Die Wahrheit über Stefans Vater: Sophienlust 172 – Familienroman
()
About this ebook
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Nein, ist hoffnungslos. Kann nicht mehr gesund werden«, flüsterte eine fremde Stimme in gebrochenem Deutsch.
»Aber … wollen Sie damit andeuten … Soll das heißen, dass sie …, dass sie sterben muss?«, fragte eine zweite Stimme, die lauter und aufgeregt klang und der Kranken irgendwie vertraut vorkam.
Ilse Reiter wartete auf die Antwort der ersten Stimme, die ihr ungeheuer wichtig vorkam, ohne dass sie genau wusste, warum. Doch es kam keine Antwort. Schweigen lastete in dem Raum, das nur hin und wieder von einem leisen Schluchzen unterbrochen wurde.
Ilse Reiter bemühte sich, ihre Augen zu öffnen. Es fiel ihr unsagbar schwer, aber es gelang ihr schließlich. Trotzdem konnte sie ihre Umgebung nicht wahrnehmen. Graue Nebelschwaden wallten auf sie zu und schienen ihr das Atmen zu erschweren. Ein undefinierbarer Druck lastete auf ihrer Brust. Sie wollte sich bewegen, aufstehen, weggehen, aber das war unmöglich. Was war nur geschehen?
»Ich träume. Es ist ein Alptraum«, murmelte sie kaum vernehmbar.
Plötzlich sah sie, dass sich ein bekanntes Gesicht über sie beugte. Es war nur durch einen dünnen Schleier von ihr getrennt.
»Martha?«, flüsterte die Kranke fragend. »Martha, wo kommst du her? Wo bin ich? Was ist denn los?«
Martha Kern war nicht imstande, der Kranken eine Antwort zu geben. Sie schüttelte nur verzweifelt den Kopf, während Tränen über ihre Wangen flossen.
»Martha, so sag mir doch, was passiert ist!«, flehte die Kranke. Obwohl sie noch immer nicht völlig bei Bewusstsein war, war ihr doch klar geworden, dass es sich nicht nur um einen bösen Traum handelte. Nein, das hier war Wirklichkeit,
Read more from Elisabeth Swoboda
Sophienlust (ab 351)
Related to Die Wahrheit über Stefans Vater
Titles in the series (100)
Sophienlust 103 – Familienroman: Eine Mami kommt ins Haus Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 107 – Familienroman: Ninas kleine Welt ist wieder heil Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 117 – Familienroman: Nur das Spielzeug ihrer Mutter Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 110 – Familienroman: Oliver findet einen Freund fürs Leben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 112 – Familienroman: Endlich die richtige neue Mutti! Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 105 – Familienroman: Mutterherz in Not! Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 63 – Familienroman: Unser Sonnenschein Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 101 – Familienroman: Prinzessin Rubinchen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 111 – Familienroman: Was soll aus uns werden? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 115 – Familienroman: Eltern unbekannt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 100 – Familienroman: Wo ist mein Elternhaus? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 106 – Familienroman: Zwei Schlingel brauchen Liebe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 104 – Familienroman: Ein Sommer mit Hannibal Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 108 – Familienroman: Für Mutti tue ich alles Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMutterliebe ist stärker: Sophienlust 132 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 68 – Familienroman: Das Kind des Grafen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 109 – Familienroman: Wann kann ich wieder lachen? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 116 – Familienroman: Verloren und wiedergefunden Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKinderglück in Gefahr: Sophienlust 137 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 102 – Familienroman: Der vertauschte Sohn Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 113 – Familienroman: Mit Vati wäre unser Glück erst richtig vollkommen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 121 – Familienroman: Die Kinder der Taxifahrerin Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 122 – Familienroman: Nirgends bin ich zu Hause Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 119 – Familienroman: Kleines Herz in Gefahr Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFerdi zieht das Große Los: Sophienlust 128 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVom Vater im Stich gelassen: Sophienlust 138 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDu bist nicht allein, mein Sohn: Sophienlust 126 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie richtige Mutter für Effi: Sophienlust 119 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSophienlust 118 – Familienroman: Ich gebe mein Brüderchen nicht her Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEltern unbekannt: Sophienlust 144 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Related ebooks
