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Subjektorientierung, Lehren und Lernen
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Subjektorientierung, Lehren und Lernen

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About this ebook

Das Feld der Erwachsenenbildung und Weiterbildung zeichnet sich durch eine große inhaltliche und strukturelle Vielfalt aus. Zusätzlich sehen sich die in diesem Feld tätigen stetig neuen Herausforderungen gegenüber, denen es zu begegnen gilt. In diesem Kontext nimmt der Sammelband aktuelle Entwicklungen und Diskurse in den Blick und tut dies in einer großen inhaltlichen Bandbreite. Die Subjektorientierung bildet dabei für die Autorinnen und Autoren des Sammelbandes einen Kristallisationspunkt für Forschung, Lehre und Praxis. So zeichnen sich die Beiträge durch eine Vielfalt an theoretischen, empirischen und bildungspraktischen Perspektiven aus. Sowohl Theoretiker als auch Praktiker der Erwachsenen- und Weiterbildung dürfen interessante Impulse erwarten.
LanguageDeutsch
Release dateNov 29, 2017
ISBN9783744861779
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    Book preview

    Subjektorientierung, Lehren und Lernen - Books on Demand

    Autorenverzeichnis

    Vorwort

    Dieser Band mit dem Titel „Subjektorientierung – Lernen - Lehren" ist Dr. Walter Bender anlässlich seines Eintritts in den Ruhestand von Mitarbeitenden der Professur für Erwachsenenbildung und Weiterbildung der Otto-Friederich-Universität Bamberg, von akademischen Schülerinnen und Schülern, Freundinnen und Freunden sowie Wegbegleitern gewidmet.

    Walter Bender hat die überwiegende Zeit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Universität Bamberg im Feld der Andragogik bzw. der Erwachsenenbildung verbracht. Nach der Entpflichtung von Prof. Dr. Jost Reischmann, mit dem Walter Bender als Akademischer Rat zusammengearbeitet hatte, hat er diese Professur bis in das Jahr 2016 vertreten. Mit zahlreichen Forschungsprojekten, intensiver Lehrtätigkeit und der Betreuung vielfältiger Doktorarbeiten hat er über Jahrzehnte die Arbeit in der Bamberger Erwachsenenbildung geprägt. Besonders bedeutsam war hier sein Engagement für Lehrveranstaltungsformate, die Praxis und Theorie der Erwachsenenbildung verbinden und in berufsfeldbezogener Weise auf die Vermittlungstätigkeit in der Erwachsenenbildung vorbereiten. Er setzte sich für die Universität gleichermaßen wie für Organisationen der Erwachsenenbildung in Fragen der Qualitätssicherung und deren Zertifizierung nach dem Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung (LQW) ein. Als Studiengangsleiter für die pädagogischen Bachelor- und Master-Studiengänge hat Walter Bender auch über sein eigenes Fach hinaus die Lehre in der Erziehungswissenschaft der Universität Bamberg entscheidend geformt. Die Umgestaltung der alten Diplomstudiengänge in das neue Format von Bachelor und Master nach der Reform von Bologna lag ihm in besonderer Weise am Herzen.

    Die lehrbezogene Tätigkeit von Walter Bender wie auch seine Forschungsarbeit ist durch das Thema „Subjektorientierung geprägt. Der Blick auf die lernenden Studierenden als Subjekte der eigenen Ausbildung war der zentrale Ausgangspunkt für die reichen Aktivitäten von Walter Bender in seiner Lehre und in all den die Lehre begleitenden konzeptionellen Fragen. Themen der Subjektorientierung in der Hochschuldidaktik, in der Allgemeinen Erwachsenenbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung und in Prozessen der Organisationsentwicklung prägten seine forschende Tätigkeit sowie die Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs. So ist es nur folgerichtig, dass sich der hier vorliegende Band mit dem Thema „Subjektorientierung beschäftigt und dieses in den Fokus andragogischer Vermittlungsfragen stellt. Dabei werden gemeinsame Forschungsprojekte aufgegriffen und an die Betreuung von Dissertationen erinnert. Zudem werden aber auch die mit Walter Bender bearbeiteten Themen an der einen oder anderen Stelle weitergeführt und akzentuiert. Mit dem Thema „Subjektorientierung" und dessen Fokussierung auf didaktische Fragen der Erwachsenenbildung werden damit in vielfältiger Weise die Arbeitsschwerpunkte wiedergegeben, die Walter Bender während seines akademischen Wirkens begleitet haben, die seine Forschung ausmachten und die seiner Lehre sowie deren Gestaltung den inneren Zusammenhalt gaben.

