Die Klinik am See 54 – Arztroman: Verlobung in der Klinik am See
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About this ebook
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte.
Die Serie Die Klinik am See ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete. Sie selbst bezeichnete ihre früheren Veröffentlichungen als Vorübungen für dieses grandiose Hauptwerk. Ein Schriftsteller, dessen besonderer erzählerischer Wunsch in Erfüllung geht, kann mit Stolz auf sein Schaffen zurückblicken.
Leise betrat die Nachtschwester das Kontrollzimmer der Intensivstation der Klinik am See, in dem Alice Roemer saß und die Kontrollapparate nicht aus den Augen ließ. "Möchten Sie einen Kaffee, Frau Doktor?" fragte sie leise. "Nein, danke, Schwester", erwiderte die so angesprochene junge Frau mit dem nackenlangen braunen Haar. "Im übrigen", sie lächelte, "dürfen Sie den Doktor weglassen", fuhr sie fort. "Noch bin ich nicht soweit. Ich mache hier in der Klinik vorerst nur mein Praktikum." "Mir soll's recht sein, Frau Dok… hm, Frau Roemer", gab die Nachtschwester zurück. "Fräulein noch immer", berichtigte Alice Roemer. Die Nachtschwester nickte nur und wandte sich zum Gehen drehte sich an der Tür aber noch einmal um und sagte: "Ich bin drüben im Stationszimmer, wenn Sie mich brauchen oder wenn ich Sie ablösen soll." Sie warf einen Blick auf das durch eine offenstehende breite Verbindungstür sichtbare Bett im Nebenzimmer. "Wie geht es Frau von Dornhoff?" fragte sie. "Nicht gut", erwiderte Alice Roemer.
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Reviews for Die Klinik am See 54 – Arztroman
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Book preview
Die Klinik am See 54 – Arztroman - Britta Winckler
Leseprobe:
Beziehungskiste
LeseprobeAlso, zunächst einmal möchte ich vorausschicken, wie sehr ich mich freue, dass Sie wieder hier sind, liebe Leserin, geschätzter Leser. Dass Sie mich wieder einladen, von schönen und traurigen Momenten zu berichten, von Hoffnungen, Sehnsucht, aber auch Intrigen und Einsamkeit. Was haben wir vor uns? Viel zu viel Gefühl, oder, wie der Bayer sagt, »vui z’vui G’fui«. Ich habe Ihnen in den ersten beiden Bänden schon von Egidius und Corinna erzählt, Lukas und seiner Mutter Leonie. Auch Philipp, Chris, Lily sind schon fast alte Bekannte, oder? Besonders gern habe ich Frau Fürstenrieder. Eine patente, aufrichtige Dame. Frau Pahlhaus, die kein leichtes Leben gehabt hat. Und natürlich Dagmar Rommert, die sich so nach Liebe sehnt – auch wenn sie es sich selten und vor allem ungern, anmerken lässt.
Moment mal. Wenn wir gerade von Dagmar sprechen: Was ist denn da los?
Angst vor Dunkelheit
»Siehst du, Daggi? Das habe ich gemeint, damals. Du hast immer gesagt, es sei egal. Und jetzt bist du kurz davor, alles zu verlieren. Hättest du bloß auf mich gehört! Wäre ich bloß nicht so dämlich gewesen!«
Sepandar war aus dem alten, durchgesessenen Sitzmöbel im Gemeinschaftsraum der psychiatrischen Klinik aufgesprungen und lief auf und ab wie ein gefangenes Zirkustier.
