Kluge Muskeln: Wie Muskeln Ihre Gesundheit fördern und Sie um 20 Jahre verjüngen
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Zum anderen weisen sie darauf hin, welch spezifischen Stellenwert gerade unsere Muskeln für Gesundheit und Wohlbefinden haben. Denn die weithin nur als „Stellmotoren“ der Bewegung wahrgenommenen Körperteile sind in Summe eines der meistunterschätzten Organe des Menschen. Wer seine Muskeln pfleglich behandelt, aktiviert das größte Hormon- und Fettverbrennungsorgan des Körpers, mit dem man seine biologische Uhr um Jahrzehnte zurückdrehen kann.
In der muskulären Hausapotheke schlummern dabei Selbstheilungskräfte, deren Mechanismen die Forschung erst jetzt richtig zu verstehen beginnt. Botenstoffe, die bei Muskelbewegung ausgeschüttet werden, senken etwa nicht nur das Diabetes-, Herzinfarkt oder Krebsrisiko, sondern können auch die Heilungschancen bei bestehender Krankheit erhöhen. Sogenannte Myokine verbessern die Gedächtnisleistung und schützen vor Demenz und depressiver Stimmung. Muskeln kommunizieren zudem direkt mit entzündeten Gelenken und können Schmerzen zu besiegen helfen. Wer im übrigen seine tiefliegende Muskulatur aktivieren kann, hat die besten Chancen, um Rückenschmerzen zu kurieren …
Die Frage ist nur: Wie kommt man ran an die Muskel-Benefits? Ein Sonntagsspaziergang allein ist dazu zu wenig, sagen die Autoren. Muskel sind scheu wie Rehe und verabschieden sich bei Nichtbenutzung von der Bildfläche. Richtig wohl fühlen sie sich erst, wenn man ordentlich ins Schwitzen kommt. Weil in unserer gestressten Sitzgesellschaft kaum noch Zeit für gezielte Muskelbewegung bleibt – Büroangestellte gehen heute im Extremfall gerade noch ein paar hundert Meter zu Fuß – wird der Muskelschwund immer mehr zum Thema. Männer und Frauen sollten daher schon früh genug damit beginnen, verlorene Muskelmasse aufzubauen. Unter Umständen sogar im Rahmen einer medizinischen Trainingstherapie, die gezielt auf muskuläre Dysbalancen Rücksicht nimmt.
Dabei betreibt man, so die Autoren, bereits beste Vorsorge für das Alter. Denn um Mobilität und Eigenständigkeit zu erhalten, sind kräftige Muskeln ein absolutes Muss. Wer nicht einmal mehr eine Kniebeuge schafft, würde sich auch schwertun, den Weg auf des Kaisers Thron selbstständig zu meistern.
Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät, um zu beginnen. Selbst 100-Jährige können ihre Muskeln wieder zum Wachsen bringen, sagen die Autoren. Die Frage bleibt, wie man auch nach längeren Zeiten der Inaktivität den „inneren Schweinehund“ besiegen kann, um das Gesundheitspotenzial seiner Muskel ausnutzen zu können. Auch dafür haben die Autoren ein paar Tipps auf Lager. Es kommt darauf an, sich mit Tricks von Spitzenathleten wieder zu motivieren...
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Cover
Table of contents
© 2017 Dr. Andreas Stippler & Dr. Norbert Regitnig-Tillian
Illustration: milo
Herstellung und Verlag: Delta X Verlag, Wien
Printed in EU
Buch-Shop www.klugemuskeln.at
Andreas Stippler
Bild: Gabriele Moser
Der renommierte Facharzt für Orthopädie, Dr. Andreas Stippler, ist Leiter des David Gesundheitszentrums und Ärztekompetenzzentrums am Universitätsstandort Krems an der Donau. Welch eminent wichtige Rolle Muskeln für die Gesundheit spielen, erlebt Stippler dort jeden Tag. Die genaue Diagnose von muskulären Dysbalancen und deren spezifische Behandlung im Rahmen der medizinischen Trainingstherapie sind denn auch ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit.
Norbert Regitnig-Tillian
Bild: Christa Regitnig-Tillian
Dr. Norbert Regitnig-Tillian ist freier Wissenschaftsjournalist mit einem Schwerpunkt Medizin und Gesundheit. Der promovierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaftler arbeitete für TV-Sender in Deutschland und Österreich und schreibt für Magazine und Tageszeitungen, darunter „Der Spiegel, „profil
und „Der Standard. Die Beschäftigung mit den „klugen Muskeln
motivierte den passionierten Schifahrer, sich neben neuen Laufschuhen auch Hanteln anzuschaffen, die er jetzt regelmäßig benutzt.
