Der Milliardär: Der kleine Fürst 238 – Adelsroman
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Ich fasse es nicht«, sagte Robert Wenger, der junge Stallmeister von Schloss Sternberg, mit leiser Stimme zu Baron Friedrich von Kant. »Wenn er wirklich alle Pferde kauft, die er angeblich haben will, wird er zwanzig Millionen ärmer sein.« »Ich glaube, zwanzig Millionen merkt er gar nicht«, gab Baron Friedrich ebenso leise zurück. »Mister Hartville ist einer der reichsten Männer der Welt, sein Vermögen wird auf etliche Milliarden geschätzt, da spielen ein paar Millionen keine Rolle.« Der Mann, über den sie sprachen, stand ganz am Ende des Stalles vor der Box einer Stute, deren Besichtigung sie sich absichtlich bis zum Schluss aufgehoben hatten. Belladonna war das teuerste Pferd des Sternberger Gestüts. Sie hatte einen erstklassigen Stammbaum und bereits zwei wichtige Rennen gewonnen. Alles sah danach aus, als würde auch sie heute den Besitzer wechseln, denn Don Hartvilles Körpersprache war eindeutig. Er war groß, blond, mit heller Haut, die in der Sonne eher rot als braun wurde. Sein breitflächiges Gesicht war faltig und von Sommersprossen übersät. Wenn er lachte, entblößte er zwei Reihen absolut perfekter Zähne, die ebenso falsch waren wie seine Haarfarbe. Aber es schien ihn nicht zu kümmern, dass man das sah. Er war sechzig Jahre alt und hatte den breitbeinigen Gang eines Cowboys, der er allerdings nie gewesen war, obwohl er tatsächlich aus Texas stammte. Er war sehr groß, kräftig gebaut und hatte eine dröhnende Stimme. Sein Geld hatte er mit Immobilien gemacht, in letzter Zeit allerdings spekulierte er mit seinem immensen Vermögen nur noch an den Börsen dieser Welt. Vielmehr: Er ließ spekulieren. Er gab gerne und häufig Interviews, in denen er verkündete, er sei jetzt alt genug, um sich vornehmlich seinem Vergnügen zu widmen. Aus diesem Grund war er auch nach Deutschland gekommen.
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Book preview
Der Milliardär - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 238 –
Der Milliardär
Mister Hartville sorgt für Wirbel im Schloss
Viola Maybach
»Ich fasse es nicht«, sagte Robert Wenger, der junge Stallmeister von Schloss Sternberg, mit leiser Stimme zu Baron Friedrich von Kant. »Wenn er wirklich alle Pferde kauft, die er angeblich haben will, wird er zwanzig Millionen ärmer sein.«
»Ich glaube, zwanzig Millionen merkt er gar nicht«, gab Baron Friedrich ebenso leise zurück. »Mister Hartville ist einer der reichsten Männer der Welt, sein Vermögen wird auf etliche Milliarden geschätzt, da spielen ein paar Millionen keine Rolle.«
Der Mann, über den sie sprachen, stand ganz am Ende des Stalles vor der Box einer Stute, deren Besichtigung sie sich absichtlich bis zum Schluss aufgehoben hatten. Belladonna war das teuerste Pferd des Sternberger Gestüts. Sie hatte einen erstklassigen Stammbaum und bereits zwei wichtige Rennen gewonnen. Alles sah danach aus, als würde auch sie heute den Besitzer wechseln, denn Don Hartvilles Körpersprache war eindeutig.
Er war groß, blond, mit heller Haut, die in der Sonne eher rot als braun wurde. Sein breitflächiges Gesicht war faltig und von Sommersprossen übersät. Wenn er lachte, entblößte er zwei Reihen absolut perfekter Zähne, die ebenso falsch waren wie seine Haarfarbe. Aber es schien ihn nicht zu kümmern, dass man das sah. Er war sechzig Jahre alt und hatte den breitbeinigen Gang eines Cowboys, der er allerdings nie gewesen war, obwohl er tatsächlich aus Texas stammte. Er war sehr groß, kräftig gebaut und hatte eine dröhnende Stimme.
Sein Geld hatte er mit Immobilien gemacht, in letzter Zeit allerdings spekulierte er mit seinem immensen Vermögen nur noch an den Börsen dieser Welt. Vielmehr: Er ließ spekulieren. Er gab gerne und häufig Interviews, in denen er verkündete, er sei jetzt alt genug, um sich vornehmlich seinem Vergnügen zu widmen.
Aus diesem Grund war er auch nach Deutschland gekommen. Er liebte Europa, das er in einer Stretchlimousine durchquerte, die auch in Großstädten für Aufmerksamkeit sorgte. Im Flugzeug sehe man ja nichts von der Welt, hatte er gesagt, und so ließ er sich von seinen drei Chauffeuren an Orte bringen, die ihn interessierten. Er gedachte, ein wenig länger im Sternberger Land zu verweilen, wo er sich nach eigenem Bekunden sehr wohlfühlte.
Jetzt kam er auf Baron Friedrich und Robert Wenger zu, mit seinem breitbeinigen Gang. Seine blauen Augen glitzerten, der ohnehin große Mund war zu einem breiten Lächeln verzogen. Sein Deutsch war etwas eingerostet, aber er beherrschte die Sprache immer noch gut. Er hatte ihnen vorher erzählt, dass seine Mutter Deutsche gewesen war. Vor allem das amerikanisch gerollte ›R‹ verriet, dass Deutsch nicht seine Muttersprache war, und er musste manchmal nach Worten suchen. »Belladonna kaufe ich auch«, sagte er.
