Die schwierige Tochter: Dr. Norden Bestseller 292 – Arztroman
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Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Dr. Daniel Norden war es gewohnt, von seinen beiden Damen, Dorthe Harling und Franzi Spar, mit einem fröhlichen Guten Morgen begrüßt zu werden, wenn er die Praxis betrat. An diesem Novembermorgen, der trübe und regnerisch war, fand er Dorthe allein vor, und sie machte kein fröhliches Gesicht. »Hallo, was ist denn? Ist Franzi krank?« fragte er. »Sie mußte zum Zahnarzt und kommt etwas später.« »Aber deshalb brauchen Sie doch nicht so kummervoll dreinzuschauen, Dorthe«, sagte er. »Darum geht es auch nicht.« »Dann geht es wohl mal wieder um Jocelyn?« fragte er mitfühlend. Dorthe nickte. Ihre Tochter Jocelyn war für sie ein Sorgenkind. Nach Dorthes Scheidung war Jocelyn bei ihrem Vater in Südafrika geblieben, was Dorthe schon genug Kummer bereitet hatte. Aber als Jocelyn dann langsam erwachsen wurde und es auch mit dem Vater Differenzen gab, wollte sie gern zur Mutter nach München, aber damit war wiederum Dr. Wilm Harling, Arzt in Kapstadt, nicht einverstanden. Nach einigen mißglückten Liebesaffären hatte er nämlich gehofft, daß seine Frau, die inzwischen zudem eine recht beträchtliche Erbschaft gemacht hatte, wieder zu ihm zurückkehren würde. Doch daran dachte Dorthe nicht. Sie hatte in ihrer Ehe zuviel schlucken müssen.
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Die schwierige Tochter - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 292–
Die schwierige Tochter
Patricia Vandenberg
Dr. Daniel Norden war es gewohnt, von seinen beiden Damen, Dorthe Harling und Franzi Spar, mit einem fröhlichen Guten Morgen begrüßt zu werden, wenn er die Praxis betrat.
An diesem Novembermorgen, der trübe und regnerisch war, fand er Dorthe allein vor, und sie machte kein fröhliches Gesicht.
»Hallo, was ist denn? Ist Franzi krank?« fragte er.
»Sie mußte zum Zahnarzt und kommt etwas später.«
»Aber deshalb brauchen Sie doch nicht so kummervoll dreinzuschauen, Dorthe«, sagte er.
»Darum geht es auch nicht.«
»Dann geht es wohl mal wieder um Jocelyn?« fragte er mitfühlend.
Dorthe nickte. Ihre Tochter Jocelyn war für sie ein Sorgenkind. Nach Dorthes Scheidung war Jocelyn bei ihrem Vater in Südafrika geblieben, was Dorthe schon genug Kummer bereitet hatte. Aber als Jocelyn dann langsam erwachsen wurde und es auch mit dem Vater Differenzen gab, wollte sie gern zur Mutter nach München, aber damit war wiederum Dr. Wilm Harling, Arzt in Kapstadt, nicht einverstanden. Nach einigen mißglückten Liebesaffären hatte er nämlich gehofft, daß seine Frau, die inzwischen zudem eine recht beträchtliche Erbschaft gemacht hatte, wieder zu ihm zurückkehren würde. Doch daran dachte Dorthe nicht. Sie hatte in ihrer Ehe zuviel schlucken müssen. Ihr Stolz hatte sich gegen die Demütigungen durch andere Frauen aufgelehnt, und sie hatte einen zu starken Charakter, um nur wegen des Kindes dies weiter zu erdulden. Aber Jocelyn hatte ihren Vater heiß geliebt und sich auch sehr von ihm beeinflussen lassen.
»Wenn Sie sich aussprechen wollen, Dorthe«, sagte Dr. Norden in das Schweigen hinein, »Sie wissen, daß ich helfen möchte, wenn es möglich ist.«
»Danke«, sagte sie leise. »Wenn später Zeit ist – ich habe einen Brief von Jocelyns Vater bekommen, der mich sehr beunruhigt.«
Aber so wichtig nahm sie sich doch nicht, daß ihretwegen die Patienten warten sollten. Und bei diesem Wetter ging es in der Praxis turbulent zu. Franzi kam gegen neun Uhr. Sie hatte eine dicke Wange, aber sie war trotzdem zu gewissenhaft, um Dorthe allein zu lassen. Dorthe verstand sich mit dem jungen Mädchen, das noch in der Ausbildung war, sehr gut, und wie oft hatte sie schon gewünscht, daß Jocelyn so wäre wie Franzi. Wieviel leichter würde dann alles sein. Aber Jocelyn war schon immer ein schwieriges Kind gewesen, zwischen den Eltern stehend, weil die Mutter das Beste für sie wollte, und der Vater sie sträflich verwöhnte, damit sie gegen Dorthe Partei ergriff.
