Besser unterrichten: Neue Medien und Methoden im Reitunterricht
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About this ebook
Sie interessieren sich für den Einsatz zeitgemäßer Medien und Methoden in Ihrem Reitunterricht, um neue Schüler zu gewinnen?
Dieses aktuelle Werk gibt wertvolle Tipps und Hinweise, wie Unterricht medial und methodisch bereichert werden kann und damit Unterrichtserfolge schneller sichtbar werden. Ausgehend von der Orientierung an Kompetenzen, also Fertigkeiten, die der Reitschüler im Laufe der Unterrichtseinheiten erwerben soll, werden Ziele und Trainingspläne aufgezeigt. Anschaulich werden alle vorgestellten Möglichkeiten - sowohl im theoretischen als auch im praktischen Reitunterricht - anhand bewährter Praxisbeispielen erläutert, so zum Beispiel der Einsatz von Pylonen und Stangen, aber auch innovative Medien wie Luftkissen, Bälle, Thera-Bänder und Bewegungsstühle. Außerdem werden Videoanalysen über Tablets, der Einsatz von Funksprechgeräten im täglichen Unterricht sowie diverse Apps im Rahmen des praktischen Unterrichts als erfolgversprechende Medien vorgestellt. Präsentationen über Beamer, Flipcharts, Lehrfilme, Apps und viele andere Medien werden im Bereich des theoretischen Reitunterrichts im Hinblick auf ihre Einsatzmöglichkeiten anhand von positiven und negativen Beispielen analysiert.
Lassen Sie sich zu qualitätsvollem und innovativem Unterricht mit der Hilfe passender Medien und Methoden inspirieren und profitieren Sie nicht zuletzt selbst beim Reiten vom Einsatz moderner Medien!
Ivonne Brosow
Ivonne Brosow, 1982 in Erding geboren, ist als Studienrätin an einem bayerischen Gymnasium für die Fächer Wirtschaft und Recht sowie Geographie tätig. Sie hat zudem ein erstes und zweites Staatsexamen im Fachbereich Beratung, ist als Fachbetreuerin auch mit der Ausbildung von Referendaren betraut und leitet kollegiale Fallberatungsgruppen. Neben dem Trainer C Reiten besitzt sie die Qualifikation Trainer B Prävention "Reiten als Gesundheitssport". In ihrer täglichen pädagogischen Arbeit - sowohl in der Schule als auch auf dem Reitplatz - liegt ihr Hauptaugenmerk stets darauf, ihren Schülern den Lernprozess zu erleichtern und Lernen so effizient wie möglich zu gestalten.
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Book preview
Besser unterrichten - Ivonne Brosow
Fallberaterin)
1. Weniger ist mehr! Strukturierung im Reitunterricht durch Orientierung an Kompetenzen
Fachkompetenz, Sozialkompetenz, Selbstkompetenz, Methodenkompetenz, ...
Die Begriffe Kompetenz und Kompetenzorientierung sind in aller Munde, ist das denn auch in unserer Sportart nötig, werden Sie fragen. Unsere Sportart, die sich in so vielen Punkten von anderen Sportarten unterscheidet... Der größte Unterschied liegt im Partner Pferd - keine andere Sportart hat ein Lebewesen, das so facettenreich ist, als Teammitglied
. Ein Lebewesen, das als Herdentier eine hohe Sozialkompetenz besitzt, das aber ebenso als Lauf- und Fluchttier eine große Selbstkompetenz im Sinne der Überlebenssicherung aufweist. Und nun soll auch noch der Reiter¹ auf Kompetenzen reduziert
werden? Kann man gefühlvolle, harmonische Hilfengebung, die unser aller Ziel sein sollte, denn überhaupt in Kompetenzen messen
?
