Tod, Trauer, Totenkult-Knigge 2100: Sterben, Trost, Takt, Bestatten, Tradition, Vorsorge, Tabus, Vergänglichkeit und Sonderbares
Von Horst Hanisch
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Über dieses E-Book
Eine lebendige und bildhafte Beschreibung trauriger Themen rund um das unausweichliche Sterben und den Tod.
Es ist erstaunlich, wie viele Aspekte das Thema Tod - oft als Tabuthema behandelt - berühren: Suizid, Trauerstaatsakt, Beisetzung, Kondolenz, Totenkult und vieles andere mehr.
Im vorliegenden Text 'hören' wir die Gedanken eines scheintot Begrabenen, eines Sargträgers, eines Klageweibes und weiteren fiktiven Personen. Mit einigen können wir uns auch in Form eines Interviews austauschen und damit sogar die Gedanken des Todes erfahren.
Kursiv geschriebene Texte zeigen weiterhin die Überlegungen und Vorgehensweisen fiktiver Personen, wie beispielsweise die des Arztes Dr. Herzing, der seinem Patienten die unheilbare und todbringende Krankheit verständlich machen und mitteilen muss. Oder das vom Inka-Mädchen Juanita, das zur Freude und ganzem Stolz der Familie als Menschenopfer ausgewählt wurde.
Das Thema ist in elf Kapitel unterteilt. Die Überschriften der drei Hauptteile sind: Tod und Trennung - Trauer und Takt - Totenkult und Tabus.
Widmen wir uns dem riesigen Bereich rund um das Sterben. In Deutschland sterben jährlich zwischen 850.000 und 900.000 Menschen. Es gibt also genügend Gründe, sich Gedanken über Vorsorge, Bestattungsarten und Trösten zu machen.
Viele der Themen mögen berühren und Emotionen auslösen. Deshalb wird auch über Humorvolles und Sonderbares berichtet, um eine gefühlte Ausgewogenheit rund um den Tod, die Trauer und den Totenkult zu erreichen.
Horst Hanisch
Horst Hanisch, Bonn, ist selbstständiger Fachbuchautor, Coach und Dozent. Seine Trainingstätigkeit erstreckt sich unter anderem auf die Bereiche Kommunikation, Persönlichkeits-Entfaltung, Soft Skills, Soziale Kompetenz und Knigge/Etikette/Umgangsformen. Seine Seminare finden im In- und Ausland statt. Er ist Autor zahlreicher Fachbücher, die in Deutschland und im Ausland erschienen sind. Horst Hanisch veranstaltet Seminare zu Themen wie Business-Etikette, Das wie ist man/frau was?-Lehrmenü, Rhetorik, Präsentation, Moderation, Outfit, Selbstbewusstes Auftreten, Smalltalk, Interkulturelle Kompetenz und andere.
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Buchvorschau
Tod, Trauer, Totenkult-Knigge 2100 - Horst Hanisch
„Leben heißt, sich in der Zeit vorwärtszubewegen;
unser Identitätsgefühl besteht aus den von uns selbst
handelnden Geschichten, an die wir uns erinnern,
und tot sein heißt, sich an keine einzige Geschichte
mehr erinnern zu können."
(Quelle Literaturspiegel Oktober 2015,
Jonathan Franzen)
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG ALS VORWORT
HINLEITUNG
DIE ZÄSUR IM LEBEN
Gedanken von ‚Jürgen‘
TEIL 1 – TOD UND TRENNUNG
1. KAPITEL – DAS LEBEN IST ENDLICH
ERKENNTNIS DER STERBLICHKEIT
Der Tod ist unvermeidlich
DER TOD HÄLT EINZUG
Das biologische Aus
Der Tod bedeutet die Trennung von Leib und Seele
Der Tod kennt keine Zeit
Todesengel
TODESANGST
Ich habe Angst vor dem Tod
Ich habe Angst vor der Ungewissheit nach dem Tod
Was kommt nach dem Tod?
