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Abenteuertour Seidenstraße: Zwei Jahre entlang der antiken Seidenstraße durch die Länder Zentral- und Südostasiens bis zum Indischen Subkontinent …
Abenteuertour Seidenstraße: Zwei Jahre entlang der antiken Seidenstraße durch die Länder Zentral- und Südostasiens bis zum Indischen Subkontinent …
Abenteuertour Seidenstraße: Zwei Jahre entlang der antiken Seidenstraße durch die Länder Zentral- und Südostasiens bis zum Indischen Subkontinent …
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Abenteuertour Seidenstraße: Zwei Jahre entlang der antiken Seidenstraße durch die Länder Zentral- und Südostasiens bis zum Indischen Subkontinent …

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Die antike Seidenstraße ist keine einzelne spezielle Route, sondern ein Netz geschichtsträchtiger Handelswege, das einst China auf dem Landweg mit dem Mittelmeerraum verband. Auf ihnen wurden die verschiedensten Güter, darunter auch die begehrte Seide, von Ost nach West transportiert.
Walter und Ruth Odermatt aus der Schweiz befuhren mit ihrem Geländewagen auf eigene Faust mehr als ein Dutzend zentral- und südostasiatische Länder entlang der antiken Seidenstraße aus Marco Polos Zeiten und erlebten dabei unzählige Abenteuer sowie überaus interessante Begeg­nun­gen. Sie sahen spektakuläre Landschaf­ten, befuh­ren auf über 5600 Metern die höchsten befahrbaren Straßen der Welt, waren fasziniert von den exoti­schen Kulturen und erlebten die herzliche Gastfreundschaft der Menschen. Der Autor lässt den Leser diese lange Reise intensiv miterleben, und wer davon träumt, selbst einmal den Mythos der Seidenstraße zu erleben, bekommt viele fundierte Zusatzinformationen zu den befahrenen Län­dern und Routen.
LanguageDeutsch
Release dateMay 21, 2019
ISBN9783896626325
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    Book preview

    Abenteuertour Seidenstraße - Walter Odermatt

    1

    Wir, die Reisenomaden

    Reisevirus

    Nun sind schon etliche Jahre vergangen, seit wir unsere Bäckerei verkauft haben. Lange haben wir davon geträumt, wie es wohl ist, alles aufzugeben und mit einem eigenen Fahrzeug die Welt zu entdecken. Die festen Bestandteile des täglichen Lebens zurückzulassen, um sich in eine fremde Welt zu wagen.

    Der Auslöser war Afrika. Unseren dreiwöchigen Urlaub verbrachten wir vor vielen Jahren in Namibia. Hier sahen wir im Busch eine Wagenburg von Expeditions-Fahrzeugen. Alle hatten verschiedene Nummernschilder und es schien, als wären sie schon Jahre unterwegs. „Die Leben unsern Traum, sagte ich zu Ruth, meiner Frau, „was meinst du, wann können wir das realisieren?

    Mit verträumten Augen meinte sie: „Jetzt kehren wir zurück, arbeiten hart und setzen alles daran, dass wir mit spätestens 50 Jahren ebenfalls mit einer Tasse Kaffee am Lagerfeuer sitzen, um über die Welt mit ihren verschiedenen Bewohnern und fantastischen Landschaften philosophieren zu können."

    Am Anfang waren es die Träume. Sie zeigen dir ein erstes, verschwommenes Bild deiner Wünsche und Ideen, die die meisten Menschen kaum verstehen können. Unsere Gesellschaft ist geprägt vom Leistungsdenken und dem dazugehörigen Anhäufen von Wohlstand, der das Materielle überbetont. Wir leben in einer reizüberfluteten Welt, die unser Innenleben zu verkümmern droht. Die moderne Informationsgesellschaft überschwemmt uns und überall muss die Effizienz gesteigert werden. Da haben die Gedanken von grenzenloser Freiheit nur wenig Raum. Doch die Träume kommen immer und immer wieder und lassen sich nicht verdrängen. Das muss wohl eine Krankheit sein, wahrscheinlich ein Virus, ein Reisevirus.

