Der Engel mit dem schwarzen Haar: Karin Bucha Classic 4 – Liebesroman
By Karin Bucha
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Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
»Ich bitte dich, Joachim, sieh doch endlich die Notwendigkeit meines Vorschlages ein.« Fürstin Elisabeth von Felsenstein legt einen beschwörenden Ton in ihre Stimme, dabei mustern ihre lebhaften dunklen Augen mit Wohlgefallen die imponierende Erscheinung ihres Sohnes, des regierenden Fürsten Friedrich-August Joachim von Felsenstein. »Du bist nun zweiunddreißig Jahre alt und es wird Zeit, daß du an die Gründung einer Familie denkst. Die Felsensteiner wollen ihr Oberhaupt, das du nun einmal bist, als Familienvater im Kreise einer Schar Kinder sehen. Schau sie dir wenigstens einmal an, die Prinzessin Josefina von Lichtenbach. Ich bitte dich, Joachim. Ich habe für dich getan, was ich konnte, damit du deinen Neigungen leben und deine Freiheit genießen konntest. Zum Teil trägt an diesem Lotterleben dein Freund und Sekretär Dr. Martin Weidlinger die Schuld. Wäre er verheiratet, würdest du dich längst nicht so sträuben. Wir Felsensteiner können es uns einfach nicht erlauben, nach dem Herzen zu wählen. Wir müsssen auf unseren Namen Rücksicht nehmen.« Die Fürstin verstummt, und Joachim bemerkt zum ersten Mal einen müden, erschöpften Ausdruck auf den sonst so beherrschten Zügen seiner Mutter. Sie ist herzensgut, aber Namen und die damit verbundenen Überlieferungen und Traditionen bedeuten ihr alles. Sie ist so erzogen, und sie wird sich auch nicht mehr ändern. Er geht rasch auf sie zu und führt ihre Hand an seine Lippen. »Gut, Mama«, erklärt er sich mit belegter Stimme bereit. »Ich werde mir also die für mich bestimmte Frau ansehen. Ich bin auch guten Willens, ein guter Ehemann zu werden, wenn sie mir nur einigermaßen zusagt – sonst – sonst garantiere ich für nichts.«
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Der Engel mit dem schwarzen Haar - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 4 –
Der Engel mit dem schwarzen Haar
Karin Bucha
»Ich bitte dich, Joachim, sieh doch endlich die Notwendigkeit meines Vorschlages ein.«
Fürstin Elisabeth von Felsenstein legt einen beschwörenden Ton in ihre Stimme, dabei mustern ihre lebhaften dunklen Augen mit Wohlgefallen die imponierende Erscheinung ihres Sohnes, des regierenden Fürsten Friedrich-August Joachim von Felsenstein.
»Du bist nun zweiunddreißig Jahre alt und es wird Zeit, daß du an die Gründung einer Familie denkst. Die Felsensteiner wollen ihr Oberhaupt, das du nun einmal bist, als Familienvater im Kreise einer Schar Kinder sehen. Schau sie dir wenigstens einmal an, die Prinzessin Josefina von Lichtenbach. Ich bitte dich, Joachim. Ich habe für dich getan, was ich konnte, damit du deinen Neigungen leben und deine Freiheit genießen konntest. Zum Teil trägt an diesem Lotterleben dein Freund und Sekretär Dr. Martin Weidlinger die Schuld. Wäre er verheiratet, würdest du dich längst nicht so sträuben. Wir Felsensteiner können es uns einfach nicht erlauben, nach dem Herzen zu wählen. Wir müsssen auf unseren Namen Rücksicht nehmen.«
Die Fürstin verstummt, und Joachim bemerkt zum ersten Mal einen müden, erschöpften Ausdruck auf den sonst so beherrschten Zügen seiner Mutter. Sie ist herzensgut, aber Namen und die damit verbundenen Überlieferungen und Traditionen bedeuten ihr alles. Sie ist so erzogen, und sie wird sich auch nicht mehr ändern.
Er geht rasch auf sie zu und führt ihre Hand an seine Lippen.