Angst vorm Sterben
Ich habe tödliche Angst
Todesdrohung
Der Weiße und der Schwarze Tod
Interview mit dem Tod
Nekrophobie – Rund um den Tod
Scheintod – der Untote
Lebendig begraben werden – Taphephobie
Nahtod – Nahtoderfahrung
Hirntod
BLICK IN DIE TIERWELT
Wie ist die Lebenserwartung bei Tieren?
Todstellung bei Tieren
2. KAPITEL – STERBEN
WIE WOLLEN WIR STERBEN?
Wunsch und Wirklichkeit
STERBEZIMMER
Sterben ist ein Prozess
Sterbende im Hospiz – Würdigung des Sterbenden
Todessehnsucht
Sterbehilfe
Agonie – Todeskampf
Allein Sterben – einsam und ohne Begleitung
DIE LETZTEN WORTE
… nur noch wenige Augenblicke
3. KAPITEL – SELBSTTÖTUNG – FREMDTÖTUNG
SUIZID
Sich das Leben nehmen
Menschen, die sich selbst das Leben nahmen
Hungertod
Selbstmordversuch
Harakiri – Seppuku
Kamikaze
Menschen, die nicht sterben können
Interview Graf Dracula
Menschen, die sich das Leben nehmen mussten
Menschen, die getötet wurden
Hexen
Gottesurteile
Todesurteile
Guillotine
Der Blaue Stein
Henker – Scharfrichter
Interview William – Der Henker Maria Stuarts
Selbstmordattentäter
Amokläufer
Märtyrertod
Ehrenmord
Serienmörder
Attentäter
Heldentod
Scharfschütze – Präzisionsschütze
Heckenschütze – Todesschütze
Selbstschussanlage
Mordsspaß
Menschenopfer
Kannibalismus
Menschen, die nicht sterben dürfen
4. KAPITEL – VERSTORBEN
GETRENNT VOM LEBEN
Trennung
Totenfürsorge
Vorgehen beim Sterbefall
Aufgabe des Bestatters
Kassen und Versicherungen......
Sterbeurkunde
Bestattungskosten
Leichenwagen
INTERVIEW MEIN EINEM BESTATTER
BESTATTUNGSARTEN
Wie wollen Sie bestattet werden?
Erdbestattung
Feuerbestattung
Seebestattung – das Seegrab
Anonyme Bestattung aus eigenem Willen
Anonyme Beisetzung von Mördern
Massenbeerdigung – Massengrab
Traueranzeige – Todesanzeige
Danksagung
TEIL 2 – TRAUER UND TAKT
5. KAPITEL – TRAUER UND TROST
TRAUER
Traurigkeit
Die Phasen der Trauer
DIE NICHT MÖGLICHE VORBEREITUNG AUF DEN TOD
Aus dem Leben gerissen
Plötzlicher Kindstod
Sternenkinder
FÜRCHTERLICHE NACHRICHTEN ÜBERBRINGEN
Die Angehörigen über den Tod des Partners informieren
Den Betroffenen über seinen bevorstehenden Tod informieren
Schuldig oder unschuldig?
