Marshal Jesse Franky: Die großen Western Classic 5 – Western
By Joe Juhnke
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Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).
Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr.
Pat Sharp nimmt den schäbigen Stetson vom Schädel, kratzt einen Augenblick lang in der rostfarbenen Wolle und senkt andächtig den Blick. Vorbei zieht eine kleine Kolonne Menschen, bestehend aus dem Bürgermeister, dem Townmarshal, einer vierräderigen Karre, die von zwei müden Gäulen gezogen wird, einer Frau in schwarzer Tracht und einem ebensolchen Schleier, der ihr Antlitz verhüllt. An ihrer Seite geht der Padre aus der Stadt. In geringem Abstand folgen dann noch ein Dutzend Bürger aus dieser kleinen Stadt. Der kleine Trauerzug, denn ein solcher ist es, nähert sich dem Ortsausgang. Die Spitze wandert durch die Öffnung in einer breiten Hecke, hinter der windschiefe Kreuze und einfache Grabsteine auf flachen Hügeln stehen. drauflos. Sharp zählt sechzig Lenze. Es gab eine Zeit, da verdiente er einen Haufen Geld. Er war Expreßreiter der »Prescott Northern Company« mit tausend Dollar Monatslohn. Ein schöner Batzen Geld zu jener Zeit. Aber ihm ging's dann wie schon so vielen seiner Vorgänger. Eines Tages lauerten ihm einige Satteltramps auf der Route auf, verpaßten ihm ein paar blaue Bohnen, nahmen den Geldsack und verschwanden spurlos. Cowboys fanden Sharp in einem recht erbärmlichen Zustand und brachten ihn nach Benton. Hier puhlte ihm Doc Johnson die Kugeln aus dem Körper, bis auf eine – und die steckte heute noch im Knie, direkt hinter der Kniescheibe. Sie war auch der Grund, weshalb Pat seinen feinen Job aufgeben mußte, denn einen Expreßreiter mit einem steifen Bein, den gibt es nicht. Pat Sharp blieb in Benton hängen. Er verdiente sich ein paar Dollar als Bote, reparierte auf den umliegenden Ranches ab und zu mal einen Wagen, half auch zeitweilig Watson, dem Blackshopman, in dessen Schmiede und wurde so mit der Zeit ein bekanntes Original in dem kleinen Städtchen. Sharps Blick wandert zu dem jungen Fremden hin, der unweit von ihm auf dem Bürgersteig steht und sich unschlüssig eine Zigarette dreht.
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Die großen Western Classic
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Marshal Jesse Franky - Joe Juhnke
Die großen Western Classic
– 5 –
Marshal Jesse Franky
Joe Juhnke
Pat Sharp nimmt den schäbigen Stetson vom Schädel, kratzt einen Augenblick lang in der rostfarbenen Wolle und senkt andächtig den Blick. Vorbei zieht eine kleine Kolonne Menschen, bestehend aus dem Bürgermeister, dem Townmarshal, einer vierräderigen Karre, die von zwei müden Gäulen gezogen wird, einer Frau in schwarzer Tracht und einem ebensolchen Schleier, der ihr Antlitz verhüllt. An ihrer Seite geht der Padre aus der Stadt. In geringem Abstand folgen dann noch ein Dutzend Bürger aus dieser kleinen Stadt.
Der kleine Trauerzug, denn ein solcher ist es, nähert sich dem Ortsausgang. Die Spitze wandert durch die Öffnung in einer breiten Hecke, hinter der windschiefe Kreuze und einfache Grabsteine auf flachen Hügeln stehen.
Pat Sharp stülpt seinen Stetson wieder auf den Schädel und kaut eifrig
drauflos.
Sharp zählt sechzig Lenze. Es gab eine Zeit, da verdiente er einen Haufen Geld. Er war Expreßreiter der »Prescott Northern Company« mit tausend Dollar Monatslohn. Ein schöner Batzen Geld zu jener Zeit. Aber ihm ging’s dann wie schon so vielen seiner Vorgänger. Eines Tages lauerten ihm einige Satteltramps auf der Route auf, verpaßten ihm ein paar blaue Bohnen, nahmen den Geldsack und verschwanden spurlos.
Cowboys fanden Sharp in einem recht erbärmlichen Zustand und brachten ihn nach Benton. Hier puhlte ihm Doc Johnson die Kugeln aus dem Körper, bis auf eine – und die steckte heute noch im Knie, direkt hinter der Kniescheibe. Sie war auch der Grund, weshalb Pat seinen feinen Job aufgeben mußte, denn einen Expreßreiter mit einem steifen Bein, den gibt es nicht.
