Der neue Dr. Laurin 9 – Arztroman: Die Schöne und der Graf
Von Viola Maybach
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Antonia Laurin konnte nicht atmen. Sie konnte sich auch nicht mehr bewegen. Wie zur Salzsäule erstarrt saß sie da und starrte auf die Bühne, die vor wenigen Augenblicken ihr Sohn Konstantin betreten hatte, etwa eine Viertelstunde nach Beginn des Stücks. Bis dahin hatte sie das Geschehen ein wenig zerstreut verfolgt. Die Jugendlichen der Theater-AG des Gymnasiums, das ihre vier Kinder besuchten, gaben sich redliche Mühe. Einige spielten munter und unbefangen, anderen merkte man die Nervosität an, wieder andere wirkten ein wenig hölzern und sagten ihre Texte so, dass man merkte, wie mühsam sie sie auswendig gelernt hatten. Das Stück war von den Jugendlichen selbst geschrieben worden, es bildete die Lebenswirklichkeit vieler Teenager gut ab. Das Publikum jedenfalls hatte seinen Spaß, immer wieder brandete Gelächter in der Aula auf. Und jetzt stand plötzlich Konstantin da und schien die Bühne auszufüllen. Er sagte nur einen einzigen Satz, noch nicht einmal mit erhobener Stimme. Danach wurde es mit einem Schlag ganz still. Wieso eigentlich, fragte sich Antonia verwirrt. Was hatte er anders gemacht als die anderen? Kein Darsteller hatte bislang eine ähnliche Wirkung erzeugt wie Konstantin, auch das muntere Mädchen nicht, das bis jetzt für die meisten Lacher gesorgt hatte. "Ach, halt bloß die Klappe, du Angeber", sagte einer der anderen Jungen zu Konstantin auf der Bühne. Konstantin richtete sich kerzengerade auf und sah ihn nur an – und dann entwickelte sich ein zunehmend bedrohlicher werdender Streit zwischen ihm und dem anderen Jungen, dem nicht nur Antonia, sondern auch alle anderen im Saal atemlos folgten. Sie vergaß ihre Umgebung, sah nur noch das Geschehen auf der Bühne und ertappte sich bald dabei, dass sie die Figur, die ihr Sohn spielte, von ganzem Herzen verabscheute. Sie sah nicht mehr, wer sie spielte, sondern nur noch diesen Jungen, der versuchte, den anderen seinen Willen aufzuzwingen und dem für die Erreichung dieses Ziels jedes Mittel recht war. Als am Ende des ersten Aktes der Vorhang fiel, setzte tosender Applaus ein, aber sie konnte die Arme nicht heben, um ebenfalls zu klatschen.
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Buchvorschau
Der neue Dr. Laurin 9 – Arztroman - Viola Maybach
Leseprobe:
Der neue Landdoktor Nr. 91
LeseprobeIn sechs Wochen werden wir beide uns endlich ansehen können, dachte Karlotta und legte ihre Hände behutsam auf ihren Bauch, der sich unter dem dunkelblauen Baumwollkleid hervorwölbte. Sie saß auf der Bank unter der Ulme, die im Hof vor der Praxis Seefeld stand, und es war ihr, als könnte sie noch immer den pochenden Herzschlag ihres Kindes hören, so wie gerade eben während der Ultraschalluntersuchung. Anna Bergmann, ihre Hebamme, und Sebastian Seefeld, ihr Hausarzt, die sich gemeinsam um die werdenden Mütter in Bergmoosbach kümmerten, hatten ihr versichert, dass es ihrem Kind ganz ausgezeichnet ging. »Du wirst diese Landschaft lieben! Hab noch ein bisschen Geduld, dann werde ich dir ihre Schönheit zeigen«, sagte sie leise, als das Kind in ihrem Bauch sich bewegte. Sie schaute auf die Gipfel der Allgäuer Alpen, die sich gegen den leuchtend blauen Himmel streckten. Es war schön, ein Kind im Frühjahr zu bekommen. Der Duft der Blumen, der die Luft erfüllte, das frische Gras, die zarten Knospen der Bäume, alles erneuerte sich. Es war die pure Lebensfreude, die Karlotta in diesem Jahr noch weitaus intensiver empfand, als in den Jahren zuvor. »Hallo, Nolan«, begrüßte sie den Berner Sennenhund, der auf der Wiese vor dem Wohnhaus der Seefelds in der Sonne döste, seinen Kopf hob und sie mit seinen dunklen Augen ansah. »Na gut, besonders interessant bin ich wohl nicht für dich«, sagte sie lachend, als er gähnte und seinen Kopf wieder auf seine Vorderpfoten sinken ließ. Es strahlt Wärme aus, dachte sie, als sie auf das Haus mit den lindgrünen Fensterläden schaute, das auf einem Hügel am Rande des Dorfes lag. Eine Treppe führte durch den blühenden Steingarten zur Terrasse hinauf, die mit dunkelgrauen Natursteinen gepflastert und von bunten Blumenbeeten umgeben war. Die Landarztpraxis war in einem Anbau untergebracht, eine halbhohe Hecke trennte die Wiese vor dem Haus von der Auffahrt, die breit genug war, damit auch ein Krankenwagen von der Straße herauffahren konnte. »Hallo, Karlotta, wie geht es dir?«, fragte das Mädchen, das in schwarzer Leggins und weinrotem T-Shirt mit einer Sporttasche in der Hand aus dem Haus kam. Es hatte langes kastanienfarbenes Haar und ungewöhnlich helle graue Augen.
Der neue Dr. Laurin
– 9 –
Die Schöne und der Graf
Aber Liebe lässt sich nicht befehlen
Viola Maybach
Antonia Laurin konnte nicht atmen. Sie konnte sich auch nicht mehr bewegen. Wie zur Salzsäule erstarrt saß sie da und starrte auf die Bühne, die vor wenigen Augenblicken ihr Sohn Konstantin betreten hatte, etwa eine Viertelstunde nach Beginn des Stücks.
