Ein Dieb in der Nacht: Neue Abenteuer aus der Einbrecherlaufbahn des A. J. Raffles
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About this ebook
1900 schuf Ernest William Hornung (übrigens ein Schwager des Sherlock-Holmes-Autors Arthur Conan Doyle) einen der interessantesten Köpfe der englischen Kriminalliteratur und gleichzeitig einen frühen Antihelden.
A. J. Raffles hat in Oxford studiert, hat exzellente Manieren, ist ein Mann von Welt und lebt das Leben eines reichen Dandys. Er ist der Partylöwe unter den Schönen und Reichen und nutzt deren Festivitäten, um seine Beute auszukundschaften.
Erleben Sie seine spannenden und äußerst unterhaltsamen Abenteuer erstmalig als E-Book.
Null Papier Verlag
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Ein Dieb in der Nacht - Ernest William Hornung
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Erstes Kapitel. Aus dem Paradies verstoßen.
Wenn ich noch weitere Geschichten von Raffles erzählen soll, kann ich nichts Besseres tun, als auf die ersten Tage unsres Zusammentreffens zurückgreifen und die aus Zartgefühl leergelassenen Blätter der vorhandenen Annalen füllen. Indem ich dies tue, fülle ich aber trotz allem nur einen kleinen Teil jener großen Leere aus, über die ich jetzt sozusagen meine Leinwand für das erste lebenswahre Porträt meines Freundes gespannt habe. Eine vollkommen getreue Darstellung kann ihm jetzt ja nicht mehr schaden. Jede Warze will ich hineinzeichnen. Raffles war, wenn man alles in Betracht zieht, ein Schurke; es könnte seinem Andenken nur schaden, wollte man diese Tatsache beschönigen. Trotzdem habe ich selbst dies bis auf den heutigen Tag getan. Viele hässliche Episoden habe ich übergangen und mich dafür ungebührlich bei der die Scharten auswetzenden Seite aufgehalten. Und wer weiß, ob ich das nicht wieder tue, geblendet, selbst während des Schreibens, von dem Zauber seines Wesens, das mir meinen Schurken lieber machte als jeden anderen Helden. Trotzdem aber will ich jetzt jede Zurückhaltung aufgeben und als Beweis dafür nicht länger ein Geheimnis aus dem größten Unrecht machen, das Raffles selbst mir je angetan hat.
Mit peinlicher Vorsicht wähle ich meine Worte, denn ich möchte meinem Freunde noch immer treu bleiben und muss doch an jene Iden des März zurückdenken, wo er mich mit verbundenen Augen in Versuchung und Verbrechen führte. Dies war allerdings eine hässliche Tat und doch moralisch nur eine Bagatelle im Vergleich zu dem heimtückischen Streich, den er mir persönlich einige Wochen später spielte. Das zweite Vergehen erwies sich zwar, wenigstens der Gesellschaft gegenüber, als das weniger schwerwiegende und hätte schon vor Jahren veröffentlicht werden können. Persönliche Gründe hatten mir indes Schweigen auferlegt. Die Angelegenheit ging nämlich nicht nur mich ganz speziell an und warf ein allzuschimpfliches Licht auf Raffles, sondern eine dritte Person war darein verflochten, die mir noch näher am Herzen lag als Raffles selbst, und deren Name durch die Verbindung mit dem unsrigen auch jetzt nicht besudelt werden soll.