Ja, man kann! Und das sollte man auch. Kompetenzen sind nichts anderes als Kriterien und Fähigkeiten, die ein Schüler nach einer Unterrichtseinheit oder auch Sequenz erlernt hat und anwenden kann. In dem Moment, in dem man einen Reiter an seinen Kompetenzen misst, macht man seine Fortschritte transparent und kann so leichter und schneller gesetzte Ziele erreichen. Folgende Tabelle soll einen Überblick über erreichbare Kompetenzen im Reitsport geben:
Ja, man kann! Und das sollte man auch. Kompetenzen sind nichts anderes als Kriterien und Fähigkeiten, die ein Schüler nach einer Unterrichtseinheit oder auch Sequenz erlernt hat und anwenden kann. In dem Moment, in dem man einen Reiter an seinen Kompetenzen misst, macht man seine Fortschritte transparent und kann so leichter und schneller gesetzte Ziele erreichen. Folgende Tabelle soll einen Überblick über erreichbare Kompetenzen im Reitsport geben:
(Abb.: eigene Darstellung nach Kompetenzorientierter Sportunterricht Sekundarstufe I und Kursstufe der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen https://lehrerfortbildung-bw.de/faecher/sport/gym/fb2/02_ komp/, zuletzt aufgerufen am 20.08.2016)
Wie ein Trainer diese Kompetenzen am effektivsten schulen und vermitteln kann, wird in den nächsten Kapiteln dieses Buches erläutert. Dabei wird auch immer wieder zur Sprache kommen, wie wichtig eine Schwerpunktsetzung auf einzelne Kompetenzen ist. Lernpsychologisch gesehen, kann ein Schüler maximal drei Anweisungen effektiv verarbeiten, daher ist es äußerst wichtig, gemeinsam Prioritäten zu setzen und diese Lernziele dann anhand von möglichst individualisierten Übungen zu erarbeiten. Neben einem Trainingsplan helfen zielgerichtet eingesetzte Medien und Methoden und nicht zuletzt die eigene Reflexion des gehaltenen Unterrichts, um einen maximalen Trainingserfolg bei Ihren Schülern zu erzielen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim strukturierten Unterrichten und hoffe, Sie können viele Anregungen aus diesem Buch gewinnen!
Herzlichst
Ihre Ivonne Brosow
P.S.: Für Anregungen und Austausch bin ich unter i.brosow@gmx.de erreichbar und freue mich auf Ihre Zuschriften!
¹ Im Folgenden wird stets die männliche Form gewählt, selbstverständlich sind gleichermaßen Reiterinnen, Trainerinnen usw. angesprochen.
2. Inhaltliche Gesichtspunkte einer Reitstunde bzw. Unterrichtssequenz
2.1 Zielerfassung
Bei der Durchsicht der allgemeindidaktischen bzw. fachdidaktischen Literatur setzt sich das in der Befragung erhaltene diffuse Bild fort: Was ist ein Lernziel und wie soll es beschaffen sein? Die zuständige Literatur – so scheint es – kennt viele Antworten. Jank und Meyer zeitigen dieses Problem: Sie weisen zunächst auf den wichtigen Unterschied zwischen Lernzielen und Lernergebnissen hin. Lernziele beinhalten das Element des Gewünschten und setzen in ihrer Artikulation in dieser Hinsicht Normen. Sie sind also präskriptiv. Ob diese Normen dann im eigentlichen Lehr-Lernprozess erfolgreich umgesetzt werden, ist in jedem Fall zu prüfen. Die erreichten Ergebnisse sind dagegen deskriptiv. Sie sind beschreibbar und können deshalb mit der Zielsetzung verglichen werden (vgl. Jank/Meyer 1994, 301f.,62ff.). Auf Unterrichtsprozesse bezogen heißt das: Im Idealfall kann durch die Versprachlichung eines Lernziels beschrieben werden, wie sich der Lernende durch den Unterricht bzw. den Lernprozess in seinem Verhalten verändert (vgl. Jank/Meyer 1994, 302).
