Die Kaehnes in Petzow: Ein Ausnahmefall des preußischen Landadels
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Die Familiengeschichte der Kaehnes erreichte ihren gesellschaftlichen Höhepunkt, als ihr herausragendster Vertreter, Carl Friedrich August Kaehne (1775-1857), der als geistiger Vater der Petzower Ortserneuerung unter Mitwirkung von Lenné und Schinkel gilt, durch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. in den Adelsstand erhoben wurde (1840). Sie erlebte ihre tieftraurigsten Zeiten, als die letzten beiden Gutsbesitzer als "Schießkaehnes" in die Geschichte eingingen, von Kurt Tucholsky in seinem Gedicht "Kähne" (1922) gegeißelt.
Im Ergebnis umfangreicher Archivrecherchen wird dem Leser auf leicht verständliche und unterhaltsame Weise Leben, Rolle und Bedeutung einer außergewöhnlichen Familie nähergebracht, die in entscheidendem Maße den kleinen märkischen Ort Petzow prägte, wobei die "Familienoberhäupter" den Mittelpunkt der Betrachtungen bilden.
Karl-Heinz Friedrich
Karl-Heinz Friedrich, Jg. 1950, hat fast vier Jahrzehnte als Archivar gearbeitet. Wohnt seit 1999 in Petzow, seitdem fasziniert ihn die Geschichte des Ortes. Unter seiner Regie wurde der örtliche Heimatverein gegründet und das Museum aufgebaut. Heimatgeschichtliche Forschung, Vorträge, Ortsführungen. Mitarbeit und Beratung an Publikationen, TV- und Rundfunkbeiträgen, Herausgabe der Schriften des Heimatvereins. 2014 erschien sein Buch "Die Kaehnes in Petzow. Ein Ausnahmefall im deutschen Landadel" (BoD-Verlag, ISBN 9-783735-762764).
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Book preview
Die Kaehnes in Petzow - Karl-Heinz Friedrich
CARL FRIEDRICH AUGUST VON KAEHNE
1775-1857
INHALT
VORWORT
PETER I. (1590-1659)
CHRISTOPH (1638-1673)
PETER III. (1661-1716)
PETER IV. (1698-1741)
PETER V. (1720-1796)
AUGUST (1751-1814)
CARL I. (1775-1857)
CARL II. 1819-1910)
CARL III. (1860-1937)
CARL IV. (1894-1946)
NACHWORT
ANHANG
ERLÄUTERUNGEN
BILDNACHWEIS
ANMERKUNGEN
VORWORT
Wer immer nach Petzow kommt, kann an seinem einmaligen, denkmalgeschützten Ensemble von Dorf, Kirche, Herrenhaus und Park nicht vorbei. Als Auftraggeber und geistiger Vater der von Schinkel und Lenné wesentlich beeinflussten Komposition von Architektur und Gartenkunst in einer reizvollen Landschaft gilt der Freund der beiden, der damalige Gutsbesitzer und Amtsrat Carl Friedrich August von Kaehne (1775-1857). 1840 wird er durch den König Friedrich Wilhelm IV. geadelt. Petzow verdankt bis in die Gegenwart dem ambitionierten Dorfverschönerungsplan des Amtsrates einen bedeutenden Teil seines Rufes als ein „Juwel der Mark".
Doch ohne eine solide Basis hätte Carl Friedrich August seine Visionen nicht verwirklichen können. Davor standen zwei für die Ahnen von „Peter Kaehne dem Ersten" lange, mühselige und zum Teil von dramatischen Umständen geprägte Jahrhunderte. Theodor Fontane bezeichnete die Familie als „einen Ausnahmefall" indem sie es geschafft habe, sich „von der Pike auf" in den deutschen Adel emporzuarbeiten.¹ Wer waren die Kaehnes? Wir wollen versuchen, darauf eine Antwort zu finden.
Der kleine märkische Ort Petzow, der heute ein Ortsteil der Stadt Werder (Havel) ist, wird erstmalig in einem Schriftstück erwähnt, das einer Lehnsaufzeichnung aus dem Jahre 1419 entstammt und im Thüringischen Landeshauptarchiv Weimar zu finden ist. Durch die Herzöge von Sachsen-Wittenberg als Lehnsherren, die die Landesherrschaft am Westufer des Schwielowsee ausübten, wird hier ein Eigentumswechsel bestätigt.² 1437 geht der Hof Petzow an das Kloster Lehnin über und verbleibt dort bis 1542. Im Jahre 1605 verfügt der Schulze über 2 Lehn- und 4 Erbhufe und 1624 gibt es hier sieben Hüfner, einen Hirten und einen Laufschmied.
