Chronik der Familien Carstensen, Wachsmuth und Bleicken: Drei nordfriesische Familien
Von Jürgen Kaack
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Über dieses E-Book
Die Entwicklung der Familien Carstensen, Wachsmuth und Bleicken unterscheidet sich von derjenigen der anderen Familienzweige. Die frühesten Wachsmuth lebten in Göttingen, seit 1736 waren sie in Jütland, dann im Grenzgebiet zu Deutschland und schließlich auf Sylt ansässig. Die frühesten nachweisbaren Vorfahren der Familie Carstensen lebten bei Mögeltondern und kamen über Rodenäs nach Sylt. Familie Bleicken lebte bis zu den frühesten nachweisbaren Vorfahren im 16. Jahrhundert auf Sylt.
Fast alle Vorfahren waren arm und lebten von der Landwirtschaft. Einige erbrachten zusätzlich im Nebenerwerb und später hauptberuflich handwerkliche Tätigkeiten z.B. als Zimmerleute und Schneider. Nach dem Umzug auf die Insel Sylt im 19. Jahrhundert kam die Seefahrt als wichtiger Erwerbszweig hinzu, den auch viele Sylter Familien als Ergänzung zur eher wenig einträglichen Landwirtschaft ausübten. Einige Seefahrer wurden als Steuerleute und Kapitäne vermögend, viele starben bei Schiffsunglücken.
Der nach 1855 zögerlich einsetzende Tourismus brachte zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere für Handwerker. Aber insgesamt blieb das Leben hart und die Lebensumstände ärmlich. So erklärt sich, dass eine Reihe von Nachkommen zwischen 1860 und 1910 ihr Glück in der Auswanderung nach Nordamerika gesucht haben. Einige dieser Schicksale werden in dem Buch beschrieben. Die Auswanderungswelle hat bis nach dem zweiten Weltkrieg angedauert. Das Buch spürt der Geschichte der Familien Carstensen, Wachsmuth und Bleicken so weit nach, wie sich Belege und Berichte auffinden lassen.
Das vorliegende Buch basiert auf den Inhalten der von mir veröffentlichten Familienchronik Heimat Sylt und dem Buch: Sylt - Erinnerungen einer Familie.
Jürgen Kaack
Dr. rer. nat. Jürgen Kaack promovierte auf dem Gebiet der Festkörperphysik. In seiner Berufslaufbahn hat er in operativer Verantwortung sowohl bei international tätigen Konzernen wie bei Mittelständlern Managementfunktionen wahrgenommen und Unternehmen erfolgreich mit aufgebaut. Er konzipierte Europas größten Mobilfunk Service-Provider debitel. Als Geschäftsleitungsmitglied führte er debitel zur Marktführerschaft. Als Managementberater lhat er langjährige Erfahrung. Seit 1995 ist Dr. Kaack selbständig tätig und baute als Gesellschafter und Geschäftsführer das Competence Center Telekommunikation der MCN Group auf. Das Konzept für den spezialisierten Netzbetreiber mcn-tele.com AG geht auf seine Initiative zurück. Als Vorstandsvorsitz führte er das Unternehmen von der Gründung bis 2002. Heute unterstützt er mit seiner STZ-Consulting Group Gebietskörperschaften und Unternehmen bei Änderungsprozessen, Wachstumsvorhaben, dem Aufbau von Kooperationen, der Gestaltung von Geschäftsmodellen und dem Management von Innovationsvorhaben. Im Innovationsprojekt T-City hatte er interimsweise die Projektleitung inne. In den letzten Jahren bilden Projekte zur Schaffung von nachhaltigen Breitband-Infrastrukturen einen Schwerpunkt der Projektarbeit. Dr. Kaack ist Autor mehrerer Fachbücher, u.a. "Schnelles Internet in Deutschland".
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Buchvorschau
Chronik der Familien Carstensen, Wachsmuth und Bleicken - Jürgen Kaack
lebten.