Pat Sharp blieb in Benton hängen. Er verdiente sich ein paar Dollar als Bote, reparierte auf den umliegenden Ranches ab und zu mal einen Wagen, half auch zeitweilig Watson, dem Blackshopman, in dessen Schmiede und wurde so mit der Zeit ein bekanntes Original in dem kleinen Städtchen.
Sharps Blick wandert zu dem jungen Fremden hin, der unweit von ihm auf dem Bürgersteig steht und sich unschlüssig eine Zigarette dreht. Der Fremde ist ihm vorher schon aufgefallen, ehe der Leichenzug die Straße passierte.
Der Fremde ist nicht sonderlich groß. Er hat überhaupt nichts Auffälliges an sich. Er ist gekleidet wie jeder andere im Westen. Er trägt einen grauen, schon ziemlich abgenutzten Cordanzug, ein buntes Flanellhemd und ebensolches Halstuch. Er hat um die Hüfte einen breiten Gurt mit einer mächtigen Silberschnalle, und aus dem vorderen Rockausschnitt lugt der schwere Knauf einer Patterson.
Der Fremde scheint den prüfenden Blick Sharps zu spüren, denn ein freundliches Lächeln liegt in seinen braunen Augen; während er langsam näher tritt.
»Hallo, old Hands!« grüßt er und tippt leicht an die Krempe seines Sombreros. Seine Stimme ist dunkel und klangvoll, seine Hände sind schlank wie seine Gestalt. »Wen bringen sie denn da unter die Erde? Ist’s ein Bürger aus der Stadt?«
»’s war einer!« Pat kaut lächelnd weiter, während er vergebens irgend etwas Hervorstechendes oder Auffallendes an dem Fremden sucht. »Er nannte sich Dick Holmes und hieß wahrscheinlich auch so; denn er war ja verheiratet.«
»Eine Persönlichkeit der Stadt?«
»Wenn man schon einen Makler als solche bezeichnen kann, ja!«
»Zigarette?« Der Fremde hält Sharp seinen Tabaksbeutel hin.
Doch Sharp schüttelt den Kopf und zeigt durch eifriges Kauen an, daß er nur priemt. »War er alt?«
»Dreißig. Wo kommen Sie denn her?«
»Eigentlich kein Alter, um schon zu sterben.«
Pat Sharp lächelt leicht. »Der Tod fragt nicht nach dem Alter. Eines Tages klopft er an die Tür, und dann ist es zu spät. Ihrer Sprache nach kommen Sie aus Texas.«
»Stimmt!« Der jugendliche Fremde lächelt ebenfalls und nickt verbindlich. »Er starb sicher nicht an Altersschwäche, old Hands?«
»Nennen Sie mich doch einfach Pat, wie’s hier alle tun. Zum alten Eisen gehöre ich hoch lange nicht. No, Dick Holmes war gestern noch verdammt munter. Übrigens war er ein Geizkragen. Nicht, daß ich ihm das hier gewünscht habe, aber es mußte ja eines Tages kommen.«
»Was?«
»Daß sie an sein Geld wollten.«
»Er wurde überfallen?« Für einen Augenblick hat Pat Sharp den Eindruck, als läge ein waches Lauern in den Augen des Fremden. Doch er muß sich wohl getäuscht haben. Die Frage des Mannes klingt nur neugierig, neugierig, wie die Menschen nun eben einmal sind.
Sharp speit eine Ladung Tabaksaft auf die staubige Straße.
»Vom vielen Reden bekommt man nur eine trockene Kehle, Stranger«, verschmitzt und herausfordernd lächelt Sharp, und der andere versteht ihn auch sofort.
»Ist Ihnen die Inn dort recht?«
»Bob Horger hat den besten Schnaps auf tausend Meilen!«
»Dann wollen wir ihn mal versuchen!«
Sharps Schritte klingen hohl auf dem hölzernen Bürgersteig. Es klingt fast so, als habe er ein Holzbein. Auch der Fremde scheint das anzunehmen.
Aber Sharp, der den fragenden Blick des Fremden richtig deutet, lächelt verächtlich.
»Das ist noch mein eigen Fleisch und Blut, Stranger. Aber wäre Doc Johnson damals nicht gewesen, zounds, der Brand hätte es längst weggefressen.«
»Unfall?«
Sharp hebt leicht die Schultern. »Es war der gleiche Unfall, dem auch Holmes gestern zum Opfer fiel. Ich nenne es Schicksal und bin, Gott sei Dank, darüber weg. So, und hier geht es rein.«
Sharp stößt die Tür auf und läßt dem Fremden den Vortritt. Nur wenige Männer befinden sich im Schankraum. Sharp und sein junger Gastgeber treten zur Theke.