Kluge Muskeln
Lob des klugen Muskels
Eigentlich wären sie ja nicht zu übersehen. Muskeln sind in Summe das größte Organ des Körpers. Rund 40 Prozent des Körpers bestehen aus Muskeln. Sie geben dem Körper die Form, halten ihn in Balance und sorgen für Bewegung.
Muskeln können ausdauernd, kräftig und feinfühlig sein. Sie lassen einen mit unglaublicher Spontankraft vor Gefahren flüchten, hundert Meter unter zehn Sekunden laufen oder feinste Bewegungen ausführen – beispielsweise beim Spielen eines Klavierkonzertes oder schon beim Runzeln der Stirn. Ihre Kraft und Ausdauer ist dafür verantwortlich, dass man 1000 Meter senkrecht durch eine Bergwand klettern oder mit Bällen auf einem Seil jonglierend über einen Abgrund tänzeln kann.
Der Muskel: Kraftwerk und Hausapotheke
In den Muskeln steckt ein unglaubliches Potenzial. Sie sind kluge Bewegungsermöglicher, Fettverbrennungskraftwerke und körpereigene Hausapotheke in einem. Sie sind formbar und vergrößerbar. Wer seinen Muskeln jene Aufmerksamkeit schenkt, die ihnen zusteht, kann seine Leistungsfähigkeit vergrößern und Entscheidendes für seine Gesundheit tun.
Muskeln brauchen Bewegung!
Muskeln lieben die Bewegung und können mit Reizen ungemein kreativ umgehen. Muskeln sind hervorragende Teamplayer. Sie arbeiten gemeinsam und übernehmen genau definierte Aufgaben. Vernachlässigt man sie aber, sind sie scheu wie Rehe und sensibel wie Mimosen. Sie ziehen sich zurück und verabschieden sich beleidigt von der Bildfläche. Sie verlieren ihre Kraft und ihre Ausdauer. Sie korrespondieren nicht mehr mit dem Körper und den anderen Organen wie Herz, Leber, Lunge, Niere, Gehirn. Sie produzieren keine Botenstoffe mehr, die für den Körper oft überlebensnotwendig sind. Vernachlässigte Muskeln sind der Niedergang für den Körper. Man sollte sich mit ihnen gut stellen und sie nicht ignorieren.
Die Muskulatur, das unterschätzte Organ
Früher haben ja einige über die Muskeln gelacht. Wer kräftige Muskeln hat, hat nichts im Kopf. Das ist natürlich ein krasses Fehlurteil. Muskeln machen nicht dumm. Im Gegenteil: Heute weiß die Medizin eines: Muskeln helfen, gesund und klug zu werden und gesund und klug zu bleiben. Und zwar bis ins hohe Alter. Wenn wir über ein kräftiges Muskelkorsett verfügen, dann haben wir PS-starke Gesundheitsmotoren, die uns biologisch verjüngen und gesund älter werden lassen.
Muskeln machen klug und halten gesund
Noch wirken die Zeiten aber nach, wo das Image der Muskeln noch ein wenig ramponiert gewesen war. Unser Bild war davon geprägt, dass Muskeln zwar gut formbare und trainierbare „Zugmaschinen sind, die Befehle des Gehirns ausführen, den Knochenapparat bewegen – und bei Überbeanspruchung übersäuern. In der Hitliste der Organe, angeführt von Hirn und Herz, stand der Muskel aber eher unter „ferner liefen
. Heute weiß die Medizin, dass es die komplexen biochemischen Vorgänge in den Muskeln sind, die in vielen Fällen den Schlüssel zum Verständnis der gesundheitsfördernden Wirkung der Bewegung darstellen.
Das heißt: Wenn wir von Gesundheit und Bewegung reden, sollten wir einen Fokus auf die Muskeln legen.
Mehr als 650 Muskeln umspannen das Skelett des Menschen. Jeder einzelne Muskel ist dabei ein Kraftpaket, das sich über Knochen und Gelenke erstreckt. Geschickt mittels Sehnen an den Knochen verankert, sorgen die Muskeln für Bewegung. Bizeps und Trizeps bewegen Ober- und Unterarm, der Gesäßmuskel, der sich um das Becken wölbt, sorgt für den aufrechten Gang; die zehn verschiedenen Muskeln, die Schien- und Wadenbein ummanteln, bringen den Fuß in Bewegung. Gemeinsam machen die Muskeln bei Männern mehr als 40 Prozent ihres Körpergewichtes aus, bei Frauen mehr als 30 Prozent.
