Sozial-religiöse Rituale: Thing, Spott und Zweikampf: Die Götter der Germanen - Band 73
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About this ebook
Die achtzigbändige Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar.
Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit.
Daneben werden auch jeweils Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeiten der Menschen in ihr zu beschreiben.
Das Buch
Alle frühen Kulturen, die als Stamm und noch nicht als Königtum organisiert gewesen sind, trafen sich regelmäßig, um die Angelegenheit der Gemeinschaft zu besprechen und um über Streitfälle zu entscheiden. Diese Treffen wurden von den Germanen "Thing" genannt.
Dabei ging es nicht immer friedlich zu - es gab auch die Kunst der Beleidigung. An den Höfen der Fürsten wurde manchmal um die Wette beleidigt und mehr oder weniger bissig argumentiert, aber auch vor Schlachten pflegte man seinen werten Gegner mit erlesenen verbalen Gemeinheiten zu beschenken. Später wurde diese Taktik benutzt, um z.B. Ritter aus ihren Burgen zu locken, wo sie gut geschützt waren - das nennt man dann eine Provokation, ein "Herausrufen" (damit man den Herausgerufenen leichter umbringen konnte ...).
Auf dem Thing gab es schließlich auch immer die Möglichkeit, den Streitfall durch einen Zweikampf zu entscheiden - man ging davon aus, dass der, der im Recht war, von den Göttern unterstützt wurde und daher siegte.
In diesem Buch werden diese drei Arten des Treffens beschrieben: das Thing, der Beleidigungs-Wettstreit und der Zweikampf - insbesondere ihre religiös-magischen Aspekte.
Harry Eilenstein
Ich bin 1956 geboren und befasse mich nun seit 45 Jahren intensiv mit Magie, Religion, Meditation, Astrologie, Psychologie und verwandten Themen. Im Laufe der Zeit habe ich ca. 230 Bücher und ca. 50 Artikel für verschiedene Zeitschriften verfasst. Seit 2023 schreibe ich an einem achtbändigen Fantasy-Roman "Maran", in den auch alle meine Erfahrungen mit Magie, Meditation, Astrologie, Religion, Psychologie und ähnlichem miteingeflossen sind. Die ersten vier Bände sind bereits erschienen. Seit 2007 habe ich meine jahrzehntelange Nebentätigkeit ausgeweitet und bin nun hauptberuflich Lebensberater. Dies umfasst die eigentlichen Beratungen, aber auch das Deuten von Horoskopen, Heilungen, Rituale, Schwitzhütten, Feuerläufe, Hilfe bei Spukhäusern u.ä. Problemen, Ausbildung in Meditation und Feng Shui und vieles mehr. Auf meiner Website www.HarryEilenstein.de finden sich ein Teil meiner Artikel und auch einen ausführlichen Lebenslauf.
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Sozial-religiöse Rituale - Harry Eilenstein
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Herz des Tanzes – Tanz des Herzens (160 S.)
Kontakt: www.HarryEilenstein.de / Harry.Eilenstein@web.de
Die Entwicklung der germanischen Religion
Lexikon der germanischen Religion
Der ursprüngliche Göttervater Tyr
Tyr in der Unterwelt: der Schmied Wieland
Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1
Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2
Tyr in der Unterwelt: der Zwergenkönig
Der Himmelswächter Heimdall
Der Sommergott Baldur
Der Meeresgott: Ägir, Hler und Njörd
Der Eibengott Ullr
Die Zwillingsgötter Alcis
Der neue Göttervater Odin Teil 1
Der neue Göttervater Odin Teil 2
Der Fruchtbarkeitsgott Freyr
Der Chaos-Gott Loki
Der Donnergott Thor
Der Priestergott Hönir
Die Göttersöhne
Die unbekannteren Götter