»Gut, Mama«, erklärt er sich mit belegter Stimme bereit. »Ich werde mir also die für mich bestimmte Frau ansehen. Ich bin auch guten Willens, ein guter Ehemann zu werden, wenn sie mir nur einigermaßen zusagt – sonst – sonst garantiere ich für nichts.«
Fürstin Elisabeth richtet sich noch höher auf. »Was willst du damit sagen, Achim?«
»Alles widerstrebt sich in mir, eine Frau zu heiraten, die ich nicht liebe, die ich nicht kenne, von der ich überhaupt nichts weiß.«
Fürstin Elisabeth erhebt sich. »Dann lerne sie kennen«, sagt sie schroff. »Es muß sein, Achim. Selbst wenn sie dir nicht gefallen sollte, mußt du sie heiraten. Josefina von Lichtenbach ist die einzige Prinzessin, die für dich in Frage kommt.«
Joachim von Felsenstein schweigt und geleitet wortlos seine Mutter zur Tür, die er behutsam hinter ihr ins Schloß zieht.
Bedrückt geht er zurück ins Zimmer, klingelt und bittet Dr. Weidlinger zu sich. Wenig später steht der Freund und Sekretär vor ihm. Er ist gleichfalls hochgewachsen, blond und blauäugig, während der Fürst zu seinem dunkelbraunen Haar faszinierende hellgraue Augen hat. Sie sind zwei Erscheinungen, die man nie und nirgends übersehen kann.
»Es ist soweit«, empfängt der Fürst den Freund. »Wir müssen wieder einmal die Koffer packen –«
Dr. Weidlinger läßt sich in die Polster eines der bequemen Sessel fallen? »– um auf Brautschau zu gehen«, vollendet er ruhig.
»Woher weißt du?« Fürst Joachim entzündet sich jetzt nervös eine Zigarette.
»Ein guter Sekretär muß alles wissen und ein guter Freund alles verstehen«, gibt Dr. Weidlinger ruhig zurück. In seinen Augen blitzt der Schalk. »Du siehst aus, als müßtest du zu einer Hinrichtung gehen. Ansehen, sage ich. Die letzte Entscheidung liegt bei dir, nur bei dir.«
»Und das Hausgesetz?« wirft der Fürst unwillig ein.
»– besagt, daß du eine Prinzessin mit einer siebenzackigen Krone heiraten mußt. Menschenskind, Achim, es gibt doch wirklich noch mehr Prinzessinnen, die den Ansprüchen des Hauses Felsenstein genügen. Muß es denn unbedingt Josefina von Lichtenbach sein?«
»Meine Mutter –«
»Allen Respekt vor Ihrer Durchlaucht, der Fürstin Elisabeth, aber ein bißchen Liebe muß doch wohl dabei sein.« Dr. Weidlinger erhebt sich und geht hinüber zu dem Freund, den er selten so unschlüssig und bedrückt gesehen hat. »Also, Achim, wir packen und sehen uns Prinzessin Josefina von Lichtenbach an.«
Ein Seufzer aus tiefstem Herzensgrund zittert durch den weiten, hohen Raum, der Dr. Weidlinger nur ein herzliches Lachen entlockt.
»Also, auf zur Brautschau, Achim«, tröstet er und legt dann den Arm um die Schultern des Freundes. »Den Kopf kostet es doch wirklich nicht. Vielleicht verliebt sie sich in mich – und du hast nichts mehr zu melden.« Dr. Weidlinger hat erreicht, was er wollte. Der Freund lächelt wieder, wenn auch etwas gequält.
»Herrgott, warum kann man nicht leben, wie man gern möchte«, stöhnt er und drückt den Rest seiner Zigarette in der Schale aus. »Immer dieser Zwang, immer das harte Muß. Ich habe es wahrhaftig satt.«
»Na, na«, besänftigt Dr. Weidlinger ihn. »Bisher hat Ihre Durchlaucht doch alles von dir ferngehalten. Du konntest reisen, wohin du wolltest, du konntest deinen Neigungen leben. Du hast sogar flotte Rennen gefahren. Ist das etwa nichts? Nun mußt du Ihrer Durchlaucht diesen kleinen Gefallen tun.«
Fürst Joachim drückt auf den Klingelknopf, und als Heinrich, sein Kammerdiener, erscheint, bittet er: »Wir reisen, Heinrich. Es heißt wieder einmal, Koffer packen.«
*
Josefina von Lichtenbach und ihre Mutter, die Fürstin Ernestine von Lichtenbach, sitzen sich auf der Terrasse des Schlosses, das im englischen Landhausstil erbaut ist und der Familie zum Sommeraufenthalt dient, beim Frühstück gegenüber, als die Mitteilung von ihrer Base, Fürstin Elisabeth von Felsenstein, eintrifft, worin sie den Besuch ihres Sohnes Joachim ankündigt.
