Jeder neue Tag ist ein Geschenk: Wahre Mutmachgeschichten, die das Herz bewegen.
By Andi Weiss
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Hier schildern Menschen ihre persönlichen Erfahrungen. Sie berichten, welche Kraft sie aus einer Haltung der Dankbarkeit gezogen haben. Mitten in den Höhen und Tiefen des Alltags. Und so erzählt dieses Buch von der Fülle des Lebens und nährt leise, aber kraftvoll das besondere Wissen: Jeder neue Tag ist ein Geschenk!
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Book preview
Jeder neue Tag ist ein Geschenk - Andi Weiss
Inhalt
Ein Wort zuvor (Andi Weiss)
Pinkfarbene Schuhe (Corinna Kohröde-Warnken)
Nichts ist unmöglich (Sigmar von Blanckenburg)
Die alte Klavierlehrerin (Prof. Dr. Elisabeth Lukas)
„Komm, gib nicht auf …" (Sabine Heinrich)
„Gott sei Dank!" (Walter Kohl)
Der neue Refrain (Christiane Heuschneider)
Mein Ritual der Dankbarkeit (Anselm Grün)
Zwei auf einmal (Gabriele Tergau)
Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen (Michaela Ratzke)
Wie aus heiterem Himmel (Elke Zimmermann)
Ein Geschenk des Himmels (Rudolf Westerheide)
Was mir erspart blieb … (Dr. Otto Zsok)
Jeder neue Tag ist ein Geschenk (Angelika Ledenko)
Perspektivwechsel … (Michael Wolf)
Neue Kraft in schweren Tagen (Werner Semeniuk)
„Multumesc"– vielen Dank! (Frank Heinrich)
Perfekt (Conny Gorenflo)
Ein Wink des Himmels (Susanne Kellner)
Gel(i)ebte Ökumene (Manuela Strohofer)
Eine andere Art der Dankbarkeit (Jörg Seitz)
Zerrissen (Jo Jasper)
Einfach weil es mir gut geht (Janina Dück)
Die Farbe der Hoffnung ist Rosa (Susanne Sponholz)
Ein Kinokartenabreiß-Engel (Clarissa Maurer)
Mein Bild von Gott (Kerstin Wiemann)
Ein Igel, der als Schmetterling leben möchte (Maike Gathmann)
Wie mein Stiefvater mein Vater wurde (Uwe Heimowski)
Denk ich an Italien in der Nacht … (Bernhard Matzel)
Trommeln mit Senioren (Thomas Schulz)
Farbe für mein Leben (Ingrid Schäfer)
„Freu dich …" (Beatrix R. Kogler)
Überraschend reich beschenkt (Katja Eitler)
Sprachlos (Sabine Dittrich)
Von Gott getragen (Doris Tremp)
Dankbare Augen (Stefan Wanzenried)
Stille Nacht, heilige Nacht … (Katja Seifert)
Geduld lernen (Eva Wizemann)
Ein Spaziergang am Bach (Conny Krakowski)
Gottes gute Wege (Renate Gautzsch)
Wenn tiefe Wunden heilen (Anonym)
Bogotá ohne Rückflugticket (Simone Bartels)
Entlastung (Beate Späinghaus)
Zwischen den Jahren (Evelin Schuster)
Mein Kalender (David Plüss)
Die letzte Seite (Andi Weiss)
Der Mensch ist gesund geworden, der danken gelernt hat.
Friedrich Bodelschwingh
817060_Weiss_Jeder%20Tag_Schmetterling.tifEin Wort zuvor
Dieses Buch gehört in den Medizinschrank! Nein, nicht, weil es besonders giftig wäre – im Gegenteil! Es macht gesund! Warum? Friedrich Bodelschwingh hat einmal gesagt: „Der Mensch ist gesund geworden, der danken gelernt hat." Bekannte und unbekannte Autoren haben in diesem Buch ihre kleine Geschichte der Dankbarkeit aufgeschrieben. Menschen erzählen aus ihrem Alltag – aus ihrem Er-Leben – und helfen sich und den Lesern auf diese Weise, gesund zu werden. Denn Danken bringt uns zum Denken. Ein Mensch, der aufgehört hat zu danken, hat zuvor schon aufgehört zu denken, das heißt, er hat aufgehört, Mensch zu sein. Wir sind jemand anderem dankbar für das Gute, das er uns getan hat, indem wir seine Tat bedenken. Dann erst wird uns bewusst, wie wenig selbstverständlich seine Hilfe war. Derjenige wird dankbar, der auf seinen Weg zurückschaut und darüber nachdenkt. Es waren vielleicht Wege durch dunkle Täler, Holzwege, scheinbar sinnlose Umwege, in denen wir aber in der Rückschau dankbar wichtige Weiterentwicklungen entdecken dürfen. Auch wenn die aktuelle Situation manchmal ausweglos erscheint – im dankbaren Blick zurück gewinnt der Mensch Mut und Hoffnung für die kommende Zeit. Der verstorbene Kabarettist Dieter Hildebrandt witzelte einmal: „Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen."