TROST
Traurigkeit zeigen und Trost spenden
Weinen
Totenwache
Gedenktage
Kranzniederlegung
Besuch auf dem Friedhof
Sepulkralkultur
6. KAPITEL – DIE LETZTE RUHESTÄTTE
LEICHENBESCHAU
Leiche – Leichnam
Totenbeschau
Totenstarre – Leichenstarre
Totenflecken – Leichenflecken
Leichenart
REINKARNATION – DIE WIEDERGEBURT
Ich gehe und ich komme wieder
HERRICHTEN DER LEICHE
Herrichten des Leichnams
Totenhemd
HERRICHTEN FÜR DIE EWIGKEIT
Mumifizierung und Mumifikation
Mellifikation
Einbalsamierung
Totenmaske
Der Fährmann zur Unterwelt
Interview Charon
7. KAPITEL – BEERDIGUNG
DIE WEGE DER BEISETZUNG
Friedhof
Berühmte Friedhöfe
Friedhofsordnung
Aufbahrung und Abschiednahme am offenen Sarg
Trauerfeier im Raum der Abschiednahme
TRAUERFLORISTIK
Beerdigungsblumen
Blumenkranz – Symbol der guten Mächte
Trauerschleifen – Kranzschleifen
Grabbrett – Leichenbrett
Sarg
Sargformen
Kindersarg
Fötensarg
Sargträger
Kremation – Krematorium
Urne
Urnenwand – Kolumbarium
Mausoleum
Gruft
Trauerkleidung
Trauerflor
Kondolenz
Beileidsschreiben – Kondolenzschreiben
Mitgefühl ausdrücken
VON DER TRAUERHALLE BIS ZUM GRAB
Der letzte Weg
Reden am offenen Grab – die Leichenrede
Beileidsbekundung am offenen Grab
Trauermahl – Leichenschmaus
STAATSAKT
Staatsbegräbnis – Trauerstaatsakt
Ehrenwache
Trauerbeflaggung – Flagge auf Halbmast
Trauerzeit
DIE LETZTE RUHESTÄTTE
Grabstein – Leichenstein
Ruhe in Frieden
Seychellen – Inselwelt für Piraten
Pyramiden – Ägypten
Privatfriedhof
TEIL 3 – TOTENKULT UND TABUS
8. KAPITEL – HUMOR ODER VERZWEIFLUNG?
DEN LÖFFEL ABGEBEN – UND ANDERE SPRÜCHE
Die Angst vor fürchterlichen Qualen im Diesseits und im Jenseits
Aus Traurigem wird Schönes
Darf es um das Thema Tod auch Lustiges geben?
LEBENSERWARTUNG
Das Leben in Zahlen
Armut lässt früher sterben
100 Jahre und mehr
Alterspyramide
9. KAPITEL – DER LETZTE WILLE
VORBEREITUNG UND DIE LETZTEN WÜNSCHE
Vor dem Tod
Die Erbfolge
VORSORGE
Vorausblicken
Vollmacht
Patientenverfügung
Der letzte Wille – das Testament
10. KAPITEL – EXOTISCHES UND UNGEWÖHNLICHES
ES GIBT NICHTS, WAS ES NICHT GIBT
Computer-Dialog mit dem verstorbenen Partner
Trauertänzer
Piratenflagge – Totenkopfflagge
Todesgefahr
TABUS
Organspende
Leichengeld
Unglücksbringer – Todbringer
Die wilde Jagd – der Geisterzug
Totengeister
Hochzeittorte
Traumdeutung
Übersinnliches – Kontaktaufnahme mit Verstorbenen
Carpenter-Effekt – Mein Arm denkt mit
Der Hundefriedhof
Hund und Herrchen zusammen beigesetzt
11. KAPITEL – TOTENKULT UND TRADITION
DER SÜNDENBOCK IST TOT!
Tradition – Ertränken, Verbrennen und Verstoßen
BLICK ZU UNSEREN NACHBARN
Das Fest der hungrigen Geister – China
Asche in den Ganges – Indien
Día de los muertos – der fröhliche Tag der Toten – Mexiko
Famadihana – Umbettung der Toten in Madagaskar
Indonesien
Thailand
Japan
Grönland
STICHWORTVERZEICHNIS
KNIGGE ALS SYNONYM UND ALS NAMENSGEBER
UMGANG MIT MENSCHEN
Adolph Freiherr Knigge
Einleitung als Vorwort
„Wir müssen immer lernen, zuletzt auch noch sterben lernen."
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach, mähr.-österr. Schriftstellerin
(1830 - 1916)
Erkennen der Vergänglichkeit
Es war ein völlig unerwarteter, sehr heftiger Schlag aus heiterem Himmel. Karls Stimme am Telefon war dünn, brüchig, stockend, verzweifelt. Mit Mühe konnte herausgehört werden „… Dorothea … tot … Notarzt hier …" Die Mutter tot? Konnte das sein? Nein, das musste ein Hörfehler sein. Der Sohn setzte sich mit Begleitung sofort ins Auto, um eine halbe Stunde später beim Vater einzutreffen.
Die Wohnungstür stand sperrangelweit offen, Teppiche und Läufer lagen unordentlich vor der Eingangstür. „Karl, wo bist du? Totenstille in der Wohnung, bis auf ein leises, kaum vernehmbares „Hier!
