Die nachexpressionistische Dichterjugend: Eine Bibliographie
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About this ebook
Peter Salomon
Peter Salomon wurde 1947 in Berlin geboren und lebt als Schriftsteller in Konstanz. Zuletzt erschienen von ihm »Vorteile der zweiten Klasse. 25 Erzählungen« (2019) »Mylord. Schwule Gedichte« (2019), »Hot Pants« (2020) und »Der Außerirdische« (2022). 2016 erhielt er den Bodensee-Literaturpreis.
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Book preview
Die nachexpressionistische Dichterjugend - Peter Salomon
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Bibliographie
Einzeltitel
Anthologien, Jahrbücher, Almanache
Zeitschriften
Sekundärliteratur
Vorwort
Keine Literaturepoche ist so intensiv und anhaltend erforscht worden wie das expressionistische Jahrzehnt 1910 bis 1920 (plus/minus drei-Jahre). Also nicht nur die Großmeister, sondern auch die Autoren der zweiten und dritten Reihe sind in den letzten Jahrzehnten bedacht und zumeist auch neu oder sogar erstmals gedruckt worden. Eine der Triebkräfte der Wissenschaftler besteht darin, das große Unrecht zu lindern, das diese Generation durch zwei Kriege und die Naziverfolgung erlitten hat. Dabei kam und kommt der Wiederentdeckung zugute, daß die Druckwerke des Expressionismus in der Regel von hoher Qualität und Stabilität sind. Es gab von Anfang an Sammler, die den Wert zu schätzen wußten und die Bücher über die wirren Zeiten gerettet haben.
Über das Interesse am Expressionismus wurde jedoch die nachfolgende Dichter-Generation bis heute übersehen, ja mißachtet. Es sind dies die Jahrgänge um 1900 (plus/minus), die zu jung waren, um am Expressionismus teilzunehmen, als dieser noch florierte. Und als sie anfingen, Autoren zu werden, also so um 1923, hatte die expressionistische Bewegung abgewirtschaftet, und das Interesse der Leserschaft an junger Literatur war erlahmt. Dazu kamen die wirtschaftlichen Folgen des Ersten Weltkrieges und die Weltwirtschaftskrise, welche die Finanzkraft der Verleger und der Leser minimierte. Es war kein Geld da, um hochwertige Bücher zu produzieren, und es fehlte auch an Geld, um selbst bescheidenere Werke zu kaufen. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten für junge Autoren waren schlecht.
Trotzdem entstand neue Literatur, und sie wurde auch veröffentlicht. Die Autoren schlossen sich zu »Notgemeinschaften« zusammen. Man begnügte sich mit dünnen Broschüren in kleinen Auflagen, die verglichen mit expressionistischen Titeln zumeist »billig« wirken und Sammler nicht unbedingt anspringen. Gleichwohl ist in der Rückschau (wenn man denn solche Titel vorliegen hat) eine neue Handschrift der Verleger und der Autoren zu sehen. Man machte viel aus den beschränkten Mitteln.
Wer sich unter den Jungen gleichwohl halbwegs durchsetzen konnte, dem blieb keine Zeit zur Vervollkommnung, weil die Nazizeit und der Zweite Weltkrieg den eingeschlagenen Weg zerstörten. Ein Teil der jungen Autoren wurde selber Nazis, der andere wurde von diesen verfolgt oder entzog sich ins Schweigen.
Und als dann ab 1960 die Wiedergutmachungsarbeit begann, wurde der bis heute attraktivere Expressionismus bevorzugt, ja fast ausschließlich beforscht. Dabei gibt es auch in der nachexpressionistischen Generation Dichter und Bücher zu entdecken, die interessant sind und heute noch etwas zu sagen haben. Es ist also nicht nur eine historische Pflichtaufgabe, sich dieser Literatur zuzuwenden, es macht auch Freude.
Ich selbst habe mich zwischen 1968 und 1993 ausschließlich für den Expressionismus interessiert (neben der Gegenwartsliteratur). 1993 war ich in Zürich, um in Antiquariaten zu stöbern, die es vor dem Online-Handel noch zahlreich gab. In dem Antiquariat von André Grab (einem Nachkommen von Herrmann Grab) lag im Schaufenster zwischen expressionistischen Titel, die ich kannte, das apart aufgemachtes Büchlein eines mir unbekannten Autors, das noch expressionistisch wirkte: »Auf flammender Brücke« von einem Walter G. Oschilewski. Auf dem Umschlag eine stark stilisierte (reduzierte) Brücke, knallrot koloriert. Da ich immer unterwegs war, um möglichst Unbekanntes, Abseitiges aufzustöbern, zog mich das Buch an. Erstaunt war ich, daß es aus dem Karl Rauch Verlag Dessau stammte und das Datum 1924 trug; der Autor war Jahrgang 1904, konnte also kein Expressionist mehr sein. Ich kaufte das Buch trotzdem, und dies war die Initialzündung für mein Interesse an dem Jahrzehnt nach dem expressionistischen Jahrzehnt, also etwa von 1923 bis 1933.
Das Sammeln auf diesem Gebiet war ungleich schwieriger. Es gab keine Bibliographie, an der man sich hätte orientieren können. Auf dem Gebiet des Expressionismus gab es seit 1985 das Handbuch von Paul Raabe, in dem der Kanon der wichtigsten Expressionisten versammelt war; immerhin mehr als 350 Autoren (in der 2.Auflage). Ich benutzte es zum Schluß hauptsächlich dafür, um nachzuschauen, ob ein Autor meines Interesses dort nicht verzeichnet war, denn ich suchte zuletzt nur noch das noch Unbekannte. Von daher hatte ich schon gewisse Erfahrungen gesammelt und ein Gespür entwickelt, wie man an Bücher herankommt, die man nicht kennt und die dennoch mit großer Wahrscheinlichkeit in die Sammlung passen. Glücklicherweise gab es nach 1993 noch viele Antiquare mit Ladengeschäft, in dem man die Bücher genau beschauen konnte. Aber auch wenn man auf die damals häufigen Antiquariats-Kataloge oder später die Internet-Kataloge angewiesen war, gab es Anknüpfungspunkte. Zunächst einmal das Alter des Autors und das Erscheinungsjahr des Buches. War der Autor jung genug? Wurde das Buch im gesuchten Zeitraum verlegt?
Besonders Anthologien und Zeitschriften waren eine ergiebige Quelle, um an Autorennamen und Bücher heranzukommen. War ein unbekannter Autorenname mit einem guten, zeittypischen Text gekoppelt, so notierte ich den Namen und schaute, ob es von diesem Autor auch Bücher gab. Zuerst halfen die frühen Bände des Kürschner weiter, später konnte man die Namen googeln. Oft gab es in Zeitschriften kleine Buchbesprechungen, oder Bücher waren annotiert;