Die Wahrheit über Stefans Vater: Sophienlust Bestseller 143 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDieters Pflegemutter: Sophienlust 231 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSei tapfer, Leontine!: Der kleine Fürst 314 – Adelsroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIrischer Liebessommer Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsRote Sonne - heiße Küsse Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsElves and Roses by Night: Soulmate Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Frau ohne Erinnerung: Notarzt Dr. Winter 21 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNostalgia - Sehnsucht nach Verlorenem: Band 2 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKrähenzeit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHurenkinder: Ein Salzburg-Krimi Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKurfürstenklinik 21 – Arztroman: Die Frau ohne Erinnerung Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVerstoßen: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Buddha-Statue Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie AllerFrauen: Krippenspiel mit Esel Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPerry Rhodan 2575: Flucht nach Anthuresta: Perry Rhodan-Zyklus "Stardust" Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDeine Liebe tut so weh: Familie Dr. Norden - Neue Edition 1 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDeine Liebe tut so weh: Dr. Norden Extra 136 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsRendezvous im Klinikpark: Dr. Daniel 90 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWo bist du, Adriana?: Der kleine Fürst 304 – Adelsroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAkademie Fortuna - Das Geheimnis der Vergangenheit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Chroniken der Seelenwächter - Band 27: Im Rausch der Elemente Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Angst in ihren Augen: Dr. Norden Extra 35 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNelkenmörder: Ein Fall für Müller & Himmel Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsInvasion der Friedensbringer Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGlück in Kinderaugen: Kinderärztin Dr. Martens 81 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAarauer Finsternis: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIm Schatten der Erdmagie: Mysteriöser Krimi Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine Frau sucht ihren Namen: Dr. Norden Bestseller 213 – Arztroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIrrlicht 62 – Mystikroman: Reise ohne Wiederkehr Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsRunway ins Verderben Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Contemporary Romance For You
Der Duke, der mein Herz stahl Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLiebesspiele auf Schloss Nymphenburg: Sexy Storys aus der Weltstadt mit Herz Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUrlaubsromanzen Kurzgeschichten: Jahreszeit des Verlangens Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKleines Biest | Kurzgeschichte: Der etwas andere Bar-Besuch Rating: 4 out of 5 stars4/5Die verbotene Babysitterin: Ein Milliardär - Liebesroman: Nachtclub-Sünden, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFinnische Träume - Teil 1 | Roman: Eine verbotene Liebe ... Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine Braut für den spanischen Playboy Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchmutzige kleine Jungfrau: Geheimnisse einer Unterwürfigen, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNanny für eine Nacht: Ein Milliardär – Liebesroman Rating: 5 out of 5 stars5/5Gestohlene Unschuld Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDem Paradies so nah Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie griechische Überraschung Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDoktorluder Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsJulia Extra Band 386 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLieben Sie mich, Marquess! Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine filmreife Hochzeit (Hochzeitsfieber bei den Andersens #1) Rating: 4 out of 5 stars4/5Neapel sehen - und sich verlieben: Die Rinucci Brüder 6 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNachtclub-Sünden Kurzgeschichten: Milliardär Liebesromane Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsRules Of Pain Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsA Pretty Mess Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUnter Feuer: Band 4: Unter Feuer, #4 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMit dir kommt das Glück Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVerführt von dem griechischen Tycoon Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFinnische Träume - Teil 6 | Roman: Eine verbotene Liebe ... Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsThe Billionaire's Agreement: Ein Weihnachtliche Liebesroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Wütende Gefangene des Scheichs: Die Quabeca Scheiche, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Versprochene Braut des Scheichs: Die Almasi Scheich, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAuf der Suche nach dem Earl ihrer Träume Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Duke mit dem versteinerten Herzen: Digital Edition Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEntehrt von einem Highlander Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Reviews for Die Wahrheit über Stefans Vater
0 ratings0 reviews
Book preview
Die Wahrheit über Stefans Vater - Elisabeth Swoboda
Sophienlust
– 172 –
Die Wahrheit über Stefans Vater
… ein kleiner Junge versteht die Welt nicht mehr
Elisabeth Swoboda
»Nein, ist hoffnungslos. Kann nicht mehr gesund werden«, flüsterte eine fremde Stimme in gebrochenem Deutsch.
