Mit mentaler Wettkampfvorbereitung zum Erfolg: Das große Handbuch für Sportler, Übungsleiter und Trainer
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Leistungssportler aufgepasst: Im Training super, im Wettkampf mies?
In diesem Handbuch werden Lösungen und echte Hilfen für den "Trainingsweltmeister" dargestellt.
Konkrete Handlungsanweisungen, wissenschaftlich fundiert, mit zahlreichen Fotos direkt vom Mentaltraining auf dem Sportplatz.
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Mit mentaler Wettkampfvorbereitung zum Erfolg - Michael Draksal
Germany.
Zu diesem Buch
In diesem Buch geht es nicht um Ausdauer, Schnelligkeit, Trainingspläne oder Bewegungstechniken. Es geht um den mentalen Bereich, der auf einem Spitzenniveau heiß diskutiert wird, der aber meiner Ansicht nach auch schon viel früher gefördert werden sollte, im Nachwuchsbereich und zwar als «ganz normale» Ergänzung zum regulären Training.
Denn: Ohne hohe Konzentration sind die Fortschritte einfach zu langsam, eine falsche Körperwahrnehmung senkt die Effektivität des Trainings («die richtige Belastungsdosierung»), ohne stabile Motivation kann niemand langfristig Erfolg haben, ohne mentale Vorbereitung auf Wettkämpfe gelingt das Abrufen einer persönlichen Bestleistung zu selten und ohne Entspannungsfähigkeit dauert die Regeneration unnötig lange.
In den letzten 15 Jahren hat sich die praktische Sportpsychologie in Deutschland weit entwickelt. Höhepunkt war sicher die mentale Vorbereitung der deutschen Fußballnationalmannschaft, auf die Jürgen Klinsmann besonderen Wert gelegt hat, oder die mentale WM-Vorbereitung der deutschen Handballnationalmannschaft mit dem bekannten Ergebnis des WM-Titels. Der Nutzen des Mentaltrainings ist ja längst wissenschaftlich bewiesen (vgl. FELTZ & LANDERS 1983). Trotzdem ist in vielen Sportarten ein systematisches Durchführen mentaler Übungen immer noch die Ausnahme.
Dieses Arbeitsbuch schafft Abhilfe! Weniger theoretisch, sondern ganz praktisch mit mentalen Trainingseinheiten, die entweder direkt in das reguläre Training integriert werden oder ein optimales Ergänzungstraining darstellen. Trainer finden in einem Kapitel über Coaching Hilfestellungen für ihre Trainingspraxis. Natürlich hat ein Buch auch seine Grenzen. Um es ganz deutlich zu sagen:
1. Es wird überhaupt nichts bringen, wenn du dir die Übungen nur durchliest
2. Es wird wenig bringen, die Übungen nur einmal auszuprobieren – Mentaltraining muss langfristig und regelmäßig durchgeführt werden
3. Es gibt Schwierigkeiten, die nicht über ein Buch in den Griff zu bekommen sind, da ein Buch zwangsläufig immer verallgemeinern muss und somit nicht auf deine individuelle Situation eingehen kann
Trotz dieser Grenzen, die ein Arbeitsbuch – und sei es noch so praxisnah – hat, liegt im mentalen Bereich die große Chance, schneller voranzukommen als je zuvor, dadurch häufiger Erfolgserlebnisse zu verzeichnen und auf die Art den Spaß am langfristigen Leistungsaufbau nicht zu verlieren.
Man muss nicht unbedingt Olympiasieger werden, um zu erfahren, welche Faszination im Wettkampfsport liegt. Diese Faszination, eine antrainierte Leistung vor Publikum zu präsentieren und dafür im Falle eines Sieges hohe Anerkennung zu erhalten – das ist ein Lifestyle mit intensiven Erlebnissen: von bitteren Niederlagen bis zu grandiosen Erfolgen…
Ich wünsche dir viel Spaß auf diesem spannenden Weg!
Michael Draksal,
im März 2007
1. Mentales Training – Eine Einführung
Frage?
• Hast du eigentlich schon einmal mental trainiert?
• Nein? O.k., ich stelle die Frage anders:
Hast du dir schon einmal vor einem Wettkampf irgendwelche Gedanken gemacht?
• Na klar!, wirst du vielleicht jetzt sagen… aber:
Allein dieses «sich-Gedanken-Machen» ist bereits mentales Training – nur halt sehr unsystematisch durchgeführt.
Worauf wirken Gedanken?
