Wir haben dich gewollt: Mami Bestseller 6 – Familienroman
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Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt!
Als Hildegard Kranzler erfuhr, daß sie Großmutter werden sollte, war sie fünfundvierzig Jahre alt. Sie saß vor ihrem Toilettentisch und musterte sich kritisch in dem schwungvoll geformten dreiteiligen Spiegel. Sie hatte soeben ihr erstes graues Haar entdeckt, und wenn das, was Judith in diesen Minuten äußerte, kein Hirngespinst war, würde sich die Zahl der grauen Haare in Windeseile verzehnfachen.»Sag es noch einmal, Schätzchen«, bat Hildegard, obwohl sie viel darum gegeben hätte, es nicht mehr hören zu müssen, zumindest nicht in den nächsten drei Jahren, aber das Schicksal hatte bereits anders entschieden.»Ich bekomme ein Baby«, wiederholte Judith und biß herzhaft in einen Schokoriegel, dessen bunt bedrucktes Silberpapier durch das offene Fenster entschwebte.»Aaah ja?« sagte Hildegard gedehnt. Sie kam sich unsagbar töricht vor, weil ihr sonst nichts einfiel, einfach gar nichts, denn die verzweifelte Hoffnung, es könne sich nur um einen dummen Scherz handeln, beseelte sie immer noch.»Im März«, fuhr Judith kauend fort, »so um den fünfzehnten herum.Hildegard sank auf dem flauschigen Hocker zusammen. Eine derart konkrete Angabe löschte auch den letzten Hoffnungsfunken aus.»Woher weißt du es so genau, Schätzchen?« fragte sie mit dumpfer Verwunderung, denn ihre Tochter war siebzehneinhalb und mit der Terminologie einer Schwangerschaft keineswegs vertraut.»Von Elaine«, sagte Judith in beschwichtigendem Ton, offenbar nahm sie an, daß dies zur Beruhigung beitrug, denn Elaine war nicht nur Hildegards Freundin, sondern auch die erfolgreichste Gynäkologin in Torreval, der schönen heißen Stadt an der karibischen Küste.Hildegard ließ die silberne Haarbürste auf die Glasplatte der Frisierkommode fallen, daß es klirrte.»Du hast – du hast dich untersuchen lassen?« stieß sie fassungslos hervor, ungläubig und heiser vor Erregung.»Na sicher«, erwiderte Judith schlicht, »was denn sonst?Minutenlang blieb es still in dem damenhaften Schlafzimmer mit den matt glänzenden pfirsichfarbenen Wänden, den wehenden cremeweißen golddurchwirkten Vorhängen und dem dunkel gebeizten Holzdekor.»Wer ist der Vater?
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Wir haben dich gewollt - Myra Myrenburg
Mami Bestseller
– 6 –
Wir haben dich gewollt
Für ein junges Paar verändert sich die Welt
Myra Myrenburg
Als Hildegard Kranzler erfuhr, daß sie Großmutter werden sollte, war sie fünfundvierzig Jahre alt. Sie saß vor ihrem Toilettentisch und musterte sich kritisch in dem schwungvoll geformten dreiteiligen Spiegel. Sie hatte soeben ihr erstes graues Haar entdeckt, und wenn das, was Judith in diesen Minuten äußerte, kein Hirngespinst war, würde sich die Zahl der grauen Haare in Windeseile verzehnfachen.
»Sag es noch einmal, Schätzchen«, bat Hildegard, obwohl sie viel darum gegeben hätte, es nicht mehr hören zu müssen, zumindest nicht in den nächsten drei Jahren, aber das Schicksal hatte bereits anders entschieden.
»Ich bekomme ein Baby«, wiederholte Judith und biß herzhaft in einen Schokoriegel, dessen bunt bedrucktes Silberpapier durch das offene Fenster entschwebte.
»Aaah ja?« sagte Hildegard gedehnt. Sie kam sich unsagbar töricht vor, weil ihr sonst nichts einfiel, einfach gar nichts, denn die verzweifelte Hoffnung, es könne sich nur um einen dummen Scherz handeln, beseelte sie immer noch.
»Im März«, fuhr Judith kauend fort, »so um den fünfzehnten herum.«
Hildegard sank auf dem flauschigen Hocker zusammen. Eine derart konkrete Angabe löschte auch den letzten Hoffnungsfunken aus.
»Woher weißt du es so genau, Schätzchen?« fragte sie mit dumpfer Verwunderung, denn ihre Tochter war siebzehneinhalb und mit der Terminologie einer Schwangerschaft keineswegs vertraut.
»Von Elaine«, sagte Judith in beschwichtigendem Ton, offenbar nahm sie an, daß dies zur Beruhigung beitrug, denn Elaine war nicht nur Hildegards Freundin, sondern auch die erfolgreichste Gynäkologin in Torreval, der schönen heißen Stadt an der karibischen Küste.
Hildegard ließ die silberne Haarbürste auf die Glasplatte der Frisierkommode fallen, daß es klirrte.
»Du hast – du hast dich untersuchen lassen?« stieß sie fassungslos hervor, ungläubig und heiser vor Erregung.
»Na sicher«, erwiderte Judith schlicht, »was denn sonst?«
Minutenlang blieb es still in dem damenhaften Schlafzimmer mit den matt glänzenden pfirsichfarbenen Wänden, den wehenden cremeweißen golddurchwirkten Vorhängen und dem dunkel gebeizten Holzdekor.
»Wer ist der Vater?« fragte Hildegard flüsternd.
