Und wieder Tombstone: Wyatt Earp 205 – Western
By William Mark
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Der alte Barret, der oben in der Freemontstreet eine Hufschmiede betrieb, stieß einen Gesellen an und knurrte: »Mann, halte dich doch nicht in der Arbeit fest. Du musst dich bewegen. Wenn der Huf heute noch fertig werden soll, würde ich an deiner Stelle etwas mehr Tempo vorlegen.« Barret nahm selbst den schweren Schmiedehammer in die Hand, ergriff mit einer langen Zange das schon erkaltete Eisenstück und begann es geräuschvoll zu bearbeiten. Plötzlich setzte sein Hämmern aus. Er hatte einen Mann erspäht, der unten aus der Quergasse in die Freemontstreet einbog. Es war ein hochgewachsener Mensch, mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Sein Gesicht war von Wind und Wetter dunkelbraun gegerbt. Es war ein gutes, markant-männlich geschnittenes Gesicht, das von einem dunkelblauen langbewimperten Augenpaar beherrscht wurde. Der Fremde trug ein blaues Kattunhemd, das am Hals von einer schwarzen, sauber gebundenen Samtschleife zusammengehalten wurde. Die boleroartige Weste war kurz und ärmellos und aus schwarzem feinem Leder. Enganliegend und ebenso schwarz war auch die Levishose, die unten über die Schäfte der halbhohen Westernboots auslief. Hochhackig waren die Stiefel und mit silbernen Sternradsporen bewehrt. Um die Hüften trug er einen breiten patronengespickten Waffengurt aus schwarzem Büffelleder, der an jeder Seite einen schweren 45er Revolver hielt. Die Waffe an der linken Seite hatte einen überlangen schweren Lauf, und der Kenner hätte in ihr sofort einen jener seltenen Revolver vom Fabrikat Buntline-Special erkannt. Der Mann hatte ein sehr eindrucksvolles Gesicht, und wer einmal in seine Augen gesehen hatte, die etwas von der Farbe zugefrorener Bergseen aufwiesen, würde sie nicht so leicht wieder vergessen. »Da! Dreh dich mal um! Sieh dir den Mann an!« Der schwerfällige, bullige Ted Fleming wandte den Kopf zur Seite und blickte zu dem Mann hinüber.
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Und wieder Tombstone - William Mark
Wyatt Earp
– 205 –
Und wieder Tombstone
William Mark
Der alte Barret, der oben in der Freemontstreet eine Hufschmiede betrieb, stieß einen Gesellen an und knurrte: »Mann, halte dich doch nicht in der Arbeit fest. Du musst dich bewegen. Wenn der Huf heute noch fertig werden soll, würde ich an deiner Stelle etwas mehr Tempo vorlegen.«
Barret nahm selbst den schweren Schmiedehammer in die Hand, ergriff mit einer langen Zange das schon erkaltete Eisenstück und begann es geräuschvoll zu bearbeiten.
Plötzlich setzte sein Hämmern aus. Er hatte einen Mann erspäht, der unten aus der Quergasse in die Freemontstreet einbog.
Es war ein hochgewachsener Mensch, mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Sein Gesicht war von Wind und Wetter dunkelbraun gegerbt. Es war ein gutes, markant-männlich geschnittenes Gesicht, das von einem dunkelblauen langbewimperten Augenpaar beherrscht wurde. Der Fremde trug ein blaues Kattunhemd, das am Hals von einer schwarzen, sauber gebundenen Samtschleife zusammengehalten wurde. Die boleroartige Weste war kurz und ärmellos und aus schwarzem feinem Leder. Enganliegend und ebenso schwarz war auch die Levishose, die unten über die Schäfte der halbhohen Westernboots auslief. Hochhackig waren die Stiefel und mit silbernen Sternradsporen bewehrt. Um die Hüften trug er einen breiten patronengespickten Waffengurt aus schwarzem Büffelleder, der an jeder Seite einen schweren 45er Revolver hielt. Die Waffe an der linken Seite hatte einen überlangen schweren Lauf, und der Kenner hätte in ihr sofort einen jener seltenen Revolver vom Fabrikat Buntline-Special erkannt.
Der Mann hatte ein sehr eindrucksvolles Gesicht, und wer einmal in seine Augen gesehen hatte, die etwas von der Farbe zugefrorener Bergseen aufwiesen, würde sie nicht so leicht wieder vergessen.
Barret stieß seinen Gehilfen an und zischelte ihm zu:
»Da! Dreh dich mal um! Sieh dir den Mann an!«
Der schwerfällige, bullige Ted Fleming wandte den Kopf zur Seite und blickte zu dem Mann hinüber.
»Wer ist das?«, wollte er wissen.
