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Praxis Capture One Pro 10: RAW-Entwicklung, Fotobearbeitung, Bildverwaltung
Praxis Capture One Pro 10: RAW-Entwicklung, Fotobearbeitung, Bildverwaltung
Praxis Capture One Pro 10: RAW-Entwicklung, Fotobearbeitung, Bildverwaltung
Ebook695 pages4 hours

Praxis Capture One Pro 10: RAW-Entwicklung, Fotobearbeitung, Bildverwaltung

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About this ebook

Capture One gilt seit vielen Jahren als Werkzeug der Wahl für die anspruchsvolle Fotografie. Aber nicht nur Umsteiger tun sich oft schwer mit der Komplexität der Software. Denn mit Capture One können Sie nicht nur entscheiden, was Sie machen wollen, sondern auch, wie Sie Ihre Ziele erreichen.

Dieses Buch unterstützt Sie dabei, Capture One Pro als umfassende Software-Lösung für den fotografischen Alltag einzusetzen und flexibel an Ihre Bedürfnisse anzupassen. Ob Bildverwaltung oder Retusche, Filmsimulationen oder Objektivkorrekturen – wie Sie die Möglichkeiten von Capture One ausschöpfen, bleibt Ihnen überlassen. Der Autor hilft Ihnen dabei, die Konzepte hinter Capture One zu verstehen und effizienter zu nutzen:

- Vollständiger RAW-Workflow vom Import bis zur Ausgabe
- Bildverwaltung über Kataloge oder mit der gewohnten Ordnerstruktur
- Bildstile und Vorgaben, um Ihre Bildbearbeitung zu beschleunigen
- Perfekte Schärfe für Web und Print
- Frustfreie Bildretusche mit Anpassungs- und Klon-Ebenen
- Verkabeltes Fotografieren (Tethered Shooting) auf Profi-Niveau
- Flexible Zusammenarbeit mit Drittsoftware
- und vieles mehr

Das Buch vermittelt über Praxisbeispiele zu alltäglichen Aufgabenstellungen, welche der vielen Werkzeuge Ihnen das Leben als Fotografin oder Fotograf einfacher machen – und welche Sie für Ihre Arbeit ignorieren können. Selbst wenn Sie Capture One schon länger nutzen, werden Sie Zusammenhänge besser verstehen, so das Beste aus der Software holen und mehr Zeit hinter der Kamera statt vor dem Bildschirm verbringen.

Haben Sie bisher Apples Aperture oder Adobe Lightroom zur Katalogisierung und Bearbeitung Ihrer Bilder verwendet, erleichtern Ihnen Vergleiche und Tipps den Wechsel zu Capture One Pro.
LanguageDeutsch
Publisherdpunkt.verlag
Release dateMay 24, 2017
ISBN9783960881766
Praxis Capture One Pro 10: RAW-Entwicklung, Fotobearbeitung, Bildverwaltung
Author

Sascha Erni

Sascha Erni is a freelance photojournalist and reporter. Since 2004, he has contributed images and stories to many popular agencies, newspapers, and magazines around the world. He authored his first non-fiction book, Mac and iPad for Photographers, in 2014. In his spare time, he writes fiction and practices fine art photography. Erni is a member of the Phase One Ambassador Program, which keeps him on the cutting edge of Capture One development. Erni lives, photographs, and writes in Switzerland.

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    Praxis Capture One Pro 10 - Sascha Erni

    1

    Die Software: Wie funktioniert Capture One?

    Capture One Pro ist die aktuelle Version eines RAW-Entwicklers, der sich über ein Jahrzehnt lang im Studioalltag bewährt hat. Was als Kompagnon für die Phase-One-eigenen digitalen Mittelformatrückteile anfing, mauserte sich über die Jahre zu einer universell einsetzbaren Software für alle möglichen Kameras und Einsatzbereiche. Dennoch ist Capture One mit seinen »gewachsenen« Schwerpunkten und Spezialitäten eine für viele Fotografen ungewohnte Arbeitsumgebung. In diesem Kapitel besprechen wir die wichtigsten Konzepte von Capture One, die sich als Stolpersteine für Umsteiger und Neueinsteiger erweisen können. Wir fangen mit einer Geschichtsstunde an. Wenn Sie bereits mit Capture One vertraut sind, können Sie dieses Teilkapitel mit gutem Gewissen überspringen: Kapitel 1.2 wendet sich an Leser, die noch keine Kaufentscheidung getroffen haben, Kapitel 1.1 an solche, die Capture One erst vom Hörensagen her kennen.

    Capture One ist kein zweites (oder drittes) Lightroom oder Aperture.