Der 82-jährige Karl klammerte sich weinend in seinem Büro am Telefonhörer fest, um auch die anderen Kinder zu erreichen. Eine echte Schocksituation. Wie soll sich hier richtig verhalten werden? Erst einmal in die Arme nehmen. Die Tränen und das laute Schluchzen machten eine verbale Kommunikation sowieso unmöglich.
Eines stand fest: Dorothea war nicht mehr hier. Ein blaues Blinklicht um die Ecke zog kurz die Aufmerksamkeit auf sich. Der Sohn geht nach draußen. Tatsächlich. Ein Notarztwagen steht noch dort. Die Ärztin telefoniert, der Kollege fertigt Notizen an. Satzfetzen des Telefonats werden aufgefangen: Die Zustandsbeschreibung der Mutter, die vorgenommenen Wiederbelebungsversuche usw. Bestand doch noch Hoffnung? Endlich kann sich die Notärztin dem Sohn zuwenden.
In einfühlsamer Zuwendung übermittelt sie die sachlichen Informationen: „… Rettungswagen … zwei Notärzte-Teams … Wiederbelebungsversuche … Transport in die Uni-Klinik … Gibt es eine Hoffnung? „Eher nicht. Und wenn … das Gehirn … wie lange war es wohl ohne Sauerstoffzufuhr? …
Todesursache? „Wir wissen es nicht. … 80 Jahre … Herz-Kreislauf-Versagen?"
Karl hatte die direkt hinter der Wohnungstür bereitliegende Patientenverfügung einem der Ärzte überreicht. In der Aufregung hatte er allerdings seine eigene gegriffen. So versuchten die Ärzte etwa 45 Minuten lang – die nicht gewünschte – Wiederbelebung. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt – der Tod war schneller. Durch Dorotheas Herzschrittmacher war immer wieder eine scheinbare Bewegung im Körper wahrzunehmen. Deshalb konnten die Ärzte mit ihrer Arbeit nicht aufhören.
Eine Stunde nach dem Abtransport erfolgte das Telefonat mit dem behandelnden Arzt in der Uniklinik. Behutsam übermittelte er die befürchtete Nachricht. „Wir haben den Tod festgestellt … nein, es ergibt keinen Sinn, jetzt vorbeizukommen … am besten ist: ‚begreifen’ Sie erst einmal die Situation …"
Umgang mit dem Tabuthema Tod
Eine lebendige und bildhafte Beschreibung trauriger Themen rund um das unausweichliche Sterben und den Tod.
Es ist erstaunlich, wie viele Aspekte das Thema Tod – oft als ‚Tabuthema‘ behandelt – berühren: Suizid, Trauerstaatsakt, Beisetzung, Kondolenz, Totenkult und vieles andere mehr.
Im vorliegenden Text ‚hören‘ wir die Gedanken eines scheintot Begrabenen, eines Sargträgers, eines Klageweibes und weiteren fiktiven Personen. Mit einigen können wir uns auch in Form eines Interviews austauschen und damit sogar die Gedanken des Todes erfahren.
Kursiv geschriebene Texte zeigen weiterhin die Überlegungen und Vorgehensweisen fiktiver Personen, wie beispielsweise die des Arztes Dr. Herzing, der seinem Patienten die unheilbare und todbringende Krankheit verständlich machen und mitteilen muss. Oder das vom Inka-Mädchen Juanita, das zur Freude und ganzem Stolz der Familie als Menschenopfer ausgewählt wurde.
Das Thema ist in elf Kapitel unterteilt. Die Überschriften der drei Hauptteile sind:
Tod und Trennung
Trauer und Takt
Totenkult und Tabus
Widmen wir uns dem riesigen Bereich rund um das Sterben. In Deutschland sterben jährlich zwischen 850.000 und 900.000 Menschen. So gibt es genügend Gründe, sich Gedanken über Vorsorge, Bestattungsarten und Trösten zu machen.
Viele der Themen mögen berühren und Emotionen auslösen. Deshalb wird auch über Humorvolles und Sonderbares berichtet, um eine gefühlte Ausgewogenheit rund um den Tod, die Trauer und den Totenkult zu erreichen.