Dorthe hatte erfahren, wie schnell die erste Liebe dahin sein konnte und welche bitteren Erfahrungen man im Ehealltag machen mußte.
»Dieser blöde Weisheitszahn«, murmelte Franzi, als die Schmerzen wieder anfingen.
»Du gehst heim, nimmst eine Tablette und legst dich hin«, sagte Dorthe. »Ich komme schon allein zurecht. Du kannst dich doch gar nicht konzentrieren, Kleine.«
Aber erst Dr. Norden mußte ein Machtwort sprechen, damit Franzi wirklich ging. Sie konnte kaum noch aus den Augen schauen, und Dorthe hatte dann einfach ein Taxi bestellt.
»Es tut mir ja so leid«, murmelte Franzi.
»Und ich wäre ein sehr schlechter Arzt, wenn ich dich nicht heimschicken würde«, erwiderte Dr. Norden. »Gute Besserung, Franzi.«
Dorthe wurde es aber nicht leicht gemacht an diesem Vormittag, denn Dr. Norden hatte ein paar Patienten und Patientinnen, die von ihm eine Fernheilung erwarteten und ewig lange Telefonate führten, wenn sie mit Dr. Norden verbunden wurden. Aber da blieb Dorthe an diesem Vormittag hart und erklärte, daß der Doktor wirklich keine Zeit hätte und man sich in die Praxis bemühen möge, wenn etwas Besonderes vorläge. Sie kannte ja ihre Pappenheimer.
Aber da war auch die Josefa Grübel, die einen ganz besonderen Tick hatte, dabei aber auch eine besondere Taktik. Sie gab sich nämlich abwechselnd als Josefa und dann als ihre Schwester Lotte aus, wenn sie nicht gleich verbunden wurde. Sie wußte sowieso alles besser als Dorthe, und sie hatte immer wieder neue Krankheiten. Dr. Norden meinte, daß sie ein Gesundheitslexikon zu Rate zöge und dann nach dem Alphabet vorgehen würde. Anfangs hatte er ja noch Nachsicht geübt, aber dann war es ihm zu bunt geworden. Er wollte sie an Fachärzte überweisen, doch dagegen sträubte sie sich.
Dorthe wurde an diesem Morgen aggressiv, als sich nach Josefa diese wieder klagend als Lotte meldete und sich beschwerte, daß man ihrer kranken Schwester keinen Rat erteile.
»Nur per Telefon kann sich der Herr Doktor wirklich kein Bild machen und keine Diagnose stellen«, erklärte Dorthe, »und momentan kann er keinen Hausbesuch machen. Wenn es ein Notfall ist, schicken wir den Notarzt.«
»Wir wollen ja nur ein Rezept«, sagte die Anruferin daraufhin.
»Dann kommen Sie doch, wenn Ihre Schwester bettlägerig ist«, sagte Dorthe ungeduldig.
»Aber ich kann sie doch nicht allein lassen«, bekam sie zur Antwort.
Dorthe stöhnte in sich hinein. Sie hatte bisher weder eine Josefa noch eine Lotte Grübel kennengelernt. Und Dr. Norden hatte bei zwei Hausbesuchen auch nur besagte Josefa vorgefunden, die behauptete, das Haus nicht verlassen zu können. Aber er hatte niemanden bemerkt, der sie versorgt hätte.
Sie war keine eingebildete Kranke, das wollte er gewiß nicht behaupten, aber er stufte sie als schizophren ein. Bewegen konnte er sie allerdings auch mit aller Behutsamkeit nicht, einen Facharzt hinzuzuziehen.
Dorthe fragte Dr. Norden, was sie sagen sollte, falls nun wieder Josefa Grübel anrufen würde, denn das Spielchen kannte sie auch.