    Capture One war ursprünglich nicht als All-in-one-Lösung gedacht. Im Studioumfeld, aber auch in Medien- und Verlagshäusern, gehen Bilder fast immer durch Photoshop und eine Layoutsoftware. Capture One wollte ursprünglich zwei Dinge erreichen: die bestmögliche Bildqualität aus den Rohdaten der hauseigenen Phase-One-Kameras kitzeln und dabei im Studio den Fotografen möglichst wenig in die Quere kommen.

    Heute sieht die Sache ein wenig anders aus. Zwar zeigt Capture One Pro noch immer seine größten Stärken im professionellen Studioalltag, aber bereits vor mehreren Versionen wurde die Zielgruppe markant erweitert, indem immer neue, zusätzliche Kameras unterstützt wurden. Der Funktionsumfang bewegte sich weg von der Kombination aus reiner Rohdaten-Entwicklung und dem Bieten eines Studio-Workflows hin zu immer weiteren Bildbearbeitungsfunktionen wie kreatives Nachschärfen, selektive Bearbeitung und Fleckenentfernung – alles Dinge, die üblicherweise in Photoshop erledigt wurden. Mit der Version 7 führte Phase One zusätzlich einen Katalogmodus ein, der zwar auch in der aktuellen Version noch nicht ganz mit den Möglichkeiten »richtiger« DAM-Lösungen (Digital Asset Management) mithalten kann, aber durchaus die Anforderungen vieler Fotografen und Fotografinnen befriedigt.

    Auch wenn Capture One heute ein breites Publikum anspricht, sollten Sie die Ursprünge der Software im Hinterkopf behalten – besonders dann, wenn Sie als Umsteiger von Lightroom oder Aperture andere Ansätze gewohnt sind, sei es in der Bildverwaltung oder dem auf den ersten Blick verwirrenden Umgang mit Farbprofilen.

    Aufnahmesitzungen und konsequentes Farbmanagement bildeten lange Zeit die Grundlage des Capture-One-Konzeptes.

    Der wichtigste traditionelle Schwerpunkt, der noch heute in die Art und Weise hineinspielt, wie sich Capture One bedienen lässt, zeigt sich im Namen: Capture One, also frei übersetzt »Aufnahmesitzung Eins«. Was heißt das? Im Studio wurden – und werden – Kameras meistens direkt mit dem Computer verbunden, man fotografiert also »auf den Rechner«. Die Speicherkarten dienen in solchen Situationen nur als Back-up. Die Vorteile dieser Arbeitsweise liegen auf der Hand:

    1. In einem Team muss der Mediengestalter nicht darauf warten, dass die Speicherkarte gewechselt wird, bis er mit dem ersten groben Entwickeln der Rohdaten beginnen kann – jedes Bild ist sofort am Mac oder PC verfügbar.

    2. Sitzt die Projektleiterin oder eine Kundin neben dem Tisch, kann sie sofort ihr Feedback zu Bildgestaltung oder Lichtsetzung abgeben, nicht erst, wenn das Model sich wieder auf die Heimreise gemacht hat.

    3. Die Zwischenschritte – Karte raus, Karte ins Lesegerät, Bilder auf den Rechner laden – entfallen. Bei im Studiobereich üblichen sehr großen Bilddateien lässt sich so ordentlich Zeit sparen.

    Der Fokus auf Aufnahmesitzungen führte zu Konzepten wie demjenigen der Sitzungsordner-Struktur (siehe Kapitel 4.1), der Verwaltung von Bildern und Steuerdaten außerhalb einer Datenbank, dem EIP-Format (siehe Kapitel 4.3) – kurz, einer sehr dateizentrischen Herangehensweise. Der Katalogmodus kam als Ergänzung zu diesem Grundkonzept hinzu – anders als Aperture und Lightroom, bei denen die Kataloge das zentrale Element der gesamten Software darstellten und im Falle von Lightroom noch immer darstellen.

    Zum Studioalltag gehört auch die konsequente Umsetzung von Farbmanagement-Richtlinien gemäß des ICC/ICM-Ansatzes: Wer mit Kameras für fünfstellige Beträge Mode und Schmuck fotografiert, macht dies vorwiegend für den Magazin- und Plakatdruck. Capture One muss entsprechend gut mit verschiedenen Farbmodellen wie RGB und CMYK umgehen können, bereits beim Entwickeln der Rohdaten vor Überschreitungen des Farbumfangs von Ausgabemedien warnen und bei Bedarf auch ohne Drittsoftware Material für die Druckvorstufe liefern können. Lightroom hat diesen Medienbruch auch im Jahr 2017 noch nicht vollständig überbrückt – denn es ist nicht Teil von Adobes Grundkonzept. Bei Capture One ist das der Dreh- und Angelpunkt. Solche Funktionalitäten beschäftigen vor allem professionelle Fotografen, aber auch wenn Sie die Fotografie bloß als Hobby betreiben sollten, werden Sie die Vorzüge einer auf den professionellen Alltag optimierten Linie zu schätzen lernen – selbst wenn sie sich Ihnen nicht sofort erschließen sollten, werden sie Ihnen mit steigenden Ansprüchen das Leben erleichtern.