»Benjamin natürlich«, sagte Judith laut und ein wenig vorwurfsvoll. »Wir sind doch schon ewig zusammen.«
Ewig? Anderthalb Jahre vielleicht, und abgesehen davon, war die Jugend denn nicht hinreichend aufgeklärt? War sie nicht, im Gegensatz zu den früheren bedauernswerten Generationen in der glücklichen Lage, ihr Schicksal selbst zu bestimmen?
»Ich habe das nicht eingesehen«, murrte Judith, als habe sie die Gedanken ihrer Mutter gelesen, »mich immerzu vollzustopfen mit Hormonen, kann doch nicht gesund sein.«
Immerhin bewahrt es dich vor unerwünschtem Nachwuchs, wollte Hildegard sagen, aber sie hielt an sich und murmelte statt dessen matt: »Darüber, beispielsweise, hättest du mit Elaine sprechen können – vorher allerdings, nicht nachher.«
»Tja«, seufzte Judith und lächelte verloren zum Fenster hinaus, »hinterher ist man meistens schlauer, nicht wahr?«
Dann schlug sie wieder den arglosen Beschwichtigungston an.
»Komm, mach keinen Streß, Mutsch! Ich dachte, du würdest es nicht so tragisch nehmen.«
»Na, hör mal! Du hast im nächsten Jahr dein Abitur vor dir. Statt dessen wirst du die Schule schmeißen und niederkommen, und der Himmel weiß, was danach sein wird. Und das soll ich nicht tragisch nehmen? Was sagt Benjamin denn dazu?«
Judith hob die Schultern unter dem lappigen alten T-Shirt, das sie zusammen mit zerknitterten schwarzen Boxershorts als Nachtwäsche trug und blinzelte ihre Mutter im Spiegel an. »Benjamin? Er freut sich.«
Hildegard mußte die Augen schließen beim Gedanken an Gerald und Lucie Holborn, Benjamins Eltern, amerikanische Geschäftsleute, die ständig zwischen Torreval und Washington und Miami Beach hin- und herpendelten, lederhäutig, hartgesotten, mit gebleichtem Haar und scharfen hellen Augen. Sie hatten zwei längst erwachsene, verheiratete Töchter irgendwo auf der Welt. Benjamin war der Nachzügler, deshalb hatten sie ihn so genannt.
Während der letzten drei Jahre war er in Torreval in die amerikanische Schule gegangen, hatte vor ein paar Wochen seinen Abschluß gemacht und man konnte getrost davon ausgehen, daß er für das Herbstsemester bereits an einer Universität eingeschrieben war.
»Soso, er freut sich«, murmelte Hildegard. »Soll das heißen, er will dich heiraten?«
»Er will unbedingt. Die Frage ist nur, ob ich es will«, antwortete ihre Tochter mit einem grüblerischen Ausdruck im weichen, sanft gerundeten Gesicht. »Das steht nämlich noch gar nicht fest. Wenn ich mir ansehe, was aus den meisten geworden ist, wenn sie erst mal verheiratet sind – nimm nur Robert und Lioba oder Alex und Cindy – solange sie nur miteinander gingen, waren sie ein Herz und eine Seele, und kaum waren sie verheiratet – boing –« Julia schlug sich mit der rechten Faust auf die linke Handfläche, »gab es nur noch Zoff und Zank und Tränen. Also, das fällt mir wirklich auf. Ist doch komisch, nicht?«
»Vielleicht waren sie zu verwöhnt oder zu unreif, wer weiß das schon. Ihr alle habt keine Ahnung vom Ernst des Lebens, Schätzchen, und was dich und Benjamin betrifft – ihr seid noch dazu so schrecklich jung. Er kann doch höchstens achtzehn sein.«
»Stimmt, aber wenn das Baby kommt, ist er neunzehn, und außerdem«, Judith massierte sich die nackten braunen Unterarme und starrte gedankenverloren vor sich hin, »sind ältere, verheiratete Leute ja auch nicht übermäßig happy. Sie machen vielleicht kein so großes Drama daraus wie Robert und Lioba, aber irgendwie – also, ich weiß nicht, vielleicht ist nach so langer Zeit einfach die Luft raus. Kann ja sein, nicht?«
»Schon möglich«, sagte Hildegard stirnrunzelnd und ein wenig irritiert, »aber auf die anderen kommt es nicht an, nur auf dich und Benjamin und in gewisser Weise wohl auch auf das Kind. Ich nehme an, du willst es bekommen und behalten.«
»Klar! Wieso nicht?«
»Es wird dein Leben total verändern, Schätzchen.«
»Ach sooo«, Judith klang hörbar erleichtert, »ich dachte schon, du willst mich aufmerksam machen auf die Kellers und die Achenbachs, die so gern ein Kind adoptieren würden und bis jetzt nicht weitergekommen sind wegen der neuen strengen Gesetze hier. Und überhaupt, es soll ja gar nicht so einfach sein.«
»Richtig.«
»Also, für mich käme das nie in Frage«, sagte Judith sehr entschlossen und zog einen zweiten, sehr zerdrückten Schokoriegel aus der Tasche ihrer Boxershorts. »Und für Benjamin auch nicht. Ich glaube«, sie knüllte das Silberpapier zu einem Kügelchen zusammen, warf es in die Luft und fing es geschickt wieder auf, »wir sollten doch lieber heiraten, damit keiner von euch auf so komische Gedanken kommt. Heute ist Zeugnisverteilung und anschließend die übliche Schuljahresabschlußfeier. Was meinst du, soll ich anziehen?«
»Egal was«, rief Hildegard mit einem Blick auf die kleine, antike Uhr unter dem Glassturz, »Hauptsache