Musik, Liebe, Leidenschaft: Träume vom großen Durchbruch
By Willi Dommer
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Parallel zur musikalischen Entwicklung erzählt er von seinen "Träumen vom großen Durchbruch" beim weiblichen Geschlecht, die anfangs durchaus zu Alpträumen ausarten.
Willi Dommer
Willi Dommer wurde 1952 im westfälischen Münster geboren und studierte dort Soziologie, Germanistik und Pädagogik. Nach der Promotion in 1981 absolvierte er ein zweijähriges Volontariat bei einer Tageszeitung im nördlichen Ruhrgebiet. Von 1985 bis 2002 war er als Redakteur bei der Zeitschrift 'esotera' in Freiburg beschäftigt. 1990 erschien im Freiburger Verlag Hermann Bauer sein erstes Buch 'Wo die alten Götter weiterleben' über die Relikte steinzeitlicher und keltischer Spiritualität in Europa. Nach der Auflösung des Verlags arbeitete er als Paketbote und bis zur Rente als schreibender und malender Taxifahrer in Emmendingen. Seit 2015 Rentner und Buchautor in Simonswald.
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Book preview
Musik, Liebe, Leidenschaft - Willi Dommer
Die Handlung ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und unbeabsichtigt.
Inhalt
Schrammeln in C-Dur
Ferienarbeit für Verstärker
Wohlriechend im Seifen-Tansit
Jimis letzter Auftritt
That’s only Rock’n’Roll
Post vom Staatsanwalt
Willy wählen
Mitten im Kneipenviertel
Kein Sinn für Bobs subtile Poetik
Der wilde Willi
Die Bettdecke brennt!
Die legendären »Fulls«
Der Trachtenrocker
Stramme Haxen in Leder
Band History Dülmen
Nachtrag
Bildnachweise
Schrammeln in C-Dur
Mit zehn oder elf bekam ich zu Weihnachten meine erste Gitarre geschenkt. Wohl mehr gegen den Willen meines Vaters, denn dem schwante Schreckliches: über kurz oder lang werde der musikalisch missratene Sohn bei der Hottentottenmusik landen. Für seine geliebten Egerländer unter der Leitung von Ernst Mosch hat er den Junior nie so recht begeistern können. Und nun hat der auch noch ein Instrument, das bei der böhmischen Blasmusik überhaupt nicht vorkommt. Aber seine Frau Erna hat dem unausgesetzten Quengeln des Heranwachsenden letztendlich nichts mehr entgegen zu setzen vermocht und besorgte ihm eine »Wandergitarre« der Marke Höfner – dieselbe Marke wie Paul McCartneys alte Bassgitarre mit dem geigenartigen Korpus.
Foto 1: 1966 – Bald gras i am Neckar
Nach anfänglichem ziellosen Schrammeln wurde das Ding erst mal in irgendeiner Ecke zwischengeparkt, bis mir klar wurde: ich brauche Anleitung. So landete ich schließlich in der »Mütterschule« – vermutlich eine Vorform der heutigen VHS – bei einer ältlichen Frau Goller. Die brachte uns Akkorde bei und Zupftechniken, die uns befähigten, Volksweisen wie »Horch was kommt von draußen rein«, »Bald gras’ ich am Neckar« oder »Rosenstock, Holderblüh« zu begleiten.
Aber wollten wir das wirklich?
Längst war die Mitte der Sechziger Jahre überschritten, und die »richtigen« Radiosender – so etwa BFBS, zum Teil auch Radio Luxemburg – spielten vermehrt Titel von den Beatles, Searchers, Gerry and the Pacemakers, der Spencer Davis Group, den Kinks, Hollies und den Rolling Stones. Irgendwie erfrischend. Doch mit unseren Zupftechniken und dem Geschrammel in C- und G-Dur kamen wir da nicht weiter. Frau Goller von der Mütterschule war auch keine Hilfe, und so wanderte die Gitarre erst mal wieder auf’s Abstellgleis. Bis ich endlich einsah, Weiterentwicklung ist harte Arbeit: am Radio, Plattenspieler oder Cassetten-Recorder die Akkorde der Stücke heraushören, englische Texte aufschreiben, die Rhythmik ausprobieren und vor allem sich von anderen was Neues zeigen lassen oder bei einer der aufkeimenden Bands dem Gitarristen auf die Finger schauen.