»Aber … wollen Sie damit andeuten … Soll das heißen, dass sie …, dass sie sterben muss?«, fragte eine zweite Stimme, die lauter und aufgeregt klang und der Kranken irgendwie vertraut vorkam.
Ilse Reiter wartete auf die Antwort der ersten Stimme, die ihr ungeheuer wichtig vorkam, ohne dass sie genau wusste, warum. Doch es kam keine Antwort. Schweigen lastete in dem Raum, das nur hin und wieder von einem leisen Schluchzen unterbrochen wurde.
Ilse Reiter bemühte sich, ihre Augen zu öffnen. Es fiel ihr unsagbar schwer, aber es gelang ihr schließlich. Trotzdem konnte sie ihre Umgebung nicht wahrnehmen. Graue Nebelschwaden wallten auf sie zu und schienen ihr das Atmen zu erschweren. Ein undefinierbarer Druck lastete auf ihrer Brust. Sie wollte sich bewegen, aufstehen, weggehen, aber das war unmöglich. Was war nur geschehen?
»Ich träume. Es ist ein Alptraum«, murmelte sie kaum vernehmbar.
Plötzlich sah sie, dass sich ein bekanntes Gesicht über sie beugte. Es war nur durch einen dünnen Schleier von ihr getrennt.
»Martha?«, flüsterte die Kranke fragend. »Martha, wo kommst du her? Wo bin ich? Was ist denn los?«
Martha Kern war nicht imstande, der Kranken eine Antwort zu geben. Sie schüttelte nur verzweifelt den Kopf, während Tränen über ihre Wangen flossen.
»Martha, so sag mir doch, was passiert ist!«, flehte die Kranke. Obwohl sie noch immer nicht völlig bei Bewusstsein war, war ihr doch klar geworden, dass es sich nicht nur um einen bösen Traum handelte. Nein, das hier war Wirklichkeit, schreckliche Wirklichkeit. Sie lag in einem fremden Bett, das in einem fremden Zimmer stand.
Bei dem angestrengten Bemühen, sich zu erinnern, runzelte Ilse die Stirn. Wo befand sie sich? Wieso war Martha bei ihr und weinte? Martha hatte sie doch zusammen mit Stefan zum Flugplatz begleitet. Stefan hatte ihnen nachgewinkt. Er war ein wenig traurig gewesen, weil er nicht hatte mitkommen dürfen. Er hatte ihr leidgetan. Im letzten Augenblick hatte sie bereut, dass sie und ihr Mann beschlossen hatten, Stefan bei seiner Schwester zu lassen. Aber Erwin war der Meinung gewesen, dass Stefan noch zu klein für eine Flugreise sei und dass ihn der Urlaub in Griechenland nur langweilen würde. Natürlich hatte Erwin recht gehabt – und sie hatte nachgegeben und ihren Sohn der Schwägerin anvertraut. Aber wieso war Martha plötzlich hier?
»Wo ist Stefan?«, fragte Ilse mit schwankender Stimme.
»Er ist zu Hause. Es geht ihm gut. Ich konnte ihn doch nicht hierher mitnehmen?«, erwiderte Martha.
Hierher? Was meinte Martha damit? Es gelang Ilse nicht, ihre Gedanken zusammenzuhalten. Sie flatterten davon und ließen nur eine öde Leere in ihrem Kopf zurück. Ilse schloss die Augen, doch die angstvollen Rufe ihrer Schwägerin riefen sie noch einmal ins Bewusstsein zurück.