    1.1Konzepte und Funktionsumfang

    Das Grundkonzept von Capture One: Entwickeln von Rohdaten und nicht destruktive Bearbeitung der Bilder

    Egal, was Sie mit Ihren Bildern in Capture One anstellen – die Original-RAW-Dateien werden nicht in Mitleidenschaft gezogen. Capture One sichert für jedes Bild Entwicklungseinstellungen, sozusagen ein Protokoll der Arbeitsschritte, die Sie am Foto vorgenommen haben. Um diese Bearbeitungsschritte in einem »fertigen« Bild zu sehen, weitergeben oder veröffentlichen zu können, müssen Sie die Bilder ausgeben. Im klassischen Sinne erstellen Sie also einen Abzug Ihres Foto-Negativs; Capture One nennt diesen Schritt Verarbeitung (vgl. Kapitel 13, »Die Ausgabe«).

    HINWEIS

    Der Vergleich mit der analogen Zeit müsste eigentlich weiter gefasst werden: Sie erstellen mit Capture One nicht einfach einen Abzug von einem entwickelten Negativ, Sie behalten den belichteten Filmstreifen bei und können ihn beliebig oft neu und unterschiedlich entwickeln. Da dies mit echtem Filmmaterial nicht möglich ist, haben sich im digitalen Bereich die vereinfachenden Begriffe »Negativ« und »Abzug« durchgesetzt. Diese Nomenklatur werden wir in diesem Buch durchgängig verwenden.

    Nicht destruktive Bildbearbeitung heißt auch, dass Bilder nur bei Bedarf als fertige Datei vorliegen.

    Die »fertigen« Bilder existieren innerhalb von Capture One nur als Original plus Entwicklungseinstellungen. Diese Steuerdaten liegen entweder als Teil eines Katalogs oder als sogenannte »Sidecars« (»Seitenwagen«-Dateien) vor. Wenn Sie irgendwann Phase-One-Produkten den Rücken kehren wollen, müssen diese Entwicklungsschritte zuerst in Abzüge »gebacken« werden, sonst gehen Ihre Bearbeitungen verloren. Dasselbe gilt für den Fall, dass z. B. durch einen Computerfehler oder Diebstahl zwar die Original-RAW-Dateien im Back-up erhalten bleiben, aber die Entwicklungseinstellungen verloren gingen oder korrumpiert wurden. Viele Fotografen erstellen deswegen als Teil ihres üblichen Arbeitsablaufs von jedem fertig bearbeiteten Bild einen Abzug, je nach Qualitätsanspruch als JPEG-Datei oder 16-Bit-TIFF-Datei.

    Capture One ist heute RAW-Entwickler und Bildbearbeitung in einem. Je mehr Arbeiten Sie in Capture One erledigen, umso weniger Aufwand machen nachträgliche Korrekturen am fertigen Bild.

    Capture One ist im Kern zwar immer noch »nur« ein Entwickler für Rohdaten. Mit steigenden Versionsnummern kamen jedoch viele Funktionen hinzu, die früher Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop vorbehalten waren. Mit Capture One Pro erledigen Sie heute viele Dinge direkt auf RAW-Ebene:

    Objektiv- und Perspektivenfehler entzerren

    Staub auf Rücklinsen und Sensoren entfernen (»stempeln«)

    Sensor-Rauschen und »Hot Pixels« unterdrücken

    Bilder schärfen, sowohl als Eingangsschärfung als auch kreativ

    Farbinformationen für verschiedene Farbräume und -modelle aufbereiten

    Schwarzweiß-Konvertierung und kreative Farbarbeiten

    Retuschearbeiten wie rote Augen korrigieren oder Hautunebenheiten beseitigen

    Web-Abzüge mit Wasserzeichen versehen

    Fotodruck und Kontaktblätter

    Bildverwaltung

    … und einiges mehr. Die Erledigung solcher Arbeitsschritte auf RAW-Ebene hat einen entscheidenden Vorteil: Sie können solche Entwicklungsschritte verketten, ohne dass die Bildqualität des Endergebnisses sinken würde. Sie müssen – rein auf die Bildqualität bezogen – nicht darauf achten, in welcher Reihenfolge Sie die Bearbeitungsschritte vornehmen. Es ist z. B. egal, ob Sie ein Bild zuerst entrauschen und nachschärfen, dann den Weißpunkt anpassen und eine Objektiventzerrung vornehmen – oder andersherum. Capture One verrechnet die Einstellungen immer mit den Rohdaten der Originaldatei. Das heißt auch, dass Sie problemlos nachträglich punktuelle Änderungen an den Entwicklungseinstellungen vornehmen können.

