Basiswissen Vertragsarztrecht: Eine Übersicht über die Strukturen, Begriffe und Zusammenhänge
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In der Art und Weise der vertraglichen Beziehung zu den Krankenkassen besteht für die ärztliche Versorgung eine Besonderheit im Vergleich zum sonstigen Leistungserbringerrecht: Ärzte werden mit ihrer Zulassung zur Versorgung von Mitgliedern der Gesetzlichen Krankenversicherung (Vertragsarzt) Mitglied einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV), § 95 Abs. 3 SGB V. Die Kassenärztlichen Vereinigungen ihrerseits werden Vertragspartner der Krankenkassen, §§ 82 ff. SGB V. Nur ausnahmsweise bestehen unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen Krankenkassen und Ärzten. Es handelt sich damit um ein Beziehungsviereck, in dessen Rahmen die Leistungserbringung und die Vergütung abgewickelt wird.
Dieses Handbuch erläutert übersichtlich die Strukturen und Begriffe in diesem System und verschafft damit einen grundlegenden Überblick über das Rechtsgebiet des Vertragsarztrechts.
Aus dem Inhalt:
- Grundlagen des Sachleistungsprinzips,
- Das Beziehungsviereck im Vertragsarztrecht,
- Die Kassenärztlichen Vereinigungen,
- Die Vertragsbeziehung zu den Krankenkassen,
- Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung (Voraussetzungen, Ermächtigung, Bedarfsplanung, Pflichten des Vertragsarztes, Beendigung der Zulassung),
- Vergütungsrecht (Honorarberichtigung, Wirtschaftlichkeitsprüfung).
Mit ausführlichem Stichwortverzeichnis.
Henning Müller
Prof. Dr. Henning Müller ist Direktor des Sozialgerichts Darmstadt und war Präsidialrichter der hessischen Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit für IT und Organisation zuständig. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in den Bereichen eJustice, elektronischer Rechtsverkehr, SGB V und KSVG. Er ist Mitherausgaber u.a. des beckOGK-SGG, des jurisPK-ERV und der Zeitschrift "Recht Digital". Im Nebenamt ist Herr Dr. Müller Lehrbeauftragter für Sozialrecht und für Mediation an der Philipps-Universität Marburg, sowie Honorarprofessor der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen im Fachbereich Soziale Arbeit. Er ist regelmäßiger Referent, unter anderem bei der Deutschen Richterakademie, der Deutschen Anwaltakademie, kommunalen Fortbildungseinrichtungen und mehrerer Justizakademien der Länder, sowie Prüfer in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung. Prof. Dr. Henning Müller betreibt einen Blog zum Elektronischen Rechtsverkehr unter www.ervjustiz.de.
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Book preview
Basiswissen Vertragsarztrecht - Henning Müller
Inhalt
A. Grundlagen / Das Sachleistungsprinzip der Gesetzlichen Krankenversicherung
B. „Beziehungsviereck" für die vertragsärztliche Vergütung
C. Kassenärztliche Vereinigungen
I. Sicherstellungsauftrag
II. Wirtschaftlichkeitsgebot
1. Ausreichende Versorgung
2. Notwendige Versorgung
3. Zweckmäßig Versorgung
III. Bedarfsplanung
IV. (Pflicht-)Mitgliedschaft
D. Verhältnis zu den Krankenkassen
I. Bundesmantelvertrag, § 82 Abs. 1 SGB V
II. Gesamtverträge, § 83 SGB V
III. Strukturverträge, § 73a SGB V
IV. Einzelverträge
E. Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
I. Zulassungsvoraussetzungen
II. Besonderheiten der kooperativen Leistungserbringung
III. Ermächtigung
IV. Bedarfsplanung
1. Unterversorgung
2. Überversorgung
V. Rechtsfolgen der Zulassung
1. Vertragsarztsitz
2. Präsenzpflicht
3. Behandlungspflicht des Vertragsarztes
4. persönliche Leistungserbringung
5. Fachgebietsbezogenheit der Behandlung
VI. Beendigung der Zulassung
1. Entzug der Zulassung
2. Ruhen der Zulassung
3. Wegzug des Arztes
4. Verzicht auf die Zulassung
F. Vergütungsrecht
I. Zahlungen der Krankenkassen
II. Vergütung des Arztes
1. Regelleistungsvolumen
2. Arztgruppenspezifische Verteilungsvolumina
3. Abstaffelung
4. Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens
5. Honorarverteilungsmaßstab
III. Honorarberichtigung
IV. Wirtschaftlichkeitsprüfung
G. Das vertragsärztliche Sanktions-system
Literaturverzeichnis
Vom selben Autor
Index
A. Grundlagen / Das Sachleistungsprinzip der Gesetzlichen Krankenversicherung
Aus dem Sachleistungsprinzip der Gesetzlichen Krankenversicherung ergeben sich Besonderheiten im Rechtsverhältnis des Patienten zu seinem Arzt.