1. Die Carstensen-Familie aus Møgeltonder
Der älteste Vertreter der Carstensen-Familie ist der 1672 in dem kleinen Weiler Gallehus in der Umgebung von Møgeltonder zur Welt gekommene Kersten Clausen. Sein Sohn Karsten Clausen zieht in den nahe gelegenen Weiler Lyst, wo auch seine drei Kinder geboren werden. Sie leben von der Landwirtschaft und vom Handwerk, Karstens Sohn Carsten Nielsen verdient seinen Lebensunterhalt als Tagelöhner in Toghalle und als Schneider. Seine Söhne Niels und Matthias Carstensen ziehen vermutlich aufgrund besserer Arbeitsmöglichkeit an den Norddeich von Rodenäs. Dort teilt sich die Familie auf.
Niels Sohn Boy Duike Carstensen zieht nach Friedericia in Jütland und gründet dort eine Familie, die von frühen mormonischen Missionaren bekehrt werden und nach Salt Lake City in Utah auswandern. Dort bauen sie eine neue Existenz auf und heiraten Amerikanerinnen oder aus Großbritannien zugezogene Mormonen. Einer der Söhne wird nach verschiedenen Berufsausübungen Polizist und arbeitet sich vom „Patrolman" zum Kriminalbeamten hoch, der mehrfach in der Presse erwähnt wird und Kontakte zu Broadway Schauspielern bekommt. Er stirbt früh an den Folgen einer Syphilis. Eine seiner Töchter wird 1926 mit 14 zur Miss Utah gewählt.
Matthias Sohn Diderich Edlef Carstensen arbeitet als Zimmermann und heiratet die aus dem nahegelegenen Humptrup stammende Catharina Nielsen. Sie bekommen in Rodenäs acht Kinder und siedeln 1888 nach Westerland um, wo sie im Gaadt ein Haus errichten. Die Nachkommen bekommen zum Teil mehr als zehn Kinder und heiraten in Sylter Familien ein. Der älteste Sohn Matthias ist Malermeister und Zugführer der freiwilligen Feuerwehr. Mit Margaretha Dorothea Jansen bekommt er neun Kinder. Die Brüder Bernhard Martin und Carl Christian, die noch in Rodenäs zur Welt gekommen sind, heiraten die Cousinen Molly Petrea und Marie Charlotte aus der Wachsmuth-Familie. Unter den Kindern finden sich neben Handwerkern unter anderem auch Kapitäne.
Grafik zur regionalen Verteilung von Personen mit dem Namen Carstensen, nach Daten von „verwandt.de".
1.1. Umzug der Carstensen von Møgeltonder nach Rodenäs 1810
Im Umfeld der kleinen Gemeinden Gallehus bei Møgeltonder, Rodenäs, Humptrup und Süderlügum lebten die Vorfahren der Familien Carstensen und Nielsen seit Generationen überwiegend als Handwerker und Kaufleute. Der Familienname „Carstensen hat seine Wurzeln im dänisch-norddeutschen Raum, die sich auch aus dem Wortstamm als „Sohn von Carsten
deutlich widerspiegelt. In Deutschland leben heute insgesamt rund 2.800 Personen mit dem Namen Carstensen.
Gemälde von Carl Tönder aus dem Jahr 1925, das den Weiler Lyst mit seinen drei Häusern zeigt. Der Weiler liegt gut einen Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt. Das Gemälde hängt in einem Museum in Tondern.
Fotografiert und bereitgestellt von Peter Carstensen, Hamburg
Aus Møgeltonder stammen die ersten bekannten „Carstensen, teilweise auch Kaerstensen geschrieben. Møgeltonder ist eine kleine Gemeinde auf der dänischen Seite der Grenze mit heute 1.170 Einwohnern und einer ausgesprochen flachen Topographie – die höchste Erhebung beträgt 14 Meter! Møgeltonder ist sehr alt, wobei der Namensbestandteil „Mögel
für „groß" steht und wohl auf das 13. Jahrhundert zurückgeht. Møgeltonder ist vermutlich älter als das benachbarte Tondern und war über längere Zeit der bedeutendere der beiden Orte. In Møgeltonder hat der frühere Feldherr Hans Schack nach der Erhebung in den Grafenstand das Schloss Schackenborg errichtet. Neben Møgeltonder gehören auch die Weiler Bönderby, Stokkebro, Gallehus, Lyst, Sönderby, Sydfeldt und Toghalle zu der Gemeinde.
