David und Oliver – nie mehr getrennt?: Mami 1956 – Familienroman
()
About this ebook
Der Wohnsitz der deutschen Pflanzerfamilie Hofstetter lag seit einem Jahrhundert in Antigua, der ehemaligen Hauptstadt von Guatemala. Durch einen riesigen Torbogen gelangte man in einen quadratischen Innenhof, der von allen Seiten zwei Stockwerke hoch umschlossen war. Balustraden und Treppen aus schwerem Holzwerk führten zu den Räumen, die in früheren Zeiten eine Vielzahl ständiger oder zeitweiliger Bewohner beherbergt hatten. Tropische Blumen in leuchtenden Farben quollen aus den Kästen entlang der Geländer und bedeckten die alten Mauern mit orangefarbenen Blüten und glänzendem dunkelgrünem Blattwerk. Das Hofstetterhaus mit seinem Blumenhof gehörte zu den bekanntesten Gebäuden in Antigua. Seit seiner Erbauung war es in Familienbesitz, und obwohl sich die Zeiten geändert hatten, lebten immer noch drei Generationen unter seinem Dach. Claire Hofstetter, die Hausherrin, war Ende fünfzig, ihr Enkel Oliver mit fünf Jahren der jüngste. Beide hatten auffallend üppiges rostbraunes Haar, meergrüne Augen, eine starke Stimme und einen ebenso starken Willen. Seit seinem dritten Geburtstag hatte er einen kleinen Kindergarten in unmittelbarer Nähe besucht. Über seine Weiterbildung wurde nun täglich im luftigen Eßzimmer ein lebhafter Dialog geführt. »Omama, warum darf ich denn nicht mit den anderen Kindern in die Schule gehen?« lautete Olivers eindringliche Frage, und die stets gleichbleibende Antwort seiner Großmutter: »Weil du in eine deutsche Schule gehen sollst, der Sprache wegen, der Tradition wegen und überhaupt.« »Aber in Antigua gibt es keine deutsche Schule!« »So ist es«, seufzte Claire, und hier lag in der Tat das Problem. Die nächste deutsche Schule lag in Guatemala-Stadt, zu weit, um jeden Tag hinzufahren, und Oliver war noch viel zu klein, um dort während der Woche untergebracht zu werden. Es war schon schlimm genug, daß sein Zwillingsbruder David außerhalb des Hofstetterhauses aufwachsen mußte – ein weiterer, besonders wunder Punkt, der im Hintergrund aller Überlegungen stand. Keinesfalls, wie Claire immer wieder erklärte, war sie gewillt, auch noch Oliver aus der Hand zu geben. Nicht, daß sie David etwa freiwillig der äußerst fragwürdigen Sorge seiner Mutter Maribell überlassen hätte, wirklich nicht. Im Gegenteil.
Read more from Myra Myrenburg
Mami Bestseller
Related to David und Oliver – nie mehr getrennt?