»Ich hätte es dir vielleicht doch nicht erzählen sollen, Sepandar. Bitte glaube mir: Es ist mir egal. Es geht mir nicht um Ansehen oder Geld. Vor fünf oder zehn Jahren wäre mir meine Karriere noch über alles gegangen, und ich bin fast sicher, dass ich unsere Beziehung dieser geopfert hätte. Inzwischen weiß ich, dass Ruhm und Ehre nicht trösten, nicht helfen, nichts bedeuten. Man kann sich nicht an sie schmiegen. Sie spenden weder Wärme noch Geborgenheit. Sie umarmen einen nicht, und satt machen sie schon gar nicht. Sie sind nur eine Zahl auf einem Kontoauszug, ein Pressebericht oder eine geometrische Figur aus Glas oder Metall, die man in einem Regal platziert und regelmässig abstaubt. Ja, glaubst du denn ernsthaft, dass ich irgendetwas davon über dich stelle? Wenn irgendjemand annimmt, dass ich aufgrund persönlicher Probleme für meinen Job nicht mehr geeignet bin, dann kann er mich gern abmahnen und feuern.«
Die Klinik am See
– 54 –
Verlobung in der Klinik am See
Dr. Bernau geht den Bund fürs Leben ein
Britta Winckler
Leise betrat die Nachtschwester das Kontrollzimmer der Intensivstation der Klinik am See, in dem Alice Roemer saß und die Kontrollapparate nicht aus den Augen ließ. »Möchten Sie einen Kaffee, Frau Doktor?« fragte sie leise.
»Nein, danke, Schwester«, erwiderte die so angesprochene junge Frau mit dem nackenlangen braunen Haar. »Im übrigen«, sie lächelte, »dürfen Sie den Doktor weglassen«, fuhr sie fort. »Noch bin ich nicht soweit. Ich mache hier in der Klinik vorerst nur mein Praktikum.«
»Mir soll’s recht sein, Frau Dok… hm, Frau Roemer«, gab die Nachtschwester zurück.
»Fräulein noch immer«, berichtigte Alice Roemer.
Die Nachtschwester nickte nur und wandte sich zum Gehen drehte sich an der Tür aber noch einmal um und sagte: »Ich bin drüben im Stationszimmer, wenn Sie mich brauchen oder wenn ich Sie ablösen soll.« Sie warf einen Blick auf das durch eine offenstehende breite Verbindungstür sichtbare Bett im Nebenzimmer.
»Wie geht es Frau von Dornhoff?« fragte sie.
»Nicht gut«, erwiderte Alice Roemer. »Es ist fraglich, ob sich die Patientin von dem schweren Herzinfarkt noch einmal erholt. Der Chefarzt und Dr. Bernau zweifeln auch daran.«
»Ob sie die Nacht wohl übersteht?«
Alice Roemer zuckte mit den Schultern.
»Naja, mit des Schicksals Mächten ist eben kein ewiger Bund zu flechten«, zitierte die Nachtschwester. »Läuten Sie also, wenn Sie mich brauchen«, fügte sie hinzu. »Dr. Göttler hat ja Nachtdienst und ist im Bereitschaftszimmer zu erreichen.« Sie nickte der jungen angehenden Ärztin freundlich zu und verließ die Intensivstation.
Alice Roemer war wieder allein mit der nebenan mit dem Tode ringenden Patientin Katharina von Dornhoff. Eine lange Nacht lag vor ihr. Sie hatte nicht nein sagen können, als der Chefarzt sie am Vormittag gefragt hatte, ob sie gemeinsam mit Dr. Göttler den Nachtdienst übernehmen wollte, hier auf der Intensivstation.
»Für eine angehende Ärztin ist es auch nicht unwichtig, die letzten Stunden im Leben eines Menschen mitzuerleben«, hatte er gesagt.
»Steht es so schlimm um die Frau? Wird sie wirklich sterben?« war ihre Frage an Dr. Lindau gewesen.
Der hatte ihr einen kurzen fachlichen Vortrag gehalten, warum es keine Möglichkeiten mehr gab, die Patientin am Leben zu erhalten. »Wir haben alles getan, was in unserer Macht steht«, hatte er hinzugefügt. »So Gott will, wird die Patientin noch einige Tage, vielleicht auch sogar Wochen am Leben bleiben, doch es ist möglich, daß sie den nächsten Morgen nicht mehr erlebt.«
An diese Worte des Chefarztes mußte Alice Roemer jetzt wieder denken und beobachtete gespannt den Kontrollmonitor, der mit Strichen und Punkten die Herztätigkeit der todkranken Patientin wiedergab. Jeden Augenblick befürchtete sie, daß sich diese Striche und Punkte in eine einzige gerade Linie verwandeln würden. Aber noch war es nicht soweit.