    Praxisbeispiel: Schwarzweißbilder im RAW-Entwickler

    Sie möchten eine Schwarzweißversion Ihres Bildes erzeugen und verwenden dafür, wie bisher gewohnt, die Applikation SilverEfex von Nik/Google. Sie bearbeiten die Farbversion so gut wie möglich in Capture One und erstellen die Schwarzweißversion mit einem TIFF-Abzug in SilverEfex. Sie setzen dort eine Vignette, zupfen an der Tonwertkurve herum und wählen einen Farbfilter. Sie sind zufrieden und sichern das Ergebnis, …

    Hoppla!

    … nur um dann im Netz festzustellen, dass Sie Flecken im Himmel übersehen haben. Also entfernen Sie den Schmutz mit Capture One in der Farbversion und fangen mit der Schwarzweiß-Konvertierung in SilverEfex von vorne an. Und dann merken Sie, dass es noch weitere Flecken gibt oder dass das Bild doch nicht richtig entzerrt war, oder Sie stören sich nach ein paar Tagen doch noch am verwendeten Sepia-Filter und so weiter und so fort.

    Praxisbeispiel: Schwarzweißbearbeitung in Capture One

    Sie werden in diesem Buch viele Praxisbeispiele finden – dieses erste Beispiel soll Ihnen auch einen groben Überblick darüber geben, wie die Arbeit in Capture One, ganz generell, aus der »Vogelperspektive« aussieht, vom Öffnen eines Bildes bis zur Ausgabe. Die einzelnen Schritte werden im Verlauf des Buches im Detail besprochen.

    Wir haben gesehen: Wenn Sie auf Drittprogramme setzen, um Ihre Schwarzweiß-Konvertierungen zu gestalten, kann es schnell sehr mühsam werden. Erledigen Sie die Konvertierung in Capture One, sparen Sie viel Zeit und Aufwand: Sie korrigieren etwaige Fehler einfach nachträglich, ohne Qualitätsabstriche oder doppelte Arbeit.

    1. Importieren Sie Ihre Bilder in einen Capture-One-Katalog (vgl. Kapitel 4).

    2. Nehmen Sie nun dieselben Arbeiten an Ihrem Bild vor, die Sie auch vor einer Übergabe an z. B. SilverEfex vornehmen würden: Dinge wie Beschnitt (vgl. Kapitel 8.1), eine Belichtungskorrektur (vgl. Kapitel 6) oder ein erstes kreatives Schärfen (vgl. Kapitel 9).

    3. Aktivieren Sie nun im Farbe-Register den Schwarzweiß-Modus. Das Bild wird jetzt entsättigt dargestellt – sozusagen »neutral«, bereit für Ihre Bearbeitung.

    4. Gestalten Sie das Bild mit den Schwarzweiß-Werkzeugen von Capture One (vgl. Kapitel 5.5). In unserem Beispielbild werden Ihnen Sensorflecken ins Auge stechen – Staub, der auch in der vorbereiteten Farbversion vorhanden war, aber erst durch Ihre Bearbeitung sichtbar wurde.

    5. Greifen Sie nun zum Fleckentfernung-Werkzeug (vgl. Kapitel 9.7). Stempeln Sie mit der Option »Staub« die Flecken aus dem Bild.

    6. Fertig! Erzeugen Sie zum Schluss einen JPEG-Abzug übers Ausgabe-Register (vgl. Kapitel 13). Sollten Sie später weitere Flecken im Abzug entdecken – kein Problem, zurück zu Punkt 5. Punkte 1–4 entfallen.

    Es ergibt also Sinn, so viel wie möglich im RAW-Entwickler zu erledigen. Sie können alternativ natürlich auch in Photoshop mit Ebenen (»Layer«) arbeiten, um Einzelschritte nachträglich anzupassen oder rückgängig zu machen. Das kann aber schnell zu sehr großen Dateien und damit auch einer trägeren Verarbeitung führen. Manche Schritte lassen sich auch mit Ebenen in Photoshop nicht nachträglich korrigieren – z. B. das Entrauschen oder die Objektiventzerrung in Capture One. Sobald Sie einen Abzug in Photoshop weiter bearbeiten, sind alle Schritte bis zu diesem Punkt fix im Bild und können nur noch mit mehr oder weniger sichtbarer Qualitätsminderung korrigiert werden – oder Sie fangen von vorne an.