»Ilse! Ach, Ilse, was soll ich nur machen? Ach, wenn nur dieses entsetzliche Unglück nicht geschehen wäre!«
Ein entsetzliches Unglück? Wovon sprach Martha eigentlich? Wenn sie nur endlich gehen und sie schlafen lassen würde.
»Ilse! Bitte! Du darfst nicht … Du darfst uns nicht verlassen, hörst du mich?«
Verlassen? Wieso verlassen? Sie war doch nur mit Erwin in den Urlaub gefahren. An den Abflug konnte sie sich noch genau erinnern. Da war Stefans rührende kleine Gestalt gewesen, das weiße zerknitterte Taschentuch, das er fest umklammert hatte, um seinen Eltern damit zu winken.
Und dann hatte sich das Flugzeug vom Boden abgehoben. Erwin hatte nach ihrer Hand gegriffen und sie fest gedrückt. »Endlich ist es so weit«, hatte er ihr zugeflüstert. »Seit Jahren freue ich mich auf diesen Moment. Der erste gemeinsame Urlaub seit unserer Hochzeitsreise.«
»Aber Stefan …«, hatte Ilse zögernd eingewandt.
»Martha wird gut für ihn sorgen …« Aus dem Zusammenhang gerissen hämmerten diese Worte in Ilses Gehirn. Ihre Sinne umnebelten sich wieder. Es war ihr nicht möglich, klar zu denken. Martha war hier, wusste sie, sie saß neben ihrem Bett, aber wieso? Und wo war Erwin? Er sollte doch bei ihr sein. Er war immer da, wenn sie ihn brauchte. Wo war er jetzt?
»Erwin?«, hauchte die Kranke ängstlich fragend.
Martha rang um Beherrschung, aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr die Tränen über die Wangen liefen. Als Antwort auf Ilses Frage schüttelte sie nur stumm den Kopf.
Die Blicke der Kranken waren inzwischen etwas klarer geworden. Sie wanderten in dem kahlen Raum umher, glitten über die hellgrün gestrichenen Wände und blieben am Fußende des Bettes hängen.
»Ein Krankenhaus. Ich liege in einem Krankenhaus«, murmelte Ilse. Sie brauchte Marthas Bestätigung nicht mehr abzuwarten, mit einem Schlag war die Erinnerung zurückgekehrt. Es nützte nichts, sie zu verdrängen. Die schrecklichen Sekunden, als das Flugzeug bei der Landung über die Landebahn hinausgerollt und zerschellt war, waren fest in ihr Gedächtnis eingebrannt. Sie vermeinte von Neuem das Krachen und die Schreie zu vernehmen. Dann war ein plötzlicher Schmerz dagewesen, und sie hatte das Bewusstsein verloren.
»Erwin. Ist er …, ist er tot?«, fragte Ilse.
»Nein. Aber sein Zustand ist …« Martha brach ab. Irgendetwas in ihr weigerte sich, das Wort hoffnungslos auszusprechen. »Er ist noch nicht zu sich gekommen«, sagte sie stattdessen.
Ilse schwieg, und Martha wusste nicht, was sie sagen sollte. Einen Tag nach Bekanntwerden des Unglücks war sie nach Athen geflogen. Es hatte weitere vierundzwanzig Stunden gedauert, bis man sie zu ihrer Schwägerin gelassen hatte. Einen Besuch bei ihrem Bruder hatte man ihr verweigert. Sie hatte eine deutsch sprechende Krankenschwester aufgetrieben, und diese hatte schließlich ihrem Drängen nachgegeben und sie mit Erlaubnis des Arztes in Ilses Zimmer geführt. Vorher hatte ihr die Schwester jedoch alle Hoffnungen, die sie noch gehegt hatte, genommen. Erwin Reiter lag im Sterben – und seiner Frau ging es nicht viel besser.
Nach dem ersten Blick, den Martha auf Ilse geworfen hatte, hatte sie erkannt, dass die Krankenschwester nicht gelogen hatte. Ob ihre Schwägerin ahnte, wie es um sie stand? Martha fürchtete eine diesbezügliche Frage. Sie würde nicht die Kraft haben, sie zu beantworten.