Alice Roemer sah auf die Uhr. Eine Stunde fehlte noch bis Mitternacht. Ohne den Monitor aus den Augen zu lassen, gingen ihre Gedanken zurück. Vor knapp vier Wochen war sie durch die Vermittlung von Professor Hauck hierher in die Klinik am See gekommen, um ihr Praktikum zu machen. Sie hatte es nicht bereut und fühlte sich in dieser Klinik wirklich sehr wohl. Alle waren nett und freundlich zu ihr. In Dr. Lindau hatte sie einen guten und verständnisvollen Chef gefunden. Auch die übrigen Ärzte zeigten sich ihr von der besten Seite. Einer ganz besonders – Dr. Bernau nämlich. Mit ihm hatte sie sich auf Anhieb gut verstanden, und das nicht nur dienstlich. Nur eine Woche hatte es gedauert, bis ihr bewußt geworden war, daß sie sich in ihn verliebt hatte. Nach einer weiteren Woche aber hatte sie einen Zustand erreicht, den sie als glücklich bezeichnete, denn seit dem Tag wußte sie, daß Werner Bernau ihre Zuneigung erwiderte. Nach einem gemeinsamen Abendessen in Tegernsee, zu dem Dr. Bernau sie eingeladen hatte, als sie beide danach noch in einer kleinen Weinbar gewesen waren, hatten sie festgestellt, daß sie sich liebten.
Alice lächelte, als sie sich jetzt wieder an jenen Abend und die darauffolgende Nacht erinnerte. Es waren dann noch mehrere solcher Abende gefolgt, die ihren Glauben an Dr. Bernaus Liebe festigten.
Plötzlich aber stutzte Alice und schob alle erinnernden Gedanken beiseite. Ein schwacher Ruf hatte sie erreicht. Er kam von der Patientin aus dem Nebenraum. Hastig warf Alice einen Blick auf den Monitor. Sie hatte mit einem Mal das Gefühl, als sei das Piepsen aus dem Gerät etwas schwächer geworden. Sie stand auf und lief zu der Patientin hinüber. »Frau von Dornhoff, was ist Ihnen?« fragte sie und neigte sich über die Frau.
Katharina von Dornhoff sah Alice, die sie für eine Krankenschwester hielt, aus glanzlosen Augen an. Ihre Lippen bewegten sich, aber es kam kein Ton hervor. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihr, Worte zu formen. »Schwester, ich möchte meine Tochter noch einmal sehen.« Stockend und kaum vernehmbar kamen diese Worte über ihre Lippen, und Alice mußte sich anstrengen, um alles zu verstehen. »Sie soll kommen, schnell, denn ich weiß nicht, wie lange ich noch lebe.«
»Frau von Dornhoff, ich rufe den Arzt«, entgegnete Alice.
»Nein, nein, bitte rufen Sie meine Tochter!« Die magere Hand der Patientin umklammerte Alices Gelenk. »Regina – in Köln, das Telefon…« Das Sprechen fiel der Frau schwer, aber sie konnte noch die Telefonnummer sagen. »Bitte, gleich anrufen!« flehte sie.
»Ja, Frau von Dornhoff«, redete Alice beruhigend auf die Patientin ein, »ich rufe sofort an.« Sanft zog sie ihre Hand zurück und ging wieder in den Kontrollraum, griff nach dem Haustelefon und rief das Stationszimmer an. Doch dort meldete sich niemand. Anscheinend waren beide Nachtschwestern gerade in irgendeinem der Krankenzimmer. Nur eine Sekunde lang überlegte Alice, verließ dann eilig die Intensivstation, um im nicht weit entfernten Ärztezimmer die Tochter der Patientin anzurufen. Vielleicht traf sie auf dem Wege dahin auch eine der Nachtschwestern, die sie so lange zu der Patientin schicken konnte. Doch von den beiden Schwestern war nichts zu sehen. Ein paar Augenblicke schwankte sie, entschloß sich dann aber, den Anruf schnell zu erledigen. Das konnte ja auch nur eine Minute Zeit in Anspruch nehmen. Diese eine Minute aber konnte sie die Patientin wohl allein lassen.
Hastig wählte sie im Ärztezimmer die von der Patientin genannte Nummer und bekam auch sofort Verbindung. Eine weibliche Stimme meldete sich. »Bei Dornhoff.«
»Regina von Dornhoff?« fragte Alice.