Die Göttermutter Frigg
Die Liebesgöttin: Freya und Menglöd
Die Erdgöttinnen
Die Korngöttin Sif
Die Apfel-Göttin Idun
Die Hügelgrab-Jenseitsgöttin Hel
Die Meeres-Jenseitsgöttin Ran
Die unbekannteren Jenseitsgöttinnen
Die unbekannteren Göttinnen
Die Nornen
Die Walküren
Die Zwerge
Der Urriese Ymir
Die Riesen
Die Riesinnen
Mythologische Wesen
Mythologische Priester und Priesterinnen
Sigurd/Siegfried
Helden und Göttersöhne
Die Symbolik der Vögel und Insekten
Die Symbolik der Schlangen, Drachen und Ungeheuer
Die Symbolik der Herdentiere
Die Symbolik der Raubtiere
Die Symbolik der Wassertiere und sonstigen Tiere
Die Symbolik der Pflanzen
Die Symbolik der Farben
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Die Symbolik von Sonne, Mond und Sternen
Das Jenseits
Seelenvogel, Utiseta und Einweihung
Wiederzeugung und Wiedergeburt
Elemente der Kosmologie
Der Weltenbaum
Die Symbolik der Himmelsrichtungen und der Jahreszeiten
Mythologische Motive
Der Tempel
Die Einrichtung des Tempels
Priesterin – Seherin – Zauberin – Hexe
Priester – Seher – Zauberer
Rituelle Kleidung und Schmuck
Skalden und Skaldinnen
62 Kriegerinnen und Ekstase-Krieger
Die Symbolik der Körperteile
Magie und Ritual
Gestaltwandlungen
Magische Waffen
Magische Werkzeuge und Gegenstände
Zaubersprüche
Göttermet
Zaubertränke
Träume, Omen und Orakel
Runen
Sozial-religiöse Rituale
Weisheiten und Sprichworte
Kenningar
Rätsel
Die vollständige Edda des Snorri Sturluson
Frühe Skaldenlieder
Mythologische Sagas
Hymnen an die germanischen Götter
Inhaltsverzeichnis
Thing
Rechtliche Fachbegriffe
Ortsnamen
Personennamen
Die Gründung eines Thingplatzes
Die vier Runensteine an der Brücke von Täby Tä
Altersbeschränkung beim Thing
Lachstal-Saga
Auf dem Weg zum Thing-Platz
Egil-Saga
Nials-Saga
Einberufung und Dauer des Thing
Nials-Saga
Die ältere Version der Huldar-Saga
Der Gesetzeshügel
Nials-Saga
Isländer-Buch
Saga über Hrafnkell Freyr-Gode
Der Gesetzessprecher
Saga über Grim Struppig-Wange
Landnahme-Buch
Auf dem Thing-Platz
Geschichte über Hühner-Thorir
Der Haselkreis
Egil-Saga
Die zwölf Richter
Nials-Saga
Egil-Saga
Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen
Gesta danorum
Saga über die Bewohner von Eyre
Der Zwölf-Männer-Eid
Egil-Saga
Egil-Saga
Saga über die Siedler von Eyre
Saga über Kampf-Glum
Berichte über Gerichtsverhandlungen auf dem Thing
Nials-Saga
Nials-Saga
Saga über Hovard von den Eisfjord-Leuten
Nials-Saga
Nials-Saga
Nials-Saga
Nials-Saga
Nials-Saga
Nials-Saga
Nials-Saga
Saga über Hrafnkell Freysgodi
Geschichte über Norna-Gest
Saga über Viglund den Blonden
Saga über Hovard von den Eisfjord-Leuten
Nials-Saga
Nials-Saga
Geschichte über Hühner-Thorir
Geschichte über Thordr den Kämpfer
Völsungen-Saga
Saga über die Siedler von Eyre
Landnahme-Buch
Gesta danorum
Saga über die Siedler von Eyre
Nials-Saga
Nials-Saga
Der Zweikampf als Entscheidung
Egil-Saga
Cormac-Saga
Egil-Saga
Die Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen
Nials-Saga
Geschichte über Gunnlaug Schlangenzunge
Tyr und Loki
Der Thing-Beschuß zur Annahme des Christentums
Saga über König Olaf den Ruhmreichen Tryggva-Sohn
Saga über König Olaf den Ruhmreichen Tryggva-Sohn
Saga über König Olaf den Ruhmreichen Tryggva-Sohn
Heimskringla
Nials-Saga
Isländer-Buch
Das Beenden eines Streites auf dem Thing
Nials-Saga
Tryggdamal
Gridamal
Asen auf dem Thing
Grimnir-Lied
Gylfis Vision
Der Seherin Ausspruch
Der Seherin Ausspruch
Gautrek-Saga