    Die einzelnen Beiträge lassen auf je individuelle Weise die intensive Verbundenheit der Beitragenden mit Walter Bender und den tiefen Dank für die Zusammenarbeit sichtbar werden. Der Band geht aber über diese individuelle Perspektive hinaus. In der Gesamtheit der Beiträge werden die Impulse aufgegriffen, die Walter Bender im Verlauf seines Lebenswerkes für das Institut für Erziehungswissenschaft setzte. Das Institut ist ihm für seine Arbeit überaus dankbar.

    Ich möchte die Gelegenheit dieses Vorworts nehmen, um in meiner Funktion als Direktorin des Instituts für Erziehungswissenschaften Walter Bender auch in Namen aller dortigen Kolleginnen und Kollegen einen herzlichen Dank auszusprechen, verbunden mit den besten Wünschen für den weiteren Lebensabschnitt und der Versicherung, dass wir auch weiterhin der Erwachsenenbildung sowohl als Sachbereich wie auch konzeptionell und personell eine wichtige Rolle in unserer Arbeit beimessen werden.

    Prof. Dr. Annette Scheunpflug

    Direktorin des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Bamberg

    Falk Arians

    Der Mehrwert der subjektorientierten Lernforschung für die berufliche Weiterbildung in der Altenpflege

    1. Die wachsende Bedeutung beruflicher Weiterbildung für den Pflegebereich

    Das Ziel beruflicher Weiterbildung ist es, die persönliche Entwicklung der Beschäftigen, ihre Beschäftigungsfähigkeit und ihre gesellschaftliche Teilhabe voranzubringen, gleichsam aber auch, die Qualifikationen und Kompetenzen der Beschäftigten an die Weiterentwicklungen in ihrem jeweiligen Berufszweig anzupassen, um die Betriebe damit wettbewerbsfähig zu halten. Dabei ist es bedeutsam, auf die Balance dieser beiden Komponenten zu achten, um eine einseitige Sichtweise auf die Beschäftigen als „Humanressource" zu verhindern (Schiersmann, 2007, S. 22f.). Mittlerweile hinreichend bekannt ist die Notwendigkeit für die Beschäftigten, sich kontinuierlich weiterzubilden, um mit der beschleunigten Entwicklung und Veränderung in der Berufswelt mitzuhalten. Die von den Arbeitskräften einstmals in ihrer Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten reichen nicht mehr aus, um damit ein ganzes Berufsleben ohne nennenswerte Weiterbildung zu bestehen, trotz mit der Zeit anwachsender Berufserfahrung und Routine (vgl. Schiersmann, 2007, S. 9 u. Fietz, 2008, S. 1). Die Altenpflege bildet da keine Ausnahme: Die Pflegewissenschaft und ihre Bezugswissenschaften produzieren laufend neue Erkenntnisse, die in die Pflegepraxis (mit ihren strukturellen Beschränkungen) eingearbeitet werden müssen, auch um den strengen Qualitätsstandards in der Pflege zu entsprechen. Der Gesetzgeber hat die Pflegekräfte direkt und subjektiv unter Androhung von Sanktionen verpflichtet, sich kontinuierlich weiterzubilden; auch die Pflegeeinrichtungen und -träger sind verpflichtet, ihre angebotenen Pflegedienstleistungen nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten (vgl. Arians, 2012, S. 65ff.). Die Pflegeeinrichtungen sind dementsprechend auf die berufliche Weiterbildung ihrer Pflegekräfte angewiesen, da bei der personenbezogenen Dienstleistung Pflege die Qualität der Arbeit der Pflegekräfte für die Pflegebedürftigen einen erheblichen Teil der Qualität der Pflege ausmacht. Die Qualität der Arbeit der Pflegekräfte hängt eng mit einer regelmäßigen, aber eben auch effektiven Fort- und Weiterbildung zusammen, deren Inhalte in der Pflegepraxis dann auch umsetzbar sind. Das Recht und die Verpflichtung zur Weiterbildung allein sichern allerdings noch nicht die Qualität der Pflegearbeit. Um die Weiterbildung an die Bedürfnisse und Besonderheiten der Teilnehmer anzupassen und deren Lernprozess entsprechend fördern und ermöglichen zu können, bedarf es des Wissens um die subjektiven Lernbegründungen und Lernwiderstände der Pflegekräfte.