Es genüge, dass ich schon vor jener tollen Märztat mit der Betreffenden verlobt gewesen war. Ihre Angehörigen nannten es allerdings nur ein »freundschaftliches Verhältnis« und sahen selbst das mit scheelen Blicken an, wozu sie übrigens auch alles recht hatten. Allein wir standen nicht direkt unter deren Autorität, sondern beugten uns ihr nur aus einer gewissen politischen Rücksicht. Zwischen uns beiden aber war alles im reinen – meine Unwürdigkeit abgerechnet. Dies kann indes nur richtig ermessen werden, wenn ich gestehe, wie weit die Sache schon gediehen war, als ich an jenem Abend einen wertlosen Scheck für meine Verluste beim Bakkarat ausgestellt und mich in meiner Not dann an Raffles gewandt hatte. Sogar nachher sah ich »sie« zwar noch manchmal, doch ließ ich durchblicken, dass mehr auf meiner Seele laste, als sie je mit mir teilen dürfe, und schließlich schickte ich ihr eben doch den Abschiedsbrief. Wie lebhaft steht jene Woche vor mir! Es war gegen Ende eines solch herrlichen Mai, wie wir ihn seither nicht mehr erlebt haben, und ich fühlte mich so unglücklich, dass ich nicht einmal die aufregenden Kricketberichte in den Zeitungen verfolgen mochte. Raffles war nämlich der einzige, der damals auf den »Lordsgrounds«, dem Hauptkricketplatz von London, einen »batsman« schlug, und doch ging ich niemals hin. Gegen den Yorkshireklub gewann er außerdem hundert »Runs«, und dies veranlasste Raffles, auf seinem Heimweg zum Albanyklub bei mir vorzusprechen.
»Wir müssen miteinander dinieren und das seltene Ereignis feiern«, sagte er. »Hundert solche Schläge können in unsrer Zeit einen wohl etwas auf den Hund bringen, und auch du, Bunny, siehst ganz so aus, als brauchtest du deinen Teil an einer anständigen Flasche. Wie wär’s, wenn wir sie uns im Café Royal Punkt acht Uhr zu Gemüt führten? Ich werde dann schon etwas früher dort sein, um Tisch und Wein zu bestellen.«
Im Café Royal erzählte ich ihm denn auch unverzüglich von der Herzensnot, in der ich mich befand. Es war das erste Mal, dass er überhaupt etwas von meinem Liebeshandel erfuhr, und ich gestand ihm alles, wenn auch erst, nachdem unsrer Flasche noch eine zweite von derselben vortrefflichen Marke gefolgt war. Raffles hörte mir mit ernster Aufmerksamkeit zu, und seine Teilnahme war umso wohltuender durch die taktvolle Kürze, womit er sie mehr andeutete als ausdrückte. Er wünschte nur, ich hätte ihn gleich von Anfang an in diese Verwicklung eingeweiht. Da ich es nicht getan, stimmte er mit mir überein, dass der einzige Ausweg ein offener und vollständiger Verzicht sei. Meine Angebetete hatte übrigens ja auch keinen Pfennig, und ich konnte auf ehrlichem Wege keinen verdienen. Ich hatte Raffles auseinandergesetzt, dass sie eine Waise sei, die den größten Teil des Jahres bei einer aristokratischen Tante auf dem Lande und den übrigen unter dem »despotischen« Dache eines aufgeblasenen Politikers in Palace Gardens verbringe. Die Tante empfand, wie ich glaube, noch immer eine heimliche kleine Schwäche für mich, wogegen ihr berühmter Bruder sich mir von Anfang an feindlich entgegengestellt hatte.
»Hektor Carruthers«, murmelte Raffles, den verhassten Namen wiederholend, während sich seine klaren, kalten Augen auf die meinigen hefteten. »Du hast wohl nicht viel von ihm zu sehen bekommen?«
»Nichts, seit einer Ewigkeit«, antwortete ich. »Ich war zwar vergangenes Jahr ein paarmal im Hause, seither aber bin ich weder zum Wiederkommen aufgefordert, noch angenommen worden, wenn ich dort Besuch machen wollte. Das alte Scheusal scheint ein Menschenkenner zu sein!«
Und bitter lachte ich in mein Glas hinein.
»Hübsches Haus, was?« sagte Raffles, sich in seiner silbernen Zigarettendose betrachtend.
»Tip top«, antwortete ich. »Du kennst doch die Häuser in Palace Gardens?«
»Nicht so gut, als ich gerne möchte, Bunny.«
»Nun, seines ist das schönste von allen – im Innern ein wahres Museum. Der alte Grobian ist ein Krösus mit einem wahrhaft fürstlich eingerichteten Haus.«
»Wie steht es mit den Fensterriegeln?« fragte Raffles so nebenher.
