Eine ehrgeizige Mutter: Dr. Laurin 172 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Warum schauen Sie denn so sorgenvoll drein, Frau Garden?«, fragte Dr. Leon Laurin nachdenklich. »Es ist alles in bester Ordnung, und den letzten Monat werden Sie auch noch überstehen.Der Gynäkologe betreute Regine Garden besonders aufmerksam, und das nicht nur, weil sie die Frau eines jungen Kollegen war. Die Zeit der Schwangerschaft war nicht leicht gewesen. Sie hatte manche Komplikationen mit sich gebracht, und eine Weile war sogar eine Frühgeburt zu befürchten. Aber der erfahrene Dr. Laurin hatte auch diese Gefahr gebannt.Regine war eine zarte, überaus sensible junge Frau, und wie Dr. Laurin bald festgestellt hatte, sehr konservativ erzogen. Nur langsam legte sie ihre Hemmungen ab.»Wie hat Schwester Marie neulich mal gesagt? Unter jedem Dach wohnt ein Ach«, sagte Regine leise.»Und wie heißt Ihres?»Rolf«, erwiderte sie leise. »Ich weiß nicht, was mit ihm los ist.Rolf war ihr jüngerer Bruder. Er studierte in München und wohnte bei dem jungen Arztehepaar Garden.
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Eine ehrgeizige Mutter - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 172 –
Eine ehrgeizige Mutter
Will Leonie wirklich das Beste für ihre Kinder?
Patricia Vandenberg
»Warum schauen Sie denn so sorgenvoll drein, Frau Garden?«, fragte Dr. Leon Laurin nachdenklich. »Es ist alles in bester Ordnung, und den letzten Monat werden Sie auch noch überstehen.«
Der Gynäkologe betreute Regine Garden besonders aufmerksam, und das nicht nur, weil sie die Frau eines jungen Kollegen war. Die Zeit der Schwangerschaft war nicht leicht gewesen. Sie hatte manche Komplikationen mit sich gebracht, und eine Weile war sogar eine Frühgeburt zu befürchten. Aber der erfahrene Dr. Laurin hatte auch diese Gefahr gebannt.
Regine war eine zarte, überaus sensible junge Frau, und wie Dr. Laurin bald festgestellt hatte, sehr konservativ erzogen. Nur langsam legte sie ihre Hemmungen ab.
»Wie hat Schwester Marie neulich mal gesagt? Unter jedem Dach wohnt ein Ach«, sagte Regine leise.
»Und wie heißt Ihres?«
»Rolf«, erwiderte sie leise. »Ich weiß nicht, was mit ihm los ist.«
Rolf war ihr jüngerer Bruder. Er studierte in München und wohnte bei dem jungen Arztehepaar Garden. Dr. Laurin wusste inzwischen recht gut Bescheid über die Familienverhältnisse, die nach außen hin in bester Ordnung schienen. Er hatte sich lange mit seinem Kollegen Dr. Felix Garden unterhalten, nachdem Leonie Hubertus, die Mutter von Regine, ihn aufgesucht hatte, um ihm ihren Standpunkt über Ehe, Mutterschaft und Moral klarzumachen, da ihr Schwiegersohn ihrer Ansicht nach eine viel zu moderne Einstellung vertrat.
Dr. Laurin hatte eine rechthaberische, despotische Frau kennengelernt, die dazu auch noch bigott war. Er dankte dem Himmel, dass seiner Familie ein solches Mitglied erspart blieb, und er musste Dr. Garden bewundern, mit welcher Gelassenheit er diese Frau stets behandelte.
Allerdings wurde ihm dies von Leonie Hubertus schwer angekreidet. Sie sprach von ihrem Schwiegersohn in einem herablassenden, gar verächtlichen Ton, bezeichnete ihn als ungehobelten Bauern und äußerte ihr Nichtbegreifen, dass ihre Tochter, die doch die besten Partien hätte machen können, diesen Mann geheiratet hatte.
Allerdings hatte es Dr. Laurin sehr in Erstaunen versetzt, dass Regine sich diesbezüglich so standhaft und unbeeinflussbar gezeigt hatte, aber als sie sich besser kannten, hatte sie einmal gesagt, dass sie froh sei, ihre Mutter wenigstens zweihundert Kilometer entfernt zu wissen.
In der nicht gerade großen Kreisstadt war die Familie Hubertus tonangebend. In erster Linie natürlich Leonie, während ihr Mann, der Textilfabrikant Rudolf Hubertus, den Weg des geringsten Widerstandes ging. Nach Dr. Gardens Worten hätte es auch Mord und Totschlag gegeben, wenn sein Schwiegervater nicht so phlegmatisch gewesen wäre.
Sehr christlich klang das in Leon Laurins Ohren nicht, aber er hatte Verständnis für den jungen, toleranten und sehr energischen Kollegen, der seine Frau über alles liebte und auf eine schnelle Heirat gedrängt hatte, um sie von der Fuchtel ihrer Mutter wegzubringen. Und das war nur möglich gewesen, indem schon ein Kind unterwegs war und die Heirat ›sein musste‹. Freilich wurde darüber geschwiegen. Ihre Empörung hatte Frau Hubertus nur Dr. Laurin gegenüber geäußert, und das auch nur, weil er als Frauenarzt ja Bescheid wusste.