    Aber welche Teile der alltäglichen Fotoarbeit kann man denn zurzeit nicht mit Capture One Pro erledigen? Die Liste bleibt überschaubar:

    Panorama-Stitching sowie verschiedene Bilder z. B. zu einem HDRi-Foto kombinieren

    aufwendige Retuschearbeiten und Kopieren/Klonen von Inhalten verschiedener Bilder

    Bilder automatisch mit Onlinegalerien wie flickr oder 500px abgleichen

    Bilder mit Onlinediensten wie Twitter oder Facebook teilen

    HINWEIS

    Mit der kleinen Sony-Version von Capture One ergeben sich weitere Einschränkungen, die wir im nächsten Kapitel ansprechen werden. »Capture One Express for Sony« arbeitet genau gleich wie Capture One Pro, bietet aber nicht alle Funktionen an. An der Art und Weise, wie Capture One mit Ihren Rohdaten umgeht, ändert sich aber nichts: Die Originaldateien werden nicht verändert, fertige Bilder müssen als Abzüge ausgegeben werden, je mehr Sie in Capture One erledigen, desto geringer wird ein etwaiger Korrekturaufwand am »fertigen« Bild.

    1.2Welche Version darf es sein?

    Dieses Kapitel wendet sich an diejenigen, die sich noch unsicher sind, zu welcher Version von Capture One sie greifen sollen. Die Entscheidung wird Ihnen nicht unbedingt schwerfallen, aber wenn Sie verstehen, weshalb Sie zu einer der beiden Versionen und einem der beiden Lizenzmodelle greifen sollten, haben Sie die besten Voraussetzungen, das Maximale aus Capture One herauszuholen.

    1.2.1Eine Frage der Lizenz

    Seit Version 8 bietet Phase One ein neues Lizenzmodell an: Capture One Pro lässt sich jetzt wahlweise auch abonnieren. Anders als es Adobe mit seinem CC-Modell tut, geschieht dies aber nicht in einer ausgebauten Cloud-Umgebung inklusive Online-Speicherplatz, sondern bezieht sich tatsächlich nur auf die Art und Weise, wie man die Nutzung von Capture One bezahlen möchte. Die erste Frage, die sich Ihnen stellt, ist also: Möchten Sie die Software »mieten« oder Capture One Pro »kaufen«? Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile.

    Das Abonnement-Modell

    Mit »Capture One Pro Subscription« erwerben Sie während der Laufzeit des Abos das Nutzungsrecht der jeweils aktuellen Version. Capture One Pro 10, 11, 12 … egal. Sie zahlen die laufende Gebühr und bekommen Zugriff aufs aktuelle Capture One. Eine ständige Online-Verbindung ist nicht nötig, einmal pro Monat reicht, um die Gültigkeit des Abonnements mit den Lizenzservern von Phase One abzugleichen.

    Vorteil Abonnement-Modell: Kostenkontrolle

    Ein Vorteil des Abo-Modells ist die Kostenkontrolle – Capture One Pro ist nicht die günstigste Software auf dem Markt, es kann sich je nach Anzahl benötigter Lizenzen finanziell lohnen, die Investition mit dreimonatlichen Gebühren zu tätigen statt auf einen Rutsch viel Geld auszugeben. Eine Standardlizenz für zehn Arbeitsplätze kostet fast doppelt so viel wie ein Jahres-Abo für dieselbe Anzahl Arbeitsplätze – und ist sofort fällig. Besonders für kleinere Agenturen ein wichtiger Punkt.

    Für unschlüssige Einzelkämpfer ist das Abo-Modell ebenfalls interessant: Sie wählen ein Abonnement für drei Monate und erneuern es vielleicht nach Ablauf um weitere drei Monate. Sollte sich dann zeigen, dass ein anderer RAW-Konverter doch besser zu Ihren Kameras oder Ihrer Arbeitsweise passt, kündigen Sie das Abonnement und haben die Differenz zur Standard-Lizenz gespart.

    Nachteil Abo-Modell: Vendor-Lock-in und Upgrade-Zwang

    Also ist das Abo-Modell ohne Vorbehalte zu empfehlen? Nicht unbedingt – denn es hat auch entscheidende Nachteile. Als Erstes fällt man in den »Vendor-Lock-in«, also ist auch dann an Capture One gebunden, wenn man eigentlich auf eine andere Software wechseln möchte. Weder Entwicklungseinstellungen noch das Katalogformat von Capture One werden von anderen Produkten verstanden. Kündigen Sie das Abonnement, müssen Sie sämtliche Bilder verarbeiten bzw. Abzüge erstellen sowie die Kataloge in Ihrer bevorzugten Software nachbauen – Sie können nicht einfach eine alte Version von Capture One auf dem Rechner behalten, um bei Bedarf doch noch kurz einen Abzug zu erstellen, der Lizenzserver wird das verhindern. Bemerken Sie z. B. nach einem Jahr, dass eine besonders gelungene Bildserie verloren ging und nur als Capture-One-Back-up im Archiv liegt, müssen Sie wieder ein Abonnement über drei Monate buchen, um die Serie mit Anpassungen exportieren zu können. Oder Sie halten sich an die unbearbeiteten Originale und müssen diese mit Ihrem gegenwärtigen RAW-Entwickler neu bearbeiten.