Ich aber prallte von der offenen Zigarettendose, die er mir während des Sprechens hinhielt, zurück. Unsre Augen begegneten sich, und in den seinigen lag jenes glitzernde Gefunkel von Mutwillen und Bosheit, jener sonnige Strahl verwegener Teufelei, der zwei Monate zuvor mein Verderben gewesen, und der mich bis zum Ende vom Liede stets in neues Verderben stürzte, so oft es ihm beliebte. Einmal aber widerstand ich doch diesem Zauber, einmal wies ich diesen strahlenden Blick mit eiserner Miene zurück. Er brauchte seine Pläne nicht laut werden zu lassen; ich las sie alle in den energischen Linien seines lebhaften, lächelnden Gesichts. Und meinen Stuhl im Eifer meines eigenen Entschlusses zurückstoßend, rief ich: »Nicht mit meinem Vorwissen! Ein Haus, wo ich Gastfreundschaft genossen – ein Haus, wo ich ›ihr‹ begegnet bin, ein Haus, wo ›sie‹ monatelang gewohnt hat! Sprich es nicht aus, Raffles, sonst stehe ich auf und laufe davon.«
»Das würde ich vor dem Kaffee und dem Likör doch lieber nicht tun«, sagte Raffles lachend. »Rauche erst eine kleine Sullivan; sie ist der beste Übergang zur Zigarre. Und nun gestatte mir die Bemerkung, dass deine Bedenken dir alle Ehre machen würden, wenn der alte Carruthers noch in dem fraglichen Hause wohnte.«
»Willst du damit sagen, dass er nicht mehr dort wohnt?«
Raffles zündete ein Streichholz an und reichte es mir zuerst. »Ich will damit sagen, mein lieber Bunny, dass man in Palace Gardens diesen Namen längst nicht mehr kennt. Du sagtest mir zu Anfang, dass du seit einem Jahre nichts mehr von diesen Leuten gehört habest. Das genügt, unser kleines Missverständnis zu erklären. Ich dachte an das Haus, und du an die Leute darin.«
»Aber wer sind denn diese Leute, Raffles? Wer hat denn das Haus jetzt gemietet, wenn der alte Carruthers wirklich ausgezogen ist, und woher weißt du denn, dass es noch immer eines Besuches wert ist?«
»Um deine erste Frage zu beantworten: Lord Lochmaben«, erwiderte Raffles, indem er Rauchringe gegen die Decke blies. »Du machst ein Gesicht, als habest du nie von ihm gehört. Da jedoch Kricket- und Rennberichte der einzige Teil deiner Zeitung ist, den du zu lesen geruhst, so kannst du nicht erwarten, mit allen neugeschaffenen Pairs auf dem laufenden zu sein. Deine andre Frage aber ist einer Antwort gar nicht wert. Wie glaubst du denn, dass ich diese Dinge erfahre? Es gehört ja doch zu meinem Beruf, sie zu wissen, und damit ist alles gesagt. Lady Lochmaben besitzt tatsächlich ebenso kostbare Diamanten wie Mrs. Carruthers, und aller Wahrscheinlichkeit nach bewahrt sie sie auch am selben Orte auf, wo Mrs. Carruthers die ihrigen aufbewahrt hat. Vielleicht kannst du mich über dieses Versteck aufklären.«
Das konnte ich denn auch zufällig, da ich von seiner Nichte wusste, dass gerade solche Dinge Mr. Carruthers’ Steckenpferd gewesen waren. Er hatte die Kniffe der Einbrecher förmlich studiert, um sie mit seinen eigenen zu überlisten. So erinnerte ich mich zum Beispiel ganz genau, dass die Fenster des Erdgeschosses sorgsam verriegelt und mit Läden verschlossen waren, und dass er an den Türen sämtlicher, auf die viereckige innere Halle mündender Zimmer extra Yaleschlösser hatte anbringen lassen, und zwar in so ungewöhnlicher Höhe, dass niemand sie vom Zimmer aus bemerkte. Des Haushofmeisters Aufgabe war es, alle diese Türen abzuschließen und die Schlüssel aufzubewahren, ehe er zu Bett ging. Den Schlüssel zum Kassenschrank aber pflegte der Hausherr selbst in ängstliche Obhut zu nehmen. Dieser Kassenschrank war seinerseits so sinnreich verborgen, dass ich ihn niemals von selbst gefunden hätte. Deutlich erinnere ich mich, wie diejenige, die ihn mir in der Unschuld ihres Herzens zeigte, mir unter Lachen versicherte, dass selbst ihre eigenen kleinen Schmucksachen jeden Abend feierlich darein verschlossen würden. Hinter der einen Seite des Bücherschranks war er in die Wand eingelassen, einzig und allein, um Mrs. Carruthers’ barbarisch-üppigen Schmuck zu bergen. Ohne Zweifel benützten diese Lochmabens ihn zum selben Zwecke, und unter den veränderten Umständen zögerte ich nicht, Raffles die gewünschte Auskunft zu geben. Ich entwarf sogar auf die Rückseite meiner Menükarte einen flüchtigen Grundriss des Erdgeschosses.