Titles in the series (100)
Mami 1735 – Familienroman: Paulas Flug ins Glück Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1740 – Familienroman: Gritli, das Kind aus dem Dorf Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1744 – Familienroman: … und plötzlich war eine Cousine da Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1737 – Familienroman: Hat Mami nur das Brüderchen lieb? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1730 – Familienroman: Entführt – zwei Kinder in Gefahr Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1733 – Familienroman: Wir zwei sind noch zu haben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1736 – Familienroman: Zwei starke Typen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1753 – Familienroman: Lisas Unfall Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1752 – Familienroman: Peter kann's nicht fassen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1745 – Familienroman: Armes reiches Kind Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1788 – Familienroman: Immer Ärger mit den Nachbarn Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1732 – Familienroman: Als Baby wurde sie entführt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1734 – Familienroman: Papis Freundin wird vergrault Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1746 – Familienroman: Traurige Kinderaugen tun weh Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1738 – Familienroman: Unverstanden und allein Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1759 – Familienroman: Wie Felix ein glücklicher Junge wurde Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1754 – Familienroman: Ausgesetzt – und ich fand dich Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1741 – Familienroman: Papi ist ein Abenteurer Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1739 – Familienroman: Dich verlassen? Niemals! Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1751 – Familienroman: Kinder träumen von Geborgenheit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1750 – Familienroman: Drei kleine Detektive Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1731 – Familienroman: Gefährliche Freunde Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1773 – Familienroman: Große Liebe zu kleinen Tieren Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1755 – Familienroman: Die Bühne und das wahre Leben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1742 – Familienroman: Eine Hochzeit in Sicht? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1748 – Familienroman: Das Opfer war Jonathan Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1768 – Familienroman: Lebe wohl, kleiner Jannis Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1762 – Familienroman: Sophies ganz große Liebe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1747 – Familienroman: Für immer ohne Vater? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMami 1777 – Familienroman: Zauberhaftes Töchterchen Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Related ebooks
Felsig, karg und hoffnungsgrün: Eine Kindheit in Adelboden Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDunkelwald: Kriminalgeschichten aus dem Erzgebirge Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAus dem Leben einer jüdischen Familie Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDavid Livingstone: Der Freund Afrikas Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsManfred Weil - Sein oder Nichtsein Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsOma, so gefällst du mir!: Erzählung Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsTatort Unterelbe: Kriminal-Geschichten zwischen Buxtehude und Cuxhaven Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsCardiff am Meer: Erzählungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHaschems Lasso Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Fälscher von Ruysmaar Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWie ein Dornenbusch Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWir beide schaffen es, Mami: Im Sonnenwinkel – Neue Edition 12 – Familienroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsRechtsdruck: Lenz' siebter Fall Rating: 5 out of 5 stars5/5Pinatubo – Versuche eines Auswanderers Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVorn ist noch Platz - Band 3: Band 3 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGesammelte Werke Agnes Sappers Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAufgeschriebenes Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVenusberg: Rheinland-Krimi Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFranziskus, der fliegende Holländer: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMenschen unter Zwang Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Witwe Appelhoff mischt sich ein Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Schweiz und ihr Geheimnis: Warum dieses Land anders ist Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer blinde Zeuge Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMEPHISTOS SAAT: FBI-Thriller Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEdith Stein: Gesammelte Werke Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLilu Zuckerkuss: Der Dämon von Sankt Wendelin Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsOberlins drei Stufen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFreie Liebe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPolstead Hall oder Die Frau in Rot: Eine beinahe wahre Geschichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Romance For You
Reise zum Mittelpunkt der Erde Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNanny für eine Nacht: Ein Milliardär – Liebesroman Rating: 5 out of 5 stars5/5Wilhelm Meisters Lehrjahre Rating: 4 out of 5 stars4/5Die Leiden des jungen Werther Rating: 4 out of 5 stars4/5Reigen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNachtclub-Sünden Kurzgeschichten: Milliardär Liebesromane Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine Braut für den spanischen Playboy Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Weg zum eigenen Sklaven: Ein Leitfaden für die dominante Frau Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Duke mit dem versteinerten Herzen: Digital Edition Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUnter Feuer: Band 4: Unter Feuer, #4 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Herzog und seine geliebte Feindin Rating: 4 out of 5 stars4/5Lieben Sie mich, Marquess! Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAuf der Suche nach dem Earl ihrer Träume Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie verbotene Babysitterin: Ein Milliardär - Liebesroman: Nachtclub-Sünden, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWie erobert man einen Earl? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHis Dad Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsZärtlicher Winter Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVerräterische Sehnsucht Rating: 5 out of 5 stars5/5Lieb mich so heiß wie damals Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsThe Billionaire's Agreement: Ein Weihnachtliche Liebesroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEntzückt von einem Herzog: Sagenhafte Liebe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine Nacht, ein Jahr - ein Leben? Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWicked Little Price Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUnter Feuer: Band 2: Unter Feuer, #2 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchmutzige kleine Jungfrau: Geheimnisse einer Unterwürfigen, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWicked Little Princess Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIm Bann der Gefühle Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGestohlene Unschuld Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDem Drachen versprochen Rating: 2 out of 5 stars2/5
Reviews for David und Oliver – nie mehr getrennt?
0 ratings0 reviews
Book preview
David und Oliver – nie mehr getrennt? - Myra Myrenburg
Mami
– 1956–
David und Oliver – nie mehr getrennt?