Doch Ilse dachte nicht an sich, sondern an ihren Mann. »Wenn Erwin stirbt, ist alles sinnlos«, hauchte sie. »Dann will auch ich nicht länger leben.«
»O Ilse! Bitte! Du darfst nicht so reden«, stöhnte Martha.
»Ich werde sterben. Ich weiß es«, sagte Ilse tonlos. »Vorhin, als du hereinkamst, da war noch jemand im Zimmer.«
»Die Krankenschwester?«
»Ja. Hat sie nicht gesagt, dass ich nicht mehr gesund werden kann?«
»Du irrst dich. Du musst dich verhört haben«, widersprach Martha allzu hastig.
Ilse seufzte, und Martha fragte rasch: »Hast du Schmerzen? Kann ich etwas für dich tun? Soll ich nach der Schwester läuten?«
»Nein. Ich habe keine Schmerzen.« Trotz dieser Versicherung zog Ilse die Brauen zusammen, während Martha sie mit klopfendem Herzen beobachtete. »Vielleicht kann der Arzt dir eine Injektion …«
»Nein, nein«, unterbrach Ilse ihre Schwägerin. »Ich habe wirklich keine Schmerzen. Es ist sonderbar, ich fühle überhaupt nichts. Es ist …, es ist so, als ob mein Körper gar nicht vorhanden wäre.«
Martha konnte Ilse nur hilflos ansehen. Sie hätte ihr gern geholfen, aber gleichzeitig wusste sie, dass es keine Hilfe mehr gab.
Ilses Stimme hatte bei den letzten Worten erschöpft geklungen. Martha bemerkte erschrocken, dass sie die Augen wieder geschlossen hatte. Der Atem stockte ihr. »Ilse!«, flüsterte sie drängend. »Was …, was soll aus Stefan werden?«
Bei der Erwähnung ihres Sohnes hoben sich die Augenlider der Kranken noch einmal. Es kostete sie eine ungeheure Anstrengung, aus dem schwebenden Zustand, der sie ergriffen hatte, wieder aufzutauchen, aber da war etwas, was Stefan betraf, etwas, was sie Martha unbedingt anvertrauen musste.
Was sagte Martha eben? Ihre Stimme drang wie aus weiter Ferne zu Ilse.
»… ich werde Stefan bei mir behalten, wenn …, wenn sonst niemand da ist.«
Niemand?
»Du musst dir keine Sorgen wegen Stefan machen«, sprach Martha weiter.
»Stefan wird als Waisenkind zurückbleiben«, murmelte Ilse matt. »Er ist noch so klein«, schluchzte sie. »Erst fünf Jahre alt und ohne Eltern.«
»Ilse …«
»Bitte, unterbrich mich jetzt nicht, Martha.« Ilses ermattete Stimme nahm einen neuen Tonfall an. Sie klang zwar leise, aber entschlossen. »Ich weiß nicht, wie lange ich noch am Leben bleibe, aber ich fürchte – nein, du brauchst mir nichts vorzumachen –, für Erwin und für mich gibt es keine Rettung mehr. Aber Stefan … hör zu, ich muss dir etwas mitteilen. Versprich mir, dass du das tun wirst, worum ich dich bitte.«
»Ich verspreche dir alles, was du willst«, versicherte Martha ernst.
*
»Gib deinem Schatzibuben ein Küsschen«, verlangte Carlo eindringlich.
»Ach, halt den Schnabel«, entgegnete Nina Leskowitsch unwirsch.
»Schatzibub will Küsschen«, wiederholte Carlo.
»Lass den Unsinn«, schimpfte Nina. »Sei endlich still. Ich kann dein Gekrächze nicht mehr hören.«
»Küsschen!«, schrie Carlo aufgebracht. »Schatzibub will Küsschen.«
Nina seufzte. »Hast du denn noch immer nicht begriffen, dass kein Schatzibub mehr da ist, und dass infolgedessen auch