Gylfis Vision
Die ältere Version der Huldar-Saga
Zusammenfassung
Beleidigungs-Wettstreit
Der Wortschatz
Überlieferte Beleidigungs-Wettstreite
Beowulf-Epos
Lokasenna
Harbard-Lied
Das erste Lied über Helgi Hunding-Töter
Das Lied über Helgi Hiörward-Sohn
Grettir-Saga
Saga über Hovard von den Eisfjord-Leuten
Nials-Saga
Bakrauf
Provokation
Neuere Beleidgungs-Wettstreite
Die Eule und die Nachtigall
Die Versammlung der Vögel
Flyting am Hofe der englischen Könige
Shakespeare
Beleidigungs-Wettstreite bei anderen Völkern
Zusammenfassung
Zweikampf
Wortschatz
Die Zweikampf-Insel
Saga über Half und seine Recken
Geschichte über Gunnlaug Schlangenzunge
Ortsnamen
Personennamen
Die Haselstab-Umgrenzung
Egil-Saga
Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen
Bruchstücke über einige frühe Könige in Dänemark und Schweden
Gesta danorum
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Der Rosengarten
Cormac-Saga
Saga über Thorstein Wiking-Sohn
Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen
Faröer-Lied: Högni-Lied
Haselzweige beim Thing
Überlieferte Zweikämpfe
Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen
Nibelungenlied
Gesta danorum
Geschichte über Gunnlaug Schlangenzunge
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Saga über Pfeile-Odd
Saga über Thorstein Wiking-Sohn
Saga über Pfeile-Odd
Nials-Saga
Nials-Saga
Die jüngere Version der Huldar-Saga
Geschichte über Gunnlaug Schlangenzunge
Saga über Egil Skallagrimsson
Saga über Ketil Forelle
Saga über Grim Struppig-Wange
Cormac-Saga
Egil-Saga
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Geschichte über Gunnlaug Schlangenzunge
Der Zweikampf zwischen Tyr und Loki
Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen
Gesta danorum
Gesta danorum
Das Lied über Helgi Hiörward-Sohn
Saga über Thorstein Wiking-Sohn
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Saga über Hedin und Högni
Skaldskaparmal: Über den Kampf der Hjadninger
Gesta danorum
Gesta danorum
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Gylfis Vision
Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen
Saga über Thorstein Haus-Macht
Saga über Ketil Forelle
Saga über Pfeile-Odd
Heimdalls Zaubergesang
Das Stieropfer nach dem Zweikampf
Kormak-Saga
Egil-Saga
Zweikampf-Orakel
Hamburgische Kirchengeschichte
Der Mißbrauch von Zweikämpfen
Saga über Hovard von den Eisfjord-Leuten
Saga über Grettir den Starken
Egil-Saga
Zweikampf-Stellvertreter
Saga über Björn den Krieger der Leute vom Hitar-Tal
Egil-Saga
Saga über Thorstein Viking-Sohn
Berserker
Mehrfach-Zweikämpfe
Hrolf Kraki und seine Berserker
Gesta danorum
Zweikampf-Profis
Saga über Viglund den Blonden
Pferde-Zweikämpfe
Grettir-Saga
Tauziehen-Zweikampf
Gesta danorum
Der Zweikampf bei den Indogermanen
Zusammenfassung
Themenverzeichnis
I Thing
Das Thing ist eine Versammlung bei den Germanen gewesen, auf der alle rechtlichen Angelegenheiten der Gemeinschaft besprochen und entschieden wurden.
1. Rechtliche Fachbegriffe
Der Wortschatz zu dem Thing gibt einen recht guten Überblick über den Ablauf eines Things:
Thing-Zulassung
Nicht jeder war zum Thing zugelassen:
Ladung zum Thing
Die zum Thing zugelassenen Personen waren auch verpflichtet, auf dem Thing zu erscheinen:
Thing-Teilnehmer
Thing-Fahrt
Unterkunft auf dem Thing
Thing
Das Thing ist im Wesentlichen eine Beratung mit anschließenden Beschlüssen:
Heiligkeit des Things
Das Thing war heilig und auf ihm war Gewalt verboten.