Die Geschichten in diesem Buch sind keine runden, erfundenen biografischen Schönheiten. Sie wurden nicht ausgedacht, um uns in romantische Traumwelten zu versetzen. Im Gegenteil. Die meisten Geschichten in diesem Buch werden gerade deshalb zu großen Hoffnungsträgern, weil sie kein klassisches „Happy End" haben und so die stille, trotzige und dankbare Hoffnung reifen lassen, dass uns erst so mancher scheinbar sinnlose Umweg auf unserem Lebensweg reifen lässt und zum Ziel führt. Und doch ertappe ich mich selbst viele Male dabei, wie vergesslich mein Herz doch immer wieder ist.
Ich denke da an ein sehr frühes Urlaubserlebnis aus meiner Kindheit. Wir waren als Familie wie immer in den Oster- oder Pfingstferien auf dem Weg in den Süden. Wir starteten in die noch rabenschwarze Nacht hinein, und ich erinnere mich gerne an den ersten begeisterten Aufschrei, wenn wir in den grauen Morgenstunden nach der langen Fahrt im Auto kurz vor dem Ziel aufwachten. Wir wetteiferten jedes Mal, wer als Erster das Meer entdeckte. In diesem Urlaub ging es nach Kroatien. Ich war noch sehr klein und konnte nicht schwimmen. Als ich eines Tages mit meinem Bruder am Strand war, meinte dieser: „Komm, wir spielen Rettungsschwimmer! und lief auch schon ins Wasser. Ich, wie immer, hinterher. Wenn „die Großen
etwas machten, wollte ich natürlich mit dabei sein. Keine Frage! Also ab ins Wasser. Leider hatte ich in der Eile meine Schwimmflügel vergessen und sprang ohne sie von der Felskante in das tiefe Wasser. Ich sehe heute noch vor mir, wie ich unter Wasser die Augen aufmache, strample, weil ich nicht schwimmen kann, und dann sehe, wie eine Hand nach mir greift und mich aus dem Wasser zieht. Gott sei Dank hatte mich eine Frau beobachtet und schnell eingegriffen. Das „Rettungsschwimmerspiel" hatte seinen Namen wirklich verdient. Jahrelang haben wir uns zu Hause diese Geschichte erzählt. Wenn ich mich später an diese Begebenheit erinnerte, hatte ich immer einen riesigen Strand vor Augen, mit hohen Wellen und dunklen Untiefen, und ich war manchmal kurz davor, in meine Rettungserzählungen auch noch ein Krokodil einzubauen.
Als ich viele Jahre später mit meiner Frau Urlaub in Kroatien machte, wollte ich mir den Ort des Geschehens noch einmal ansehen. Ich mietete mir ein Fahrrad und machte mich auf den Weg zu besagtem Strand. Nach einiger Zeit hatte ich ihn endlich gefunden. Und? Ich war enttäuscht. Ich war so was von enttäuscht! Der Strand, den ich als übergroß mit hohen Felsen und dunklen, vom Sturm aufgepeitschten Wellen in Erinnerung hatte, entpuppte sich als kleine, süße, schnuckelige Bucht. Das Wasser ging mir an der Stelle des Geschehens vielleicht bis zu den Hüften. Wie langweilig.
Seltsam, manchmal ist bei mir auch genau das Gegenteil der Fall: Ich beginne, Erfahrungen kleinzureden. Ich blicke auf mein Leben zurück und schmälere Vergangenes, anstatt mich darüber zu freuen und dankbar zu sein. Psalm 103,2-5 erinnert mich dann wieder: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat: der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler."
Ich mag diese unzähligen Witzmails nicht, die täglich in meinem Mailpostfach landen. Neulich erhielt ich eine E-Mail mit dem Betreff „Wofür wir dankbar sein sollten, was wir aber oft nicht mal registrieren", die mich allerdings nachdenklich stimmte. Darin stand: „Für den Partner, der mir jede Nacht die Decke wegzieht, weil das bedeutet, dass er mit niemand anderem unterwegs ist. Für das Kind, das sein Zimmer nicht aufräumt und lieber fernsieht, weil das bedeutet, dass es zu Hause ist und nicht auf der Straße. Für die Steuern, die ich zahlen muss, weil das bedeutet, dass ich eine Beschäftigung habe. Für die riesige Unordnung, die ich nach der gefeierten Party aufräumen muss, weil das bedeutet, dass ich von Freunden umgeben war. Für die Kleidung, die mal wieder zu eng geworden ist, weil das bedeutet, dass ich genug zu essen habe. Für den Schatten, der mich bei meiner Arbeit ‚verfolgt‘, weil das bedeutet, dass gerade die Sonne scheint. Für den Teppich, den ich saugen muss, und die Fenster, die geputzt werden müssen, weil das bedeutet, dass ich ein Zuhause habe. Für die vielen Klagen, die ich über die Regierung höre, weil das bedeutet, dass wir Redefreiheit haben. Für die Straßenbeleuchtung, die so endlos weit von meinem Parkplatz entfernt ist, weil das bedeutet, dass ich laufen kann und ein Beförderungsmittel besitze. Für die hohe Heizkostenrechnung, weil das bedeutet, dass ich’s warm habe. Für die Frau, die in der Kirche hinter mir sitzt und so falsch singt, weil das bedeutet, dass ich hören kann. Für den Wäscheberg, der gewaschen und gebügelt werden muss, weil das bedeutet, dass ich Kleidung besitze. Für die schmerzenden Muskeln am Ende eines harten Arbeitstages, weil das bedeutet, dass es mir möglich ist, hart zu arbeiten. Für den Wecker, der mich morgens unsanft aus meinen Träumen reißt, weil das bedeutet, dass ich am Leben bin."