Møgeltonder ist überwiegend durch landwirtschaftliche Nutzung gekennzeichnet.
Ubjerg ist eine kleine Gemeinde östlich an Møgeltonder angrenzend und südlich von Tondern direkt an der deutsch-dänischen Grenze mit heute 282 Einwohnern, die sich auf verschiedene Weiler verteilen wie z.B. Seth, Kirchdorf, Sethfeld und Bremsbüll. 1920 haben sich in der Volksabstimmung über die nationale Zugehörigkeit knapp 75% der Bevölkerung für Deutschland ausgesprochen. Da aber hier nur das Ergebnis im gesamten Kreis Tondern gewertet wurde, blieb Ubjerg dänisch. Durch die Grenzlage spielt der Handel eine wichtige Rolle, aber auch das Transportgewerbe und die Landwirtschaft sind bedeutende Erwerbszweige. Die „Seether Kartoffeln" waren früher über die Gemeindegrenzen beliebt.
Im Osten grenzt Ubjerg an die Gemeinde Burkal, das ebenfalls direkt an der Grenze liegt und heute 1.715 Einwohner zählt. Burkal nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als es die erste Gemeinde in Dänemark und den Herzogtümern Schleswig und Holstein war, die wegen Massenarmut im 19. Jahrhundert eine „Armenarbeitsanstalt" erhielt. Der wohl berühmteste Sohn von Burkal ist der hier am 07.08.1867 geborene Maler Emil Nolde. Das gesamte Gebiet liegt auf dem Geestrücken und ist sehr flach. Die Landwirtschaft bildet die Haupteinnahmequelle für die Bevölkerung. Besondere Bedeutung hat dabei der Kartoffelanbau.
Rodenäs ist heute das nördlichste Dorf Deutschlands mit 431 Einwohnern und einer Streusiedlungsstruktur, die vermutlich in Verbindung mit dem ersten Deichbau 1434 entstand. Lange gehörte die Gemeinde zu Dänemark, so dass der Austausch mit den benachbarten Orten wie Højer oder Møgeltonder ohne Grenzübertritt möglich war. In die Familie Carstensen haben im Laufe der Zeit Personen aus der Umgebung, wie z.B. der kleinen Gemeinde Humptrup und dem heute immer noch dänischen Møgeltonder (dänisch: Møgeltønder) eingeheiratet.
Auf der deutschen Seite der Grenze und direkt südlich von Ubjerg liegt die Gemeinde Süderlügum auf der Grenze zwischen Marsch und Geest mit heute 2.319 Einwohnern. Der Ort hieß früher Lügum und wurde bereits 1177 erwähnt. Der Name Lügum hat die Bedeutung „an den Gewässer" und deutet auf einen im Mittelalter vorhandenen Hafen hin. Früher war im Gebiet von Süderlügum Landwirtschaft der Haupterwerbszweig, heute hat der Einzelhandel diese Stellung übernommen. Westlich in Richtung Rodenäs grenzt der Ort Humptrup an Süderlügum und liegt nur drei Kilometer südlich von der dänischen Grenze. Humptrup hat heute 735 Einwohner und lebt von der Landwirtschaft.
Der regional eng umgrenzte Siedlungsraum mit einer Längsausdehnung von ca. 30 Kilometern war für die Vorfahren aus der Carstensen-Linie über einen Zeitraum von über 230 Jahren ihre Heimat: von Gallehus und Lyst bei Møgeltonder nach Norddeich in Rodenäs. Von dort siedelte Boy Duike um 1840 nach Fredericia um und Diderich Edlef um 1880 nach Westerland. Die Vorfahren von Catharina Nielsen stammen aus Humptrup, Burkal, Ubjerg, Süderlügum.