Nicht immer wissen wir, dass es Muskeln sind, wenn wir an bestimmte Körperteile denken. Die Zunge ist ein Muskel, das Herz sowieso. Muskelgewebe spezieller Art umhüllt aber ebenso den Magen, den Darm, die Blase und die Gefäße. Im Auge sorgt ein Muskel dafür, dass sich unsere Pupille weitet oder verengt. Im Innenohr zieht sich ein nur millimetergroßer Muskel bei großem Lärm zusammen und schützt so das Trommelfell vor großen Schäden.
Muskeln sind noch immer rätselhaft
Forscher studieren die Muskeln schon seit Jahrtausenden. Versuchten die ersten Mediziner zuerst überhaupt zu ergründen, warum sich Muskeln bewegen, so sind die heutigen Mikrobiologen dabei, zu enträtseln, wie die Gene das Muskelwachstum steuern und wie der Stoffwechsel funktioniert. Und je mehr sie sich damit beschäftigen, umso mehr gelangen sie zur Ansicht, dass Muskeln viel mehr sind als nur biomechanische Maschinen, die, gesteuert vom „mächtigen" Gehirn, nichts anderes tun, als Befehle auszuführen und den Kommandos des Denkorganes zu folgen. Denn die Muskulatur kann mehr als nur auf Bewegungsimpulse aus dem Gehirn zu warten und diese dann mehr oder weniger präzise auszuführen. Forscher entdeckten, dass Muskeln auch über ein eigenes Kommunikationssystem verfügen, mit dem sie direkt auf andere Organe Einfluss nehmen können. Das Gehirn bleibt dabei außen vor oder besser noch: auch das Gehirn bekommt durch die Muskeln Informationen übermittelt, die direkt und indirekt seine Denkleistung positiv beeinflussen und zur Hebung der Stimmung beitragen können. Wer seine Muskeln aufbaut und bewegt, ist also nicht dümmer, sondern ganz im Gegenteil sogar klüger! Die dafür notwendigen Signalstoffe werden von den Muskeln in Bewegung freigesetzt. Damit kommunizieren sie etwa auch mit den Knochen und Gelenken, dem Fettgewebe, dem Gehirn, der Bauchspeicheldrüse, der Leber oder mit dem Immunsystem.
Die Muskulatur ist ein höchst komplexes Organ
Mittlerweile ist eine derart verblüffende Vielzahl an Prozessen bekannt, die durch die Muskeln beeinflusst werden, dass Experten die Muskulatur als eines der komplexesten Organsysteme nach dem Gehirn bezeichnen. Jedenfalls kann man eines sagen: Die Muskulatur ist ein unterschätztes Organ. In ihr und durch sie entsteht Bewegung. Und wenn man bisher von den Vorteilen der Bewegung sprach, von „Bewegung ist gesund, dann könnte man jetzt präziser sagen: „Muskelbewegung/Muskelkräftigung ist gesund
. Denn in diesen Kraftpaketen liegt das Geheimnis der gesundheitsfördernden Bewegung.
Das Problem dabei: Die so positiv erscheinenden Geschenke der Muskulatur werden viel zu wenig in Anspruch genommen. Denn wir leben heute in einer „Sitzgesellschaft", wo Muskeln vielen erst auffallen, wenn sie sich verspannen, verkürzen und verkümmern …
Kluge Muskeln und die Sitzgesellschaft
Kennen Sie das? In der Früh ein paar Schritte vom Bett zum Bad und zum Kaffeeautomaten in der Küche. Dann raus aus der Wohnung und mit dem Lift zum Auto in die Tiefgarage. Einsteigen, hinsetzen, losfahren zur Arbeit. Einparken in der Tiefgarage am Arbeitsplatz. Mit dem Lift hinauf ins Büro. Sich am Arbeitsplatz hinsetzen, Computer einschalten. Mittags mit dem Lift in die Kantine. Eine Kleinigkeit essen, am Mittagstisch sitzen. Wieder mit dem Lift ins Büro. Ein paar Schritte ins Besprechungszimmer. Nach der Sitzung wieder zurück an den Arbeitsplatz. Wieder hinsetzen. Überstunden, Stress. Abends mit dem Lift in die Tiefgarage zum Auto. Nach Hause fahren. Hinauf mit dem Lift in die Wohnung. Zusperren. Durchatmen. Sich eine Kleinigkeit zum Essen machen. Dann auf die Couch fallen, den Fernseher einschalten und einschlafen …
Früher wurde langes Sitzen als Strafe empfunden
Für viele Erwachsene ist es heute oft gar nicht mehr so leicht, im Alltag Bewegung einzubauen. Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der aktive Muskelbewegung zur Ausnahme geworden ist. Der „Homo sedens, der „sitzende Mensch
zählt in der Wissensgesellschaft zum Normalfall. Dabei wurde langes Sitzen von unseren Ahnen geradezu noch als