    Ein weiterer Punkt weist auf die wachsende Bedeutung der beruflichen Weiterbildung für die Pflegearbeit hin: Die Situation der beruflichen Weiterbildung in der Pflege ist besonders herausfordernd, da dieser Beruf neben der genannten Weiterbildungsnotwendigkeit und -verpflichtung auch recht hohe physische und psychische Beanspruchungen mit sich bringt (vgl. BGW, 2007 u. Simon et. al., 2005). Zudem findet der Pflegeberuf, speziell die Altenpflege, in der Gesellschaft sowohl ideell als auch finanziell wenig Anerkennung, was die Attraktivität des Berufs für Berufsneueinsteiger geringer ausfallen lässt. Außerdem wird sich infolge des demografischen Wandels der bereits bestehende Mangel an qualifizierten Pflegekräften in Deutschland bis 2030 weiter verschärfen (vgl. Prognos, 2012). Der Pflegeberuf ist zur Abfederung dieses Mangels darauf angewiesen, attraktiver für Neueinsteiger zu werden und gleichzeitig die bestehenden Pflegekräfte im Beruf halten. Um diesem Ziel näher zu kommen, wurden seitens der Verantwortlichen diverse Maßnahmen eingeleitet. Neben den Maßnahmen der Politik wie der für 2018 geplanten Einführung einer generalistischen Pflegeausbildung und der weiteren Akademisierung der Pflegebildung (vgl. BMFSJ, 2016) tritt unter anderem auch die berufliche Weiterbildung in der Pflege in den Fokus: Sie hat in Bezug auf die Attraktivitätssteigerung des Berufes unter Anderem die Funktion, den Pflegekräften mehr Entwicklungs- und Veränderungsoptionen sowohl in horizontaler (andere Tätigkeit bei gleichem Anforderungsniveau) als auch in vertikaler Richtung (andere Tätigkeit bei steigendem Anforderungsniveau) zu bieten, um sie im Pflegeberuf zu halten, insbesondere dann, wenn sie über Ausstiegsszenarien aus dem Pflegeberuf nachdenken. Dies geschieht nicht gerade selten: Wie die NEXT-Studie zeigen konnte, denkt jede fünfte Pflegekraft häufiger über einen Ausstieg aus dem Pflegeberuf nach (vgl. Simon et. al., 2005, S. 52f.). Berufliche Weiterbildung und weitere Spezialisierungsmöglichkeiten sollen hier attraktive Alternativen zum Ausstieg bieten, um die Pflegekräfte mit ihrer Arbeitskraft, ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Pflegeberuf zu halten.

    Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Unterstreichung der Bedeutung von Weiterbildung in der Pflege ist deren Einsatz zur Erhaltung der psychischen wie physischen Gesundheit der Pflegekräfte. Diese Maßnahmen zur Gesundheitsförderung sind notwendig, wenn man sich die Kennzahlen im Bereich Altenpflege ansieht: Insbesondere Altenpflegekräfte weisen mehr Krankheitstage auf und sind überdurchschnittlich von psychischen Problemen wie Burnout und Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Rückenproblemen betroffen (vgl. DAK-BGW, 2006). Mittels Weiterbildung wird den Pflegekräften die Aneignung effizienter und gesunder Arbeitsweisen ermöglicht, die sich positiv auf ihre Gesundheit auswirken können.