    Ein prägendes Gespräch führten wir vor ein paar Jahren in unserem Café mit jemandem, der viel mit Leuten zu tun hatte, die im Sterben lagen. Diese Person erzählte uns, dass die Sterbenden oft gesagt hätten, sie bereuten, dass sie viele ihrer Träume und Pläne immer wieder hinausgeschoben hätten und diese nun nicht mehr verwirklichen könnten.

    „Das sollte uns nicht passieren, sagten wir zueinander, „wir wollen unsere Träume realisieren, wenn wir noch fit und gesund sind.

    Im Grunde genommen geben wir nichts auf, im Gegenteil, wir gewinnen unendlich viel dazu. Wir möchten die Welt „live" erleben, eintauchen in das Leben einer uns bisher fremden Welt, uns ins Abenteuer stürzen ohne den Zeitdruck eines engen Jahresurlaubes, der nur einen flüchtigen Blick hinter die Kulissen erlaubt.

    Wir wollten Zeit haben für uns selbst und füreinander. Das ist unser eigentlicher Traum.

    Im Jahr 2008 kam die Gelegenheit, unsere Bäckerei-Konditorei mit Café zu verkaufen. Kurzerhand packten wir die Gelegenheit beim Schopf, gaben das Geschäft in neue Hände und begannen mit der Organisation unserer Träume, die nach und nach Gestalt annahmen.

    Wir kauften ein expeditionstaugliches Fahrzeug, einen Toyota Landcruiser HZJ79, und ließen nach unseren Plänen eine solide Aufbaukabine herstellen. Unser „Buschtaxi tauften wir liebevoll „Suri. Schon seit vielen Jahren hatten wir eine Alpakazucht. Es gibt zwei verschiedene Alpakatypen, das Huacaya- und das Suri-Alpaka. Beide kommen in der Region vor, die wir bereisen möchten. Das Suri ist eine elegante, majestätische und exklusive Erscheinung. Man wird in seinen Bann gezogen, wenn es über die Weide springt und sich seine langen Haare wie ein Vorhang im Winde hin und her bewegen. Ein Grund mehr, unser neues Heim Suri zu nennen.

    Suri sollte uns vor der arktischen Kälte im hohen Norden sowie vor der glühenden Hitze in den Tropen schützen. Zudem sollte er in den meisten Ländern dieser Welt zu reparieren sein. Das heißt, verzichten auf elektrische Einspritzpumpen, elektrische Fensterheber, nur das Nötigste und Zuverlässigste sollte eingebaut sein.

    Damit wir mit unserem neuen Wohnmobil mehrere Wochen völlig autonom unterwegs sein können, wurde auf dem Dach eine leistungsstarke Solaranlage installiert, die unsere Bordbatterie und somit den Kühlschrank, die Heizung und alle andern elektrischen Geräte mit genügend Energie versorgt. Mit 150 Liter Wasser und 180 Liter Diesel können wir uns längere Zeit außerhalb von bewohntem Gebiet aufhalten. Eine Filter- und Entkeimungsanlage sorgt dafür, dass Flüssigkeit aus nahezu jedem Bach in Trinkwasser umgewandelt werden kann.

    Wir hoffen, damit gut genug gerüstet zu sein für die große Reise. Fragt sich nur noch wohin? Nach Osten, Westen, Norden oder Süden?

    Schon seit Langem haben wir Reisebücher über die Panamericana verschlungen, sind bei Multimedia-Vorträgen gewesen und haben das Internet über Reiseberichte von eben diesen Ländern durchforstet. Somit scheint klar, wir bereisen für die nächsten Jahre Nord-, Mittel- und Südamerika.

    Viele werden vermuten, dass die Freude nun wohl grenzenlos sei. Es ist schwierig, dies in Worte zu fassen, denn die Gefühle schwanken zwischen genau dieser Freude und Wehmut. Vorfreude auf das große Abenteuer, die neuen Eindrücke und die vielen Begegnungen. Wehmut, die Lieben zu verlassen und die vertraute Umgebung hinter sich zu lassen. Außerdem die Unsicherheit, wie es wohl sein wird, wenn wir wieder zurückkommen? Wie wird es z.B. unseren Eltern bis dahin ergehen?