In das sonst so bleiche Gesicht steigt schwache Röte. Über den Brief hinweg betrachtet sie die Prinzessin.
»Jetzt endlich ist es soweit.«
»Was, Mama?« erkundigt Josefina sich uninteressiert.
»Fürst von Felsenstein kommt zu Besuch.«
»Ist das der Millionär?« forscht Josefina mit phlegmatischer Ruhe weiter.
»Er ist es.« Die Stimme der Fürstin klingt ärgerlich gegenüber der Interessenlosigkeit ihrer Tochter. »Bist du so naiv – oder stellst du dich nur so, Josefina? Er kommt deinetwegen.«
»Meinetwegen?« erwidert sie gedehnt und reicht die Tasse dem servierenden Diener zum Auffüllen. Als er verschwunden ist, spricht sie gelassen weiter: »Zeit genug hat er sich gelassen. Natürlich kenne ich deinen und Tante Elisabeths Plan. Von mir aus kann er kommen.«
»Wir müssen doch einige Vorbereitungen treffen«, nimmt die Fürstin nach einer Pause das Gespräch wieder auf. »Zimmer müssen gerichtet werden. Der Fürst bringt seinen Kammerdiener und den Sekretär mit.«
Josefina greift zu einem Modejournal. »Du wirst schon alles regeln, Mama.«
Prüfend betrachtet Fürstin Ernestine ihre Tochter. Ehrlich zugegeben, besonders hübsch ist sie nicht. Sie schluckt ein paarmal. Aber das ist schließlich nicht ausschlaggebend. Letztlich war sie auch nicht hübsch und hat den reichen Fürsten Lichtenbach bekommen. Warum soll es bei Josefina anders sein?
*
Josefinas Herz schlägt doch rascher, als die durchdringenden grauen Augen des Fürsten Joachim auf ihr ruhen und sich sein dunkler Kopf über ihre kühle Hand neigt.
In respektvoller Entfernung steht Dr. Weidlinger. Ach, du lieber Gott – denkt er – niemals hat eine Frau weniger Chancen bei Joachim gehabt als gerade diese Prinzessin. Er, der erklärte Frauenliebling, dem die Mädchenherzen nur so zufallen, der die schönsten und gefährlichsten Frauen besessen hat, wird sich niemals mit dieser Heirat einverstanden erklären.
Nachdem der Empfang vorüber ist, sucht Dr. Weidlinger den Freund in seinem Wohnzimmer auf. Er findet ihn tief in Gedanken versunken vor dem Fenster.
Ohne sich umzuwenden, er hat den Freund am Schritt erkannt, sagt Joachim: »Das einzige, was mir hier gefällt, ist die wunderbare Aussicht und die Lage des Landhauses. Sonst –« Er dreht sich rasch ins Zimmer. »Was sagst du, Martin?«
Martin pustet vor sich hin, als sei ihm besonders heiß. »Sonst bin ich deiner Meinung, Achim. Wollen wir die Koffer gepackt lassen?«
Joachim muß nun doch lachen. »Wie gut du mich kennst.« Er grübelt wieder vor sich hin. »Rein äußerlich gesehen bereitet mir die Prinzessin physisches Unbehagen. Aber, vergiß nicht, wir sind auf höheren Befehl hier. Also heißt es vorläufig aushalten.«
»Also doch auspacken.« Diesmal seufzt Weidlinger tiefsinnig.
Ihre Freundschaft hat sich in ungezählten ernsten und heiteren Situationen bewährt, und unzerreißbar ist das Band, das sie verbindet. Sie verstehen sich meist ohne viel Worte. Mitunter genügt schon ein Augenblinken, und sie wissen Bescheid.
