Unser Mutbericht: Aus der Therapie ins Leben - Wie wir wieder glücklich wurden - Die Fortsetzung unseres Suchtberichtes
By Kai Sender and Gisela Sender
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About this ebook
Diese Infos und noch viel mehr liest Du in diesem Buch von Gisela und Kai. Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie viel Leid eine Glücksspielsucht auslöst, aber sie wissen auch, wie gut sich das Leben wieder entwickelt, wenn beide, jeder für sich und dann gemeinsam, den Kampf aufnehmen!
Aus einer Kritik: "Wir haben das erste Buch gelesen, den "Suchtbericht". Nun jetzt den "Mutbericht" - Es ist unfassbar spannend, wie sehr sich beide entwickelt haben. Kai berichtet davon, wie er seine Selbsthilfegruppe leitet, wie er sich dadurch selbst entwickelt hat. Er hat sich schlau gemacht über das Thema "Gruppenleitung" und nach seiner Therapie, von der er ja im "Suchtbericht" erzählt, die Gruppenleitung übernommen.
Der Alltag einer Selbsthilfegruppe wird erzählt, und was er über sich selbst in Bezug auf seine Sucht gelernt hat. Kai ist dabei brutal ehrlich mit sich selbst, schreibt selbst peinlichste Dinge - weil er der Meinung ist, nur so können andere nachvollziehen, was ein Süchtiger lernen muss und wie gut das funktionieren kann.
Durch seinen wunderbaren, fast englischen Humor lässt sich sein Teil im Buch wie in einem Rutsch lesen, so leicht und doch tiefgehend ist das. Sowas habe ich selten erlebt!
Gisela erzählt in knappem Ton, mit vielen Punktlisten, wie sie die Selbsthilfegruppe für die Angehörigen leitet, was sie über sich und die Glücksspielsucht gelernt hat. Sie gibt ganz klare, sehr deutliche Merksätze aus ihrem Alltag, wie z.B. "Mit Sucht diskutiert man nicht!" oder "Ich möchte kein Wachhund sein, sondern Partnerin". Und sie empfiehlt den Angehörigen, sich wieder mehr ums ich selbst zu kümmern, für sich selbst zu sorgen, denn 'Verändern kann jeder nur sich selbst.'"
Kai Sender
Kai Sender ist bundesweit bekannt für seinen Kampf gegen die Glücksspielsucht und leitet seit vielen Jahren eine Selbsthilfegruppe für Betroffene. Er ist regelmäßiger Gast in Funk und Fernsehen und arbeitet im Bereich der Trauerhilfe.
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Book preview
Unser Mutbericht - Kai Sender
Unser Mutbericht
In Memoriam Horst Schwennen
Wer sind wir?
Die allzeit bereite Dosis Instantglück
Alter, stress mich nicht
Und das kam so:
Ganz im Hier und Jetzt: Selbsthilfegruppe Glücksspielsucht
Du bist jetzt weg, das muss ich wohl verstehen
Rückfall, Alkohol, Kurzschock oder das Märchen von der Weinbrandbohne
Tautologie, böse Therapeuten, Tagebücher
Ihr anstrengenden Egozentriker!
Buch über Glücksspielsucht
Und noch’n Buch:
Tarzan ist wieder da!
Glücksspielsucht, quasi, und Johnny Weissmüller, quasi
Sonnenstände, Köfte und behutsamer Riesenquatsch
Das Leben versoffen
Butter bei die Fische
Grenzschützerinnen gesucht!
350 Angehörige in meiner Selbsthilfegruppe
Wer bist Du eigentlich?
Egoismus, Selbstbewusstsein und Novomatic oder der Unterschied zwischen Theorie und Praxis
Süchtige sind so feige!
Jetzt erst recht: Weitermachen!
Vom Ausbaden bei Skagen
Trockengeburtstag: Darf’s noch etwas schwer sein?
Wenn Sprechen weh tut – wir haben da was für Sie!
Gauselmann, Novomatic oder „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit"
sind die ec cash zahlungen in spielotheken anonym?
nie wieder spielothek
Macht sich hier zum Deppen oder wie?
Durchgangsgefühle, stete Tropfen und geheimes Chaos oder Tipps für Fortgeschrittene
Von den Meschuggenen und der Wollust
So langsam habe ich begriffen
Meine Talkshow, Bratwurst und Gedanken an Werner
Der feine Herr war auf einem Senatsempfang
Über evangelische Obdachlose, Schwarz zu Weiß und demütige Ex-Säufer
Mein Test mit der Sachertorte
Nochmal zum Thema Lüge oder Die Feigheit vor dem Feind
Von plietschen Leitern, Fernsehfieber, Buchrennern und einer guten Senatorin
Lang kurz kurz kurz - kein Morsen möglich
Einstiegsphase der Glücksspielsucht
Verlustphase der Glücksspielsucht
Verzweiflungsphase der Glücksspielsucht
Noch schöner als Brideshead
In Memoriam HORST SCHWENNEN
Spießerleben ist für die Guten
Giselas Bericht
Lies hier weiter!
Und noch ein Buch
Impressum
In Memoriam Horst Schwennen
Er leitet mittlerweile im Himmel die eine oder andere Therapie und versucht immer noch, das richtige Erzählen von Witzen zu lernen.
Danke, Horst!
Wer sind wir?
Du liest hier gerade unser zweites Buch. Das erste heißt „Unser Suchtbericht und da berichten meine Frau Gisela und ich von der ersten Zeit meiner Spielfreiheit, meinem Aufenthalt in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses (im Volksmund und auch von mir gelegentlich liebevoll „Klapse
genannt), über meine erste Zeit in der Selbsthilfegruppe, die ich heute leite, über meine Therapie in der Fachklinik St. Marienstift Dammer Berge in Neuenkirchen/Vörden (von der ich immer noch schwerstens begeistert bin: Hervorragende Therapeuten sind dort tätig.) und alle die 1.433 Dinge, die wir beide seitdem gelernt, uns erarbeitet und letztendlich auch umgesetzt haben – jeder für sich, in seinem eigenen Bereich, aber auch wir gemeinsam.