Thing-Wächter
Auf den größeren Versammlungen gab es Wächter, die den Thing-Frieden aufrechterhalten sollten:
Thing-Regeln
Das Vorgehen auf dem Thing war durch Gesetze geregelt:
Ruf zum Thing
Die Versammelten wurden auf dem Thing-Platz durch ein Hornsignal zum Beginn des Things gerufen:
Gesetze vortragen
Auf dem Thing wurden alle bestehenden Gesetze vorgetragen, damit sie allen Anwesenden bekannt waren bzw. ihnen in Erinnerung gerufen wurden. Der „Gesetzeshügel, auf dem sie vorgetragen wurden, erinnert an die Anrufungen von Toten aus ihren Hügelgräbern und auch an den auf seinem Hügelgrab stehenden wiedergeborenen Tyr (siehe „Sigdrifa-Lied
in Band 31 oder „Sigdrifa" in Band 38). Dieser Hügel sollte die Versammlung und die auf ihm vorgetragenen Gesetze vermutlich unter den Schutz der Ahnen und Götter und insbesondere des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr stellen.
Personen mit juristischer Funktion
Richter, Gericht
Ernennung der Richter
Thing-Plattform
Eine solche Plattform wird auch in der Magie und beim Hellsehen benutzt, was vermuten läßt, daß diese Plattform die Richter auf ihnen in einen „heiligen Bereich", d.h. in Kontakt mit den Ahnen und Göttern bringen sollte – so wie der Gesetzeshügel, auf dem die Gesetze verkündet wurden.
Einberufung der Richter
Beschluß von Gesetzen
Anklage
Jede Verhandlung begann mit einer Anklage:
Ablehnung einer Anklage
Verteidigung
Der Gegenpol zur Anklage ist die auf sie folgende Verteidigung:
Zeugen
Ein wesentliches Element der Wahrheitsfindung waren die Zeugenaussagen:
Eid
Der Eid konnte eine Aussage bekräftigen:
Verhandlung
Strafprozeß
Bestechung
Man half auch schon damals bisweilen der erwünschten Urteilsfindung der Richter ein wenig nach:
Streit unter den Richtern
Urteil
Strafe
Anfechtung, Einspruch
Ein Urteil konnte auch angefochten werden – bis hin zur schlichten Mißachtung:
Streit auf dem Thing
Auf dem Thing trafen sich zerstrittene Parteien, was nicht selten zu heftigen Auseinandersetzungen und auch Gewalttätigkeiten auf dem Thing führte:
Belustigungen
Bei so vielen Verhandlungen über Streitigkeiten war ein wenig Abwechslung zwischendurch natürlich ganz angenehm …
Ende des Things
Das Thing ist die Versammlung einer Gemeinschaft, auf der beraten und Recht gesprochen wurde.
Um am Thing teilnehmen zu dürfen, mußte man dazu zugelassen sein. Wer der Ladung zum Thing nicht folgte, mußte eine Buße zahlen.
Man ritt zum Thing und blieb dann mehrere Tage dort. In dieser Zeit wohnte man in kleinen Hütten.
Das Thing war heilig, d.h. geweiht, und auf ihm war Gewalt verboten. Auf den größeren Versammlungen gab es Wächter, die den Thing-Frieden aufrechterhalten sollten. Das Vorgehen auf dem Thing war durch Gesetze geregelt. Das Thing wurde von einer damit beauftragten Person geleitet.
Die Versammelten wurden durch ein Hornsignal zu dem Beginn des Things gerufen.
Auf dem Thing wurden alle bestehenden Gesetze vorgetragen, damit sie allen Anwesenden bekannt waren bzw. ihnen in Erinnerung gerufen wurden. Der Hügel, auf dem dies geschah, erinnert an die Anrufungen von Toten aus ihren Hügelgräbern und auch an den auf seinem Hügelgrab stehenden wiedergeborenen Tyr. Dieser Hügel sollte die Versammlung und die auf ihm vorgetragenen Gesetze vermutlich unter den Schutz der Ahnen und Götter und bis 500 n.Chr. vor allem unter den Schutz des damaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr stellen. Vor dem Vortragen der Gesetze zogen die Goden in einer Prozession zu diesem Hügel.
Auf dem Thing wurden mehrere Richter bestimmt (meistens 12). Sie saßen auf Richterstühlen auf einer Plattform. Eine solche Plattform wurde auch in der Magie und beim Hellsehen benutzt, was vermuten läßt, daß diese Plattform die Richter auf ihnen in einen „heiligen Bereich", d.h. in Kontakt mit den Ahnen und Göttern bringen sollte – so wie der Gesetzeshügel (Tyrs Hügelgrab), auf dem die Gesetze verkündet wurden.