1. Physiologie: Gedanken bewirken Reaktionen im Körper, bei der Atmung und dem Muskeltonus, Zittern. Gedanken können dich verkrampfen oder entspannen lassen. Wichtig zur Förderung der Regeneration: Nach 20 Minuten tiefer Entspannung sind bereits 30% Laktat abgebaut!
2. Emotionen: Gedanken wirken auf Gefühle – und wir wissen, dass Gefühle wie Freude, Genuss, Lust am Leistungsvergleich usw. am ehesten Höchstleistung fördern. Ebenso will der richtige Umgang mit Niederlagen gelernt sein
3. Ärger, Wut, Enttäuschung: nicht schönreden, sondern damit umgehen können!
4. Motivation: Man kann sich über die eigenen Gedanken pushen und Leistungsreserven freisetzen – oder man kann sich gedanklich aufgeben und dadurch persönliche Bestleistungen verhindern
5. Technik: Es werden Bewegungsabläufe gedanklich durchgespielt, leider oftmals die schlechtesten Versuche, anstatt mal seine besten Aktionen nach einem Wettkampf mental zu verstärken
6. Erscheinungsbild & Charisma: Man sieht es jemandem an, wenn er sehr nervös ist. Und wir sind fasziniert von der Selbstsicherheit einiger Menschen.
– Wichtiger Punkt für mentale Stärke im Wettkampf!
«Sieger zweifeln nicht – Zweifler siegen nicht»
Übung 1
Was für Gedanken führen wohl nervöse Menschen?
Kannst du dich daran erinnern, was du denkst, wenn du im Wettkampf nervös wirst?
Übung 2
Was für Gedanken führen wohl mental starke Menschen?
Kannst du dich daran erinnern, was du denkst, wenn im Wettkampf alles perfekt läuft?
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Champions im Wettkampf positive, optimistische, zuversichtliche, gewinnorientierte Gedanken führen (ohne sich selbst dabei etwas vorzumachen), während Verlierer bereits in Gedanken das eigene Versagen durchspielen.
Manchmal ist es sogar hinderlich, überhaupt etwas zu denken, wie du vielleicht weißt: Wenn es richtig super läuft, dann denkt man gar nicht mehr wirklich darüber nach, was man gerade macht. Man geht einfach in der Bewegung auf und alles scheint völlig mühelos und fast automatisch zu laufen. Diesen optimalen Leistungszustand kann man nicht erzwingen, aber man kann lernen, die richtigen Gedanken zu führen, um dadurch die eigene Leistung von der mentalen Seite her optimal zu unterstützen.
Die Wissenschaft, die sich intensiv mit dem Mentaltraining beschäftigt, ist die Sportpsychologie. Da wird zum Teil ein ganz erheblicher Aufwand betrieben, um zu gesicherten Aussagen zu kommen. Hier eine Übersicht.
Einige interessante Facts
Wer sein praktisches Training mit mentalem Training kombiniert, macht etwa 15% schnellere Trainingsfortschritte, als jemand der nur praktisch trainiert (FELTZ & LANDERS 1983).
Mentales Training erhöht die Toleranz gegenüber körperlicher Belastung um ca. 30% (BUND 2004).
Sportler, die von ihrer Leistung überzeugt sind, können diese viel besser abrufen als Sportler, die an sich selbst zweifeln (MAHONEY & AVENER 1977).
Wenn man sich nur vorstellt, ein Krafttraining durchzuführen, hat dies schon Auswirkungen auf die Kraftentwicklung. In der Studie von YUE (1990) lagen die Kraftzuwächse durch ein mentales Maximalkrafttraining nach 4 Wochen bei 22%! Allerdings im Anfängerbereich und mit kleinen Muskelgruppen. Dennoch ein erstaunlicher Befund, der z.B. bei verletzungsbedingten Trainingspausen relevant wird.
Es gibt keinen bedeutsamen Einfluss des Trainingsumfangs auf die Leistungsentwicklung (EMRICH & PITSCH 1998). Besser wird man also nicht durch mehr Training, sondern vor allem durch besseres Training («Qualität vor Quantität»), was ein starkes Argument für ein begleitendes Mentaltraining ist: Reduziere deine Trainingsumfänge und steigere die Effektivität deines Trainings durch mentale Übungen.