    Nicht selten hören wir die kritischen, sicherlich gut gemeinten Worte und Fragen unserer Freunde. „Wollt ihr denn alles einfach so aufgeben? Ein gutgehendes Geschäft, euer Haus, die Sicherheit und Geborgenheit einer gut funktionierenden Sozialstruktur? Wie steht es mit den Finanzen, der Altersvorsorge? Ganz zu schweigen von den Gefahren!"

    Der Traum ist auch eine zwischenmenschliche Herausforderung. Man ist praktisch 24 Stunden am Tag auf engstem Raum mit seinem Partner zusammen. Das heißt, man muss Kompromisse eingehen und bereit sein, sich Problemen zu stellen. Man kann nicht wie zu Hause die Tür zuknallen, denn dann steht man unter Umständen alleine im Regen.

    Doch es gibt immer einen Grund, es trotzdem zu wagen. Let’s go, packen wir’s an, starten wir den Motor und los geht’s!

    2

    Prolog

    Panamericana, wie alles begann

    Dreieinhalb Jahre fuhren wir von 2009 bis 2012 durch Nord-, Mittel- und Südamerika. Wir standen ehrfürchtig vor den riesigen Eisbergen in Twillingate, Neufundland, ruderten mit unserem Kanu den Yukon River hinunter, flohen vor angriffslustigen Bären in Alaska, wanderten durch die Nationalparks der USA, lernten Kite Surfen in Mexico, büffelten Spanisch in Guatemala, tauchten mit Haien auf der Insel Roatan in Honduras, bestiegen aktive Vulkane in Nicaragua, bis wir schließlich unser Fahrzeug von Panama nach Kolumbien verschifften.

    Auf diesem Teilabschnitt gibt es keine Straßen. Ein undurchdringlicher Sumpf hat bisher sämtliche Bestrebungen eines durchgehenden Verkehrsweges zunichte gemacht. So blieb uns nichts anderes übrig, als unser Fahrzeug nach Kolumbien zu verschiffen.

    Was hörten wir nicht alles über dieses Land! Kokain-Kartelle, Gangsterbanden, Waffenschmuggel, Bürgerkrieg, Entführungen …

    Trotzdem, wir freuten uns auf den neuen Kontinent. Zwar fragten wir uns manchmal:

    Ist es ein Wagnis? Zweifellos. Zuviel Risiko? Vielleicht. Doch was blieb, sind all die guten Erinnerungen an die lieben Menschen und die fantastische Landschaft.

    Jedes bisherige Land, jede Woche, jeder Tag war anders. Der Reiz einer solchen Reise liegt in seiner Abwechslung. Und ist es nicht so, dass in jedem von uns ein ungeheures Feuer nach ungewöhnlichen Erlebnissen brennt?

    Getriebe-Problem im Dschungel

    Bis dahin hatte sich unser geländegängiges Fahrzeug bestens bewährt. Einmal allerdings, mitten im bolivianischen Dschungel, gab das Getriebe den Geist auf. Versuche, es vor Ort zu reparieren scheiterten, weshalb wir uns entschlossen, ein neues Getriebe aus der Schweiz zu importieren. Dieser Schritt war nötig, da es in ganz Südamerika kein Dieselgetriebe für unseren Landcruiser gab.

    Als zusätzliche Herausforderung stellten sich die komplizierten Zollformalitäten in La Paz sowie der Transport vom 4000 Meter hochgelegenen Flughafen zu uns ins 24 Stunden entfernte Dschungeldorf Rurrenabaque heraus.

    Diese Panne sorgte zusätzliche dafür, dass die Aufenthaltsgenehmigung für das Fahrzeug ablief und wir nicht mehr aus Bolivien ausreisen konnten.

    Wie es der Zufall wollte, lernten wir im letzten Moment, bevor das Wohnmobil konfisziert wurde, einen Zöllner kennen, der uns gegen ein kleines „Entgelt" weiterhalf. Er fälschte ein Ausreiseformular das uns half, via Paraguay nach Argentinien weiterzureisen.

    Dieses kleine Beispiel zeigt, reisen ist nicht immer „dolce far niente". Reisen kann sehr anstrengend sein. Ja, kann einen gar an den Rand der Verzweiflung treiben. Doch letztlich gibt es eigentlich immer einen Weg.