Auch bei den Asen gibt es solche Versammlungen von 12 Göttern – die daher entweder das Vorbild des Things oder eine Nachbildung des Things sein werden.
Auf dem Thing wurden auch neue Gesetze beschlossen bzw. alte Gesetze geändert. Den Hauptteil der Beratungen machten jedoch die Verhandlungen über Streitfälle aus.
Nachdem die Richter ihre Plätze eingenommen hatten, wurde die Anklage vorgetragen und dann von dem Gericht entweder angenommen oder abgelehnt. Darauf folgte dann die Verteidigung. Beide Streitparteien konnten während der Verhandlungen Zeugen aufrufen, die evtl. unter Eid aussagten. Manchmal half man auch mit der Bestechung der Richter nach.
Wenn die Richter sich einig geworden waren, wurde das Urteil verkündet und evtl. eine Strafe festgesetzt. Dieses Urteil konnte angefochten werden.
Im Verlauf des Things kam es immer wieder zu Streitigkeiten und auch zu Gewalttätigkeiten. Zur Auflockerung fanden manchmal auch Belustigungen statt.
Schließlich wurde das Thing beendet.
2. Ortsnamen
Die drei mit „thing" gebildeten Ortsnamen im Landnahmebuch geben keine weiteren Auskünfte über das Thing, außer daß ein Thing auch auf einer Insel oder einer Landzunge stattfinden konnte. Es ist zwar eine Verbindung mit der Jenseitsinsel und mit der Zweikampf-Insel denkbar, aber nur aus den beiden Ortsnamen heraus nicht nachweisbar.
Das Thing fand möglicherweise bevorzugt auf Inseln und Landzungen statt.
3. Personennamen
Mit „Thing wurden lediglich Männernamen gebildet. Diese Namen sind allesamt „Kriegernamen
, woraus man schließen kann, daß zum Thing im Wesentlichen nur Krieger zugelassen waren.
Zum Thing scheinen vorwiegend Krieger zugelassen worden zu sein.
4. Die Gründung eines Thingplatzes
4. a) Die vier Runensteine an der Brücke von Täby Tä
Diese Brücke ist in der Nähe des früheren Arkel-Thingplatzes gelegen, auf den sich die Inschriften teilweise beziehen.
Ulfkel und Arkil und Gue
haben diesen Thingplatz erschaffen.
Es wird kein Denkmal gefunden werden,
das größer ist als das,
das Ulfs Söhne
nach seinem Tod errichtet haben –
die klugen Söhne
für ihren Vater.
Sie errichteten die Steine
und schnitzten den Stab,
den mächtigen,
als Zeichen seiner Ehrung.
Und Gyrid
liebte ihren Mann,
sie gedenkt seiner
in ihrer Trauer.
Gunnar hat den Stein geritzt.
Der Brauch der Aufrichtung eines Pfahles wird auch in einigen anderen Inschriften wie der auf dem Vreta-Runenstein bestätigt.
Die Errichtung eines Thingplatzes wurde als eine ruhmreiche Tat angesehen.
Der gelegentlich erwähnte Thingplatz-Pfahl wird dem Weltenbaum und der Irminsul entsprechen und wie der Gesetzeshügel (Tyrs Hügelgrab) und die Empore der Richter, Seherinnen und Magier eine Verbindung zu den Göttern und insbesondere zu dem ehemaligen Göttervater Tyr sein.
5. Altersbeschränkung beim Thing
5. a) Die Lachstal-Saga
Olaf wuchs bei Thord auf und wurde ein großer und starker Mann. Er war so stattlich, daß seinesgleichen nicht zu finden war, und als er zwölf Jahre alt war, ritt er zum Thing.
Man konnte ab 12 Jahren, also ab der Volljährigkeit bei den Germanen, zum Thing zugelassen werden (siehe auch „12" in Band 47).
6. Auf dem Weg zum Thing-Platz
6. a) Die Egil-Saga
Am nächsten Tag ging Egil Skallagrimson zu dem Thing-Rand und mit ihm Thorstein und alle ihre Gefährten.
6. b) Die Nials-Saga
Als der Sommer nahte und die Zeit da war, wo man zum Allthing ritt, sagte Gunnar zu Halgjerde, daß er zum Thing reiten wolle.