»Vielleicht hat sie einen guten Charakter«, gibt Martin zu bedenken.
»Diese Josefina kennt nur ihre eigene reizlose Person, darauf kannst du dich verlassen«, ereifert der Fürst sich. »Ich müßte mich sehr täuschen, hinter der Stirn Geist oder Witz zu vermuten.«
»Leider täuschst du dich nie. Das kann ein schönes Theater werden.« Martin Weidlinger hat sich auf einen der zierlichen Sessel gesetzt und die langen Beine weit von sich gestreckt.
»Sag mal«, forscht Martin, »hast du niemals ein Bild von dieser Prinzessin gesehen?«
»Nie!«
Dr. Weidlinger schüttelt den Kopf. »Ich verstehe Ihre Durchlaucht, Fürstin Elisabeth, nicht. Wie kann sie dir eine solche Frau andrehen wollen? Wegen des Geldes? Davon hast du doch selbst genug. Nein, Achim, die Frau, die zu dir paßt, die stelle ich mir anders vor.«
»Ich auch«, sagt Fürst Joachim lakonisch.
»Und was geschieht, wenn du plötzlich entdeckst, daß du doch ein Herz hast?« gibt Martin zu bedenken.
»Ich sagte dir schon«, erwidert der Fürst, jede Silbe betonend, »Fürstenkinder dürfen kein Herz haben.« Das klingt so resignierend, daß Weidlinger verstummt. Kurz vor dem Portal richtet Fürst Joachim wieder das Wort an ihn. »Damit du nicht überrascht bist, zum Sommerfest werde ich mit Prinzessin Josefina sprechen. Dann sind die Würfel gefallen.«
Weidlinger hätte noch so viel Argumente dem Entschluß des Fürsten entgegenzusetzen. Doch er kennt die Eigenwilligkeit des Freundes, und so sucht er sichtlich verstimmt sein Zimmer auf.
*
Mit kaum zwanzig Kilometer Geschwindigkeit fährt der Wagen, ein sehr altes Modell, mit einem Motor, der sich anhört wie eine alte Dreschmaschine, durch die Hauptstraße der kleinen, verträumten Stadt.
Die Lenkerin dieses alten, von ihr überaus geliebten Gefährtes, Prinzessin Viktoria von Cottenberg kennt ihre Cottenberger. Plötzlich schlagen sie einen Haken und kreuzen von einem Fußsteig über die Fahrbahn auf die andere Seite.
Plötzlich bringt sie den Wagen zum Stehen und fährt dann dicht am Gehsteig entlang, bis sie neben einer zierlichen Mädchengestalt hält.
»Hanna!«
»Viktoria, Prinzessin!«
Erfreut kommt das junge Mädchen an den Wagen heran.
»Steig ein, Hanna. Bis zur Schloßschänke fahren wir, dann machen wir noch einen kleinen Bummel«, sagt sie energisch und öffnet den Schlag.
Johannas Madonnengesicht färbt sich dunkelrot. »Aber ich kann doch nicht«, stammelt sie verlegen, denn sie bemerkt, daß sie bereits Aufsehen erregen.
»Rede nicht so viel, Hanna, komm«, kommandiert Viky. »Ich wundere mich nur«, ärgert sie sich, als Hanna tatsächlich neben ihr sitzt, »daß du mich nicht mit meinen sämtlichen Taufnamen anredest. Stell dir vor, wie das klingt: Margareta, Maria, Bettina, Viktoria.«
»Viky!« sagt Hanna sanft und mit leichtem Vorwurf.
»Na also«, kommt es erleichtert aus Vikys Mund. »Endlich bist du wieder normal.«
Hanna muß lachen. Das ganz sanfte Gesicht wird dadurch schön. Sie haben sich schon immer glänzend verstanden, Johanna Valentin und Prinzessin Viky. Einmal war auch Johanna eines der reichsten Mädchen in der Stadt. Wenigstens nahm man das an. Ihr Vater besaß das größte Kaufhaus am Platze. Dann ließ er sich in gewagte Spekulationen ein, hatte Weibergeschichten und begann zu trinken. Auf einmal war