    Bei allen genannten Einsatzfeldern von Weiterbildung ist aber mitzudenken, dass die berufliche Weiterbildung allein diese Herausforderungen nicht lösen kann, wenn die Pflegepraxis nicht mitzieht. Parallel zur beruflichen Weiterbildung müssen daher unterstützende Maßnahmen der Arbeitsgestaltung oder der Personal- und Organisationsentwicklung in den Pflegeeinrichtungen erfolgen. Beispielsweise kann die Etablierung einer förderlichen Lernkultur im Unternehmen das Lernen zu einer Selbstverständlichkeit werden lassen oder eine vermehrte Beteiligung der Pflegekräfte an der Planung des Weiterbildungsangebots deren Interesse befördern. Wichtig ist dabei der Gedanke, dass selbst eine erfolgreich besuchte Weiterbildung wenig sinnvoll ist, wenn die neuen Inhalte in der Pflegepraxis nicht eingesetzt werden können und keine Akzeptanz seitens der Zielgruppe besteht.

    Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass die berufliche Weiterbildung im Pflegebereich eine wachsende Bedeutung für alle Beteiligten erfährt – für die Pflegekräfte, die Pflegeeinrichtungen, die Pflegebedürftigen und letztlich auch die Gesellschaft und die Politik, die auf die Dienstleistungen der Pflege angewiesen sind.

    2. Berufserfahrene ältere Pflegekräfte – eine wachsende Zielgruppe der beruflichen Weiterbildung

    Eine Zielgruppe der beruflichen Weiterbildung rückt durch ihren wachsenden Anteil an der Gruppe der Pflegekräfte besonders in den Fokus, die der sog. älteren, meist auch berufserfahrenen Pflegekräfte. Aber was bedeutet eigentlich ‚älter‘? Die Antwort auf diese Frage ist komplex, es gibt keine allgemeingültige Definition. Im vorliegenden Zusammenhang ist es wichtig, sich die Arbeitsanforderungen in der Pflege zu vergegenwärtigen und diese dann mit Forschungsergebnissen zur Entwicklung von geistigen, physischen und psychischen Fähigkeiten im Lebensverlauf abzugleichen (detailliert dazu Arians, 2015). Zusammenfassend kann dazu ausgesagt werden, dass ab einem Lebensalter von etwa 45 Jahren von einer ‚älteren‘ Pflegekraft gesprochen werden kann, da ab diesem Alter die Sinneswahrnehmungen sowie Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Koordination im Durchschnitt nachlassen (vgl. Richter et al., 2012, S. 4ff.). Diese Fähigkeiten sind für die Pflegearbeit nicht unerheblich. In steigendem Maße nehmen in der Pflege aber auch die Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten zu. Hier kann die Forschung mit positiven Erkenntnissen aufwarten: Im Gegensatz zur veralteten „Adoleszenz-Maximum-Hypothese", die von einem unwiderruflichen Abbau der kognitiven Fähigkeiten ab dem 25. Lebensjahr ausging, gehen Forschende heute davon aus, dass insbesondere die kognitiven Fähigkeiten sehr gut trainierbar sind, sodass das kalendarische Älterwerden allein nicht zu einem Abbau dieser wichtigen Fähigkeiten führt (vgl. dazu Maintz, 2003, S. 52, Hofmann & Werding, 2002, S. 76f.). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die kognitiven Fähigkeiten kontinuierlich eingesetzt und damit trainiert werden.