    Ein anderer Nachteil sind mögliche zukünftige Systemvoraussetzungen. Seit Version 10 beispielsweise benötigt Capture One in der Mac-Version zwingend macOS 10.11 oder neuer. Nutzer, die an 10.10 oder älter festhalten möchten (oder müssen), können Capture One Pro nicht verwenden. Sollten zukünftige Versionen ähnliche Vorgaben machen – vielleicht eine bestimmte minimale Grafikausstattung oder Betriebssystemversion – sind Sie entweder gezwungen, Ihre Rechner zu aktualisieren oder ganz auszutauschen. Sie können nicht längere Zeit an einer noch lauffähigen früheren Version von Capture One festhalten.

    Die Standard-Lizenz

    Phase One plant nicht, komplett auf das Abonnement-Modell zu wechseln. Die gewohnten Standard-Lizenzen mit Upgrade-Möglichkeiten werden auch in Zukunft angeboten werden. Auch hier gibt es Vor- und Nachteile.

    Nachteil Standard-Lizenz: Kostenfalle

    Zuerst genannt sei die Kostenfrage. Wie oben beim Abo-Modell gesagt ist Capture One Pro recht teuer, selbst Upgrade-Preise kosten oft mehr als eine Standard-Lizenz bei der Konkurrenz. Über die Jahre kommt da ganz schön was zusammen, sodass es sich lohnt, hier im wahrsten Sinne des Wortes Bilanz zu ziehen. Das gilt besonders wiederum, falls Sie Lizenzen für mehrere Arbeitsplätze benötigen.

    Vorteil Standard-Lizenz: Unabhängigkeit

    Andererseits machen Sie sich mit dem Kauf von Standard-Lizenzen von der Entwicklung von Capture One unabhängig. Sie sind mit Version 10 zufrieden und haben kein Interesse an zukünftigen Versionen? Version 11 läuft nicht mehr auf Ihrem Rechner? Sie möchten den Softwareanbieter wechseln, aber Capture One für Ihr Archiv behalten? Alles kein Problem, Sie haben Ihre ewigwährende Nutzungslizenz (»perpetual license« im Phase-One-Jargon) bezahlt. Das gilt für Freelancer gleich wie für Studios – oft hat man seine Abläufe über Jahre optimiert, Hard- und Software darauf ausgerichtet und will oder kann nicht sofort auf eine neue Softwareversion wechseln.

    WICHTIG

    »Abo oder Standard-Lizenz?« Es gibt keine allgemein gültige Antwort auf diese Frage, keine Variante ist generell besser oder schlechter als die andere. Entscheiden Sie nicht aus dem Bauch heraus – betrachten Sie Ihre Arbeitsabläufe, die verwendete Hard- und Software, prüfen Sie Ihre Geldmittel, kalkulieren Sie die anfallenden Lizenzkosten für beide Varianten über die nächsten zwei bis drei Jahre. Wie oft haben Sie in der Vergangenheit Upgrades übersprungen, wie oft sind Sie sofort umgestiegen?

    Bleiben Sie in diesem Schritt sachlich und realistisch. Im Anschluss darf dann gerne auch besagter Bauch mitentscheiden.

    1.2.2Eine Frage der Version

    Capture One Pro und Capture One Express/Pro for Sony – die Auswahl der »richtigen« Version fällt leicht.

    Die Frage, zu welcher Ausführung man greifen soll, gestaltet sich seit Capture One 8 denkbar einfach, denn anders als bei früheren Versionen gibt es seither für die meisten Anwender nur noch eine Variante: Capture One Pro.

    Beim ersten Start von Capture One wählen Sie die gewünschte Version aus. Die heruntergeladene Software ist immer dieselbe, je nach Version werden mehr oder weniger Funktionen aktiviert.

    Ein Spezialfall stellt sich für Nutzer von Sony-Kameras wie der A7-Reihe. Phase One bietet eine kostenlose, abgespeckte Version von Capture One Pro an. »Capture One Express for Sony« funktioniert, nicht sehr überraschend, ausschließlich mit den unterstützten Sony-Kameras. So fehlt z. B. der Sitzungsmodus, und die Ebeneneffekte sind nur eingeschränkt verfügbar. Verkabeltes Fotografieren (vgl. Kapitel 14) ist nicht möglich, Soft-Proofing wird nicht unterstützt und so weiter. Dem gegenüber steht »Capture One Pro for Sony«: Diese Version bietet den vollständigen Funktionsumfang von Capture One Pro, funktioniert allerdings wie die Express nur mit Sony-Kameras bzw. deren Dateien. Dafür ist diese Sony-Pro-Version deutlich preisgünstiger als die »volle« Pro-Version.