7. Einberufung und Dauer des Thing
7. a) Die Nials-Saga
Eines Tages waren beide Brüder auf dem Allthing. Dieses wurde nämlich jährlich im Juni auf dem Thingfeld am Thingvallesee im südwestlichen Teil des Landes abgehalten und es versammelten sich dann dort von allen Seiten Häuptlinge und Bauern, um Gesetze anzunehmen und ihre Zwistigkeiten durch Urteilsspruch beilegen zu lassen.
… … …
Die Bauern, welche zum Thing kamen, hatten Hütten, in welchen sie während der vierzehntägigen Dauer des Things wohnten.
Das isländische Allthing fand im Juni statt und dauerte zwei Wochen.
7. b) Die ältere Version der Huldar-Saga
Da berief Huld alle Riesen und Unholde in den Nordlanden auf 12 Monate hinaus zu einer Versammlung nach den Hallmundarheidir in Jötunheim, und an diesem Alljahres-Thing wollte sie ihren Spruch tun.
Manchmal wurde ein Thing auch 12 Monate im voraus festgelegt – vermutlich vor allen die alljährlichen Versammlungen.
8. Der Gesetzeshügel
8. a) Die Nials-Saga
Die Erzählung nimmt den unterbrochenen Faden wieder auf und wendet sich Gunnar zu, als er auf dem Allthing war kurz nach seiner Heimkehr von der Wikingerfahrt. Eines Tages ging er von dem Gesetzeshügel hinab heimwärts.
… … …
Danach wurde das Zeichen zur allgemeinen Versammlung gegeben und jedermann ging zum Gesetzeshügel.
… … …
Thorhald Asgrimsohn konnte nicht mit auf den Gesetzeshügel hinaufgehen, da sein Fuß noch nicht geheilt war.
… … …
Am Tage nach dem Kampfe ging man zum Gesetzeshügel.
… … …
Das Thing nahm nun seinen Anfang. Beide Teile gingen beständig gerüstet einher und fanden sich stets bewaffnet bei dem Gesetzeshügel ein.
… … …
Da erhob sich ein großes Geschrei und gewaltiger Lärm auf dem Gesetzeshügel, und Mörd hatte wenig Ehre davon.
Der Gesetzeshügel ist der markanteste Ort auf dem Thingplatz.
Vermutlich ist er ursprünglich das Hügelgrab des ehemaligen Göttervaters Tyr gewesen, der auch als Opferplatz diente und daher auch „Arhaug, d.h. „Adlerhügel
genannt wurde (Adler = Seelenvogel des Tyr).
8 b) Isländer-Buch
Der Grund dafür war, daß er an dem Gesetzeshügel die folgenden Verse gesungen hatte: …
… … …
Am nächsten Tag gingen Gizurr und Hjalti zu dem Gesetzeshügel und trugen ihre Absicht vor.
… … …
Am nächsten Morgen stand er auf und rief die Leute zu dem Gesetzeshügel.
8 c) Die Saga über Hrafnkell Freyr-Gode
Nun warteten beide ab, bis die richterlichen Entscheidungen begannen. Da rief Samr seine Männer auf und ging zum Gesetzeshügel. Dort war der Sitz des Gerichtes. Samr ging kühn zu dem Hügel hin.
… … …
Vermutlich ist der in diesem Text beschriebene Hinrichtungshügel in symbolischer Hinsicht mit dem Gesetzeshügel identisch:
Da sprach Thorgeirr: „So bist Du nun, Hrafnkell, in die Lage gekommen, die Du verdient hast, und es wird Dir wohl unwahrscheinlich geschienen haben, daß Du solche Schmach von einem Manne erleiden würdest, wie sie Dir jetzt zuteil geworden ist. Aber was willst Du, Thorkell, jetzt tun? Hier bei Hrafnkell sitzen und ihn und die Seinigen bewachen, oder Dich mit Samr auf Pfeilschußweite vom Hofe entfernen und auf einem steinigen Hügel, wo weder Acker noch Wiese ist, das Exekutionsgericht vollziehen?"
9. Der Gesetzessprecher
9. a) Die Saga über Grim Struppig-Wange
Danach ging Ketil nach Island und nahm dort das Land zwischen Thjorsa und Markarfljot in Besitz und lebte in Hof. Sein Sohn war Hrafn, der erste Gesetzessprecher in Island.