Horst Hanisch
Hinleitung
Die Zäsur im Leben
„Für sich selbst ist jeder unsterblich; er mag wissen,
dass er sterben muss, aber er kann nie wissen, dass er tot ist."
Samuel Butler, engl. Philosoph
(1835 - 1902)
Gedanken von ‚Jürgen‘
Nennen wir die Person, die uns die folgenden Erinnerungen schildert, Jürgen. Seine Gedanken sollen uns gedanklich auf die Themen des Buches einstimmen.
Das Alter lag fern
An meine allerfrüheste Jugend kann ich mich nicht erinnern. Es wird behauptet, dass Menschen vereinzelt Erinnerungen an ihr zweites, drittes oder viertes Lebensjahr haben.
Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass ich auf der Rückbank eines Fahrzeugs saß, durch das Heckfenster schaute und die regungslos dort stehenden Kinder sah, die uns beim Wegfahren an einen neuen Wohnort nachschauten. Ich muss damals 4, vielleicht 5 Jahre alt gewesen sein.
Meine Mutter war etwa 20 Jahre älter als ich. Aus meiner Sicht eine erwachsene Frau. Mein Vater war drei Jahre älter. Damals habe ich mir keinerlei Gedanken über das Alter gemacht oder mich gar gewundert, weshalb andere älter waren als ich.
Ich nahm es als gegeben hin, dass meine Mutter eine erwachsene Frau und meine Großmutter eine alte Frau war. Sie muss damals Mitte 50 gewesen sein. In meinen damaligen Augen war sie alt.
Aus heutiger Sicht erscheint mir diese Meinung lächerlich. Wer würde sich als 55-Jähriger als alt bezeichnen?
Als Jugendlicher erkannte ich dann, dass ich im Vergleich zu meinen Klassenkameraden eine relativ junge Mutter hatte. Das bereitete mir einen gewissen Stolz.
Erste Gedanken zum Älterwerden
Richtige Gedanken zum Alter kamen mir, als ich selbst 12 oder 13 Jahre alt war. Damals war ich der felsenfesten Überzeugung, würde meinem Vater etwas passieren, könnte ich problemlos dessen berufliche Position einnehmen. Wie kann ein 13-Jähriger so denken?
Ich war in diesen und den nächsten Jahren in der Jugend–Gemeindearbeit als Gruppenleiter aktiv. Ein 18-Jähriger war für unseren Bereich der Ansprechpartner. Für mich war der 18-Jährige alt. Tatsächlich alt. Ich betrachtete ihn als richtigen Erwachsenen.
Felsenfest war ich damals der Meinung, dass ein 18-Jähriger alles weiß. Ich ging davon aus, dass er sozusagen alles Wissen, das verfügbar ist, gelernt haben würde. Aus heutiger Sicht kann ich nur noch milde darüber lächeln.
Sehe ich heute 18-Jährige, wundere ich mich, mit welcher jugendlichen Naivität viele von ihnen durchs Leben schreiten. Seit langem habe ich erkannt, dass es wohl kaum einem gelingen wird, alles Wissen dieses Planeten im Kopf speichern zu können. Inzwischen bin ich der Meinung, dass dies auch gar nicht notwendig ist. Wichtiger ist es zu wissen, wie ich an Wissen gelangen kann.
Reflexion
Ich fing an, mein eigenes Leben und Dasein zu durchdenken. So versuchte ich mir vorzustellen, wie es wäre, wäre ich älter als gerade in diesem Augenblick. Diese Vorstellung gelang mir einigermaßen, obwohl ich damals nicht im Geringsten absehen konnte, was es bedeuten würde 20, 40 oder gar 60 Jahre alt zu sein.
Und was würde danach geschehen? Irgendwann würde ich sterben. Nun, die ersten Monate nach meinem Tod konnte ich mir noch ausmalen. Vielleicht auch noch die unmittelbaren Jahre danach.
Was würde aber danach passieren? Nach 20 Jahren? Nach 100, nach 1.000? Hier gelangte ich an die Grenzen meines Denkvermögens. Ich schaffte es einfach nicht mehr mir vorzustellen, wie es ‚dann‘ aussähe.
