Kraft der Stimme: Die Geschichte von Fikria
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Aab-baz Fikria
Einen Tag reicht, um alles zu verändern. Und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Aber von vorne: Es gibt Momente, die einen aus den Bahn werfen. Wie der besagte Tag, wo ich von heute auf morgen eine Behinderung durch einen Virus im Kopf bekommen habe. So gibt es Tage, die man in seinem ganzen Leben nicht vergisst. Ein paar davon habe ich in meiner Biographie beschrieben. Geblieben ist davon zumindest mein Dickkopf. Netter ausgedrückt: Ich weiß genau, was ich will und lasse mich eigentlich nie von meinen Vorhaben abbringen - auch wenn viele andere oft meinen, es besser zu wissen. Fast 18 Jahre lang besuchte ich die Körperbehinderten-Schule, dann habe ich 11 Jahre in einer Behinderten-Werkstatt gearbeitet und war dann ungefähr 5 Jahre arbeitslos. Es war eine sehr harte Zeit gewesen. Mit einer Behinderung ist man voll Außenseiter, mehr in meinem Buch.
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Book preview
Kraft der Stimme - Aab-baz Fikria
1. Mein Weg zum Talker
Mein Name ist Fikria Aab-Baz, ich wurde 1983 in Marokko geboren und wohne in Essen.
Ich möchte über mich und meine Kindheit erzählen, darüber zumindest, was ich mich noch erinnern kann:
Ich bin gesund in Marokko geboren. Als ich zwei Jahre alt war, emigrierte meine Familie nach Deutschland. wir sind alle mit dem Flugzeug nach Deutschland gekommen. Damals wurden hier dringend Arbeiter gesucht und die deutsche Regierung hat ausländische Arbeitskräfte angeworben. Dadurch hat mein Vater eine Arbeitsstelle als Gastarbeiter in einem Fischgeschäft bekommen und meine Familie nach und nach aus Marokko nach Deutschland geholt, wo wir alle einen Pass bekommen haben. Als ich mit meiner Mutter und meinen Geschwistern im Flugzeug war, wurde ich auf einmal krank. Ich musste gereckt nach der Landung ins Krankenhaus könnte auch auf einmal nicht mehr laufen. das hab ich aber in Krankenhaus wieder gelernt das laufen.
Kurz nach unserer Ankunft erkrankte ich an einer Gehirnentzündung namens Herpes-simplex-Enzephalitis. Ich wurde umgehend in ein Krankenhaus gebracht, wo ich mehrere Monate lang behandelt wurde.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass meine Eltern mich täglich besuchten und mir oft etwas zu essen mitbrachten. Die Untersuchungen zeigten, dass ich ein Herpes-simplex-Virus in mir trug, was zu der besagten Krankheit führte. Die Erkrankung war für meine Familie eine schockierende Nachricht, unter der sie extrem litt - war ich doch zuvor ein lebhaftes und kerngesundes kleines Mädchen gewesen.
Ich war schon damals eine Kämpferin, doch die Infektion hinterließ ihre Spuren – und das nicht zu wenig. So musste ich im Krankenhaus das Laufen neu erlernen und erlitt als Folge der Infektion eine bis heute gebliebene Lähmung im Mundbereich. Diese Lähmung zeigt sich in Schluck- und Kaustörungen, sowie in Bewegungsstörungen von Lippen und Zunge. Was für andere Menschen eine Selbstverständlichkeit ist, fällt mir dadurch extrem schwer: Essen, Trinken und verständliches Sprechen.
Die Kommunikation war seit jeher sehr schwer für mich. Ich konnte zwar sprechen, aber es erforderte gefühlte Tausend Wortwiederholungen, bis mein Gegenüber mich verstand. Das war für beide Seiten sehr anstrengend und frustrierend. Meine Schulzeit war daher eine harte Zeit für mich. Mein Vater musste häufig zu Gesprächen in die Schule kommen, weil ich Probleme hatte oder wieder eine schwierige Situation aufgetreten war. Niemand verstand mich, deshalb habe ich versucht, mich auf eine andere Weise verständlich zu machen und nutzte meine Körpersprache.
Ich war oft verzweifelt, weil mich die anderen Kinder so ärgerten. Im Streitfall bekam ich oft die alleinige Schuld zugesprochen, weil ich mich nicht besser verständigen konnte, obwohl ich nichts Falsches gemacht hatte.
Als Jugendliche wurde ich von meinen Mitschülern oft beim Essen ausgelacht, da ich aufgrund meiner Schluckbeschweren nicht „normal" essen konnte. In der Folge verlor ich das Essen wieder aus dem Mund und bekleckerte meine Sachen wie ein Baby, das das Essen noch nicht gelernt hat.
Wenn die Lehrer nicht anwesend waren, hatte ich einen harten Leidensweg zu beschreiten und erfuhr immer wieder Mobbing. Allmählich wurde ich immer isolierter und so zum Außenseiter.
Was ich damals erlebte, hat mich für mein weiteres Leben geprägt. In meinem Inneren staute sich im Laufe der Zeit eine unheimliche Wut an; oft bin ich irgendwann regelrecht explodiert.
Nach und nach hörte ich auf, vor Anderen zu essen. Ich schloss mich auf der Toilette ein und aß dort mein Brot. Wenn ich es einmal zeitlich nicht geschafft habe, in den Pausen auf der Toilette zu essen, habe ich mein Toastbrot zu Hause unterm Bett versteckt, damit meine Mutter nichts merkt. Irgendwann fand meine Schwester die Brote und fragte, was das zu bedeuten hätte. Ich sagte, ich hätte keinen Hunger gehabt und wollte keinen Ärger zu Hause, deshalb hätte ich sie dort versteckt.
Von meinem Taschengeld habe ich mir öfters Joghurt gekauft und ihn zu Hause heimlich gegessen, wenn ich alleine war. Ich habe immer aus dem Fenster geschaut und auf den Bus geachtet, ob meine Mutter aussteigen würde, die Zeiten hatte ich im Kopf. Irgendwann ging das Ganze schief, meine Mutter und Schwester kamen nach Hause, ich habe den Joghurt schnell hinter der Eingangstür versteckt. Als die beiden die Tür zumachten, sahen sie den Joghurt und fragten, warum er dort stehen würde. Was dann passiert ist weiß ich nicht mehr.
Und sehr zu schaffen hat mir auch gemacht, dass der Schulbus immer mich abgeholt hat und zurückgebracht hat. Hab mich wie Baby gefühlt. Hat mich sogar noch abgeholt wo ich erwachsen war. Mutter hat mich sogar noch geduscht mit 18 noch und so. Alles nur weil behindert bin und so mir nichts zugetraut. Ich wollte nur noch ausziehen, mit 16 habe ich alles in die Wege geleitet um endlich mein Traum zu erfüllen vom Ausziehen. Aber leider immer wieder sind mir Steine in den Weg gelegt worden. Und das Ausziehen hat Jahre lang gedauert, bis ich es endlich geschafft habe, mit 22 auszuziehen, war den Tag so glücklich das glaub mir keiner. Meine Mutter hat sich halt Sorgen gemacht. Die dachte, ich bin behindert und hat mir halt nichts zugetraut. Das hat mich sehr gequält.
Von Mitschülerinnen und Mitschülern folgten Attacken, in der Schule hetzten die anderen gemeinsam gegen mich. Ich wurde oft ausgelacht, weil ich nicht reden kann und wurde von den anderen gehänselt und meine Art zu sprechen wurde von den anderen nachgemacht.
Meine Wunden rissen immer weiter auf. Das hat mich sehr mitgenommen, ich konnte mich nicht wehren. Als sie zu weit gegangen sind, habe ich mich körperlich gewehrt.
Ich weiß, dass das nicht richtig war, aber wie sollte ich mich denn wehren? Die haben mich psychisch kaputt gemacht und immer wieder ausgelacht und mir immer wieder an allem die Schuld in der Schule gegeben, da ich nicht reden konnte!
Ich war immer schon isoliert und eine Einzelgängerin.
Stell dir vor, du bist irgendwo und niemand sieht dich an. Du bist behindert und sie lassen es dich merken. Die ganzen Schikane, damit du ja nicht zu ihnen hin willst und ihnen nahe kommst. In der Schule wurde ich von meinen Klassenkameraden gehänselt und unterdrückt. Mir war klar, dass die sich mit mir nicht abgeben wollten. Eine ganze Schulzeit, ohne dass mal einer zu mir hingesehen hat! Ich will wohl bemerkt hiermit nicht über die Schule an sich schlecht reden, die ich damals besuchte, im Gegenteil, sie war eine gute Schule, Hatte auch gute Zeiten, und mit ein bis zwei Schüler kam ich auch gut klar. aber so sind halt Schüler und Schülerinnen in diesem Alter: Sie finden einfach ihren eigenen Spaß und sie fühlen sich dadurch stark, indem sie einfach eine schwächere und einsame Person auslachen. ich konnte eben nicht