Er sagte es selbst, daß er nach der Sprechstunde kommen würde, aber er wünsche dringend, daß sie anwesend wäre. Eine Antwort wartete er nicht ab. Es gab wirklich wichtigere Dinge für ihn, als lange Telefonate zu führen.
Da war Maria Hausner, die mit ungeheurer Tapferkeit gegen den Krebs ankämpfte. Eine Totaloperation hatte sie schon vor zehn Jahren hinter sich gebracht, dann auch die Brustamputation. Aber sie gab nicht auf. Klein und dünn war sie, und sie hätte gewiß genug zu klagen gehabt, aber von ihr hörte man kein Jammern. Sie bekam täglich ihre Spritzen, und sie schwor darauf, daß sie damit auch noch siebzig werden würde, weil niemand in ihrer Familie früher gestorben wäre als mit siebzig. Und sie wollte noch erleben, daß ihr Enkel, der Markus, seinen Doktor machte und ein so tüchtiger Arzt werden würde wie Dr. Norden.
Daran zweifelte Daniel Norden nicht. Er kannte Markus, und er wußte, wie verzweifelt dieser junge Mann nach einer Heilungschance für seine über alles geliebte Großmama suchte.
Daniel Norden bewunderte Maria Hausner. Für sie nahm er sich immer Zeit, aber sie gehörte zu den Rücksichtsvollen, die ihn nicht zu sehr beanspruchen wollte. So war das meistens, daß die Schwerkranken das meiste Verständnis für ihren Doktor aufbrachten, auf den sie sich ja in heiklen Situationen immer verlassen konnten.
»Morgen komme ich bei Ihnen vorbei, Frau Hausner«, sagte er, »damit Sie bei dem Nebel nicht aus dem Haus müssen.«
»Aber meinetwegen sollen Sie doch nicht extra Zeit opfern«, erwiderte sie.
»Das ist kein Opfer, und außerdem ist es ja nicht so weit von uns entfernt. Sie gehen jetzt doch hoffentlich nicht zu Fuß.«
»Nein, nein, ich nehme mir schon ein Taxi«, sagte sie. »Markus würde mich schön schimpfen, wenn ich so weit gehen würde. Er ist ja so ein guter Junge, Herr Doktor. Er wird bestimmt auch ein guter Arzt, und ich wünsche ihm dann auch so eine Frau wie Ihre Fee.«
»Er wird sich schon die Richtige suchen, Frau Hausner«, sagte Daniel Norden.
»Seine Mutter war ja auch eine liebe Frau, aber leider ist sie viel zu früh gestorben. Ja, da fragt man sich doch manchmal, wie das so zugeht im Leben, und vielleicht hätte ich auch aufgegeben, wenn der Bub mich nicht so nötig gebraucht hätte.«
»Sie geben nicht auf. Sie sind eine Kämpfernatur, Frau Hausner. Und es würden mehr fertig werden mit der Krankheit, wenn sie solch ein Kämpferherz hätten.«
Sie lächelte, und ihre gütigen Augen blickten Dr. Norden an. »Aber wenn meine Zeit abgelaufen ist, nützt alles Kämpfen nichts mehr, Herr Doktor. Da setzt der Herrgott den Schlußpunkt. Aber Sie haben mir ja auch so viel geholfen.«
Möge diese Tapferkeit belohnt werden, dachte Dr. Norden. Und wenn sie schon nicht mehr erleben dürfte, daß ihr Markus auch ein Doktor ist, so soll sie einen guten Tod haben, nichts mehr spüren müssen. Einschlafen und nicht mehr aufwachen. Ja, das wäre ihr zu wünschen.
»Eine triste Stimmung«, sagte er zu Dorthe.
»November«, sagte sie.
»Aber die Adventszeit steht vor der Tür. Was ist mit Jocelyn? Hat sie es sich wieder mal überlegt und bleibt doch?«
»Sie ist schon sechs Wochen weg von Kapstadt«, erwiderte Dorthe tonlos. »Ihr Vater schreibt, daß ich doch wenigstens Nachricht geben könnte, ob sie gut angekommen ist und ob sie sich wohl fühlt. Er könnte doch wohl wenigstens erwarten, daß ich ihm Nachricht gebe.«
»Warum erwartet er es von Ihnen, nicht von Jocelyn?«
»Er kennt sie doch. Er bekommt jetzt