Aufgrund des Sachleistungsprinzips gem. § 2 Abs. 2 SGB V entsteht in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Versicherten (dem Patienten), dem Leistungserbringer (z.B. dem Vertragsarzt oder dem Krankenhaus) und der Krankenkasse. Das Behandlungsverhältnis basiert als Rechtsgrund auf einem privatrechtlichen Vertrag in Form eines Dienstvertrags, teilweise mit werkvertraglichen Elementen (v.a. hinsichtlich der Gewährleistung). Das Abrechnungsverhältnis ist demgegenüber bei einer Behandlung eines Kassenpatienten im Sachleistungssystem öffentlichrechtlich und besteht zwischen dem (vertraglichen) Leistungserbringer und der Krankenkasse. Ein Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Versicherten besteht grundsätzlich nicht. Ein zivilrechtlicher Vertrag des Leistungserbringers mit dem Versicherten mit dem Inhalt eines Vergütungsanspruchs gegen den Versicherten kommt im Sachleistungssystem weder ausdrücklich noch konkludent zu Stande, denn beide Beteiligte gehen von einem Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse aus. Auch quasivertragliche und gesetzliche Anspruchsgrundlagen für einen Anspruch des Leistungserbringers gegen den Versicherten sind im Sachleistungssystem nicht einschlägig. Weder aus Geschäftsführung ohne Auftrag, § 683 BGB, noch aus ungerechtfertigter Bereicherung, §§ 812 ff. BGB, lässt sich ein Anspruch konstruieren. Eine Leistung mit der gleichzeitigen Verpflichtung, die entstehenden Kosten selbst zu tragen, entspricht regelmäßig weder dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Versicherten noch seinem Interesse. Bereits daran scheitert ein Anspruch aus § 683 BGB. Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Variante BGB ist deshalb nicht gegeben, weil zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer in Bezug auf die Behandlung kein Leistungsverhältnis besteht. Im Mehrpersonenverhältnis ist Leistender derjenige, der aus Sicht eines verständigen Empfängers die Leistung gewährt. Dies ist aus Sicht des Versicherten die Krankenkasse, denn sie schuldet ihm die Krankenbehandlung mit einer ausreichenden medizinischen Leistung. Ein etwaiger Bereicherungsausgleich müsste sich daher nicht zwischen dem Leistungserbringer und dem Versicherten, sondern zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse vollziehen. Ein Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Versicherten besteht grundsätzlich nur, wenn er sich Leistungen außerhalb des Sachleistungssystems verschafft, vgl. § 13 SGB V.
B. „Beziehungsviereck" für die vertragsärztliche Vergütung
Die dem Versicherten von seiner Krankenkasse geschuldeten Leistungen darf die Krankenkasse nicht selbst erbringen. Sie bedient sich hierfür approbierter Ärzten, die damit eine besondere Schlüsselstellung im Gesundheitssystem einnehmen. Die Ärzte werden freiberuflich und regelmäßig selbständig tätig. Die Krankenkassen schließen hierzu gem. § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V Verträge mit den Leistungserbringern, insbesondere also der Ärzteschaft.
In der Art und Weise der vertraglichen Beziehung zu den Krankenkassen besteht für die ärztliche Versorgung eine Besonderheit im Vergleich zum sonstigen Leistungserbringerrecht: Ärzte