Während des dreißigjährigen Krieges (1618-1648) siedelt Peter Kaehne (1590-1659) mit Frau und Kind in Petzow an und es beginnt in Not, Tragik und bitterer Armut eine außergewöhnliche Familiengeschichte. Gut zweihundert Jahre später erstrahlt das Haus „von Kaehne" als eines der angesehensten des deutschen Landadels, nach weiteren hundert Jahren ist die Familie „im Mannesstamm erloschen".
Die Kaehnes bestimmten über dreihundert Jahre lang Geschichte, Wohl und Wehe in Petzow. Wer die Kaehnes waren, darüber kann eine ganze Reihe von Akten und Dokumenten in verschiedenen Archiven Aufschluss geben. Neben umfangreichen weiteren Quellen aus dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA) in Potsdam sind vor allem die Familienchronik von Karl Friedrich August und Carl Wilhelm Kaehne von 1837 und der Entwurf einer Familienchronik von Carl Heinz von Kaehne von 1938 von hoher Aussagekraft, zumal die damaligen Verfasser sich ihrerseits schon auf eine gesicherte Dokumentenüberlieferung stützen konnten. Weiteres Material wird im Archiv der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) in Berlin, dem Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem (GStAPK), dem Kreisarchiv Potsdam-Mittelmark in Bad Belzig, dem Domstiftsarchiv Brandenburg und an einigen anderen Stellen verwahrt. Die hier verwendeten Archivalien sind für jeden Interessierten frei zugänglich.
Es gab und gibt eine Reihe Kontakte des Autors mit Angehörigen der Kaehne-Familie, von denen Peter Carl Eberhard Martin Hofacker von Kaehne aus Mönchengladbach (1935-2017), Sohn des Familienchronisten von 1938, Carl Heinz von Kaehne, und bis zu seinem Tod Sprecher der Erbengemeinschaft von Kaehne, besonders hervorgehoben sei. Viele Gespräche und die dankenswerte Überlassung von Reproduktionen aus seinem Archiv sowie seine Unterstützung bei der Einsicht in Archivakten und der Erwerbung von Kopien archivalischer Quellen sind für die heimatgeschichtliche Forschung in Petzow von großem Wert. Sehr bedeutungsvoll, weil unter erstmaliger Wortmeldung eines von Kaehne, war die von ihm und dem Autor gemeinsam initiierte Herausgabe einer 2003 erschienenen Zeitungsserie über die Ereignisse um den Tod des Berliner Flugzeugingenieurs Alfred Mehlhemmer im Petzower Park im Jahre 1943. Peter von Kaehnes gewissenhaft abwägende und von Toleranz getragene Sichtweise für historische Prozesse und Ereignisse ist beispielgebend für einen wohlbedachten Umgang mit der 300-jährigen, widerspruchsreichen Historie der Petzower Kaehnes. Seine Fähigkeit, sich dabei sowohl den positiven Seiten des Erbes der Petzower Gutsbesitzer als auch einer – für ihn selbst durchaus nicht leichten – kritischen Einschätzung der Lebensart einiger ihrer Protagonisten immer offen zu stellen, bestärkte letztendlich auch den Autor, als er sich des vorliegenden Themas annahm.
Helmut Christoph Carl Heinz von Kaehne aus Mühltal-Nieder-Beerbach überließ dem Heimatverein Petzow einige Dokumente sowie eine von ihm zusammengestellte Ahnentafel, die ein wichtiges und tragendes Element der Forschungen darstellt.
Die Kunsthistorikerin Pia Kühn-von Kaehne, eine Nachfahrin der Priesholzer Stammbaum-Linie³, mit der der Autor im Jahre 2011 eine Festschrift für die neue Petzower Kirchenorgel in gemeinsamer Redaktion mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark herausbrachte, vermittelt in ihrer Magisterarbeit von 1996 über das historische Ortsensemble von Petzow auch einen Einblick in die Geschichte der Familie (von) Kaehne. Die wissenschaftliche Arbeit, die z.B. der Stadtverwaltung Werder (Havel) und auch dem Autor vorliegt, wurde bereits vielfach zu historischen Beiträgen herangezogen. Sie bietet wie kein zweites Dokument eine Fülle von Informationen, Zusammenhängen und kulturhistorischen Erläuterungen auf der Basis seriöser historischer Forschung.⁴
Neben den Primärquellen, den Archivakten, bilden das Werk Pia Kühn-von Kaehnes sowie die schon genannten Aufzeichnungen von Carl Friedrich August/Carl Wilhelm Kaehne aus dem Jahre 1837 und Carl Heinz von Kaehne von 1938 den wesentlichen Grundstock der Quellen für dieses Buch. Auch wurden Artikel des verdienstvollen Potsdamer Archivars Dr. Gebhard Falk, dem eine akribische Quellenforschung zum Thema zu verdanken ist, zu Rate gezogen.
Anfang 2013 ist es dem Autor mit dem Kontakt zu einem in den USA lebenden Nachfahren der Petzower Linie gelungen,