Was Leonie an Intelligenz mangelte, ersetzte sie durch Arroganz.
Dr. Laurin konnte sich sehr gut vorstellen, dass ein junger Student wie Rolf Hubertus, gerade zwanzig Jahre alt und überdurchschnittlich intelligent, wie er von Dr. Garden wusste, gegen den Zwang im Elternhaus aufbegehrte.
»Was gibt es denn an Rolf auszusetzen?«, fragte der Chef der Prof.-Kayser-Klinik nun.
»Er ist so verschlossen. Verstockt nennt es meine Mutter. Früher hat er wenigstens mit mir gesprochen, aber auch das tut er nur widerwillig, wenn ich nicht lockerlasse. Und dann kommt er oft auch nachts nicht nach Hause. Felix nimmt das nicht tragisch.«
»Das sollte man auch nicht. Junge Männer möchten sich nicht gern gängeln lassen. Am besten wäre es gewesen, wenn er ein eigenes Appartement hätte, sich frei fühlen könnte. Wenn man sich nämlich frei fühlen kann, bedeutet diese ersehnte Freiheit gar nicht mehr so viel.«
»Jedenfalls werde ich die letzten vier Wochen Ruhe haben. Meine Eltern fahren mit unseren jüngeren Geschwistern nach Schweden und Finnland. Da sind sie weit vom Schuss.«
Sie atmete auf.
»Der Grund ist wohl auch, dass unser Baby eben doch schon sieben Monate nach der Hochzeit zur Welt kommt. Da kann Mutter dann sagen, dass sie mit einer Frühgeburt nicht gerechnet hätte und deshalb weggefahren sei. Sie belügt sich selbst und andere, und das ist das Schlimmste.«
Dies jedoch war ein offenes Bekenntnis, und Dr. Laurin hegte die Hoffnung, dass Regine Garden auch weiterhin auf dem Weg bleiben würde, alles so zu sehen, wie es nun einmal war. Dass ihre Mutter sich noch ändern würde, daran glaubte er nicht. Sie hatte sich festgefahren in ihren Vorstellungen über das Leben.
*
Als Regine heimkam, verließ ihr Bruder Rolf das Haus gerade wieder. Er trug seine Reisetasche in der Hand.
»Ich fahre ein paar Tage weg, Regine«, sagte er. »Ich habe dir einen Zettel hingelegt.«
»Wie lange und wohin?«, fragte sie unbedacht.
Seine Augen verengten sich. »Muss ich dir auch Rechenschaft ablegen? Ich bin kein kleines Kind. Ich fahre mit ein paar Freunden weg. Werde bloß nicht so wie Mutter, sonst wird Felix ewig bereuen, dich geheiratet zu haben.«
Sie zuckte zusammen, und ihm stieg flüchtige Röte ins Gesicht. »Entschuldige bitte«, fügte er rasch hinzu, »mir geht manchmal der Gaul durch. Ich will euch auch nicht in Verlegenheit bringen. Wenn Mutter anruft, kannst du ihr ruhig sagen, dass du nicht weißt, wo ich bin. Meinetwegen sollst du nicht lügen, also sage ich lieber nichts.«
»Hast du genug Geld, Rolf?«, fragte sie leise.
»Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Ich verdiene mir mein Taschengeld schon selber. Aber ich will nicht für alles eine Erklärung abgeben. Ich habe euch gern, Regine. Tschüss.«
Und schon eilte er davon. Sie blickte ihm nach. Tränen stiegen in ihre Augen. Mutter hat es geschafft, dachte sie. Wir sind alle verklemmt, so verklemmt wie sie selber.
Unser Kind soll anders aufwachsen, nahm sie sich gleich darauf vor. Und dann läutete das Telefon. Die helle, fast schrille Stimme ihrer Mutter tönte an ihr Ohr. Regine hatte es geahnt.
»Wir starten jetzt«, sagte Leonie. »Ich wollte mich verabschieden. Wie geht es dir?« Wie ein Wasserfall plätscherte das daher, ohne Punkt und Komma.
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»Ich habe ja geahnt, dass ich mich nicht auf euch verlassen kann«, tönte die Stimme im höchsten Diskant. »Rolf wird wieder nach Hause kommen.«
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»Damit erreichst du gar nichts, Mutter«, sagte Regine jetzt tonlos. »Und bitte, misch dich nicht in unsere Ehe ein. Ich bin sehr glücklich mit Felix. Ich betrachte es nicht als Schande, dass ich ein Kind bekomme. Ich wollte es, damit ich ihn heiraten durfte. Das soll endlich einmal gesagt sein.«
Ihr Gesicht war tränenüberströmt, als sie den Hörer auflegte, aber da war ihr Mann schon bei ihr und nahm sie in seine Arme.
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*
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