Beim Thing wurden die Gesetze von dem Gesetzessprecher (vom Gesetzeshügel aus) vorgetragen.
9. b) Landnahme-Buch
Die Tochter von Odd war Asbjorg, die die Frau von Thorstein dem Goden war, dem Vater von Bjarni dem Weisen, dem Vater des Skeggi, dem Vater von Markus Gesetzes-Sprecher.
Der Gesetzessprecher war ein angesehenes Amt.
10. Auf dem Thing-Platz
10. a) Die Geschichte über Hühner-Thorir
Da sagten sich friedliebende Männer, wenn jetzt die ganze Landsgemeinde aneinander geriete, so würden daraus Übelstände erwachsen, deren Ende nicht abzusehen wäre. Sie legten sich ins Mittel und die Streitenden wurden getrennt – Odd mußte nachgeben, denn man fand, daß zum einen in dem ganzen Streit auf seiner Seite das schwächere Recht sei, und daß er zum anderen mit seinen Streitkräften den Kürzeren ziehen würde.
Es wurde angeordnet, daß Odd außerhalb des geheiligten Thingbezirkes seine Zelte aufschlagen solle, daß er aber zu den Gerichtssitzungen kommen und seinen Geschäften nachgehen dürfe; nur sollten er und seine Leute sich gesittet verhalten und keine Widerspenstigkeit an den Tag legen.
Auf dem Thing mußte die Streitparteien bisweilen von den übrigen Thing-Teilnehmern getrennt werden.
Bei einem Rechtsstreit spielte es manchmal auch eine Rolle, wer die größere Streitmacht auf seiner Seite hatte.
Der Thingbezirk selber ist geheiligt.
11. Der Haselkreis
11. a) Egil-Saga
Man kann sich fragen, warum man gerade Haselzweige zum Markieren von Bereichen benutzte. Haselzweige waren zunächst einmal recht praktisch: Sie wuchsen fast überall, sie hatten eine praktische Größe, sie ließen sich leicht schneiden und sie wuchsen in einer Höhe am Baum, in der sie leicht erreichbar waren – im Gegensatz z.B. zu Eschen- oder Pappel-Ästen. Die Weltenbaum-Kenning „Haselstrauch der Erde" läßt jedoch vermuten, daß der Hasel auch eine mythologische Bedeutung gehabt hat.
Man benutzte Haselzweige nicht nur zum Markieren eines Zweikampfplatzes („Holmgang) oder eines Schlachtfeldes, sondern auch zum Markieren bestimmter Bereiche beim Thing. Diese Parallele zeigt, daß der Thingplatz, die hölzerne Plattform der Richter, Seherinnen und Magier, der Gesetzes-Hügel und der Zweikampfplatz allesamt auf die Jenseitsinsel, d.h. auf den „Ort der Ahnen und Götter
zurückgehen und daß diese „heiligen Orte daher mit den Göttern verbunden war. Diese „heiligen Plätze
entsprachen somit in symbolischer Hinsicht einem Tempel.
Interessanterweise kann sich Idun in eine Haselnuß verwandeln. Da sie die Göttin ist, die den Göttern die Äpfel der Unsterblichkeit gibt, wird ihr Apfelbaum der Weltenbaum sein. Es ist anzunehmen, daß auch der Hasel eine Variante des Weltenbaumes gewesen ist. Der mit Haselzweigen markierte Platz wäre dann ein „Ort der Idun am Fuße des Weltenbaumes und somit wiederum ein „Heiliger Ort
, weil er über den Weltenbaum mit den Göttern verbunden ist.
Die Haselzweige sind somit wie der Thingplatz-Pfahl und wie die Irminsul eine Variante des Weltenbaumes.
Als nun das Treffen begann, an dem die Streitigkeiten zwischen den Männern verhandelt und entschieden werden sollten, gingen beide Parteien zu dem Platz, an dem die Verhandlung stattfinden sollte, um dort ihre Beweise vorzubringen. Dort redete Onund mit vielen großen Worten.
Dort, wo die Versammlung saß, war ein ebener Platz, der von einem Ring aus Haselstäben umgeben war und außerhalb von ihnen waren gezwirnte Seile ringsherum. Dies wurde „der Bezirk" genannt.
