Abflug Transplantation: Letzter Aufruf
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Die Worte rissen mich aus dem Schlaf. Die Stimme klang so weit weg, die Worte aber umso klarer. Was habe ich in diesem Moment gedacht? Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur noch was ich fühlte und das war Angst. Mein Schicksal hatte sich gegen das Sterben und für das Überleben entschieden. Was das bedeutete, wie schwer dieser Weg werden sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen.
Anika Bischoff-Borrmann
Ich schreibe gern Liebesgeschichten, schließlich geht nichts über die Liebe. Ich lebe in Berlin.
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Book preview
Abflug Transplantation - Anika Bischoff-Borrmann
„Wir werden alle Helden sein, auch wenn es nur für einen Tag ist."
(Bushido, Rapper)
„Frau Bischoff, Frau Bischoff! Wir haben ein Organ für Sie. In zehn Minuten werden Sie abgeholt zum Waschen und Rasieren. Sollen wir Ihre Mutter anrufen?"
Die Worte rissen mich aus dem Schlaf. Die Stimme klang so weit weg, die Worte aber umso klarer. Was habe ich in diesem Moment gedacht? Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur noch was ich fühlte und das war Angst. Mein Schicksal hatte sich gegen das Sterben und für das Überleben entschieden. Was das bedeutete, wie schwer dieser Weg werden sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen.
Inhaltsverzeichnis
Dezember 2014
Januar, Februar 2015
März 2015
April 2015
Mai, Juni 2015
Juli 2015
August 2015
Nachwort
Dezember 2014
Zuhause
Mukoviszidosestation, Charité
Intensivstation, Charité
Gut gelaunt, aber müde holte mich mein Lebensgefährte Frank von der Weihnachtsfeier meiner Firma ab. Es war der 19.12. Die Müdigkeit, ich schon Tage vorher spürte, hatte mittlerweile ihren Höhepunkt erreicht. Aber wer war schon nicht müde und überarbeitet im tiefsten Winter, kurz vor Weihnachten? Ich freute mich auf Weihnachten und vor allem auf meine freien Tage. Endlich erholen und richtig schlafen. Ich war häufig müde, dennoch schlief ich nachts schlecht. Ständig hörte ich meinen Herzschlag im Ohr pochen, hatte einen hohen Puls egal was ich tat und ich hatte das Gefühl, ich würde nachts sogar mein Blut im Ohr rauschen hören. „Ich brauche nur mal ein paar Tage Erholung, so hatte ich gedacht, denn Symptome einer Grippe oder Erkältung hatte ich nicht. Sport hatte ich weiterhin jeden Tag betrieben und es lief soweit gut, wenn nur nicht diese schlechten Nächte und diese Müdigkeit wären. Am folgenden Wochenende fühlte ich mich nicht viel besser und so entschied ich noch einen Tag zu Hause zu bleiben, bevor die zwei letzten Arbeitstage vor Weihnachten anstanden. Allerdings kam ich an diesem Montag nicht vom Sofa herunter. Ich schlief, schlief und schlief und als ich erwachte, fühlte ich mich noch nicht einmal besser. Ich war einfach schlapp. Ich telefonierte mit meiner Mutter, die mir riet etwas zum Schlafen zu nehmen. Damit ich mal wieder tagsüber fit wäre. Den ganzen Tag lag ich auf dem Sofa und am Abend war ich plötzlich heiser. War es doch ein Infekt? Appetit hatte ich keinen, obwohl mein Schatz Frank an diesem Abend so eine leckere Kürbissuppe gekocht hatte. Ich aß nur wenige Löffel. Ich sah, dass meine beste Freundin Mandy angerufen hatte. Ich war zu müde und zu geschafft, um sie zurückzurufen. Ich nahm meine Schlafpille und schrieb eine SMS an Mandy, welche nur „Gute Nacht
enthielt, dann schaltete ich mein Telefon aus und legte mich ins Bett. Sofort schlief ich ein, doch die Nacht war seltsam. Ich erinnere mich, dass Frank mich immer wieder ansprach, was denn los sei. Irgendwann schlief ich wieder ein. Am nächsten Tag, es war der 23.12., erwachte ich durch ein ununterbrochenes klingeln. Frank war auf der Arbeit. Das Festnetztelefon tönte ununterbrochen, die Türklingel ebenfalls. Ich schleppte mich zur Toilette und ging dann ans Telefon, dabei schaute ich auf die Uhr und erschrak. Es war 14 Uhr. „Hier ist Peter, mach die Tür auf, mach die Tür auf! Die aufgeregte Stimme meines Schwagers kam aus dem Hörer. Ich wunderte mich, begriff nicht was los war und suchte nach dem Schlüssel, um die Tür zu öffnen. Peter lief sofort in die Wohnung und zog mich hinterher, Frank folgte dahinter. Entsetzt starrte mich mein Schwager an und schrie: „Soll ich den Notarzt rufen? Soll ich den Notarzt rufen?
Ich weiß nicht mehr warum, aber ich antwortete nicht. Ich dachte nur: „Warum denn?" Frank wühlte in der Zeit in meiner Handtasche, vermutlich nach meiner Krankenversicherungskarte, während Peter telefonierte. Der Notarzt hätte mich ins nächstliegende Waldkrankenhaus bringen müssen, was Frank ablehnte.
Also schleppten mich die beiden zu Peters Auto und wir fuhren selbst zur Notaufnahme ins Vivantes, wo meine Mutter auch als Krankenschwester arbeitete und an diesem Tag zufällig Dienst hatte. Meine Mutter sah mich entsetzt an. Ich weiß nicht mehr was ich sagte oder was sie sagte. Ich weiß nur noch was der Notaufnahmearzt sagte. „Ach du Scheiße!", rief dieser. Sofort wurde ich beatmet. Was ich erst viel später erfuhr, dass ich komplett blau angelaufen war, einen CO2-Wert von über 100 hatte sowie eine Sauerstoffsättigung von 53%. Ich war mehr tot als lebendig. Ich erinnere mich, dass viele Leute an mir herumfummelten. Ich sollte dann im Rettungswagen in die Charité gefahren werden. Ich schlief viel, war kaum anwesend. Ich bekam nur mit, dass die Fahrt ziemlich rasant war als würde man jedes Schlagloch spüren. Irgendwann lag ich dann auf der Mukoviszidosestation, welche mich gut kannten. Man vermutete einen schlimmen Infekt. Ich bekam eine Sauerstoffmaske, besser fühlte ich mich jedoch nicht. Meine Familie war da und meine Mutter befahl mir im Bett liegen zu bleiben, weil ich trotz meines Zustandes zur Toilette laufen wollte. Mir ging es sehr schlecht. Mein Herz pochte und sprang mir fast aus der Brust, ich hatte Herzrhythmusstörungen. Auf dem Überwachungsmonitor konnte ich es sehen, mein Puls schoss auf 130. Ich war innerlich total aufgeregt, seltsam unruhig und fühlte mich komplett unwohl. Die kommende Nacht war seltsam und unangenehm. Mein Herz schlug entsetzlich schnell in meiner Brust. Am nächsten Tag hatte meine Mutter die Nase voll und verlangte sofortiges Handeln. Die Ärztin, welche das Privileg hatte am 24.12. arbeiten zu dürfen, war scheinbar überfordert mit der Situation. Irgendwie wusste keiner so recht, was mir fehlte. Ich