Eine aufregende Zeit für zwei kleine Jungen
Myra Myrenburg
Der Wohnsitz der deutschen Pflanzerfamilie Hofstetter lag seit einem Jahrhundert in Antigua, der ehemaligen Hauptstadt von Guatemala. Durch einen riesigen Torbogen gelangte man in einen quadratischen Innenhof, der von allen Seiten zwei Stockwerke hoch umschlossen war. Balustraden und Treppen aus schwerem Holzwerk führten zu den Räumen, die in früheren Zeiten eine Vielzahl ständiger oder zeitweiliger Bewohner beherbergt hatten.
Tropische Blumen in leuchtenden Farben quollen aus den Kästen entlang der Geländer und bedeckten die alten Mauern mit orangefarbenen Blüten und glänzendem dunkelgrünem Blattwerk. Das Hofstetterhaus mit seinem Blumenhof gehörte zu den bekanntesten Gebäuden in Antigua. Seit seiner Erbauung war es in Familienbesitz, und obwohl sich die Zeiten geändert hatten, lebten immer noch drei Generationen unter seinem Dach.
Claire Hofstetter, die Hausherrin, war Ende fünfzig, ihr Enkel Oliver mit fünf Jahren der jüngste.
Beide hatten auffallend üppiges rostbraunes Haar, meergrüne Augen, eine starke Stimme und einen ebenso starken Willen.
Seit seinem dritten Geburtstag hatte er einen kleinen Kindergarten in unmittelbarer Nähe besucht. Über seine Weiterbildung wurde nun täglich im luftigen Eßzimmer ein lebhafter Dialog geführt.
»Omama, warum darf ich denn nicht mit den anderen Kindern in die Schule gehen?« lautete Olivers eindringliche Frage, und die stets gleichbleibende Antwort seiner Großmutter: »Weil du in eine deutsche Schule gehen sollst, der Sprache wegen, der Tradition wegen und überhaupt.«
»Aber in Antigua gibt es keine deutsche Schule!«
»So ist es«, seufzte Claire, und hier lag in der Tat das Problem. Die nächste deutsche Schule lag in Guatemala-Stadt, zu weit, um jeden Tag hinzufahren, und Oliver war noch viel zu klein, um dort während der Woche untergebracht zu werden. Es war schon schlimm genug, daß sein Zwillingsbruder David außerhalb des Hofstetterhauses aufwachsen mußte – ein weiterer, besonders wunder Punkt, der im Hintergrund aller Überlegungen stand. Keinesfalls, wie Claire immer wieder erklärte, war sie gewillt, auch noch Oliver aus der Hand zu geben.
Nicht, daß sie David etwa freiwillig der äußerst fragwürdigen Sorge seiner Mutter Maribell überlassen hätte, wirklich nicht.
Im Gegenteil.
All dies hatte sich ohne ihr Zutun, ohne ihre Zustimmung, ja teilweise sogar ohne ihr Wissen ereignet. Schuld daran war die Schwäche ihres Sohnes Fridolin für ein unberechenbares, ungebärdiges Wesen namens Maribell, das ihn Hals über Kopf geheiratet und dann von einem Tag auf den anderen verlassen hatte, leider unter Mitnahme des kleinen David. Andernfalls man im Hause Hofstetter den Verlust der jungen Frau leicht überwunden hätte, mit Ausnahme von Fridolin natürlich, der ihr noch immer nachzutrauern schien.
Die ältere Generation, bestehend aus Claire und ihrem Schwager Herbert, hatte die Verbindung mit Maribell immer für einen Mißgriff gehalten, einen fatalen Fehler, der nur einem versponnenen, realitätsfernen Menschen wie Fridolin Hofstetter unterlaufen konnte. Bis heute kam Claire nicht hinweg über die Unverfrorenheit, mit der Maribell die Teilung der Kinder vorgenommen hatte, als wären es zwei Bananenbündel, unter dem Motto: eins für dich, eins für mich. Wobei sie auch noch für sich in Anspruch nahm, fair und gerecht verfahren zu sein und kein Gewissen schien sie jemals zu plagen.