    Eines der vielen Highlights von Südamerika ist gewiss die alte Inkastadt Machu Picchu. Sie liegt terrassenförmig auf einem Bergrücken auf 2360 Meter Höhe, ist eingebettet zwischen hohen Andengipfeln und besticht durch ihre spektakuläre Lage. Nur ein schmaler Bergpfad verbindet die Ruinenstadt mit der einstigen Hauptstadt des Inkareiches Cusco.

    Zu unseren Lieblingsländern zählt Chile. Das faszinierende an diesem Land sind seine unterschiedlichen Klimazonen. Im Norden die trockene Atacama-Wüste, wo es seit Menschengedenken nicht mehr geregnet hat, die lieblichen Weinanbaugebiete im zentralen Teil und die mächtigen Gletscher und Fjorde Patagoniens im Süden.

    Unzählige Male wurden wir gefragt: „Von wo seid ihr und wohin soll die Reise gehen? Unsere Antwort war immer: „Nach Ushuaia, Feuerland, das ist unser Ziel. Nun sind wir hier und halten Rückschau. 120.000 km durften wir in den letzten drei Jahren unfallfrei, gesund und ohne größere Probleme durch Nord-, Mittel- und Südamerika fahren. Haben unzählige interessante, nette und hilfsbereite Menschen kennengelernt. Ein Beispiel sei hier noch erwähnt: In Chile haben wir per Zufall den Extrembergsteiger und Weltumsegler Hans Saler kennengelernt. Er war mit Reinhold Messner und einer Crew von Bergsteigern und Trägern an der verhängnisvollen Besteigung des Nanga Parbat im Himalaya mit unterwegs, wo Messners Bruder Günther, unter bis heute unklaren Umständen, ums Leben gekommen war. Aus einem Tag bei den Salers wurden zehn! Jeden Tag hatte Hans eine neue Geschichte aus seinem abenteuerlichen Leben auf Lager.

    Eigentlich sind wir auf Reisen gegangen, um Fauna und Flora zu erkunden, doch die prägendsten Eindrücke haben stets die Menschen hinterlassen. Dabei ist es wichtig, genügend Zeit für Spontanität zu haben.

    Nach dreieinhalb Jahren haben wir den Kontinent verlassen. Von Uruguay verschifften wir unser Fahrzeug erneut nach Deutschland und fuhren zurück in die Heimat.

    Es ist ein Geschenk, ein Zeitnomade sein zu können. Mit den eigenen vier Rädern konnten wir die Welt aus einer anderen Perspektive und mit anderen Augen betrachten, und dafür sind wir unendlich dankbar. Doch unsere Wurzeln sind und bleiben trotz allem immer in der Schweiz.

    Nach der Reise ist vor der Reise

    Auf unserer Tour durch die Länder Amerikas haben wir unzählige Einheimische getroffen und so viele haben die gleichen Sehnsüchte vom Reisen wie wir. Doch die wenigsten können diese Träume je in die Wirklichkeit umsetzen, da sie am „falschen" Ort geboren wurden. Sie werden wohl ewig davon träumen. Darum können wir uns glücklich schätzen, hier in der Schweiz, Österreich oder in Deutschland geboren zu sein. Zu wissen, dass man bei uns Reiseträume realisieren kann, ist ein unvorstellbares Privileg.

    3

    Die Balkanländer

    Das Abenteuer kann beginnen

    Zwei Jahre nach unserer großen Reise durch Nord- und Südamerika heißt es wieder Abschied nehmen. Genau wie das letzte Mal, fällt uns das Lebewohl sagen sehr schwer. Nun wird es Wirklichkeit. Es beginnt unsere nächste, große Tour.

    Sind es Freudentränen oder Tränen der Trauer? Wahrscheinlich von beidem etwas. Doch wie schon Mark Twain gesagt hat: „In 20 Jahren wirst du eher von den Dingen enttäuscht sein, die du nicht getan hast, als von denen, die du getan hast".

    Wir finden, man sollte mehr Dinge tun, weil sie einfach schön sind. Eine solche Reise kostet zwar einiges an Geld und bringt keinen finanziellen Gewinn. Aber sollte nicht auch das Unrentable in unserer Welt seinen Platz finden? Nicht zuletzt deshalb, weil es oft diese Dinge sind, die die Menschen glücklich und das Leben erst lebenswert machen? Der kleinste Ansatz von Verwirklichung ist besser als ein nicht realisierter Traum. Also, lasst uns zusammen am Globus drehen. Die Welt ist groß und will entdeckt werden.