Mentales Training für Chirurgen & Zahnmediziner: 15% bessere Operationsergebnisse (IMMENROTH 2003) – ein beunruhigendes Ergebnis wie ich finde…
Mentales Training mit Bluthochdruck-Patienten: 10mmHg Senkung in 6 Monaten nur durch Vorstellung! (Hildesheimer Gesundheitstraining bei Prof. UNTERBERGER/FH Göttingen)
Champions haben ein viel genaueres Bewegungsgefühl als Anfänger. Sie kennen ihren Körper besser und können ihre Körpersignale besser einschätzen. Im Schwimmen zählt das Wassergefühl seit Neuestem mit zu den konditionellen Fähigkeiten! Das ist bahnbrechend, denn es bedeutet, dass das Gefühl im Wasser auf einer Stufe mit Kraft und Ausdauer steht.
Frage?
Wie fühlst du dich bei deiner Bewegung im Wettkampf? Kannst du deine Leistung richtig einschätzen, wenn dir die gelaufene Zeit/die Weite/das Ergebnis nicht gesagt wird?
Was gehört noch zum mentalen Training?
1. Ein wichtiger Bereich ist die Leistungsoptimierung und zwar beim Techniktraining, Konditionstraining, der Leistung im Wettkampf und Regeneration.
Techniktraining
Sportliche Techniken müssen irgendwie abgespeichert werden, damit es Leistungszuwächse gibt. Diesen Lernprozess kann man optimieren, indem man die Bewegungen gedanklich durchspielt. Das sieht man häufig bei Sportlern, wenn sie vor ihrem Versuch den Ablauf mental durchgehen: Die Augen sind geschlossen, und man kann von außen richtig erkennen, dass diese Sportler gerade ihr «Kino im Kopf» eingeschaltet haben.
Konditionstraining
Wir hatten schon gesehen, dass mehr Training nicht gleich mehr Leistung bedeutet. Das Erfolgsprinzip heißt: Trainiere hart, aber gib deinem Körper nach dem Training auch ausreichend Zeit zur Erholung!
Wie viel Erholung ein Sportler braucht, muss jeder selbst merken (Stichwort «Körperwahrnehmung»), denn so etwas kann kein Trainer von außen erkennen. Das mag zunächst erstaunen. Aber überlege einmal: Glaubst du wirklich, dass jeder Mensch gleich reagiert, wenn er 4x pro Woche Krafttraining durchführt? Aus den Studien wissen wir, dass bei Trainingsgruppen ca. 1/3 der Athleten unterfordert, 1/3 überfordert und nur 1/3 optimal belastet ist. Lerntheoretisch und biologisch sinnvoller ist es daher, auf die Signale des Körpers zu hören und wenn dir dein Körper sagt Ich bin heute topfit, fordere mich! dann auch wirklich hart zu trainieren. Wenn dein Körper sagt Ich brauche heute Ruhe! dann auch ganz konsequent regenerative Maßnahmen anzusetzen wie Sauna oder Massage.
Aus diesem neuen Ansatz ergeben sich zwei Folgerungen für die Praxis: 1. Die Bedeutung von Trainingsplänen nimmt ab. 2. Die Bedeutung der Pause nimmt zu. Ich möchte das in diesem Einführungskapitel nicht zu sehr vertiefen, nur so viel: Trainingspläne können immer nur einen Rahmen vorgeben (roter Faden) – aber du musst selbst merken, was dein Körper heute braucht und das dann deinem Trainer mitteilen, damit er genau die richtigen Trainingsreize für den heutigen Tag setzen kann. Probiere dieses intuitive Training einfach mal aus… du wirst feststellen, dass dein Körper viel mehr Pause benötigt als allgemein angenommen. Oder anders ausgedrückt: Um am Wettkampftag topfit zu sein, kann es durchaus sein, dass du deine letzte Krafttrainingseinheit 14 Tage vorher absolvierst!
Nur wer hat schon die Nervenstärke, vor einem Wettkampf nicht zu trainieren – aber genau das folgt aus diesem neuen Ansatz und als prominentes Beispiel wird dazu immer Sebastian Coe zitiert, der 1979 einen Weltrekord über 800m mit 1:42,33 Min aufgestellt hat. Wie kam es dazu?
Coe trainierte hart, musste jedoch aufgrund einer Verletzung und wegen seiner Abschlussprüfung an der Uni das Training im Winter 1978 bis Anfang 1979 komplett einstellen. Erst im Mai – nach bestandenem Examen – fing er überhaupt wieder an zu trainieren, um 12 Wochen später persönliche Bestzeit und Weltrekord zu laufen. Genauso wie Seb Coe berichten auch andere hart trainierende Athleten, wie gut sie sich plötzlich nach einer Pause fühlten. Der Körper braucht harte Reize, keine Frage. Aber mindestens genauso wichtig ist die trainingsfreie Zeit danach für die Anpassungsreaktion. Und diese benötigte Zeit scheint viel länger zu sein, als bisher angenommen.