„Der Mensch ist gesund geworden, der danken gelernt hat."
Ich wünsche uns gute Besserung!
Bleiben Sie behütet!
Ihr
Andi Weiss
817060_Weiss_Jeder%20Tag_Schmetterling.tifPinkfarbene Schuhe
Meine große Leidenschaft ist es, Schuhe zu kaufen. Doch lange hatte ich gerade dazu keine Lust. Ein schlechtes Zeichen, aber wenn man ums Überleben kämpft, sind Schuhe erst einmal nicht ganz so wichtig. Dann aber verliebte ich mich auf den ersten Blick in ein Paar pinkfarbener Schuhe, die förmlich danach schrien, meinen weiteren Weg mit mir zu gehen. Ich erntete einige ungläubige Blicke hier und irritiertes Kopfschütteln dort. Doch das war mir vollkommen egal. Nach einer erneuten Krebsdiagnose mit zwei großen Operationen und einer starken medikamentösen Therapie sah ich zwar nicht aus wie das blühende Leben, aber ich hatte Lust auf eine frische Farbe, und in so einer Lebenslage spielt die Meinung von anderen zum Outfit eine eher untergeordnete Rolle.
Im Juli 2012 hatte ich nach der Erstdiagnose 2007 fast fünf Jahre gesund überlebt. Dann die erneuerte Diagnose: rezidiv! Die diagnostischen Bilder sprachen Bände, ebenso wie das Gesicht des Radiologen, als er mir sagte, dass er „leider nicht so gute Nachrichten für mich habe. Fast hätte ich gelacht, wäre da nur nicht dieses Gefühl gewesen, als hätte ich ein großes Glas Eiswasser getrunken. Ich war nicht in der Lage, Fragen zu stellen, sondern fuhr wie betäubt nach Hause. Ich wollte mich wie ein waidwundes Tier zum Sterben in meine Höhle verkriechen. Doch ich dachte trotzdem sofort daran, dass Wunder möglich sind und Gott sicher einen Plan für mich hat. Mir ging Dietrich Bonhoeffers Lied durch den Kopf, das er in der Gefängniszelle geschrieben hatte, als er durch seine NS-Verfolger ebenfalls vom Tode bedroht gewesen war und das mich als Ohrwurm bis heute begleitet: „Von guten Mächten wunderbar geborgen …
Die schwierigsten Dinge standen mir aber erst noch bevor. Es ist unendlich schwer, in die hilf- und fassungslosen Gesichter seiner Angehörigen zu blicken, wenn man selbst ins Bodenlose fällt und dabei noch seine ganze Familie mitreißt. Die Überlegungen, ob eine OP überhaupt noch sinnvoll wäre, wurden unter Tränen geführt. Immer wieder hatte ich Geschichten von Spontanheilungen, Wundern oder zu mindestens Remissionen (Krankheitsstillstand) im Kopf und war mir zeitweise ganz sicher, dass das auch für mich gelten könnte. Ich bekam unglaublich viel Zuspruch, gute Wünsche und Gebete von Familie und Freunden. Sie alle beteten für mich. Aber natürlich war ich immer wieder auch verzweifelt und voller Angst.
Am Vorabend der ersten OP ging ich in den „Raum der Stille" des Krankenhauses und legte mein Leben in Gottes Hand. Da ich seit fast 30 Jahren selbst im Krankenhaus arbeitete, kannte ich die Risiken leider nur zu genau. Ich betete für den Operateur, die Anästhesieschwester und für meine Familie, die vor Sorge fast verging. Die Operationen erwiesen sich wegen der Lokalisation als sehr schwierig und langwierig. Es ging mir trotzdem sehr schnell wieder besser, sodass die nächsten Maßnahmen geplant werden konnten. Ursprünglich war eine Bestrahlung angedacht, es stellte sich aber nach der ersten OP heraus, dass das wohl nicht reichen würde. Ich war fassungslos und fragte mich, woher ich die Kraft nehmen sollte weiterzumachen. Jeden Tag bekam ich von meinem Mann, meinem Sohn oder von Freunden liebe Worte oder einen Bibelspruch geschenkt, der mir immer einen kleinen Schritt weiterhalf.
Vor der ersten Chemo wurde ein Status-CT gemacht, damit die Ärzte Ausgangsdaten hatten. Das hatte ich irgendwie verdrängt und deshalb geriet ich wegen des dazu benötigten Kontrastmittels in Panik. Ich hatte davor mehr Angst als vor der Chemo, die unmittelbar anschließen sollte. Daher lehnte ich die Untersuchung ab.