»Sieh ihn dir genau an, Ted. Man hat nicht oft Gelegenheit, diesen Mann zu sehen, und ich bin überzeugt, dass es einige Dutzend Menschen gibt, die sehr froh wären, wenn sie ihn einmal sehen könnten.«
»Machen Sie es nicht so spannend, Boss«, meinte der Schmiedehelfer, »wer ist es denn?«
»Ich hatte gehofft, du würdest selbst daraufkommen, Ted.«
Der Bursche kniff die Augen eng zusammen und schüttelte dann den Kopf.
»Nein, das ist ziemlich schwer. Der neue Mann von der Wells-Fargo kann es nicht sein, den habe ich schon gesehen und der da, der sieht mehr nach was anderem aus.«
»Wonach?«, wollte der Schmied wissen.
»Ja, ich weiß nicht. Es könnte eher
ein …, hm, ich würde sagen, er hat etwas von einem …, well, so stelle ich mir einen Sheriff vor; ich meine einen großen Sheriff.«
Da grunzte der Schmied zufrieden und drosch seinem Gehilfen seine mächtige Pranke auf die Schulter.
»Gar nicht so schief geraten. Es ist ein Sheriff. Und was für einer! Der Größte, den der Westen überhaupt kennt …«
»Ist es Wyatt Earp?«, unterbrach ihn der Gehilfe.
»Genau«, sagte der Schmied. »Wyatt Earp, sieh ihn dir gut an!«
Gelassen hatte der Marshal inzwischen den Eingang der Schmiede passiert und ging drüben an der City-Hall vorbei, blieb einen Moment vor Flys Galery stehen und warf einen Blick durch die nicht sehr sauberen Fensterscheiben auf die Bilder, die da ausgestellt waren.
Dann ging er weiter.
Vor dem offenen Wagenhof, der sich an Flys Galery anschloss, verhielt er noch einmal den Schritt.
Es war der Eingang zum O.K.-Corral.
Gedankenverloren blieb der große Gesetzesmann vor dem torlosen Eingang des alten Wagenabstellplatzes stehen.
Gebannt beobachteten ihn die beiden vom Eingang der alten Schmiedewerkstatt aus.
»Seh ihn dir nur an«, flüsterte Barret seinem Helfer zu, »genau da, wo er jetzt steht, hat er damals vor vier Jahren gestanden, als das Gefecht begann.«
Der junge Geselle fuhr sich mit dem Handrücken nervös über die plötzlich feucht gewordene Stirn. Er selbst war damals, als der blutige Kampf im O.K.-Corral stattfand, noch ein Bursche von knapp zwölf Jahren gewesen. Er hatte es sehr bedauert, dass er sich nicht in der Stadt befunden hatte; er war draußen auf der Farm seines Onkels gewesen. Wie hatte er all seine Schulkameraden beneidet, dass sie den Kampf hören konnten, oder doch zumindest kurz danach in die Freemon Street gekommen waren. Noch genau erinnerte sich Ted daran, dass der dicke Ferry Lonegan erzählt hatte, er habe noch den Pulverrauch aus dem Eingang in die Straße ziehen sehen. Und der kleine Lemmy Porter hatte sogar behauptet, aus dem Haus der Schneiderin Bourland den Kampf mitangesehen zu haben.
Und nun durfte er doch noch nach Jahr und Tag etwas erleben, was er sich niemals hätte träumen lassen. Er sah den großen Wyatt Earp vorm Eingang des O.K.-Corral stehen.
Was mochte jetzt im Kopf des Marshals vorgehen?
»Yeah«, meinte der Schmied und kniff das linke Auge ein, »das war eine bittere Stunde, Junge, das kann ich dir sagen. Genau genommen war es ja nur eine einzige Minute. Ich habe da drüben in der Ecke gestanden und gerade einen Hufeisenrohling in der Zange gehabt. Da kamen sie, drüben aus der Gasse. Wyatt Earp! Doc Holliday! Virgil Earp und sein Bruder Morgan. In breiter Front gingen sie nebeneinander. Das hatte es bis zu dieser Stunde noch nicht gegeben. Wenn hier irgendwo eine Schießerei war, dann stand einer auf der Straße, einer drüben auf dem Vorbau, der andere hatte sich hinter einem Regenfass oder einer Treppe verschanzt. Aber dass vier Männer nebeneinander gingen und somit die ganze Straßenbreite einnahmen, nein, das war ganz neu. Da drüben vor dem Eingang des Hofes machten sie Halt. Behan, der damals schon hier mit dem Hilfssheriffsstern herumlief, rannte auf sie zu und brüllte, dass die Clantons nicht bewaffnet wären. Aber das stimmte nicht, wie sich sehr schnell herausstellte. Als sie dann das Tor erreicht hatten, blieben sie stehen.«
»Und wer war auf dem Hof?«, wollte der Bursche wissen.
Der Schmied wandte den Kopf und blickte ihn ärgerlich an.