Leistung im Wettkampf
Es liegen Welten zwischen einem Hochsprung im Training und einem Hochsprung im Finale der deutschen Meisterschaft! Auch hier helfen mentale Trainingsformen, die antrainierte Leistung unter Prüfungsbedingungen besser abrufen zu können. Bei der mentalen Wettkampfvorbereitung versucht man, sich an die Bedingungen des Wettkampfes zu gewöhnen.
Ein interessantes Experiment hierzu: Es wurden zwei Gruppen gebildet, die Vokabeln lernen sollten. Die eine Gruppe lernte an Land, die zweite Gruppe im Taucheranzug unter Wasser. Nach der Lernphase wurde getestet. Dafür wurde jede Gruppe in zwei Teilgruppen aufgeteilt, und zwar sollte die eine Hälfte jeder Gruppe den Test an Land durchführen, die andere Hälfte sollte den Test im Taucheranzug unter Wasser durchführen.
Ergebnisse:
- Die Personen, die an Land gelernt hatten, waren auch beim Test an Land super
- Die Personen, die unter Wasser gelernt hatten, waren auch beim Test unter Wasser super
- Die Personen, die an Land gelernt hatten und nun unter Wasser getestet wurden, versagten völlig
- genauso wie die Personen, die unter Wasser gelernt hatten und nun an Land getestet wurden
Erklärung: Wir lernen nicht nur die eigentlichen Inhalte (Techniken, Bewegungen, Taktik, Verhalten), sondern auch stets die Bedingungen, die beim Lernen vorherrschen. Wenn wir die Inhalte nun unter anderen Bedingungen reproduzieren sollen, haben wir damit ein Problem!
Konsequenzen für die Trainingspraxis: Wurftechniken, Bewegungen, Taktiken und Verhaltensregeln im Training durchzugehen, ist immer nur der erste Schritt, denn es ist genauso wichtig die Bedingungen des Wettkampfes zu trainieren. Dieses Bedingungslernen ist das Grundprinzip der mentalen Wettkampfvorbereitung: Man hat nur einen Versuch, der zählt, Anwesenheit von Zuschauern & Kampfrichtern, vom Ergebnis hängen Konsequenzen ab, ungewohnter Ort, ungewohnte Zeit usw.
Auf diesen Aspekt werde ich später noch detailliert eingehen.
Regeneration
Oft wird Mentaltraining auf Entspannungstraining reduziert. Fakt ist, dass gezielte Entspannung die Körperwahrnehmung und die Regeneration fördert. Dass Mentaltraining jedoch noch viel mehr als Entspannungstraining ist, sollte bereits jetzt deutlich geworden sein.
2. Mentale Trainingsformen können eingesetzt werden, um den langfristigen Leistungsaufbau zu unterstützen. Die Stichwörter sind Umfeldmanagement, Erfolgsplanung, Psychologie der Höchstleistung und nachsportlicher Karriereverlauf.
Umfeldmanagement
Die sportliche Leistung ist immer auch abhängig von der allgemeinen Lebenssituation. Du kennst das doch: Wenn es in der Schule stressig wird und viele Klassenarbeiten anstehen, fällt es dir schwer, im Wettkampf den Kopf frei zu bekommen. Oder schon vorher: Wenn du eigentlich für die Klassenarbeit lernen müsstest, aber gerade heute eine Leistungsdiagnostik im Training ansteht – hierzu gibt es hilfreiche Techniken des Zeitmanagements, die wir noch besprechen werden.
Erfolgsplanung
Erfolg ist tatsächlich planbar. Champions haben vor allem eines gelernt, nämlich Niederlagen zu nutzen, um danach noch schneller voranzukommen: Es sind gerade die Niederlagen, die einen Lernimpuls auslösen, den man ohne die bittere Erfahrung der Niederlage niemals in dieser Intensität gehabt hätte. Hierzu gibt es zahlreiche Beispiele von grandiosen Leistungen, die alle erst nach Niederlagen erreicht wurden. Damit man dieses Tal der Tränen bis zum Ende durchwandert und nicht an den Niederlagen verzweifelt (an den Erfahrungen also, die im Grunde die Leistungsentwicklung mehr als alles andere beschleunigen), helfen mentale Übungsformen.
Psychologie der Höchstleistung
Was unterscheidet den Experten vom Abbrecher? Hierzu gibt es in der Sportpsychologie einen eigenen Forschungszweig («Expertiseforschung»), wo man bereits eine ganze Reihe an erstaunlichen Ergebnissen gefunden hat. Ganz interessant ist die