    In Zeiten, in denen man sich auf Goggle Earth oder via Google Street View fast jeden Ort der Welt aus der Vogel- oder der 360-Grad-Perspektive anschauen kann, bekommt das Wort „Abenteuer" eine ganz andere Bedeutung. Abenteuer ist eine ganz persönliche Ansichtssache und beginnt im Kopf.

    Wir verstehen unter Abenteuer bestimmte, prägende Momente, die für immer im Gedächtnis haften bleiben. Wir sind überzeugt, wir werden auch auf dieser Reise unzählige spannende, witzige, berauschende, aber auch schwierige, traurige und deprimierende Momente erleben. Doch das Gute, das Positive wird bei Weitem in der Überzahl sein, davon sind wir überzeugt.

    Dazu werden die kostbaren Begegnungen mit Menschen fremder Kulturen, das Entdecken grandioser Landschaften und ganz einfach das bewusste Genießen der Schönheit der Natur beitragen. Bestimmt wird es wieder eine abwechslungsreiche, mit vollen Überraschungen gespickte Reise ins Ungewisse. In dem Augenblick, in dem man die Wirklichkeit verlässt, um einen eigenen Traum zu leben, wird gerade dieser Traum zur Realität.

    Unser Suri ist bis oben vollgepackt mit Sehnsucht und Vorfreude auf das Abenteuer, unser ganz persönliches Abenteuer. Also, lieber „Suri", fahr rein ins Ungewisse, das Leben fängt vor der Haustür an.

    Panne auf dem Monte Ceneri

    Wo fängt eigentlich das Abenteuer an? Die Antwort bekommen wir sogleich im Tessin.

    „Hast du das auch gehört, frage ich Ruth mit einem besorgten Blick, „dieses Quietschen, als ob wir mit 160 km/h um die Kurve gerast wären?

    „Natürlich, meint sie „und jetzt fängt es schon wieder an.

    Nach dem fünften Quietschen halten wir auf dem Monte Ceneri auf einer Ausweichstelle an. Ich öffne die Motorhaube und schaue mit einem fachmännischen Blick, den nur Laien aufsetzen können, unter den Deckel.

    Wie konnte das nur passieren? Erst noch hatten wir unser Gefährt in der Werkstatt, verstärkten das Getriebe mit verbesserten australischen Teilen, ersetzten die Stoßdämpfer, die Öle und was sonst noch zu einem Service gehört und nun das!

    Eigentlich sind wir mit einem guten und sicheren Gefühl auf diese Reise gestartet, aber dass dieses „Urvertrauen" schon auf dem Ceneri enden könnte, damit haben wir weiß Gott nicht gerechnet.

    Nach einem klärenden Anruf in der Toyota-Werkstatt nehme ich den Werkzeugkoffer aus dem Fahrzeug und spanne als Erstes die Keilriemen nach. Diese sollen der Grund des Übels sein. Kaum gestartet, ertönt das Geräusch erneut, aber in immer längeren Intervallen, bevor es schließlich vor Mailand definitiv aufhört.

    Wir sitzen wie auf Nadeln. Was kommt wohl als Nächstes? Es ist doch unser erster Reisetag.

    Streik! Willkommen in Italien

    In Jesolo, einem kilometerlangen Sandstrand vor den Toren Venedigs, quartieren wir uns auf einem kleinen Campingplatz ein. Es ist Mitte März und noch Nebensaison. Fast alle Hotels und Geschäfte haben noch geschlossen. Kaum auszudenken, wie es hier in der Hochsaison aussehen muss bei all den Hunderten, wenn nicht Tausenden von Hotels.

    Am nächsten Tag kaufen wir vom Campingplatz Besitzer ein Kombi Ticket, das sämtliche Busse und öffentliche Schiffe zwischen Jesolo und Venedig beinhaltet. Die 15 km vom Campingplatz bis zur Schiffsstation legen wir mit dem Bus zurück. Danach sollte eigentlich die öffentliche Fähre von Punta Sabbioni nach Venedig verkehren. Doch gespenstische Ruhe herrscht am Anlegersteg. Hinter dem Glas des Ticketschalters spielt ein Angestellter gelangweilt auf seinem Handy herum und als ich ihn nach dem Schiff frage antwortet er missmutig: „Streik! Heute geht nichts mehr, kommt morgen wieder", und schon spielt er wieder auf seinem Handy weiter.

