Führen und Leiten in Einrichtungen der Kirche: Leitungsaufgaben in Einrichtungen der verfassten Kirche, Caritas oder Diakonie
By Daniela Reinders and Frank Thönißen
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Führungskräfte in Einrichtungen der verfassten Kirche, Caritas oder Diakonie müssen neben dem kirchlichen und sozialen Handeln betriebswirtschaftliche und fachliche Kenntnisse in ihrer täglichen Arbeit miteinander vereinbaren. Neben den allgemeinen Kenntnissen in Mitarbeiterauswahl und Mitarbeiterführung sind auch arbeitsrechtliche Kenntnisse Grundlage eines vertrauensvollen Miteinanders. Zudem müssen auch in kirchlichen Einrichtungen wirtschaftliche Aspekte in der täglichen Arbeit Berücksichtigung finden.
In diesem Fachbuch sind daher die grundlegenden Faktoren zur Personalarbeit, zu den kirchlichen und staatlichen arbeitsrechtlichen Grundlagen, sowie zu den wirtschaftswissenschaftlichen Aspekten aufgeführt. Dazu werden die veränderten Bedingungen angesichts der digitalisierten Welt mit einfließen.
Daniela Reinders
Daniela Reinders absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften (Master of Laws) mit dem Schwerpunkt kirchliches Arbeitsrecht, sowie ein wirtschaftswis-senschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt strategisches Management. Sie ist als Lehrbeauftragte in einer kirchlichen Institution und als Trainerin zum kirchlichen Arbeitsrecht tätig.
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Führen und Leiten in Einrichtungen der Kirche - Daniela Reinders
Der Mensch lebt notwendig in einer Begegnung mit anderen
Menschen, und ihm wird mit dieser Begegnung in einer je verschiedenen Form
eine Verantwortung für den anderen Menschen auferlegt.
Dietrich Bonhoeffer
Über die Autoren:
Daniela Reinders
Daniela Reinders absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften (Master of Laws) mit dem Schwerpunkt kirchliches Arbeitsrecht, sowie ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt strategisches Management. Nach Tätigkeiten in der freien Wirtschaft ist sie seit 2004 als Dozentin in einer kirchlichen Institution tätig.
Frank Thönißen
Frank Thönißen absolvierte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Sozialpolitik, sowie eine kaufmännische und technische Ausbildung. Es folgten Tätigkeiten in der freien Wirtschaft im In- und Ausland. Seit 2001 ist er als Dozent im kaufmännischen Bereich einer kirchlichen Institution tätig.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Teil 1 Leitung in kirchlichen Einrichtungen
Grundlagen Mitarbeiterführung
1.1 Führungsstile und –techniken
1.1.1 Bedürfnispyramide nach Maslow
1.1.2 Eisbergmodell nach Freud
1.1.3 Kommunikationsquadrat
1.2 Führungskompetenzen
1.3 Arbeits- und Gesundheitsschutz als Leitungsaufgabe
1.4 Teamarbeit
1.4.1 Teamkonzepte
1.4.2 Rollen im Team
1.5 Konfliktbearbeitung
1.5.1 Konfliktgespräch
1.5.2 Supervision
1.5.3 Mediation
1.5.3.1 Phasen der Mediation
1.6 Mitarbeitergespräch
Grundzüge Personalentwicklung
Personalbeschaffung
3.1 Stellenausschreibung
3.2 Vorstellungsgespräch
Teil 2 kirchliches Arbeitsrecht
Kirchliches Selbstbestimmungsrecht
Rechtsgrundlagen kirchliches Arbeitsrecht
2.1 Dritter Weg
2.2 Dienstgemeinschaft
Besondere Loyalitätspflichten
Teil 3 kollektives Arbeitsrecht in kirchlichen Einrichtungen
Mitarbeitervertretung
Zusammenarbeit mit der Mitarbeitervertretung
Dienstvereinbarung
Einigungsstelle
kirchliche Arbeitsrechtsregelungen
5.1 AVR-Caritas
5.2 AVR-DD
5.3 KAVO-NW
5.4 BAT-KF
Kirchengerichtsbarkeit
Teil 4 Grundlagen staatliches Arbeitsrecht
Arbeitsvertrag
Grundlagen Arbeitsgesetze
2.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
2.2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
2.3 Bundesurlaubsgesetz (BurlG)
2.4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
2.5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)
2.6 Mutterschutzgesetz (MuSchG)
2.7 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
2.8 Bundesteilhabegesetz (Neuntes Sozialgesetzbuch SGB IX)
2.9 Berufsbildungsgesetz (BBIG)
2.10 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
2.11 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
2.12 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
Praktikum
Abmahnung
Beendigung Arbeitsverhältnis
5.1 Aufhebungsvertrag
5.2 Kündigungsschutzklage
Teil 5 Grundlagen wirtschaftswissenschaftliche Betrachtung
Unternehmensformen kirchlicher Einrichtungen
Kirchliches Haushaltswesen
Kirchliches Rechnungswesen
Teil 6 Digitalisierung & Kirche
Verwaltung
Personalgewinnung online
Eigene Website
Rechtliche Hinweise
Soziale Medien (Social Media)
Mobile Version
Interaktiver Gottesdienst
Seelsorge online
Online-Games
Newsletter
Stichwortverzeichnis
Einleitung
Als zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland beschäftigen die Kirchen insgesamt rund 1,3 Millionen Mitarbeiter. Die Besonderheit der Arbeit in einer kirchlichen Einrichtung ist neben der christlichen Ausrichtung der Tätigkeit die arbeitsrechtliche Besonderheit der verfassten Kirche.
