zu seinen besseren Eigenschaften. Also:
Seit Herbst 1989 wohne ich im Personalwohnheim des Evangelischen Krankenhauses in Köln, wo ich zum Krankenpfleger ausgebildet werde.
An die ersten Wochen kaum Erinnerungen. Kein Gefühl von Heimat, auch kein Gefühl von Fremde. Vom Unterricht nur gestreift. Meine Musik ist meist lauter.
Etwas wohler fühle ich mich ab der fünften Woche, nachdem ich den frei zugänglichen Flügel im Speisesaal entdeckt habe und wenig später auch die Dachterrasse in der zwölften Etage, mit einem tollen Ausblick über Köln.
Wie schon in der Schule entwickele ich mich schnell zum Klassenclown. Es gibt aber auch wirklich einiges, was man nur mit Humor oder Alkohol ertragen kann in dieser Ausbildung.
Zum Beispiel Ernährungslehre bei Schwester Irmtraud:
In der schriftlichen Arbeit wird es mir nach zehn Minuten zu bunt. Ich schreibe bei jeder noch übrigen Frage Blumenkohl als Antwort hin und gebe nach zwölf Minuten ab.
Blumenkohl war bei zwei Fragen sogar richtig.
Ich bekomme noch eine 4-.
Das war schon wieder später. Aber wohl meine berühmteste Aktion.
Also, heute stand Sprache und Schrifttum auf dem Stundenplan und gestern Abend war mir eingefallen, dass ich die Hausaufgaben, nämlich einen objektiven Beobachtungsbericht über einen Patienten schreiben, noch nicht gemacht hatte. Ich hatte in diesem Moment allerdings schon meinen Mantel an und war im Begriff ins Zarahs zu gehen. Der einzigen Kneipe in der Gegend, die ich schon vor der Ausbildung kannte und mein erster kleiner Zufluchtsort in dieser fremden Welt mitten in Köln.
Kurzentschlossen packe ich mein Arbeitsheft und einen Stift ein und gehe in die Kyffhäuser Straße.
Nur eine Hausaufgabe, an einem ungewöhnlichen Ort erstellt, aber sie sollte mein Leben verändern.
- 4 -
„Ne schöne Jrooß", BAP
Beobachtungsbericht
Am Dienstag den 21.11.89 um 19³⁰ verließ ich meinen Zweitwohnsitz im Weyertaler Personalwohnheim und ging zu meiner wöchentlichen Bierkur ins „Zarahs", einer Kneipe in der Kyffhäuser Straße.
Die Kneipe hat acht gemütliche Holztische, alle mit freiem Blick auf die Theke, ein Kickerspiel, ausgesprochen angenehme Musik und Fenster auf die Straße, die sich gut zur Beobachtung zukünftiger Patienten eignen.
Jetzt, um 1945, sitze ich mit einem großen Gereons-Kölsch an einem dieser Tische; die anderen noch alle leer, nur der Kicker und die Theke sind schon teilweise besetzt.
Als Musik läuft „Cocain" von J.J.Cale, der große Dicke gewinnt beim Kicker, die Schwester, äh, Bedienung (Martina) spielt mit zwei Thekensitzern Backgammon und mein Bier ist alle.
Der erste Patient in spe steht vor dem Fenster un