Die folgende Karte markiert die Lebensräume der Familie Carstensen von Gallehus bis Westerland (die Routen dienen nur der Illustration und entsprechen nicht den tatsächlichen Wegen).
Die Vorfahren aus dem Carstensen-Zweig können bis 1672 zurückverfolgt werden, als in Møgeltonder Kersten Clausen geboren wurde, der am 18.04.1697 die ebenfalls aus Møgeltonder stammende Merret Pedersdatter geheiratet hat. Kersten wurde nur 45 Jahre alt, Merret 61. Sie hatten vier Töchter und einen Sohn mit (fast) dem gleichen Namen wie der Vater, Karsten Clausen (1710 bis 21.07.1743), der am 26.01.1734 die am 26.07.1705 in Møgeltonder geborene Maren Nielsdatter geheiratet hat. Das Paar hatte vier Söhne, von denen der Zweitgeborene Niels zum ersten Mal den Namen Karstensen, also Sohn von Karsten erhielt. Niels Karstensen wurde 1736 geboren und starb am 09.07.1785. 1758 heiratete er die aus Aventoft stammende Sitzel Hansen (1722 bis 23.11.1800). Sitzel ist die Tochter von Boh Hansen (1694) aus Rodenäs und seiner Frau Margarethe Tollsen. Sitzel und Niels Karstensen haben eine Tochter Maren Nielsen (geboren am 11.03.1759) und zwei Söhne. Boh Nielsen, der am 16.07.1761 noch in Møgeltonder geboren wird, wird am 06.10.1765 in Rodenäs getauft. Er heiratet am 31.10.1783 in Rodenäs die am 28.03.1761 geborene Botilia Monsdatter, deren Vater Mons Hansen (1716) sowie ihre Großeltern Hans Bartlefsen (1683 bis 06.04.1728) und Cresde Mommsen (1687) sämtlich aus Rodenäs stammen und dort auch gestorben sind. Die Großeltern hatten drei Töchter und zwei Söhne, die in der Zeit von 1709 bis 1719 zur Welt kommen, über die aber sonst nichts bekannt ist. Hans Bartlefsen stirbt mit knapp 45 Jahren. Der Sohn Mons Hansen hat mit einer unbekannten Partnerin fünf Kinder, zwei Töchter und drei Söhne, die zwischen 1748 und 1761 zur Welt kommen. Einer der Söhne, Hans Monsen stirbt noch als Kleinkind mit knapp zwei Jahren. Aus der am 31.10.1783 in Rodenäs geschlossenen Ehe von Botilia Monsdatter und Boh Nielsen entstammen zwei Söhne.
Fotos aus Møgeltonder von 2015.
Die folgenden Stammtafeln zeigen die Nachfahren von Kersten Clausen von 1672 bis Carsten Nielsen von 1766 und die Nachfahren von Carsten Nielsen bis Diderich Edlef Carstensen 1832.
Stammtafel Kersten Clausen
Stammtafel Carsten Nielsen
Fotos der Kirche St. Nikolaus in Møgeltonder aus dem 12. Jahrhundert, in der viele Familien-Mitglieder der Carstensen getauft, verheiratet und beerdigt wurden. Sie enthält Deckenmalereien eines Tonderner Künstlers von 1740 und eine Orgel von 1679.
Carsten Nielsen ist der zweite Sohn von Sitzel und Niels Carstensen und kommt 1761 in Møgeltonder auf die Welt. Er arbeitete er zunächst als Tagelöhner in Gallehus (Møgeltonder), später zusätzlich als Schneider. Er hat mit Dorothea Cornelius (1765 bis 1801) vier Söhne und eine Tochter. Der älteste Sohn Niels Carstensen