Führungskräfte in Einrichtungen der verfassten Kirche, Caritas oder Diakonie müssen neben dem kirchlichen und sozialen Handeln betriebswirtschaftliche und fachliche Kenntnisse in ihrer täglichen Arbeit miteinander vereinbaren. Neben den allgemeinen Kenntnissen in Mitarbeiterauswahl und Mitarbeiterführung sind auch arbeitsrechtliche Kenntnisse Grundlage eines vertrauensvollen Miteinanders. Zudem müssen auch in kirchlichen Einrichtungen wirtschaftliche Aspekte in der täglichen Arbeit Berücksichtigung finden.
In diesem Fachbuch sind daher die grundlegenden Faktoren zur Personalarbeit, zu den kirchlichen und staatlichen arbeitsrechtlichen Grundlagen, sowie zu den wirtschaftswissenschaftlichen Aspekten aufgeführt. Dazu werden die veränderten Bedingungen angesichts der digitalisierten Welt mit einfließen.
Teil 1 Leitung in kirchlichen Einrichtungen
Unter Leitung oder Führung versteht man die Anleitung einer bestimmten Organisationseinheit mit dem Ziel, die bereitgestellten Ressourcen optimal zu nutzen und die Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten einzusetzen und zu fördern. Dabei lassen sich die Begriffe „Führung und „Leitung
grundsätzlich dahingehend unterscheiden, dass Führung personenbezogene Hilfen und Leitung organisationsbezogene Hilfen zur Zielerreichung meint. In der Praxis bilden Führen und Leiten daher meist eine Einheit.
Um als Führungskraft erfolgreich zu sein, sollte es sich dabei um Persönlichkeiten mit entsprechender Vorbildfunktion handeln. Führungskräfte sollten über Entschlussfähigkeit, Beratungs- und Unterstützungskompetenz, Kommunikationsstärke und Verantwortungsfähigkeit verfügen. Dabei hat Führung die Aufgabe, Willensbildung zu betreiben und Willensdurchsetzung zu gewähren, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Die Besonderheit der Führungsaufgaben in kirchlichen Einrichtungen liegt darin, dass jedem Handeln das christliche Menschenbild zugrunde liegt.
1. Grundlagen Mitarbeiterführung
Führungskräfte in kirchlichen Einrichtungen übernehmen Leitungsaufgaben, die mit entsprechenden Leitungsbefugnissen ausgestattet sind. Dabei müssen Führungskräfte nicht zwingend zur Dienststellenleitung gehören. Vielmehr übernehmen sie Leitungsaufgaben in bestimmten Organisationsbereichen einer Dienststelle.
Eine Leitung in kirchlichen Einrichtungen hat die Aufgabe, neben fachlichen und wirtschaftlichen Inhalten auch die theologischen Anforderungen an die Einrichtung zu erfüllen.
Aus diesen Anforderungen ergeben sich die drei grundlegenden Ausprägungen der Mitarbeiterführung in kirchlichen Einrichtungen. Fachliche Anforderungen meinen die notwendigen beruflichen Kenntnisse. Wirtschaftliche Anforderungen ergeben sich aus dem Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Der theologische Aspekt meint das Vorhandensein einer werteorientierten Handlungsgrundlage im Sinne des christlichen Glaubens.
Die Problematik besteht darin, diese drei Ausprägungen miteinander in Einklang zu bringen, da sie aufgrund ihrer Ausrichtung oft im Widerspruch zueinanderstehen.