    So stehen wir am Schiffssteg wie begossene Pudel und schauen abwechselnd aufs Ticket und auf die vertäuten Fährschiffe.

    Eine französische Reisegruppe besteigt gerade ein Privatboot und ich nutze die Gelegenheit, den Kapitän auf unsere missliche Lage aufmerksam zu machen. Er hat Mitleid mit uns zwei Schweizer Landratten und nimmt uns mit nach Venedig. Glück im Unglück. So kommen wir doch noch in die Lagunenstadt und bestaunen den ganzen Tag diese großartige von Kultur, Baukunst und Touristen überschwappende Stadt.

    Bei der Rückreise zum Campingplatz streiken nun auch die Busfahrer. Na Toll. Jetzt müssen wir die 15 km zu Fuß laufen oder uns ein Taxi nehmen. Da es schon dämmert, entscheiden wir uns für die zwar bequemere, aber teure Variante.

    Kroatien

    Was wissen wir eigentlich über dieses Land?

    • Kroatien hatte doch an der Fußballweltmeisterschaft im Jahre 1998 den dritten Platz erreicht und auch sonst spielt dieses kleine Land gerne an Fußballmeisterschaften den Spielverderber bei den ganz Großen.

    • Die bekannte Skifahrerin Janica Kostelic ist ebenfalls Kroatin.

    Was wir nicht wussten:

    • die Hunderasse Dalmatiner stammt aus dieser Gegend

    • das Weiße Haus in Washington wurde mit Steinen und Marmor aus den Steinbrüchen von der Insel Brac errichtet

    • das Wort „Krawatte leitet sich von „Kroate ab

    Istrien, die nordwestliche Halbinsel Kroatiens, ist gespickt mit Hunderten von Campingplätzen, die jedoch allesamt noch geschlossen sind. So fahren wir gemächlich südwärts Richtung Pula, zur größten Stadt Istriens. Diese ist stark geprägt von ihrer römischen Vergangenheit. Hier befindet sich das drittgrößte Amphitheater der Welt, das Oval misst 135 x 105 Meter. Einst fanden hier Gladiatorenkämpfe vor über 23.000 Zuschauern statt.

    Nach dem Stadtbummel genießen wir bei einem Espresso auf dem Marktplatz die milde Frühlingssonne, die uns seit dem Start begleitet und atmen entspannt die frische Meeresbrise ein.

    Das Land der 1185 Inseln

    Wir fahren weiter südwärts, direkt entlang der atemberaubenden Küstenstraße. Rechts das flache Meer, geschützt durch die vorgelagerten Inseln und links die schroffen Felsen der baumlosen Bergketten. Plötzlich, nach Überquerung eines weiteren Bergrückens, haben wir Ausblick auf kleine Dörfer, die von drei Seiten vom Wasser umspült werden und direkt in die aufsteigenden Felsen gebaut wurden. Manche wirken wie die Dörfer der Cinque Terre. Die pastellfarbenen Fassaden sowie die roten Ziegeldächer verstärken diesen Eindruck noch.

    Wir können nicht widerstehen und nehmen ein erfrischendes Bad (14 °C) in den klaren Fluten des Mittelmeeres.

    Immer wieder gibt es schöne Stellplätze direkt am Meer

    Für heute ist es zu spät, um nach Dubrovnik zu fahren. So machen wir uns auf die Suche nach einem einsamen Stellplatz abseits der Touristenroute. „Dort unten stehen schon zwei Camper, meint Ruth und zeigt mit dem Finger zum unter uns liegenden Sandstrand. Beim Abwärtsfahren kommen uns die Fahrer der beiden Wohnmobile schon händeringend entgegengesprungen. „Euch schickt der Himmel, rufen sie euphorisch, „mit eurem 4x4 könnt ihr unsere im Sand festgefahrenen Fahrzeuge doch bestimmt rausziehen."