Klar hatte ich eine Vorstellung, wie es auf der Welt aussehen könnte. Was aber würde mit mir sein? Wo wäre ich dann? Läge mein Körper noch auf einem Friedhof? Was wäre noch von mir übrig?
Ich kam zu der Erkenntnis, dass der Versuch des Weiterdenkens mich hier in eine verzweifelte Situation brächte, die mein Gehirn nicht verarbeiten könnte. Drohte ich sonst verrückt zu werden?
Ich nahm mir vor, diese Art Gedanken zu unterdrücken. Ich hatte erkannt, dass ich selbst keine Antwort auf meine vielen offengebliebenen Fragen fände. Die eigene Zukunft nach meinem Versterben blieb unbeantwortet.
Wohlwissend, dass es irgendwann einmal soweit ist, verneinte und vermied ich die Gedanken hierzu. Ich fing an zu verstehen, weshalb manche Menschen sich hier regelrecht in einen Glauben flüchten. Scheint es doch angenehmer zu sein, sich vorzustellen im Himmel oder, falls es denn sein muss, in der Hölle seine Zukunft zu verbringen.
Relatives Älterwerden
Als Teenager rechnete ich aus, dass ich 23 Jahre alt sein müsste, um genau die Hälfte des Alters meines Vaters erreicht zu haben. Danach versuchte ich rauszukriegen, wann ich ihn mit meinem Erwachsenwerden endlich einholte.
Dabei stellte ich fest, dass die relative Differenz meines Alters zum Alter meines Vaters immer geringer werden würde. Allerdings würde sie nie auf ‚Null‘ schrumpfen können. Erst dann, wenn mein Vater nicht mehr lebte. Dann hätte ich zumindest rechnerisch die Chance, ihn ‚einzuholen‘.
Diese Erkenntnis war für mich erschreckend, zeigte sie doch zugleich, dass diese Rechnung erst nach dem Versterben meines Vaters aufgehen könnte. Solange mein Vater lebt, wird die Differenz immer 23 Jahre bleiben.
Heute freue ich mich über jedes Jahr, das mein Vater älter wird. Ich gebe mich dabei der naiven Vorstellung hin, auch mein eigenes Leben würde sich dadurch gleicherweise verlängern.
Ich war 18 – und erwachsen
Irgendwann war ich dann 18 Jahre alt. Jetzt war ich erwachsen. Zumindest der Alters-Zahl nach. Ich durfte tun und lassen, was ich wollte. Ein interessantes und gleichzeitig erbauendes Gefühl.
Auch wurde mir deutlich bewusst, dass ich ab sofort als ‚voll geschäftstüchtig‘ im juristischen Sinne anzusehen war. Ich war demnach für mich selbst und mein Handeln verantwortlich.
Allerdings konnte ich mir noch nicht so genau vorstellen, wie es sein würde, allein und voll verantwortlich leben zu dürfen – oder vielleicht leben zu müssen. Konnten mir bis dato meine Eltern immer hilfreiche Informationen geben, waren sie ab jetzt bestenfalls noch moralisch dazu verpflichtet.
Wie würde es sein, allein und selbst verantwortlich leben zu dürfen/können? Wie ist das mit den Versicherungen, dem Arbeitsplatz, dem Aufbau einer eigenen Partnerschaft? Wem gegenüber muss ich jetzt noch Verantwortung zeigen? Das waren Fragen, die in der Schule weder gestellt noch beantwortet wurden.
War ich mit 18 Jahren fit fürs Leben? Ein kleiner Trost war mir, dass es vielen anderen, vielleicht sogar allen anderen, ähnlich gehen musste wie mir. Schaute ich mir ältere Personen an, konnte ich feststellen, dass es wohl jeder ‚irgendwie‘ geschafft hatte, selbstständig durchs Leben zu gehen.
Also konnte es so schlimm ja nicht sein. Es würde sich schon irgendwie ergeben. Und es ergab sich irgendwie.
Kein Plan des Lebens
Genau genommen gab es keinen Plan, wie das Leben aussehen sollte. Selbst wenn ich den Eindruck gewinnen konnte, alle um mich herum hätten die Struktur des Lebens begriffen, war es bei meinem eigenen Denken noch nicht so weit. Bestenfalls gelang es