Die drei Ausprägungen (oder Leitungsdreieck) in der Übersicht:
Um Spannungen in diesem Handlungsfeld vorzubeugen sollte die Leitung dafür sorgen, dass
alle handelnden Mitarbeiter über den gleichen Informationsstand verfügen
die fachliche Zusammenarbeit gewährleistet ist
Entscheidungsprozesse funktionsfähig sind
alle Anforderungen in der täglichen Arbeit Berücksichtigung finden
Entscheidende Bedeutung in der Führungskultur der Kirchen und ihrer Einrichtungen ist Vertrauen. Sowohl das Vertrauen in die Führungsperson als auch in die Mitarbeiter sind die Grundlagen des erfolgreichen Miteinanders. Um Vertrauen zu erreichen müssen Führungskräfte dafür sorgen, dass die Arbeitsatmosphäre von gegenseitiger Wertschätzung, Transparenz und Partizipation geprägt ist. Ein wichtiger Faktor hierfür ist die Kommunikation.
Bei der Umsetzung von Führung oder Leitung gilt es, „Führung nicht mit „Verwaltung
und „Motivation nicht mit „Delegation
zu verwechseln. Führen und Leiten ist vielmehr eine aktive Tätigkeit, die ausgehend von gemeinsam vereinbarten Zielen die Mitarbeiter bei der Umsetzung dieser unterstützen soll.
Der Prozess der Führung und Leitung könnte wie folgt in ein Ablaufschema gebracht werden:
Ziel festlegen
Informationen weitergeben
Aufgaben zuteilen
Mitarbeiter in Aufgaben einweisen
Mitarbeiter motivieren
Teilziele kontrollieren
Für die erfolgreiche Erledigung Ihrer Aufgaben benötigt die Führungskraft Wissen vom richtigen Handeln. Neben den Führungstechniken und Führungsmethoden sind hierzu Handlungs- und Erfahrungswissen notwendig, um im sozialen Kontext adäquat reagieren und motivieren zu können. Die zentrale Aufgabe der Führungskraft ist es, für die Entwicklung der Mitarbeiter vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu sorgen. Das bedeutet, dass es nicht ausreicht, Aufgaben zu verteilen und deren Bearbeitung zu kontrollieren. Vielmehr erwartet der Mitarbeiter ein entsprechendes soziales Miteinander, in welchem er sich gut aufgehoben und wertgeschätzt fühlt. Daher sollte ein Vorgesetzter stets im Blick haben, dass soziale Umfeld seiner Mitarbeiter entsprechend zu gestalten. Im wirtschaftswissenschaftlichen Zusammenhang spricht man dabei von „menschlicher Arbeit".
In kirchlichen Einrichtungen verstärkt sich dieser Aspekt, da hier die Dienstgemeinschaft dem Arbeitsumfeld zugrunde liegt. Dienstgemeinschaft beschreibt die Tätigkeit im Dienst der Kirche, d. h. die gemeinsame Erfüllung des kirchlichen Auftrages unabhängig von der Beschäftigungsart oder Hierarchiestufe. Daher finden auch die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Kirche keine Anwendung. Aufgrund der Erfüllung des christlichen Auftrages stellen Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen zudem oft einen höheren Anspruch an ihre Arbeit als in wirtschaftlichen Unternehmen. Dieser Aspekt sollte in der täglichen Arbeit von Führungskräften unbedingt Berücksichtigung finden.
Wichtig ist es zudem, die Mitarbeiter laufend zu motivieren, ihre Leistung anzuerkennen und zu bestätigen. Dabei sollten die eigenen Fachkenntnisse eingebracht und dadurch die Mitarbeiter unterstützt werden. Gleichzeitig sollte den Mitarbeitern Respekt entgegengebracht und sie als gleichwertige Kollegen verstanden werden. Die Kommunikation sollte als grundlegendes Instrument stets offen und wertschätzend sein, Erwartungen an die Mitarbeiter sollten exakt formuliert werden.
1.1 Führungsstile und -techniken
Unter Führung versteht man also den Prozess, Ziele zu definieren, zu planen, zu entscheiden, zu realisieren, zu kontrollieren und vor allem zu kommunizieren. Es geht um die Sicherstellung eines gewünschten Ergebnisses. Dies verhält sich in kirchlichen Einrichtungen genauso wie in wirtschaftlichen Unternehmen. Der grundlegende Unterschied ist, dass in wirtschaftlichen Unternehmen alle Handlungen auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, während in kirchlichen Einrichtungen die Tätigkeit an sich im Vordergrund steht.
Um die Art einer Führung zu beschreiben wurden sogenannte Führungsstile entwickelt. Diese müssen so gewählt werden, dass sich die Mitarbeiter mit diesen identifizieren können, Führungskräfte von Routinearbeiten entlastet werden und die Mitarbeitermotivation gefördert wird. Sie müssen also auf die jeweilige Einrichtung und Aufgabe angepasst werden.
Es gibt unterschiedliche Führungsstile, d. h. Möglichkeiten, wie eine Führungskraft Entscheidungen herbeiführen und Mitarbeiter anweisen kann:
a) Autoritärer Führungsstil
Der autoritäre Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass die