Die Farm der Hühner: Fabelhaftes aus Hessen
By Luise Link
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Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch
Landratskandidatin der SPD für den Wetteraukreis
Wo man von den Hügeln auf langgestreckte Felder mit Rosen und Raps blickt, irgendwo in Hessen, steht ein fahrbarer Hühnerstall, ein Hühnermobil. Dorthin verschlägt es Erna. Das Schoßhühnchen wird von der kleinen Betty bei Frau Bellersheim, der Eigentümerin des Mobils, abgegeben. Den Leithahn Hugo Smaartcock, den alten Brahma Herrn Karl, der Hessisch spricht - und viele mehr lernt Erna nach und nach kennen. Was zunächst wie ein Freiluftparadies mit Freunden ausgesehen hat, entpuppt sich im Laufe der Zeit allerdings als Aufenthaltsort mit einigen Tücken. Die Ankunft des schönen stolzen Che überstrahlt zunächst alle Widrigkeiten. Erna ist zum ersten Mal verliebt. Aber es gibt ein Geheimnis auf der Hühnerwiese, und das will und muss Erna aufdecken. Eines Abends sieht sie Hugo und Che zu Herrn Karls Rosenhaus schleichen. Warum schlafen die Hähne nicht im Hühnerstall? Was haben sie zu beraten? Erna postiert sich in der Nähe, lauscht. Von etwas Schrecklichem, das im Herbst passieren wird und von der Farm der Hühner, hört sie Hugo sprechen ...
" Mir gefällt vor allem Karl der Große, der hessisch babbelnde gutmütige Hahn, der nichts als seinen Frieden will und sich doch am Ende für die anderen opfert."
Erster Kreisbeigeordneter Jan Weckler
Landratskandidat der CDU für den Wetteraukreis
Luise Link
Luise Link lebt in Rockenberg/ Hessen. Bisher sind von ihr acht Bücher erschienen, zwei satirische Ratgeber, ein Kurzroman, drei Erzählbände und deren überarbeitete Gesamtausgabe sowie ein Sachbuch übers Schreiben. Luise Link war Lehrerin für Englisch und Politische Bildung. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter und Enkeltochter.
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Book preview
Die Farm der Hühner - Luise Link
Ich wollt‘, ich wär‘
kein Huhn
Dann bräucht‘ ich‘s nicht
zu tun.
Ich legte niemals nicht
ein Ei
Und sonntags auch
nicht zwei.
Vorwärts,
Federgenossen!
Es lebe die Farm der Hühner!
Hühner aller Länder,
vereinigt euch!
Inhalt
Hugo und Erna
Was du gezähmt hast, dafür bist du verantwortlich
Hühnerordnung
Beschäftigungsverhältnis
Ach, du dickes Ei
Das erste Mal
Ein guter Hahn ist manchmal fett
Wenn der Tag sich bläht
Hackt’s?
Hinterm Busch
Ein Tag zum Eierlegen
Die Letzten werden die Ersten sein
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral
Anständig?
Nur der frühe Vogel fängt den Wurm
Mahlzeit!
Haltet die Diebe!
Den Kopf unterstecken
Störfaktor
Herma
Der erste Sommer
Termin
Voller Drang
Vom Garten Eden
Ob der weiße Flieder wieder blüht?
Gute Zeiten
Auf dem Lande
Umzug
Erfahren
Schöne neue Welt
Hühnerwetter
Federn gelassen
Wo eine Tür sich schließt, öffnet sich eine andere
Ein Tag für Helden
Heh, Che!
Gemeinsam stark
Hähne sind Schweine!
Konspirativ
Versammlung
Ernas Traum
Der Morgen danach
Konvent, Kader, Komitees
Nachtgedanken
Klappe!
Höchste Zeit!
Die erste gemeinsame Nacht
Der Versuch
Donnerwetter
Anders rum
Was dem eenen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall
Endstation
Gute Reise
Hugo und Erna
Hugo Smaartcock wackelte mit dem Kopf. Was hatte die Große Mutter ihm denn da ins Nest gelegt? Er blickte streng auf Erna Frech. Die hatte ihren Namen bestimmt nicht zufällig! Erna schaute ihn aus vorwitzigen Augen an, senkte weder Kopf noch Blick. Das verhieß nichts Gutes für die zukünftige Gemeinschaft. Jetzt hatte sie auf dem Boden etwas Interessantes, scheinbar Fressbares, entdeckt. Sie begann zu picken, rund um sich herum erkundete sie mit ihrem Schnabel das neue Gelände und wendete ihm mal die Seite, mal den Rücken zu. Ein offensichtliches Fehlverhalten! Diese neue Stallgenossin hatte keine Ahnung, wie man sich beim Appell dem Hahn gegenüber zu verhalten hatte.
„Du dummes Huhn, pfiff Hugo Erna an, „dreh dich gefälligst um, wenn du mit deinem Hahn sprichst.
Erna bewegte sich nach der Zurechtweisung betont langsam in Hugos Richtung, schaute ihn an, allerdings wieder ohne die notwendige Ehrerbietung in Haltung und Auge.
Da musste man etwas deutlicher werden. Hugo pickte Erna drei Mal in ihren Kamm, dann nahm er hinter ihr Aufstellung und signalisierte durch lautes „Goo-goo-gaak, goo-goo-gaak", dass er aufsteigen wolle. Erna blieb aber nicht stehen, sondern rannte ein Stück weit von Hugo weg.
„Bist du verrückt, du dämlicher Hühnervogel?, rief sie. „Ich kenne dich doch überhaupt noch nicht, lass mich gefälligst in Ruhe! Und außerdem habe ich noch nie ein Ei gelegt.
Hugo blickte links, rechts, nach oben, nach unten, wieder wackelte sein Kopf.