»Es war eigentlich recht schlau von dir, dass du die Art der Schlösser an den innern Türen beachtet hast«, bemerkte er, den Grundriss in die Tasche steckend. »Ob auch an der Haustüre ein Yaleschloss ist, erinnerst du dich wohl nicht?«
»Doch; es ist keines da«, konnte ich sofort antworten. »Ich weiß es zufällig, weil ich einmal den Schlüssel hatte, als – als wir miteinander ins Theater gingen.«
»Ich danke dir, lieber Freund«, sagte Raffles mitfühlend. »Das ist alles, was ich von dir wollte, Bunny, mein Junge. Eine günstigere Nacht als die heutige kann es nicht geben.«
Dies war einer seiner Aussprüche, wenn er das Schlimmste vorhatte.
Erschrocken sah ich ihn an. Unsre Zigarren waren gerade angezündet, und doch verlangte er schon seine Rechnung. Einwände zu erheben aber war unmöglich, ehe wir uns draußen auf der Straße befanden.
»Ich komme mit dir«, sagte ich, meinen Arm unter den seinigen schiebend.
»Was fällt dir ein, Bunny!«
»Warum denn nicht? Ich kenne jeden Zoll des Terrains, und da das Haus in andre Hände übergegangen ist, habe ich keine Skrupel mehr. Überdies bin ich schon einmal, wenn auch in andrem Sinne, dort eingebrochen. Wer einmal stiehlt – du weißt schon – wer A sagt, muss auch B sagen.«
Dies war von jeher meine Art gewesen, wenn mein Blut in Wallung geriet; mein Freund aber wusste diese Eigentümlichkeit wie gewöhnlich nicht zu schätzen. Schweigend kreuzten wir die Regent Street. Ich musste ihn am Ärmel packen, um meine Hand auf seinem ungastlichen Arme festzuhalten.
»Du tätest wirklich besser daran, wegzubleiben«, sagte Raffles, als wir das gegenüberliegende Trottoir erreichten. »Ich kann dich diesmal wirklich nicht brauchen.«
»Und doch glaubte ich, dir bis jetzt recht nützlich gewesen zu sein.«
»Wohl möglich, Bunny, aber ich gestehe dir ganz offen, dass ich dich heute Nacht lieber nicht bei mir haben möchte.«
»Und doch kenne ich das Terrain, und du kennst es nicht. Lass dir einen Vorschlag machen«, sagte ich. »Ich werde rasch mit dir kommen und dir den Weg zeigen, aber keinen Pfennig von der Beute annehmen.«
Ich wandte damit Raffles’ eigene neckische Art an, womit er mich stets nach seinem Willen lenkte; dass sie auch ihn jetzt zum Nachgeben bewog, entzückte mich. Raffles aber war liebenswürdig genug, sich mit einem Lachen zu fügen, wogegen ich im umgekehrten Falle nur zu leicht mit meinem Willen auch meine gute Laune einbüßte.