    Die »kleine« Sony-Version lässt sich also gut mit den »alten« Express-Versionen vergleichen, und wie zu Zeiten von Capture One 6 und 7 gibt es auch kostengünstige Upgrade-Angebote auf die Vollversion – Capture One Pro.

    TIPP

    Für die meisten Anwender stellt sich die Frage nach der »richtigen« Version nicht – Capture One Pro, fertig. Sony-Nutzern steht mit den Spezialversionen die Option offen, günstig einen alternativen RAW-Entwickler neben ihrer gewohnten Software wie z. B. Lightroom zu verwenden oder Capture One ausgiebig zu testen, länger als es mit den Demoversionen möglich ist. Nutzen Sie diese Möglichkeit!

    Der Vollständigkeit halber seien noch zwei weitere Versionen von Capture One erwähnt: die »DB«-Version sowie die »Cultural Heritage«-Ausgabe. Diese Spezialversionen sind auf ihren konkreten Einsatz optimiert. »DB« steht für »Digital Backs« und ist diejenige Version von Capture One, die mit den Mittelformatrückteilen von Phase One und Mamiya Leaf ausgeliefert wird. Diese Versionen sind kostenlos, aber funktionieren ähnlich wie die Sony-Version nur mit genau diesen Kameras. Der Funktionsumfang ist identisch mit Capture One Pro.

    Die »Cultural Heritage«-Version von Capture One ist für die Repro-Fotografie optimiert und richtet sich an Museen und Archive. Funktional unterscheidet sie sich nicht von der Pro-Version, bietet aber erweiterten Support durch Phase-One-Mitarbeiter und je nach Dienstleistungsvertrag gebündelte Hardware und Zusatzsoftware. Diese Version ist, wie die DB, nicht im freien Handel erhältlich und wird entsprechend hier im Buch nicht weiter zur Sprache kommen.

    1.3Die Render-Pipeline aus der Vogelperspektive

    Capture One arbeitet prinzipiell wie jeder andere RAW-Entwickler: Die Originaldaten werden gelesen, interpretiert und in ein für Menschen erkennbares Bild übergeführt. Wie genau Ihre Bilder durch die verschiedenen Module von Capture One wandern – das, was wir die Workflow-Pipeline nennen werden –, besprechen wir in Kapitel 3. Für den Moment interessiert uns mehr eine grundsätzliche Frage:

    Das Erzeugen eines Bildes aus seinen Rohdaten nennen wir in diesem Buch »Rendern«.

    Wie bestimmt Capture One eigentlich, welche exakte Haarfarbe mein Model hatte oder genau welches Grün bei Sonnenaufgang auf der Wiese leuchtete?

    In diesem Kapitel werden Sie den Aufbau der Render-Pipeline kennen- und so Capture One besser verstehen lernen.

    Die Render-Pipeline verkettet verschiedene Abläufe mithilfe von Farbprofilen (grün) und Geräteprofilen (grau).

    Ihre Bilder fließen also durch ein System aus aneinandergereihten Farbdefinitionen: Um die Daten aus der Kamera zu interpretieren und in ein für uns Menschen sichtbares Bild umzuwandeln, benötigt Capture One zwingend zwei verschiedene Arten von Profilen. Einerseits muss das Programm Eigenheiten der Hardware, z. B. Objektivverzeichnungen bzw. deren Korrekturen oder Sensor-Spezialitäten, kennen. Diese Informationen liegen in Geräteprofilen vor. Andererseits muss Capture One am Ende Farbwerte liefern und, bei Bedarf, an die Darstellung am Bildschirm oder im Ausgabemedium anpassen können. Capture One setzt dazu auf Farbprofile gemäß den Vorgaben der ICC.

    Das International Color Consortium, kurz ICC, wurde 1993 von Apple, Agfa, Adobe, Kodak, Microsoft, Silicon Graphics, Sun und Taligent gegründet. Das Ziel war es, einen systemübergreifenden, offenen Standard für den digitalen Umgang mit Farben zu schaffen. Seit 2010 sind diese Vorgaben ISO-Norm. Die ICC definiert das Format, in dem Profile beschrieben werden müssen, aber nicht, wie die genaue Farbbestimmung geschehen soll – also mit welchen Algorithmen und Methoden.