Bis dahin hatte sie das Geschehen ein wenig zerstreut verfolgt. Die Jugendlichen der Theater-AG des Gymnasiums, das ihre vier Kinder besuchten, gaben sich redliche Mühe. Einige spielten munter und unbefangen, anderen merkte man die Nervosität an, wieder andere wirkten ein wenig hölzern und sagten ihre Texte so, dass man merkte, wie mühsam sie sie auswendig gelernt hatten. Das Stück war von den Jugendlichen selbst geschrieben worden, es bildete die Lebenswirklichkeit vieler Teenager gut ab. Das Publikum jedenfalls hatte seinen Spaß, immer wieder brandete Gelächter in der Aula auf.
Und jetzt stand plötzlich Konstantin da und schien die Bühne auszufüllen. Er sagte nur einen einzigen Satz, noch nicht einmal mit erhobener Stimme. Danach wurde es mit einem Schlag ganz still. Wieso eigentlich, fragte sich Antonia verwirrt. Was hatte er anders gemacht als die anderen? Kein Darsteller hatte bislang eine ähnliche Wirkung erzeugt wie Konstantin, auch das muntere Mädchen nicht, das bis jetzt für die meisten Lacher gesorgt hatte.
»Ach, halt bloß die Klappe, du Angeber«, sagte einer der anderen Jungen zu Konstantin auf der Bühne.
Konstantin richtete sich kerzengerade auf und sah ihn nur an – und dann entwickelte sich ein zunehmend bedrohlicher werdender Streit zwischen ihm und dem anderen Jungen, dem nicht nur Antonia, sondern auch alle anderen im Saal atemlos folgten. Sie vergaß ihre Umgebung, sah nur noch das Geschehen auf der Bühne und ertappte sich bald dabei, dass sie die Figur, die ihr Sohn spielte, von ganzem Herzen verabscheute. Sie sah nicht mehr, wer sie spielte, sondern nur noch diesen Jungen, der versuchte, den anderen seinen Willen aufzuzwingen und dem für die Erreichung dieses Ziels jedes Mittel recht war.
Als am Ende des ersten Aktes der Vorhang fiel, setzte tosender Applaus ein, aber sie konnte die Arme nicht heben, um ebenfalls zu klatschen. Als sie es endlich schaffte, den Kopf ihrem Mann zuzuwenden, der neben ihr saß, und sie seinem Blick begegnete, las sie darin die gleiche Erschütterung, die sie selbst verspürte. Sie mussten sich nicht mit Worten verständigen, sie wussten beide, dass die Entscheidung bereits gefallen war.
Sie waren ja hier, um sich ein Bild von Konstantins schauspielerischer Begabung zu machen. Der Regisseur Oliver Heerfeld war auf ihn aufmerksam geworden und wollte ihn als Hauptdarsteller seines neuen Films verpflichten. Nur die Einwilligung der Eltern fehlte noch: ihre und Leons. Würden sie ihrem sechzehnjährigen Sohn erlauben, wochenlang einen Film zu drehen und dafür der Schule und seinem gewohnten Umfeld fernzubleiben? Er würde natürlich unterrichtet werden, aber niemand konnte vorhersagen, wie sich diese Erfahrung auf sein weiteres Leben auswirken würde. Erst seit kurzem wussten sie, dass Konstantins Zukunftspläne sich geändert hatten: Er wollte nicht länger Medizin studieren, sondern Schauspieler werden.
Bis zu diesem Abend hatten sie gehofft, das werde sich vielleicht noch einmal ändern. Diese Hoffnung, musste sich Antonia eingestehen, war in dem Augenblick zerstoben, da Konstantin die Bühne betreten und seinen ersten Satz gesagt hatte. Sie verstand nichts von Schauspielerei, aber sie hatte einen Blick dafür, wann ein Mensch am richtigen Platz war.
»Er muss das machen«, hörte sie Leon leise sagen.
Sie konnte nur nicken, seine Worte waren wie ein Echo ihrer eigenen Gedanken.
Kyra, ihre Jüngste, die neben ihr saß, tastete nach ihrer Hand. »Er ist toll, Mama«, flüsterte sie.
»Ja, das ist er, Mäuschen.«
Auch auf den Gesichtern ihrer anderen beiden Kinder, Kaja und Kevin, konnte Antonia lesen, was sie in ihnen vorging. Keiner von ihnen, dachte sie, nicht einmal Kaja, die Konstantins Zwillingsschwester war, hatte erwartet, dass er sich auf der Bühne so vollkommen in einen anderen Menschen verwandeln würde. Konstantin Laurin war hinter seiner Rolle verschwunden.
Es war vorher viel von seiner großen Begabung die Rede gewesen – Ariane Tornow, seine Lehrerin, und der Regisseur Oliver Heerfeld hatten immer wieder darauf hingewiesen, aber sie hatten sich nichts darunter vorstellen können, Leon und sie. ›Begabung‹ war schließlich nur ein Wort, aber was bedeutete es letztlich? Begabt waren wahrscheinlich viele, aber wie groß musste eine Begabung sein, um zwingend einen Weg zu einem ganz bestimmten Beruf zu weisen?
Jetzt wusste sie es besser. Konstantin musste Schauspieler werden, auch wenn es ihn vielleicht unglücklich machen würde, denn offenbar verliefen ja die wenigstens Karrieren in diesem Bereich erfolgreich.
Plötzlich war sie sehr müde, am liebsten wäre sie mit Leon nach Hause gefahren, hätte sich das Stück gar nicht weiter angesehen. Was sie