(Quelle: https://dbs-lin.ruhr-uni-bochum.de/lehreladen/planung-durchfuehrung-kompetenzorientierter-lehre/lehr-und-lernziele/was-sind-lernziele/, aufgerufen am 16.09.2016)
Anders als in der Schule kommt der Reitschüler aus eigenen Stücken in den Unterricht, weist also sehr viel intrinsische Motivation auf. Einen Lehrplan
, der nach Jahrgangsstufen hinweg eingehalten werden muss, kennen wir als Trainer - abgesehen von den Anforderungen der einzelnen Klassen E bis S - nicht. Auch die Altersstruktur in den einzelnen Gruppen kann recht unterschiedlich sein. Gegen eine Durchmischung, also die Aufnahme von Schülern verschiedener Altersstufen in eine Reitergruppe, spricht auch aus lehrtheoretischer Sicht nichts, mit Ausnahme von reinen Kinderstunden. Eine Unterrichtseinheit im Anfängerbereich mit vier Kindern im Alter von vier bis sieben Jahren unterscheidet sich doch gänzlich von einer Einheit mit ebensolchen Erwachsenen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Der Trainer muss andere Lernziele verfolgen: Unterricht mit Kindern MUSS spielerischer aufgebaut und an motorische und kognitive Entwicklungsprozesse angepasst sein. Neben der Passung von Pferd und Reiter (schon aufgrund der noch nicht weit ausgeprägten Kraft), müssen die Ziele an die Fähigkeiten angepasst werden. Erste Bewegungskombinationen und auch koordinative Fähigkeiten, Gleichgewichtsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit werden sich im Alter zwischen vier und sieben Jahren (frühes Kindesalter) intensiv verbessern, eine verbale Informationsaufnahme ist gut schulbar, die Informationsverarbeitung im motorischen Handeln bleibt dagegen noch sehr begrenzt (vgl. Meinel/Schnabel 2007, S. 272 ff.).
Beispielsweise kann es problematisch werden, einem Kind das Abwenden nach links/rechts beizubringen, weil es diese Anweisung kognitiv schlicht nicht umsetzen kann (und auch die Bahnpunkte möglicherweise noch nicht kennt bzw. lesen kann), wohingegen Pylonen oder sonstige Wegmarken Erfolgserlebnisse schaffen werden. Das ausgeprägte Spiel- und Bewegungsbedürfnis in diesem Alter führt auch zu raschen konditionellen Steigerungen. Gerade hier lässt sich vielerlei Variation in den Unterrichtsalltag integrieren: Neben Übungen auf dem (Holz-)Pferd, sollten auch Übungen am Boden mit unterschiedlichen Trainingsgeräten Einsatz finden. Besonders geeignet sind Gymnastikbälle unterschiedlicher Größe, Springseile, Matten für Rollen (vorwärts/rückwärts) oder (flüchtigen) Handstand etc.), der Einsatz dieser Hilfsmittel schult Beweglichkeit, Koordination und Rhythmus. Denn genau diese drei Komponenten werden später benötigt, wenn es an eine Wegführung vom Spielerischen hin zu den jeweiligen Klassen E-S in den einzelnen Disziplinen geht. Das Leistungsstreben im Spiel und im Wettbewerb entwickelt sich, Nachahmungsbedürfnisse bestehen weiterhin (daher ist auch eine homogene Gruppe Gleichaltriger mit etwa dem gleichen Kompetenzstand im Kinderunterricht sinnvoll). Eine vielseitige Schulung macht sich zudem in diesem Alter bezahlt, da die Mobilität in der Regel mit dem Schulanfang abnimmt und die Kinder keinen solchen Bewegungsdrang
mehr verspüren. Somit kann der Reitlehrer hier - zumindest zum Teil - einen Ausgleich schaffen.
Ganz andere Ziele werden in der Regel von (jungen) Erwachsenen im Reitsport verfolgt: Eine Gruppe von Schülern möchte erfolgsorientiert arbeiten und misst sich auch an Wettkampfsportlern, während eine andere Gruppe im Freizeitbereich eher den Entspannungs- und Wellnessfaktor Pferd genießen möchte. In der Regel bringt beide Gruppen die eigene Zuneigung zum Lebewesen Pferd zu diesem Sport. Der Trainer kann hier also von einer noch tieferen intrinsischen Motivation als bei Kindern (welche unter Umständen durch Eltern, Großeltern etc. animiert werden, den Reitsport zu verfolgen) ausgehen. Als nachteilig erweist sich in dieser zweiten Gruppe in der Regel, dass bestimmte, z.T. auch fehlerhafte, Bewegungsmuster bereits etabliert sind, das Bewegungslernen langsamer voran schreitet und eventuell auch bereits eine ängstliche Grundhaltung vorhanden ist. Während die erfolgsorientierte Gruppe klare Ziele schrittweise transparent umsetzen werden, steht bei Freizeitreitern eher die gemeinsame Zeit mit dem Pferd im