»Sie werden Freude an ihr haben, Mr Hartville«, erwiderte der Baron.
»Oh, ich werde an allen Pferden Freude haben.«
Von draußen war ein entferntes Grollen zu hören. Robert Wenger, der der Eingangstür am nächsten stand, verließ mit wenigen Schritten den Stall und warf einen Blick zum Himmel. »Das angekündigte Gewitter ist im Anzug«, sagte er.
»Im Anzug?«, fragte Don Hartville verdutzt. »In welchem Anzug?«
Der Baron lachte und klärte ihn auf. »Es zieht ein Gewitter heran, bedeutet das.«
»Ach so. Ich liebe Gewitter.«
»Die Pferde nicht«, stellte Robert Wenger fest.
»Wir können die vertraglichen Dinge in meinem Büro klären, bis das Gewitter abgezogen ist«, schlug der Baron vor. »Und auch, wie Sie den Transport der Pferde geregelt haben wollen, Mr Hartville. Dabei können wir in Ruhe noch einen Kaffee trinken.«
»Gute Idee«, erwiderte der Amerikaner erfreut. »Übrigens finde ich, dass Sie seltsames Wetter in Deutschland haben. Hier ist doch jetzt eigentlich Winter, oder? Ich finde es erstaunlich warm für Winter.«
»Das ist es auch. Vor zwei Wochen war es noch eisig, jetzt herrschen fast Frühlingstemperaturen«, bestätigte Baron Friedrich. »Gehen wir, bevor es anfängt zu regnen.«
Die Tiere wurden unruhig, sie spürten den Wetterumschwung. Baron Friedrich und sein vermögender Kunde verließen das Gestüt und liefen hinüber zum Schloss. In der Ferne zuckten bereits Blitze über den dunklen Himmel, erste dicke Regenwolken klatschten ihnen ins Gesicht. Sie gingen schneller. Wieder war ein Donnergrollen zu hören.
Sie erreichten das Hauptportal, bevor das Gewitter richtig losbrach. Eberhard Hagedorn, der alte Butler, erwartete sie. Er hatte Don Hartville bei seinem Eintreffen bereits formvollendet begrüßt und diesen dadurch tief beeindruckt. »So ein Butler fehlt mir zu Hause«, hatte er zu Baron Friedrich gesagt. »Gutes Personal zu bekommen ist heutzutage ja wirklich schwierig.«
»Wir sind sehr froh, dass Herr Hagedorn bei uns ist«, hatte der Baron erwidert. »Er ist tatsächlich perfekt.«
»Wie lange arbeitet er schon für Sie?«
»Sehr, sehr lange. Er war schon hier, bevor meine Frau und ich mit den Kindern hierher gezogen sind, und das ist zwölf oder dreizehn Jahre her. Davor war er aber auch schon lange hier. Ich schätze mal, er ist seit mindestens fünfundzwanzig oder dreißig Jahren im Sternberger Schloss.«
Diese ungeheure Zahl hatte dem amerikanischen Kunden erst einmal die Sprache verschlagen.
Sie betraten Baron Friedrichs Büro, das direkt neben der weitläufigen Eingangshalle lag.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?«, fragte Eberhard Hagedorn. »Und vielleicht etwas von Frau Falkners neuer Nusstorte?«
»Ich hätte gern einen starken Kaffee, Herr Hagedorn«, antwortete der Baron. »Und unbedingt ein Stück Nusstorte. Mr Hartville?«
»Für mich das Gleiche – aber es dürfen auch zwei Stücke Nusstorte sein«, antwortete der Amerikaner mit seinem breitesten Lächeln.
»Sehr wohl.« Eberhard Hagedorn schloss die Tür lautlos hinter sich. Es dauerte keine zehn Minuten, bis er mit einem voll beladenen Tablett zurückkehrte.
Friedrich und sein Gast hatten noch nicht begonnen, über das Geschäftliche zu reden. Sie hatten ja Zeit, und so genossen sie erst einmal den Kaffee und die vorzügliche Nusstorte, die dafür sorgte, dass Don Hartville ein ums andere Mal ausrief: »Es ist unglaublich, wie gut sie schmeckt. Nie zuvor habe ich so etwas Köstliches gegessen!«
Mittlerweile regnete es in Strömen, das Gewitter war jetzt direkt über Sternberg. Manchmal donnerte es so laut, dass sie ihr Gespräch unterbrechen mussten.
»Jetzt bin ich doch froh, dass wir Ihr freundliches Angebot an meine Chauffeure, sich während unserer Verhandlungen im Schloss aufzuhalten, angenommen haben«, sagte Don Hartville. »Es ist zwar bei einem Gewitter sicher im Auto, aber wie es scheint, kann sich das ja eine Weile … wie sagt man?«
»Hinziehen, meinen Sie?«
Don Hartville nickte.
Es gab in der Nähe der Schlossküche einen Aufenthaltsraum für die Angestellten, in dem diese auch ihre Mahlzeiten einnahmen. Dort hielten sich nun auch Don Hartvilles Chauffeure auf.
Sie wandten sich den geschäftlichen Dingen zu. Der Baron legte alle erforderlichen Papiere vor, danach verhandelten sie noch eine Weile über den endgültigen Preis und klärten die Transportfragen. Nach etwa einer Stunde waren sie sich im Wesentlichen einig, nur ein Punkt war noch zu klären, aber sie mussten feststellen, dass das Wetter sich noch keineswegs beruhigt hatte. Zwar war das Gewitter endlich abgezogen, aber nun war