»Na, Junge, das weißt du wirklich nicht?«
Natürlich wusste Ted es. Denn es gab sicher niemanden in der Stadt, der das nicht gewusst hätte. Nur, der Schmiedehelfer hätte es gerne noch einmal ganz genau gehört. Und was ihn besonders wunderte, war die Tatsache, dass sein Boss das alles mit angesehen hatte. Damals nämlich, als ein Zeuge des Fights gesucht wurde, hatte sich nur die Kleidermacherin Bourland gemeldet.
»Nun ja, Ike Clanton war da, sein siebzehnjähriger Bruder Billy, die beiden McLowerys, Bill Claiborne und ein paar andere Burschen, die sich aber, als die Earps auftauchten, verzogen. Ja, und dann krachten die Schüsse.«
»Wie viele waren es?«, wollte Ted wissen.
»Ich weiß es nicht genau, aber es waren bestimmt mehr als fünfundzwanzig.«
»Von der Sache weiß ich«, meinte der Schmiedehelfer.
Der Blacksmith wandte den Kopf und knurrte:
»Wenn du alles weißt, warum fragst du mich dann?«
»Ich wundere mich, dass Sie darüber so gut informiert sind«, entgegnete der Bursche.
Immer noch stand drüben vorm Eingang des Wagenhofes der große Mann, unbeweglich, als wäre er aus Stein gehauen.
»Ich gäbe einen doppelten Drink dafür«, rief Barret, »wenn ich wüsste, woran er jetzt denkt …«
Der Missourier – wie Wyatt Earp schon seit eineinhalb Jahren von Freund und Feind in diesem Lande aus nicht ganz erfindlichen Gründen genannt wurde – hatte sich endlich von dem trüben Anblick des Wagenabstellplatzes losgerissen. Da drinnen hatte sich nichts geändert. Immer noch war links die alte Adobewand mit dem Blechschornstein, der aus Flys Galery kam, und immer noch war rechts das alte graue Gemäuer, vor dem der junge Billy Clanton sein Leben ausgehaucht hatte. Im Hintergrund war noch die braungraue Mauer, von der aus Ike Clanton seinen Kampf gegen die Earp-Brüder geführt hatte, um schließlich selbst mitten im wüstesten Kampfgetümmel kehrtzumachen.
Der Missourier wandte sich ab und ging die Straße weiter hinunter, bis er die letzten Häuser erreicht hatte und den flachen Hügel vor sich sah, auf dem der Tombstoner Graveyard lag.
Schon von Weitem konnte man die verwitterten und bemoosten Steine und die teilweise schief und krumm stehenden morschen Grabkreuze erkennen. Das typische Bild eines Westernfriedhofs. Der Zaun, der den Gottesacker umgab, war an mehreren Stellen schon eingefallen, und drüben vor einem dürren Mesquitegestrüpp stand ein prächtig gebauter schwarzer Hengst, der einen hellen Sattel und eine rotgelbe Decke trug.
Wenn der Marshal das Pferd nicht schon gekannt hätte, so hätte er ganz sicher an den Farben der Satteldecke seinen Besitzer ausgemacht.
Es war ein Pferd von der Clanton-Ranch. Genauer gesagt, es war das Pferd des Chiefs, Ike Clantons schwarzer Hengst.
Wie oft hatte der Missourier den Rappen schon da stehen sehen!
Der seltsame Rancher Isaac Joseph Clanton hatte geradezu eine Manie, die Grabstätte seines Bruders Billy auf dem öden Friedhof aufzusuchen. Zu den unmöglichen Zeiten konnte man ihn hier draußen antreffen. Der furchtbare Kampf im O.K.-Corral schien ihn völlig verändert zu haben. Der einstmals sehr wilde, ungebärdige Mann, der immer nur das tat, was ihm gefiel, der die größte Gang angeführt hatte, die es in diesem Lande je gegeben hat – wenn man einmal von der Galgenmänner-Bande absieht – der sich keineswegs für einen Banditen halten lassen wollte, sondern für einen Rebellen gegen das aufdringliche Gesetz, der sich prahlerisch »der König von Arizona« nannte, der Ike Clanton von damals, der war er heute nicht mehr; das stand fest. Dennoch aber haftete an dem ehemaligen Bandenführer etwas von jener Luft, die ihn so viele Jahre umgeben hatte. Und nach wie vor genoss er hier, in seiner Stadt, in Tombstone und in der weiten Umgebung, den Respekt, den die Menschen ihm einfach zu schulden glaubten.
Wyatt ging ein Stück hügelan, und dann sah er ihn drüben zwischen den Gräberreihen stehen. Mit seiner kräftigen Gestalt, groß, massigem Schädel, dunklem Haar und einem Gesicht, das aus braunrotem Sandstein gemeißelt zu sein schien.
Wyatt hatte den Graveyard betreten und bog jetzt in die Gräberreihe ein, in der