»O Kaninchen, du wirst deinen Anteil bekommen, ob du mich begleitest oder nicht; aber allen Ernstes, solltest du nicht lieber an das Mädchen denken?«
»Was hülfe es?« rief ich stöhnend. »Du sagtest ja selbst, mir bleibe nichts andres übrig, als sie aufzugeben. Ich bin nur froh, dass ich dies schon selbst eingesehen hatte, ehe ich dich um deine Ansicht fragte, und dass ich es ihr am Sonntag schriftlich mitgeteilt habe. Nun haben wir Mittwoch, und sie hat noch keine Silbe von sich hören lassen. Dieses Warten auf ein Wort von ihr bringt mich noch um den Verstand.«
»Du hast wohl nach Palace Gardens geschrieben?«
»Nein, ich adressierte den Brief aufs Land. Aber sie mag sein, wo sie will, eine Antwort hätte längst kommen können.«
Wir hatten den Albanyklub jetzt erreicht und blieben, die brennenden Zigarren einander zugekehrt, wie auf Verabredung vor dem Eingang stehen.
»Willst du nicht hinaufgehen und sehen, ob die Antwort nicht am Ende in deinem Zimmer liegt?« fragte er.
»Nein. Wozu auch? Was hätte es für einen Sinn, sie aufgegeben zu haben, wenn es mich wieder reute, da jetzt doch alles zu spät ist? Und es ist nun einmal zu spät, ich habe sie endgültig aufgegeben und bin entschlossen, mit dir zu kommen.«
Die Hand, die den Kricketball geschickter als irgendjemand in England zu werfen verstand, legte sich jetzt mit überraschender Schnelligkeit auf meine Schulter.
»Gut denn, Bunny, das wäre abgemacht; aber dein Blut komme über deinen eigenen Kopf, wenn die Sache schief geht. Inzwischen können wir nichts Besseres tun, als hier hineingehen, bis du deine Zigarre, wie sie es verdient, zu Ende geraucht und zum Abschluss eine Tasse Tee getrunken hast, und zwar einen Tee, dem du lernen musst Geschmack abzugewinnen, wenn du in deinem neuen Berufe vorwärts kommen willst. Sobald Mitternacht vorüber ist, soll’s losgehen, Bunny, mein Junge, und ich scheue mich nicht, dir einzugestehen, dass ich herzlich froh bin, dich bei mir zu haben.«
Die in seinen Zimmern verbrachte Wartezeit steht noch lebhaft in meiner Erinnerung. Es wird wohl die erste und letzte Stunde dieser Art gewesen sein, die ich so ganz im Bewusstsein dessen, was vor mir lag, verbringen musste. Die ganze Zeit über hatte ich rastlos das eine Auge auf die Uhr, das andre auf Raffles’ Sphinxgesicht geheftet, das zu enträtseln, er sich unbarmherzig weigerte. Er gab auch zu, dass es ein Gefühl sein müsse, wie vor einem Zweikampf. Bei meiner schwachen Erfahrung in dem Sport, dessen er vollkommen Meister war, empfand ich es als eine Prüfung, die nicht ohne inneres Beben zu ertragen war. Andrerseits aber war ich auch immer wieder ganz ich selbst, sobald ich, bildlich gesprochen, vor dem »Wicket« stand, und die Hälfte der Überraschungen, womit Raffles mich zu überfallen pflegte, hatten ihren Grund zweifellos in seiner frühzeitigen Erkenntnis dieser Tatsache.
Diesmal aber verging mir rasch und unwiederbringlich jegliche Lust an dem Plane, den ich freiwillig mit so viel Eifer erfasst hatte. Je mehr meine künstlich angefachte Begeisterung schwand, desto mehr steigerte sich mein Widerwille, jenes Haus auf diese Weise zu betreten, und wuchs mein besseres Urteilsvermögen. So mächtig indes dieser Widerwille auch wurde, so war doch das Gefühl, dass wir im Begriff standen, uns – der Eingebung des Augenblicks folgend – in ein wichtiges Unternehmen zu stürzen, noch viel stärker in mir. Diesen letzteren Skrupel wagte ich Raffles einzugestehen, und nicht häufig war meine Liebe zu ihm größer, als in dem Augenblick, da er offen zugab, es sei dies das natürlichste Gefühl der Welt. Er versicherte mir indes, dass er schon seit Monaten ein Auge auf meine Lady Lochmaben und ihre Juwelen geworfen habe. Bei mehreren Premièren habe er hinter