    Über 45-jährige können also als ‚ältere‘ Pflegekräfte eingestuft werden. Doch warum ist diese Zielgruppe im Zusammenhang mit der beruflichen Weiterbildung in der Pflege so bedeutsam? Die wachsende Bedeutung der über 45-Jährigen Pflegekräfte resultiert aus ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Pflegekräfte. Hier gibt es neue und wachrüttelnde Zahlen aus der Altenpflege: Laut der BGW-Studie „Altenpflege in Deutschland" von 2015 sind in stationären Pflegeeinrichtungen 38 Prozent der Pflegekräfte über 50 Jahre alt, in ambulanten Pflegediensten sind es 36 Prozent. Ungefähr jede dritte Pflegekraft ist also über 50 Jahre alt (vgl. BGW, 2015, S. 47ff.).

    Nach den vorigen Ausführungen zur Eingrenzung und Entwicklung der Zielgruppe der älteren Pflegekräfte sowie ihrer zahlenmäßige Verteilung geht der Fokus nun weiter zu einigen Annahmen über die Zielgruppe, welche das lebenslange Lernen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung betreffen. Anders formuliert: Es gibt also rein quantitativ gesehen mehr ältere Pflegekräfte, aber wo liegt die Herausforderung dabei und was hat das mit der beruflichen Weiterbildung zu tun? Grundlegend für die wachsende Bedeutung der Zielgruppe der älteren berufserfahrenen Pflegekräfte ist die Annahme, dass sich das Lernen der älteren Pflegekräfte von dem der jüngeren und weniger berufserfahrenen unterscheiden könnte. Für diese Annahme gibt es einige Argumente: Die Berufs- und Lebenserfahrung ist zumeist bei den älteren Pflegekräften sowohl quantitativ als auch qualitativ in größerem Umfang vorhanden als bei den jüngeren. Die älteren Pflegekräfte, die sich noch im Beruf befinden haben oft schon mehrere Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Dieser Erfahrungsschatz und die damit verbundene Sicherheit und Gewissheit über die eigene Leistung könnten zu der Einstellung führen, Neuerungen und Veränderungen gegenüber weniger aufgeschlossen zu sein, insbesondere dann, wenn nicht klar erkennbar wird, welchen Nutzen und Vorteil eine neue Verfahrensweise haben wird bzw. wenn sich die Weiterbildung auf Entwicklungen bezieht, die eher abgelehnt oder skeptisch betrachtet werden. Zudem birgt die Einbeziehung von Veränderungen und Neuerungen neben dem Nutzen auch die subjektiv empfundene Gefahr, durch die ungewohnten und unbekannten Abläufe unsicherer zu werden und mehr Fehler zu begehen. Dies ist eine Begleiterscheinung, wenn die vertrauten Pfade der eigenen Erfahrung und eingeschliffenen Verhaltensweisen, sozusagen die ‚Komfortzonen‘, verlassen werden müssen. Ebenso lässt sich fragen, ob eine Pflegekraft, die nur noch wenige Jahre bis zu Rente zu arbeiten hat, die teils massiven Umwälzungen in der Pflegearbeit noch mitmachen möchte.

    Bei diesen Annahmen ist natürlich zu differenzieren: Es gibt nicht ‚die‘ ältere Pflegekraft. Jede Pflegekraft blickt auf eine individuelle berufliche wie private Biografie zurück, dazu kommen situative Faktoren und strukturelle Einflüsse, die die Haltung zum Lernen und zur Nutzung von Lernangeboten beeinflussen. So ist es zum Beispiel natürlich denkbar und möglich, dass auch eine ältere berufserfahrende Pflegekraft sich interessiert und aktiv Neuerungen aneignet und deren Umsetzung auch forciert. Interessant wäre in allen genannten Fällen, aus welchen Gründen sie dies tut, und mit welchem Hintergrund. Mit diesem Wissen können Weiterbildungen für ältere Pflegekräfte passgenauer und teilnehmergerechter gestaltet werden.