„Was hat denn dein Eierlegen mit meinen Wünschen zu tun, gnädiges Fräulein?", fragte er.
„Du liebes Huhn, du raffst aber auch gar nichts. Spielst dich hier als Hahn auf und weißt nicht mal, dass ein Huhn, das noch keine Eier gelegt hat, nicht geschlechtsreif ist. Ich formuliere es mal so: Du würdest dich an einer Minderjährigen vergreifen, kapiert?"
Hugo war einen Augenblick wie auf den Kamm geschlagen, fasste sich aber schnell wieder.
„Um eins richtig zu stellen, Erna, ich spiele mich nicht als Hahn auf, ich bin einer. Und in Kürze werde ich dir das beweisen."
„Wenn du damit meinst, dass du ein Hahn bist, weil du Hühner besteigen kannst, ok, das ist eine weit verbreitete Sichtweise, wenn auch eine etwas altmodische. Hähne müssen nämlich vor allem intelligent sein, weil sie in Hühnergemeinschaften bestimmte Aufgaben haben. Und, ehrlich gesagt, da du schon bei der Hühnerbiologie versagt hast, habe ich so meine Zweifel."
Was sollte Hugo antworten? Zum ersten Mal, seit er von Franziska und der Großen Mutter gerettet worden war, kam wieder dieses komische Gefühl auf, für das er noch keinen endgültigen Namen hatte. Hoffentlich hatten die anderen Hühner nichts mitbekommen, das würde seine Autorität untergraben. Er drehte sich von Erna weg zum Gehen.
„Hey, Hugo, Erna war plötzlich wieder neben ihm, „nimm’s nicht so tragisch. Morgen oder übermorgen lege ich bestimmt mein erstes Ei, ich spüre das, wenn du weißt, was ich meine.
Hugo war sofort besänftigt. Ab morgen oder übermorgen also. Wär ja auch noch schöner wie schön! Bisher war ihm noch jedes Huhn zu Willen gewesen! Er hatte nie fragen müssen, im Gegenteil. Hier, in seinem Hühnermobil, existierten Listen, die er jeden Tag abarbeiten musste. Andererseits – dass er warten musste, gefiel ihm sogar ein bisschen. Das leichte süße Leben war ihm schon öfters langweilig erschienen. Die Aussicht, Erna am Ende herumkriegen zu können, spornte ihn an. Er richtete sich zu voller Größe auf. Sein Kamm schwoll, er schlug ein, zwei Mal mit den Flügeln.
„Machen wir jetzt die ,Tour de maison´, Hugo?", fragte Erna, sichtlich unbeeindruckt.
Hugos Kamm fiel schlapp zur Seite. Was meinte sie? Er verstand Erna schon wieder nicht.
„Hab dich erwischt, du sprichst kein Französisch, stimmt’s? Also, dann nochmal, zeigst du mir jetzt die Farm? Ich bin doch heute den ersten Tag hier in meinem neuen Heim, du würdest mir eine Freude machen."
Geht doch, dachte Hugo, so ganz allmählich wird sie netter. Ein bisschen schmeicheln seinerseits wäre sicher nicht verkehrt.
„Also, Erna, ich sehe, du bist ein besonderes Huhn. Natürlich führe ich dich erst einmal herum."
Erna gesellte sich an seine Seite. Sie roch gut nach frischem Sand.
„Zunächst einmal, Hugo plusterte sich auf, „dein neues Heim ist keine Farm. Unsere Betriebsgröße ist für eine Farm zu gering, die Große Mutter bezeichnet das, was du hier vor dir siehst, als Hühnermobil.
Erna blickte neugierig auf die Hühner, die sich jetzt um Hugo herum zu versammeln begannen.
„Wie viele Hühner hast du denn unter dir, Hugo?", fragte sie keck.
Hugo überhörte die kleine Spitze.
„Die Große Mutter sagt, ich beaufsichtige momentan zweihundertvierzig Hühner", antwortete er stolz. Schnell, damit Erna nicht wieder lästige Fragen stellen konnte, fuhr er fort:
„Unser Hühnermobil heißt so, weil es nach einer gewissen Zeit zu einem neuen Gelände gezogen wird, wo es dann für uns Hühner wieder schöner ist. Es ist halbautomatisch, auf dem allerneuesten Stand der Technik. Die Klappe öffnet sich morgens ziemlich früh, dann können wir auf dem Gelände picken, uns im Sand baden, nach Fressen suchen und ansonsten unserem anderen Spaß nachgehen, wenn du weißt, was ich meine. Wenn es dunkel wird, je nach Jahreszeit, schließt sich die Klappe. Du musst also bei einbrechender Dunkelheit an deinem neuen Heim sein, sonst hast du Pech gehabt."
„Wieso Pech gehabt, dann kann ich doch die ganze Nacht die schöne Freiheit genießen", warf Erna ein.
„Du täuscht dich mal wieder über die Gegebenheiten, mein Kind. Auch wenn wir durch einen elektrischen Zaun geschützt sind, kann uns von oben der Habicht holen oder der Fuchs gräbt sich ein Loch unterm Zaun. Da kann ein Hühnchen ganz schnell gefressen werden."
„Meinst du nicht, deine Große Mutter hat den Zaun aus anderen Gründen gebaut?"
Hugo blickte Erna nach dieser Frage wieder so streng wie möglich an. Sie sollte endlich damit aufhören, er würde einfach nicht antworten!
„Wenn ich morgen mein erstes Ei legen will, lenkte Erna nach einer Weile Schweigen ein, „habe ich denn da ein Nest?
„Natürlich, du Dummerle", Hugo beeilte sich bei der Antwort, „es ist sogar mit Dinkelspelz ausgelegt, da kannst