    Die ICC-Vorgaben werden technisch im Rahmen eines sogenannten Farbmanagement-Moduls (Color Management Module, kurz CMM) umgesetzt. Windows und macOS kommen mit systemweiten CMM, jede Applikation kann aber ihr eigenes Modul mitliefern. So verwenden Produkte von Adobe ein eigenes, proprietäres CMM, Firefox setzt auf Farbmanagement-Module aus der Open-Source-Szene, und Capture One ist ein Mittelding, bindet sich in das systemweite CMM ein, rechnet aber intern mit eigenen farbmetrischen Methoden.

    Es kann also zu unterschiedlichen Endergebnissen kommen, denn jedes Farbmanagement-Modul arbeitet etwas anders. Das ist mitunter ein Grund dafür, dass Capture One Farben verschieden davon »rendert« – also die Farbwerte verrechnet –, als es Programme wie Adobe Camera RAW tun: Die Applikationen verwenden unterschiedliche CMM, deren Ergebnisse sich mehr oder weniger drastisch unterscheiden können.

    Capture Ones Farbmanagement-Modul und die gesamte Render-Pipeline sind auf den Studio- und (Offset-)Druckeinsatz optimiert.

    Alle Farbprofile in Capture One sind ICC-Profile. Das heißt, dass Sie Ihre Bilder leicht für den Einsatz im Magazin- und Plakatdruck entwickeln können: In diesem Bereich sind ICC-Workflows die Norm, Ihre Fotos verbleiben ab dem Moment, in dem Sie die Bilder mit Capture One öffnen, im passenden technischen Umfeld. Capture One muss keine Farbmodelle umrechnen, keine Farbwerte konvertieren oder Ergebnisse simulieren – der RAW-Entwickler verlässt sich auf korrekte ICC-Profile und verrechnet die Farbwerte kontinuierlich mit den richtigen Informationen, bei jedem Schritt der Bildentwicklung und -bearbeitung.

    Von vielen schmerzlich vermisst: die Farbregler in Lightroom

    Im Gegenzug heißt das aber auch, dass sich Capture One an die Vorgaben der ICC halten muss – das bedeutet, dass die Render-Pipeline mit den entsprechenden Farbmodellen rechnet und sich an den vorgegebenen Rahmenbedingungen orientiert. Lightroom ist von Grund auf zur Verrechnung von Farbdaten aus digitalen Kameras gebaut und darauf optimiert: Dinge wie das einfache Erstellen eigener Kameraprofile oder die Bearbeitung von Bildern über globale HSL-Regler (Hue, Saturation, Luminance – Farbwert, Sättigung und Helligkeit) stellen für Lightroom kein Problem dar – sie sind Teil des Gesamtkonzepts. Capture One hingegen ist für den Einsatz als Teil einer Prozesskette, vom Fotografen über die Gestalterin bis zur Druckerei, gebaut.

    HINWEIS

    Die möglichen Einschränkungen, die durch den strikten Einsatz von ICC-Profilen kommen, sind größtenteils theoretischer Natur oder tangieren lieb gewonnene Gewohnheiten wie z. B. den Einsatz der HSL-Regler in Adobe Camera RAW. Das heißt auch, dass diese Eigenheiten in der Praxis für die meisten Fotografen nach einer Eingewöhnungszeit keine Rolle mehr spielen.

    Sie werden im täglichen Einsatz keine Probleme damit haben, wie genau Capture One intern rechnet. Aber falls es wider Erwarten doch zu Farbproblemen wie der im nächsten Kapitel besprochenen DNG-Situation kommen sollte, behalten Sie im Kopf: Höchstwahrscheinlich ist es nicht Ihr Fehler, sondern systembedingt, und kann oft mit einer Support-Anfrage auf der Phase-One-Homepage geklärt werden. In Kapitel 1.4 werden wir uns die Sache mit den ICC-Profilen und der Farbverwaltung genauer anschauen.

    Aber Butter bei die Fische: Wie arbeitet nun Capture One? Gehen wir die Render-Pipeline Schritt für Schritt durch.

    1. Capture One lädt die Daten aus dem RAW-Original und erstellt Vorschaubilder (vgl. Kapitel 1.7, unten).

    2. Als Interpretationsbasis für das Erstellen der Vorschaubilder und die Darstellung im Viewer (vgl. Kapitel 1.5) dient das passende Kameraprofil. Bei einigen Kameramodellen stehen unterschiedliche Profile zur Verfügung, je nach Einsatzbereich oder Geschmack.

    Die von Capture One zur Verfügung gestellten Kameraprofile für die Canon 1Ds. Sie entscheiden, welches wann am besten zu Ihren Bildern passt.

    3. Nun bearbeiten Sie Ihre Bilder, schubsen Regler herum, korrigieren Farbstiche mit dem Farbbalance-Regler, nehmen eine Eingangsschärfung vor und so weiter. Bei jedem dieser Schritte greift Capture One

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