Licht am Ende des Tunnels: Der Arzt vom Tegernsee 19 – Arztroman
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Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
Rita Bürger verschloß die Ladentür von innen. Feierabend! Einen Moment lang lehnte sie sich an die Tür und atmete tief durch. Sie war erschöpft. Seit dem Frühstück hatte sie ihren Mann nicht mehr zu Gesicht bekommen. Alles hatte sie wieder einmal alleine machen müssen. Sie sah sich im Laden um, wo sie versuchte, so gut es ging, Ordnung zu halten. Viel warf die Gemischtwarenhandlung, die ihr Mann von seinen Eltern geerbt hatte, nicht ab. Der moderne Supermarkt war zur Konkurrenz geworden. Aber es würde trotzdem gehen, und sie hätten gut davon leben können, wenn ihr Mann nicht dauernd nur seinen Vergnügungen nachgehen würde. Mit einer hastigen Bewegung strich sich die Vierzigjährige ihre Naturlocken aus der Stirn. Auf sie wartete noch eine Menge Arbeit. Im Keller stapelten sich die leeren Kisten, das Vorratslager mußte aufgefüllt werden. Seit Tagen versprach Benno, dies zu tun. Doch er verließ jeden Morgen das Haus und kam erst irgendwann in der Nacht zurück. Sie wußte nicht, wo er sich den ganzen Tag herumtrieb. Die Kisten und Schachteln, die Rita Bürger in den nächsten beiden Stunden schleppte, waren im Grunde viel zu schwer für sie. Ihr Rücken schmerzte, und sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, als sie schließlich hinauf in die Wohnung ging. Überrascht stellte sie fest, daß ihr Mann im Wohnzimmer saß. Vor ihm stand die Schnapsflasche.
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Der Arzt vom Tegernsee
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Licht am Ende des Tunnels - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 19–
Licht am Ende des Tunnels
Laura Martens
Rita Bürger verschloß die Ladentür von innen. Feierabend! Einen Moment lang lehnte sie sich an die Tür und atmete tief durch. Sie war erschöpft. Seit dem Frühstück hatte sie ihren Mann nicht mehr zu Gesicht bekommen. Alles hatte sie wieder einmal alleine machen müssen. Sie sah sich im Laden um, wo sie versuchte, so gut es ging, Ordnung zu halten. Viel warf die Gemischtwarenhandlung, die ihr Mann von seinen Eltern geerbt hatte, nicht ab. Der moderne Supermarkt war zur Konkurrenz geworden. Aber es würde trotzdem gehen, und sie hätten gut davon leben können, wenn ihr Mann nicht dauernd nur seinen Vergnügungen nachgehen würde.
Mit einer hastigen Bewegung strich sich die Vierzigjährige ihre Naturlocken aus der Stirn. Auf sie wartete noch eine Menge Arbeit. Im Keller stapelten sich die leeren Kisten, das Vorratslager mußte aufgefüllt werden. Seit Tagen versprach Benno, dies zu tun. Doch er verließ jeden Morgen das Haus und kam erst irgendwann in der Nacht zurück. Sie wußte nicht, wo er sich den ganzen Tag herumtrieb.
Die Kisten und Schachteln, die Rita Bürger in den nächsten beiden Stunden schleppte, waren im Grunde viel zu schwer für sie. Ihr Rücken schmerzte, und sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, als sie schließlich hinauf in die Wohnung ging. Überrascht stellte sie fest, daß ihr Mann im Wohnzimmer saß. Vor ihm stand die Schnapsflasche.
»Endlich!« Mühsam stemmte sich Benno Bürger hoch. »Ich frage mich, was ich bloß für eine Frau habe! Ich habe schließlich Hunger! Sieh zu, daß du endlich etwas auf den Tisch bringst.«
Rita starrte ihren Mann an. Sein Gesicht war rot und aufgedunsen. Warum trank er nur so viel? Verzweiflung überkam sie.
»Wie lange soll ich noch warten?« Er trat einen Schritt auf sie zu, blieb dann stehen und fuhr sich über die Augen. »Verdammt«, fluchte er und schwankte.
Rita ging zu ihm, um ihm zu helfen.
»Mein Arm! Vorhin konnte ich ihn plötzlich nicht mehr bewegen! Warum siehst du mich so an? Was glaubst du, warum ich nach Hause gekommen bin?«
Rita schluckte. Sie griff nach seinem Arm, doch er stieß sie von sich.
»Noch komme ich ohne dich zurecht«, höhnte er. »Vorhin, wo warst du da? Seit über einer Stunde warte ich darauf, daß mir meine Frau etwas zu essen macht.«
»Ich mußte im Laden noch Ordnung schaffen.« Ritas Schultern sanken nach vorn. Sie wandte sich ab.
»Und deswegen muß ich auf mein Essen warten? Was machst du eigentlich den ganzen Tag?«
»Ich habe gearbeitet.«
»Das ist gut, sehr gut!« Er lachte. »Dann wird auch etwas in der Kasse sein. Ich bin nämlich blank. Dabei hätte ich sicher gewonnen. Aber plötzlich konnte ich die Karten nicht mehr halten.«
Nun drehte sich Rita nochmals nach ihrem Mann um. Sie sah, daß er mit der linken Hand sein rechtes Handgelenk umfaßt hatte, sah, wie er seine Finger öffnete und sie wieder schloß.