Da waren zum Beispiel die »Spitfires«, die erste Beatband im münsterländischen Dülmen, 1964 gegründet. Die waren an diversen Sonntagen nachmittags zum »Tanztee« im Haus Bispinghof engagiert – einer Gaststätte an der B 51 zwischen Dülmen und dem südwestlich vorgelagerten Hausdülmen. Dorthin strampelte ich mit meinem Freund Hans-Dieter auf unseren Fahrrädern, wir nahmen an einem der vorderen Tische Platz und schauten dem Gitarristen Lothar beispielsweise die Akkorde des Animals-Hits »House of the Rising Sun« ab: a-Moll C D F usw.
Meine Klassenkameraden Friedbert und Gerd schossen in dieser Hinsicht den Vogel ab. Sie schwangen sich ebenfalls auf ihre Fahrräder, radelten die acht Kilometer zum Segelflugplatz Borkenberge, weil sich ein ganz bestimmter Schlager in der Musikbox der Flugplatz-Gaststätte befand, ließen den Titel mehrmals laufen, bis sie den Text herausgehört und aufgeschrieben hatten. Die beiden hatten allerdings nicht mal vor, den Titel zu spielen; sie hatten gar keine Band. Nun ja, Friedbert besaß ein Akkordeon. Dahinter steckte wohl eher eine Art Sammler-Spleen.
Foto 2: Die Spitfires in den 60-er Jahren; li.: Gitarrist Lothar Bonn
Foto 3: Lothar Bonn heute
Auch das Fernsehen tastete sich damals vorsichtig an den gewandelten Musikgeschmack der Jugendlichen heran. Lebhaft erinnere ich mich an die erste »Beat-Club«-Sendung von Radio Bremen aus dem Jahr 1965 und den Auftritt der Yankees aus Bremen mit ihrem Titel »Halbstark«.
Foto 4: Die Bremer Yankees 1964; 2. v. li.: Frontman Frankie Bartelt
»Sie rasen
(pi-du-ba, pi-du-ba, wah)
durch die Straßen
(pi-du-ba, pi-du-ba, wah)
Und die Gassen
(pi-du-ba, pi-du-ba, wah)
sie sind menschenleer
(pi-du-ba, wah-wah)
Halbstark, oh Baby-Baby
Halbstark, halbstark nennt man sie
Bei seiner Anmoderation fühlte sich der Ansager noch bemüßigt, sich bei den Gegnern von derartiger Musik zu entschuldigen. Bei Wikipedia heißt es dazu: »Die Reaktion des älteren Publikums fürchtend, kündigte Wilhelm Wieben, der spätere Tagesschausprecher, die Live-Sendung mit tanzenden Jugendlichen und lauter Musik mit einer Vorwarnung für die Eltern an und bat um Verständnis für die Musik.«
Was war ich als 13-Jähriger froh, endlich mal meine Lieblingsmusik im Fernsehen zu hören und die angesagten Bands zu sehen. Meinen Vater musste ich am Samstagnachmittag geschickt aus dem Wohnzimmer hinauskomplimentieren. Er hätte mich lautstark mit durchaus abwertend gemeinten Formulierungen wie »Affen«, »Wilde«, »Hottentotten« und »Negermusik« konfrontiert, und ich wäre meinerseits ebenso auf die Palme gegangen. Solche Auseinandersetzungen hatten sich erfahrungsgemäß als überaus unproduktiv erwiesen. Irgendwann ließ ich’s einfach.
Foto 5: »Hottentottenmusik!«
Immerhin trennten uns 50 Jahre – quasi zwei Generationen, die sich schwerlich überbrücken ließen. Willi und Erna waren genaugenommen meine Großeltern, die mich in zartem Kindesalter adoptiert hatten.
Zu jener Zeit wohnte die kleine Familie im ehemaligen Dülmener Bahnhofsgebäude – ein architektonisch durchaus nicht uninteressanter Bau aus braunem Backstein, der zu einem Wohnhaus für fünf Eisenbahnerfamilien umgebaut worden war.
Foto 5a: Der alte Bahnhof
Zur Kindheit im Alten Bahnhof s. auch »Das waren Zeiten! Dülmen in Geschichten und Bildern aus 60 Jahren«, Norderstedt 2018, BoD
Wir Jugendlichen kämpften damals ja nicht nur darum, unsere Musik hören zu dürfen – da waren ja auch noch die Haare und das Outfit. Ich hatte weißgott keine Mähne. Nicht mal im Ansatz. Dennoch konnte der alte Willi nicht umhin, unserem gemeinsamen Friseur eine Weisung hinsichtlich der gewünschten Haartracht seines Sprösslings anheim zu geben: hinten so gut wie gar nichts, an den Seiten auch nicht viel mehr, vorne darf’s ruhig ein bisschen länger sein. Das wird dann vom Scheitel zur Seite