Es war ungeheuerlich, unglaublich, unbegreiflich, und wenn man den Anwälten glauben konnte, war es auch unumkehrbar, das heißt: nicht zu ändern, außer mit Gewalt. Doch dafür war Fridolin nicht zu haben, und man mußte nur darauf achten, daß wenigstens für Oliver die Weichen richtig gestellt wurden. Was dem armen David mitten in New York blühen würde, wenn er den Kindergarten hinter sich hatte, durfte sich Claire gar nicht vorstellen. Eine kinderfeindlichere Umwelt als die Wohntürme von Manhattan konnte es nirgendwo geben.
»Aber Sarah und Pablo und Nora gehen doch auch hier in die Schule«, bemerkte Oliver vorwurfsvoll und stopfte sich ein halbes Brötchen in den Mund.
»Das mag gut und richtig sein, wenn ihre Eltern das so entscheiden«, erwiderte seine Großmutter ungerührt, »wir jedenfalls entscheiden uns anders, nämlich für eine deutsche Schulbildung, basta.«
»Aber Omama…«
»Still jetzt, Oliver! Mit vollem Mund spricht man nicht!«
Eine Weile hörte man nur das Zirpen der Vögel in den Blumenkaskaden und das Plätschern des Springbrunnens in der Mitte des Hofes.
Oliver kaute, schluckte, richtete den eindringlichen Blick aus grünen Augen auf Claire und fragte gedehnt: »Und David? In welche Schule geht er?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie wahrheitsgemäß, »und noch haben wir ja Gott sei Dank Zeit, alle Möglichkeiten zu prüfen. Trink deinen Saft, mein Junge, es ist gleich halb neun. Onkel Herbert nimmt dich mit in den Kindergarten auf dem Weg ins Geschäft.«
Etwas später, nachdem sie mit ihrer altgedienten Köchin Selina den Küchenplan für die nächsten Tage aufgestellt und ein paar Telefongespräche geführt hatte, empfing Claire den Pfarrer der evangelischen Epiphaniasgemeinde, Herrn Rainer Rupfinger.
Sie saßen an einem langen Refektoriumstisch in der Bibliothek, die sich wie alle Räume des Hauses zum Blumenhof hin öffnete: Claire in einem knöchellangen mattgrün und mattblau gestreiften Kleid, das von einem Indio-Markt stammte, deren es einige in Antigua gab. Rainer Rupfinger in einem locker sitzenden schwarzen Anzug, blütenweißem Hemd und dunkelroter Krawatte. Er war kleiner als Claire, von unbestimmbarem Alter, schmalschultrig, leicht gebeugt, fast kahlköpfig bis auf einen Kranz grauer Löckchen.
In einem von spanischem Katholizismus und alten indianischen Riten geprägten Umfeld galt die evangelische Gemeinde als Diaspora, und nur den ansässigen Deutschen zuliebe wurde die Pfarrei aufrecht gehalten. Die Epiphaniaskirche war dereinst von Magnus Hofstetter, einem Handelsherrn aus Bremen, erbaut worden, und nach wie vor beteiligten sich die Hofstetters an der Gemeindearbeit und der Instandhaltung der Kirche.
Im übrigen hatte ein evangelischer Pfarrer in dieser alten, guatemaltekischen Stadt mit ihrer religiösen Vergangenheit, ihren vielen katholischen Kirchen und geheimen Indio-Heiligtümern keinen leichten Stand. Rainer Rupfinger, aus Nürnberg stammend, behauptete sich nur mit stiller Zähigkeit und lächelnder Demut. Andernfalls wäre er vermutlich längst zwischen den Fronten aufgerieben worden.
»Ich brauche Ihren Rat«, begann Claire und schenkte ihm Kaffee ein, »und zwar wegen Olivers schulischer Zukunft. Als mein Sohn in seinem Alter war, gab es in Antigua eine kleine, von allen hier lebenden deutschen Familien finanzierte Schule mit hervorragenden Lehrkräften, die mein Mann im Rahmen seiner Kontakte mit Behörden und Firmen in Deutschland anwerben konnte. Bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr konnte Fridolin diese