Die industrialisierte Stadt: Gera um 1900
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About this ebook
Das vorliegende Buch ist als eine Art theoretischer Wanderführer zu sehen, weshalb es möglich ist mit dem Autor eine Führung durch die verschiedenen Gebiete der Stadt zu unternehmen.
Ferdinand Kämpfer
Ferdinand Kämpfer was introduced to the music of the band Queen as a child. After seeing the video for "A KIND OF MAGIC" for the first time, he decided to make Roger Taylor his official idol and also learn to play drums. He was primarily concerned with turning the stick. But playing has also survived to this day and is great fun. Thus, in 2020, the YouTube channel Fernando Luchador was created, covering songs by Queen and other bands. After so many years, Kämpfer knows the band's history almost by heart, which is how this book came about.
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Book preview
Die industrialisierte Stadt - Ferdinand Kämpfer
Inhalt
Einleitung
Beginn der Industrialisierung
Industriezweige
Villenviertel, Bürgerhäuser und Arbeiterquartiere
Die Villa – ein luxuriöses Wohnhaus
Villenstile in Gera
Villenstandorte – von der Nähe zur Fabrik zum geplanten Villenviertel
Die Wohnaufteilung innerhalb der Gründerzeitvillen
Bürgerhäuser der Stadt Gera
Bürgerliches Wohnen
Arbeitermietskasernen
Das Wohnen der Arbeiter
Erreichbarkeit und Verkehr
Soziales Verhalten
Verstädterung und Abschottung
Kuriositäten
Konkurrenz?
Ende der Monarchie und Ausblick
Schlussbemerkung
Danksagung
Literaturverweise
Einleitung
Die Stadt Gera gehörte im Zeitalter der Industrialisierung von 1871 bis 1914 zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte im Deutschen Kaiserreich. Bereits im 16. Jahrhundert wurde durch den Niederländer Nikolaus de Smit (1541–1623) der Grundstein für eine florierende Textilindustrie gelegt, die sich im Laufe der Jahrhunderte bis zum Ende der DDR-Zeit 1990 als der führende Wirtschaftszweig etablierte. Im 18. Jahrhundert kam es zur Gründung des Musikinstrumentenbaus durch die Familie Friederici und ab Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Ernst Moritz die erste Maschinenbaufabrik in Gera errichten, womit eine weitere wichtige Industriebranche begründet wurde. Im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert wurden weitere Industriezweige in Gera ansässig, wie etwa der Schulmöbelbau, die Porzellan-und Lebensmittelproduktion sowie die Tabakindustrie.
Mit der Erfindung der Dampfmaschine Ende des 18. Jahrhunderts in England verschwanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch im Deutschen Bund (1833 in Gera) die einzelnen kleinen Gewerbe und wurden zunehmend von Massenbeschäftigung gekennzeichneten Fabriken abgelöst.
Mit dem Wachstum von Arbeitsplätzen veränderte sich die sozialpolitische Struktur in Gera. Neben dem noch immer regierenden Adel löste das Großbürgertum diesen weitestgehend von seiner elitären Rolle ab. Die neue Schicht ließ sich repräsentative Villen an verschiedenen Standorten in und außerhalb der industrialisierten Stadt erbauen. Auf der Gegenseite war zugleich eine erhöhte Arbeiterschaft zu verzeichnen, die in Massenquartieren, den Arbeitervierteln, untergebracht wurde. Zwischen beiden existierte ein sehr stark ausgeprägter Mittelstand in Form von Lehrern, Juristen, Ärzten und Bankiers. Dieser ahmte die luxuriösen Wohnverhältnisse der Großbürger nach, indem er sich repräsentative Bürgerhäuser erbauen ließ.