Innerhalb des Ringes saßen zwölf Richter der Firth-Leute, zwölf der Sogn-Leute und zwölf der Horda-Leute. Diese drei Dutzend entschieden gemeinsam über alle Streitfälle.
12. Die zwölf Richter
12. a) Die Nialssaga
Auf dem Thing wurde das Urteil von 12 Männern gemeinsam gefunden und gesprochen:
Nial aber rief zwölf Männer auf, um das Urteil zu sprechen.
… … …
Es wurden zwölf Schiedsmänner, sechs von Flose und sechs von Nial gewählt, und darauf reichten sich Nial, Flose und alle Sigfussöhne die Hand, und Nial gelobte für seine Söhne Unterordnung unter die Entscheidung, welche die Schiedsmänner treffen würden.
… … …
So kam der Vergleich zustande, und man gelobte sich durch Handschlag, man wolle zwölf Männer das Urteil fällen lassen und der Gode Snorre solle den Vorsitz führen.
… … …
Im nächsten Jahre herrschte deshalb großes Mißvergnügen auf dem Allthing und viele äußerten, es nütze wenig, die Sachen dort vorzubringen, sie wollten lieber mit Schwert und Speer ihr Recht heischen.
Da trat Nial auf und sagte: „So darf es nicht sein, und es frommt nicht, Gesetz im Lande zu vermissen." Es sei jetzt erwiesen, meinte er, daß die alte Einrichtung der vier Viertelsgerichte auf dem Allthing nicht hinreiche, um dem Rechte seinen Lauf zu lassen. Er schlug darum vor, ein Fünftesgericht zu errichten; demselben sollen alle besonders wichtige Sachen unterworfen sein, und das Urteil solle dort unter schwereren Eiden und strengeren Formeln gefällt werden.
Dieser Vorschlag fand den Beifall des Gesetznenners Skapte Thorodsohn und wurde angenommen von dem Gesetzgericht.
Hiernach bedurfte man aber für das Fünftegericht viermal zwölf Richter, und da nun jeder Gode bisher einen Richter bestellte und bisher im ganzen nur dreimal zwölf Richter vorhanden gewesen waren, so war es also nötig, zwölf neue Goden einzusetzen. Nial schlug daher vor, daß dies geschehen möge, und es solle jedem Mann freistehen, sich von seinem Gerichtskreis, zu dem er bisher gehört habe, loszusagen und sich unter denjenigen der neuen Goden zu stellen, der ihm am meisten zusagte. Als dieser Vorschlag ebenfalls angenommen wurde, bat Nial um die Erlaubnis, für Höskuld Thraensohn auf Hvidenes im Südlande eine Godenstelle errichten zu dürfen.
12. b) Egil-Saga
Innerhalb des Ringes saßen zwölf Richter der Firth-Leute, zwölf der Sogn-Leute und zwölf der Horda-Leute. Diese drei Dutzend entschieden gemeinsam über alle Streitfälle.
12. c) Die Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen
König Heidrek schwor dies: … … … daß, jeder, gleich welch große Untat er begangen haben mochte, eine gerechte Gerichtsverhandlung von seinen zwölf Richtern erhalten sollte.
12. d) Gesta danorum
Hier stehen anstelle der „12 Richter des Things die „12 Ältesten
:
Ragnar bestimmte, daß jeder Rechtstreit von zwölf gewählten Ältesten entscheiden werden sollte.
12. e) Die Saga über die Bewohner von Eyre
Eine Gruppe von zwölf Männern sollte das Urteil beschließen.
… … …
Helgi, der Priester von Tempel-Garth sollte den Beschluß der zwölf Männer verkünden.
In der Regel wird das Urteil gemeinsam von der zwölf Männern gefällt und von einem von ihnem, der zu ihrem Sprecher bestimmt worden war, verkündet.
13. Der Zwölf-Männer-Eid
13. a) Egil-Saga
Da brachte Arinbjorn 12 Zeugen – und alle waren gut ausgewählt.
13. b) Egil-Saga
Egil begründete seinen Anspruch auf das Geld, aber Atli bot gegen ihn zu seiner Verteidigung den Eid von 12 Männern auf, daß er, Atli, kein Geld in Verwahrung hatte, daß Egil gehörte.
13. c) Die Saga über die Siedler von Eyre
Das Folgende geschah zur Zeit der Tage der Einberufung zum Thing.
Thorbjörn ritt