»Schenk ein, Bob. Zwei Lagen Doppelte. Der Gent hier zahlt. Also, die Sache war so: gestern, bei Sonnenuntergang, kamen Leute in die Stadt. Drei waren es. Sie stiegen vor Holmes’ Haus von ihren Gäulen. Zwei gingen nach drinnen, der dritte tränkte die Pferde. Sie müssen nämlich wissen, vor Holmes’ Haus ist die Tränke.« Er hebt sein Glas und setzt es an die Lippen.
Mit einem scharfen Ruck spritzt der ganze Inhalt in Sharps ausgetrocknete Kehle. Schmatzend fährt er sich dann über die Lippen. »Yeah, und dann gab’s plötzlich einen Knall, und der war nicht von Pappe. Holmes’ Fenster sprangen aus den Fugen, und heraus kletterten die beiden Burschen. Sie bestiegen in aller Ruhe ihre Pferde und verschwanden dann genauso wortkarg, wie sie gekommen waren. Ich war einer der ersten, der Holmes’ Haus betrat. Es war kein schöner Anblick. Holmes lag quer über seinem Schreibtisch und hatte ein Loch im Schädel. In der Wand gähnte ein schwarzes Loch, von dem jeder wußte, daß es einmal Holmes’ kleiner Tresor war. Später kam der Marshal dazu. Wir fanden auch noch Holmes’ Frau. Sie mußte der Schrecken umgeworfen haben.«
»Und was sagte der Marshal?«
»Tom Saller? Hombre, er kombinierte auf Raubmord.«
Die braunen Augen des Fremden ziehen sich zusammen.
»Hat er denn das Gesindel nicht verfolgt?«
Sharp lacht und schiebt dem Keeper sein Glas zu. »Saller ist in letzter Zeit ein wenig zu dick geworden. Ich fürchte, er paßt nicht mehr so recht in den Sattel. Außerdem fürchtet er das Gesindel mehr als dieses ihn.«
»Trauriger Zustand!«
Sharp betrachtet den Fremden herablassend. »Davon verstehen Sie nichts, Stranger, dafür sind Sie noch etwas zu jung.«
»Entschuldigen Sie.« Der Fremde lächelt leicht und weist den Keeper an, Sharps Glas noch einmal zu füllen. Sharp nimmt es mit zufriedenem Grunzen hin. Da hat er einen verflucht spendablen Boy aufgegabelt. Hoffentlich ist dessen Wissensdurst nicht eher gestillt als sein eigener Durst.
»Nichts zu entschuldigen, Stranger. Unser Marshal liebt nun mal sein
Leben. Die Trottel dieser Stadt haben ihn gewählt und bezahlen ihn ja auch.«
»Passiert denn hier so etwas öfter? Ich meine, solche gemeinen Überfälle.«
Sharp greift jetzt direkt nach der Flasche. Ihm scheint dies der einfachere und schnellere Weg zu sein, um zu dem geliebten Schnaps zu kommen. Der Fremde duldet es, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
»In Benton ist es das erste Mal«, weiß Sharp zu berichten, »aber wenn Sie über den Grand Paß in den Jefferson-Distrikt reiten, da sind derartige Überfälle an der Tagesordnung. Pine Bluffs hat in diesem Jahr seinen vierten Town-Marshal und wird, obwohl das Jahr erst halb zu Ende ist, bald einen fünften suchen müssen!«
»Warum?«
Sharps faltiges Gesicht zerfließt zu einem mitleidigen Lächeln.
»Tom Flachs legt sich zu scharf ins Zeug. Das ist äußerst ungesund für ihn, Sam!«
»Nicht Sam, ich heiße Jesse, Pat!«
»Ah, Jesse!« Sharp nickt befriedigt. Der Fremde ist ihm auf einmal gar nicht mehr so fremd. »Ich kannte auch mal einen Jesse, Jesse James. Aber zu dessen Zeit hast du noch die Windeln naß gemacht. Yeah, das ganze Jefferson County ist heute verseucht, verseucht von diesem elenden Gesindel. Das ist jetzt noch schlimmer als zu meiner Zeit, als ich jeden Tag hundert Meilen reiten mußte. Gehst du runter nach Texas?«
»No, da komme ich gerade her.«
»Also ziehst du rüber über den Arkansas?«
»Well, mich zieht’s in den Osten.«
»Die Schnauze wohl voll?«
»So ungefähr.«
Sharp feixt schon wieder. »Dabei möchte ich wetten, daß du noch gar nichts vom Westen gesehen hast!«
Jesse lächelt verbindlich. »Mag sein.«
»Yeah, dazu gehören harte Nerven. Aber lassen wir das. Warst du lange am Rio Grande?«
»’ne ganz hübsche Zeit.«
»Warst du auch schon in Paso?«
»Klar.«
Sharps Augen beginnen jetzt zu leuchten. »Da lebt ein alter Freund von mir. Jove«, er lächelt verklärt, »alt