    Wir schauen uns die Misere mal genauer an. Ein einheimischer Bus ist nur wenige Meter vor der Brandungswelle bis zur Achse im Sand eingebrochen. Das Wohnmobil eines Österreichers, der helfen wollte, ist ebenfalls völlig im Sand stecken geblieben. Alles Schieben der Anwesenden hat die Situation nur noch verschlimmert. So kommt unser Suri erstmalig zu einem Bergungseinsatz. Mittels Abschleppseil, 4x4 und Untersetzung können wir den Österreicher wieder auf festen Grund ziehen. Den Bus vermögen wir dank der Sandbleche langsam, aber sicher auch zurückzusetzen.

    Alle sind erleichtert, Hände werden geschüttelt, Schultern geklopft, Adressen ausgetauscht und eine Flasche kroatischer Wein wandert in unseren Kühlschrank. Ende gut, alles gut.

    Mit einem Bein im Knast

    Kurz vor Dubrovnik wird ein kleiner Teil Kroatiens durch eine schmale Landzunge von Bosnien unterbrochen. Möchte man also nach Dubrovnik, ist man zu einer Einreise in ein Nicht-EU-Land gezwungen. Höflich werden wir am Grenzübergang vom Zollbeamte nach unseren Ausweisen gefragt.

    Ich gebe ihm die geforderten Fahrzeugpapiere sowie unsere Personalausweise.

    Das Einzige was uns auffällt ist, dass der Zollbeamte verdächtig lange unsere Ausweise kontrolliert, sie immer wieder unter den Scanner hält und schließlich das Funkgerät betätigt, um seinen Vorgesetzten zu erreichen. Immer wieder fragen wir uns, was da wohl los sei? In dieser Zeit wurden neben uns schon über zehn Fahrzeuge abgewickelt.

    Grimmig kommt der Oberzöllner zu mir und befiehlt, ich solle sofort auf das Parkfeld neben der Schranke fahren. Mit zusammengekniffenen Augen und bedrohlicher Miene meint er: „Wieso geben Sie mir eine Fälschung Ihres Personalausweises? Jeden Tag erwischen wir zwei, drei Kosovo-Albaner mit gefälschten Ausweisen, und für ein solches Vorgehen wandern die Leute sofort in den Knast. Das, was Sie da machen, ist Dokumentenfälschung."

    Erst dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Aus Sicherheitsgründen haben wir zu Hause von allen Papieren Farbkopien gemacht und sie einlaminiert. Diese Kopien sind für Polizeikontrollen in asiatischen Ländern gedacht, damit sie korrupte Beamte einfach einstecken können und wir getrost mit unseren Originalpapieren und ohne ein Schmiergeld zu bezahlen weiterfahren können. Das hat sich auf unserer letzten Reise durch Nord- und Südamerika bereits bestens bewährt.

    Diese Kopien sind natürlich nicht für einen offiziellen Zollübergang gedacht, doch jetzt muss sich eine solche zwischen die Originalpapiere eingeschlichen haben.

    Inzwischen hat sich unsere Gesichtsfarbe in ein bleiches Leinentuch-Weiß verwandelt. Wir sind uns der Tragweite unseres kleinen Missgeschicks durchaus bewusst und entschuldigen uns etliche Male beim Offizier, während wir ihm die Originale in die Hand drücken. Die Kopien, so versichern wir ihm, seien nur für die Hinterlegung eines Dokuments bei den Campingplätzen gedacht und natürlich nicht für einen Zollübergang.

    Es folgt eine lange Diskussion unter den Zöllnern und schließlich meint der Offizier: „Wir machen eine Ausnahme, eigentlich müssten wir Sie festnehmen, aber da Sie die Originaldokumente auch noch dabeihaben, können Sie weiterfahren."

    Uns fällt ein Stein vom Herzen. Sofort geben wir Vollgas und entfernen uns so schnell wie möglich von diesem Zollübergang.

    Dubrovnik, die Perle der Adria

    Als südlichste Stadt Kroatiens, statten wir heute Dubrovnik, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, einen Besuch ab. Als Erstes umrunden wir zu Fuß die Altstadt auf der Stadtmauer, die den vorzüglich erhaltenen, historischen Stadtkern umschließt. Mit seiner vollständigen Stadtmauer erinnert uns Dubrovnik an

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