In Gera ist der Großteil der um die Jahrhundertwende erbauten Villen, Bürgerhäuser und Arbeitermietskasernen heute noch weitestgehend vollständig erhalten geblieben. Das Büchlein beschäftigt sich vorrangig mit dem Bereich Wohnen im industrialisierten Gera. Daran knüpft unabdingbar die Industrie-und Kulturgeschichte der Stadt an, die hier allerdings nicht detailliert wiedergegeben werden soll. Es geht vor allem um die Frage, welche Unterschiede es, bedingt durch die soziale Lage, im Bereich Wohnen gab. Weiterhin soll untersucht werden, wie Familien verschiedener Schichten miteinander und untereinander lebten. Ein wichtiger Punkt dabei ist das soziale Verhalten, das die jeweiligen Schichten an den Tag legten. Ganz besondere Beachtung findet außerdem die Standortfrage der verschiedenen Behausungen. Damit verbunden sind auch Entstehungsgeschichten von geplanten Villenvierteln, die aus heutiger Sicht Kuriositäten darstellen. Am Schluss rundet ein Ausblick auf neue Wohnformen der 1920er- bis 1940er-Jahre das Büchlein ab.
Das vorliegende Werk ist eine Art theoretischer Wanderführer, der mit Fotos von damals im Vergleich mit heute aufgewertet ist. Wer Interesse hat, kann mit dem Autor eine Stadtführung buchen und einige der hier genannten Viertel mit ihm ablaufen.
Viel Spaß beim Schmökern wünscht
Ferdinand Kämpfer, Gera 2019
Beginn der Industrialisierung
Die Stadt Gera war bereits seit dem Mittelalter bekannt für Wirtschaft und Handel. Nicht umsonst hießen die wohlhabenden Bürger der Stadt, in der Regel Kaufleute, „Gersche Fettgusche. Ihr Name rührt daher, da sie sich das edle Schmalz auf der „Bemme
, das dann ganz appetitlich die „Gusche herunter lief, leisten konnten. Der Landesherr Heinrich II. Posthumus aus dem Hause Reuß jüngerer Linie holte im 16. Jahrhundert den Niederländer und Glaubensflüchtling Nicolaus de Smit, den er auf der Leipziger Messe kennengelernt hat, nach Gera. Er sollte das dortige Zeugwesen reformieren. Dass de Smit vom Geraer Landesherr bevorzugt behandelt wurde, kam bei den „Gerschen
nicht gut an.
Die einheimischen Zeugmacher witterten Konkurrenz und waren verärgert darüber, dass sie von Posthumus keine derartige Unterstützung zur Verbesserung der Lebensverhältnisse bekamen. Trotz der Kritik an de Smit war er es, der das Textilgewerbe mittels neuer Techniken revolutionierte. Nach ihm wurde im Zentrum der Stadt eine Straße benannt.
Die ärmeren Menschen Geras siedelten zu dieser Zeit am südlich hinter der Stadtmauer gelegenen Mühlgraben in kleinen, eng aneinandergebauten Häuschen. Es handelte sich bei ihnen oftmals um Handwerker, Müller, Schuster, Schlosser, Färber oder Gerber, die sich keine großen Anwesen in der Nähe des Marktplatzes leisten konnten. Noch heute stehen im Gegensatz dazu die imposanten Bürgerhäuser im Bereich der Großen Kirchstraße, die an den Markt angrenzen, wie auch das Haus de Smits. Sehenswert und ein Ausdruck des Reichtums der besser verdienenden Bürger der Stadt sind die Portale, die oftmals mit Figuren der griechischen Mythologie dekoriert wurden. Dieser Gegensatz im Bereich Wohnen sollte seinen Höhepunkt im Zeitalter der Industrialisierung finden.
Neben den kleinen Handwerksbetrieben entstanden in Gera bereits Ende des 18. Jahrhunderts erste Kleinfabriken, so zum Beispiel die Kattundruckerei von Ernst Weber, die sich am Mühlgraben befand. Dieser wurde dadurch zu einem Berührungspunkt zwischen Wohnen und Arbeit, weshalb