    Als weiteres Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass ältere Pflegekräfte insbesondere in der Altenpflege einen erheblichen Teil der dort Beschäftigten darstellen, und dass sich die Lernprozesse, Sichtweisen und Einstellungen der älteren von denen der jüngeren Pflegekräfte vermutlich unterscheiden. Die Gruppe der älteren Pflegekräfte muss sich, ebenso wie ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen, der anfangs geschilderten Notwendigkeit von kontinuierlicher Weiterbildung für den Pflegeberuf stellen. Hier wird nun interessant, aus welchen subjektiven Gründen und mit welchen Sichtweisen, Einstellungen und Orientierungen die älteren Pflegekräfte auf Weiterbildungsangebote treffen, da dieses Wissen bedeutsam ist für die Passgenauigkeit von Weiterbildungskonzepten für die Zielgruppe. Diese Frage kann durch die Weiterbildungsforschung beantwortet werden. Daher wird im Folgenden beleuchtet, welche Forschungsaktivitäten in dieser Richtung bereits existieren.

    3. Berufliche Weiterbildungsforschung für die Pflegeweiterbildung

    Betrachtet man die Aktivitäten zur Weiterbildungsforschung in Bezug auf die Pflege und speziell in Bezug auf ältere Pflegekräfte so fällt auf, dass zumeist Praxisforschungsprojekte durchgeführt werden. Bei diesen Praxisforschungsprojekten werden vorrangig etablierte und bewährte Konzepte und Methoden aus der Pädagogik und Psychologie neu kombiniert, auf die jeweiligen Zielgruppen und Institutionen heruntergebrochen, erprobt und evaluiert. Zwei nachfolgende vorgestellte typische Beispiele dieser Praxisforschung zeigen diese Vorgehensweise: Ein Beispiel für ein derartiges Praxisforschungsprojekt ist das 2014 abgeschlossene Projekt „Flexi-Care der SRH Fachhochschule Gera, das sich mit den Möglichkeiten für Pflegekräfte befasste, trotz der hohen Arbeitsbelastung und Kostendruck an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen zu können (vgl. Flexi-Care 50+, 2014). Im Projekt wurden tablet-basierte Lernszenarien erstellt und erprobt. Die in diesem Projekt eingesetzten psychologischen Lernkonzepte waren das Blended Learning, die Community of Practice und das Micro Learning, etablierte und durchaus bewährte psychologische Lernarrangements. Ein weiteres Beispiel für ein Praxisforschungsprojekt ist das vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung von 2008 bis 2010 durchgeführte Projekt „Älter werden in der Pflege in dem es um die Gewährleistung einer demografiefesten Personalpolitik in den Pflegeeinrichtungen ging (vgl. f-bb, 2010). Auch hier wurden bewährte Strategien und Konzepte genutzt, auf das Ziel und die Zielgruppe zugeschnitten und erprobt. Sechs Handlungsfelder standen dabei im Fokus: Die Gesundheitsförderung, die Arbeitsorganisation und -gestaltung, die Kompetenzentwicklung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Pflegeeinrichtungen. Die Maßnahmen wurden in sechs ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen erprobt. Publiziert wurden im Anschluss sechs Fallstudien. Insbesondere die Maßnahmen der Handlungsfelder Kompetenzentwicklung und Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung sind hier von Interesse: So wurden in diesen Handlungsfeldern unter Anderem ‚Pflegeabende‘ zum Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Pflegekräften durchgeführt und regelmäßige Mitarbeitergespräche zur Berufswegeplanung und Personalentwicklung eingeführt. Bei der Arbeitsorganisation wurden die Schnittstellen zu anderen Berufszweigen wie der Hauswirtschaft und den Ärztinnen und Ärzten und die dazugehörige Kommunikation und Kooperation identifiziert und verbessert. Auch die in diesem Projekt durchgeführten beschriebenen Maßnahmen sind bewährte und etablierte Methoden, in diesem Falle aus der Personal- und Organisationsentwicklung.

    Diese beiden typischen Beispiele aus der Weiterbildungsforschung im Pflegebereich zeigen zum einen die Bemühungen um rasch spürbare Verbesserungen und Problemlösungen im Bereich der Pflege durch Interventionen, zeigen zum anderen aber auch, dass dabei vielfach auf bestehende Konzepte

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