»Es funktioniert wieder!« Benno Bürger stapfte zum Tisch zurück, griff mit der rechten Hand nach der Schnapsflasche und füllte sein Glas erneut.
»Was war mit deiner Hand?« fragte Rita. Die Sorge um ihren Mann gewann die Oberhand.
»Ich konnte die Karten nicht mehr halten. Sie fielen mir einfach aus der Hand.« Er sah auf die Hand, die noch immer die Schnapsflasche hielt, und schüttelte den Kopf.
»Hattest du wieder diese Lähmungserscheinungen?«
»Jetzt ist alles wieder in Ordnung.« Er lachte, stellte die Flasche ab, griff nach dem Glas und stürzte den Inhalt in sich hinein.
»Benno, du solltest weniger trinken.« Unsicher trat Rita von einem Fuß auf den anderen. Sie bereute ihre Worte bereits. Und richtig, ihr Mann wurde wütend.
»Willst du mir etwa vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe? Glaubst du vielleicht, daß mich diese drei Schnäpse umwerfen?«
»Bitte, Benno, ich meine ja nur. Es ging dir doch in der letzten Zeit nicht so gut. Du mußtest sogar einen Arzt aufsuchen.«
»Das tat ich nur wegen der Sehstörungen. Doch der Augenarzt schickte mich zu Dr. Baumann, und diesen Arztbesuch hätte ich mir wirklich sparen können. Nicht einmal Medikamente hat er mir verschrieben.«
»Er hat dir aber geraten, weniger zu rauchen und zu trinken.«
»Genau! Mehr fiel ihm nicht ein!« Heftig stellte Benno das leere Glas auf dem Tisch ab. »Was ist jetzt, bekomme ich etwas zu essen oder muß ich in ein Restaurant gehen?«
»Nein, nein, natürlich nicht! Du mußt dich nur noch einen Augenblick gedulden. Ich bin noch nicht in der Küche gewesen.« Verzweifelt überlegte Rita, was sie auf die Schnelle zubereiten konnte, um ihren Mann zufriedenzustellen.
»Was? Das darf doch nicht wahr sein! Ich warte bereits eine Stunde! Wie lange willst du mich denn noch warten lassen?«
»Ich wußte doch nicht…« Rita schluckte. Sie wollte ihn nicht verärgern. Schließlich war sie doch froh, daß er überhaupt schon da war. »Was willst du essen?«
»Es ist doch deine Aufgabe, etwas auf den Tisch zu bringen! Wenn es mir nicht schmeckt, dann werde ich es schon sagen.« Er kehrte zum Stuhl zurück und ließ sich darauffallen.
Rita gab sich einen Ruck. Sie ging zum Tisch und griff nach der Schnapsflasche. Als ihr Mann empört auffuhr, senkte sie den Blick und stammelte: »Ich mache dir einen Kaffee, das ist besser.«
»Wie?« Benno schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Seit wann weißt du denn, was für mich besser ist? Kümmere dich lieber ums Essen. Seit dem Frühstück hast du mir nichts mehr vorgesetzt.«
»Aber du warst doch gar nicht da. Ich habe auf dich gewartet. Du hast versprochen, für Getränke zu sorgen.« Rita preßte die Handflächen gegeneinander. Sie sah, wie sich sein Gesicht noch mehr rötete. »Bitte, Benno, ich mußte ganz alleine die schweren Kisten umstellen.«
»Willst du dich etwa beklagen?« Sein Blick durchbohrte sie. »Ich bin wohl derjenige, der sich beklagen kann. Ich komme nach Hause, und was finde ich vor? Eine Frau, die nicht einmal fähig ist, einem etwas zu essen zu bieten! Wie gut, daß meine Mutter das nicht mehr erleben muß. Sie hat es immer fertiggebracht, trotz des Ladens das Essen pünktlich auf den Tisch zu bringen.«
Rita hätte darauf sehr viel entgegnen können. Aber sie tat es nicht, sondern senkte nur den Kopf, drehte sich um und verschwand in der Küche. Sie hatte gerade das Fleisch aus dem Kühlschrank geholt, als ihr Mann in der Küche erschien.
»Ich habe es mir anders überlegt«, verkündete er. »Ich gehe nochmals weg.«
»Aber ich wollte gerade das Fleisch in die Pfanne legen.«
»Laß es sein! Du mußt auch nicht auf mich warten. Es kann spät werden.« Er lehnte am Türpfosten und musterte ungeniert seine Frau. »Du siehst müde aus. Du solltest dich hinlegen.«
Ritas Wangen färbten sich. Unwillkürlich hob sie die Hand und begann, an ihren Locken zu zupfen. Seit dem Aufstehen hatte sie nicht mehr in den Spiegel gesehen.
Dazu hatte sie keine Zeit gehabt. Sie war müde, ihre Augen brannten, und sie konnte sich gut vorstellen, daß sie nicht gerade ein