Im ersten Buch, dem Suchtbericht, hast Du auf einigen Seiten die Berichte von Gisela und mir gleichzeitig gefunden. Das war teilweise irritierend. Deshalb wirst Du im Mutbericht unsere Berichte hintereinander finden.
Es gibt mittlerweile reichlich Zeitungsartikel über unser erstes Buch. Wir waren und sind damit immer noch auf Lesungen in ganz Deutschland, der Suchtbericht wurde im Fernsehen vorgestellt und im Radio. Und die nächsten Termine sind schon geplant. Unser erstes Buch ist quasi ein „Renner", was mich stolz macht und meinem Ego schmeichelt, was aber auch hilft, unser gemeinsames Ziel zu verwirklichen: Das Thema Glücksspielsucht in die Gesellschaft zu bringen. Ein guter Artikel über den Suchtbericht stammt aus einer Szene-Zeitschrift, dem Mix in Bremen:
Die allzeit bereite Dosis Instantglück
Kai Sender ist Suchtexperte aus eigener Erfahrung. Seit 22 Jahren ist er trockener Alkoholiker. Vor einigen Jahren unterlag er einer Suchtverlagerung auf Glücksspiel. „Ich war zwar trocken, aber nicht nüchtern und hatte bis dato die Ursache meiner Sucht nicht aufgearbeitet, meint Sender. Nach einer stationären Therapie von vier Monaten Dauer ist er seit fünf Jahren „spielfrei
– so nennt man die Abstinenz vom Glücksspiel.
„Ich habe meine Sucht im Blick. Das muss ich auch, meint Sender, „denn es ist eine Krankheit, die nicht geheilt, sondern nur gestoppt werden kann. Und ich muss mich bis zum meinem Lebensende beobachten.
Er selbst brauche es, dass er offensiv mit seiner Sucht umgehe, dass er darüber rede und schreibe. Er brauche es, eine Selbsthilfegruppe zu haben und sich wöchentlich mit anderen Glücksspielsüchtigen zu treffen. Das Schöne an diesem offensiven Bekenntnis zur Sucht sei, dass er noch keine negative Reaktion darauf erhalten habe.
Zum Glücksspiel ist Sender gekommen, weil es für ihn dieselben Funktionen erfüllte wie die Alkoholsucht: Flucht vor der Realität, vor unangenehmen Gefühlen. Statt sich Problemen oder Konfliktsituationen zu stellen, spielte er lieber Poker im Internet. „Ich gestand mir meine unangenehmen Gefühle nicht zu, sagt Sender, „und hatte arge Probleme, sie überhaupt wahrzunehmen. Immer, wenn es mir nicht so gut ging, hatte ich ja meine Dosis ‚Instantglück‘, nämlich das Glücksspiel.
Vor seiner Frau Gisela konnte er die Summen, die er verspielte, verstecken, indem er die Einsätze ausschließlich von seinem Geschäftskonto bezahlte. „Ich fiel aus allen Wolken, als Kai mir eines Tages seine Online-Zockerei gebeichtet hat, meint Gisela Sender. Spieler seien eben auch Schauspieler und würden ebenfalls mit den Menschen um sie herum spielen. Während Kai auf Rat seiner Ärztin in eine geschlossene Einrichtung der Psychiatrie ging, suchte Gisela sich vergeblich Hilfe. „Die Angebote für Angehörige von Süchtigen waren zu dem Zeitpunkt, kurz vor Weihnachten, nicht erreichbar. So war es sehr mühsam, Informationen über die Glücksspielsucht zu erhalten.
Über diese Anfangszeit und das erste Jahr der Spielfreiheit darauf berichten beide sehr offen in ihrem Buch „Unser Suchtbericht." Sie erzählen von ihrer jeweils eigenen Angst, ihren Hoffnungen und dem Weg, den beide bis heute gehen. Ihr Suchtbericht macht Mut, sich der Sucht zu stellen und den Kampf aufzunehmen.
Und was ist das Bemerkenswerte an diesem grandiosen ersten Buch von den Senders?
Ganz einfach: Ich erzähle aus meiner Sicht, also der des Süchtigen, wie in einem Tagebuch, und meine Frau berichtet aus ihrer Sicht der Angehörigen eines Suchtis.
Was musste sie alles lernen und umsetzen? Wie ist ihre Selbsthilfegruppe entstanden, wie verzweifelt und hilflos war sie?
Ich denke, Angehörige werden bei dem Problem der Sucht generell nicht genügend beachtet. Alles dreht sich um den Süchtigen. Die Angehörigen aber werden oft alleingelassen mit ihrer Angst und Hilflosigkeit. Deshalb freue ich mich darüber, dass Gisela hier aus ihrer eigenen Sicht berichtet.
In diesem zweiten Buch nun geht es um die Dinge, Menschen, Begegnungen, Themen, die wir erlebt haben, nachdem ich meine Therapie gemacht hatte und ein Jahr lang schon wieder zuhause war.
Also, fangen wir an.
Der Kai und seine Gisela. Oder die Gisela und ihr Kai.
Alter, stress mich nicht
Ich finde es stets aufs Neue interessant, dass viele Süchtige sich fragen, warum sie getrunken, gespielt (gesoffen, gezockt) oder welche Droge auch immer zugeführt (sonst was eingeschmissen) haben, und dann Sätze sagen wie „ich verstehe das nicht, ich bin doch nicht dumm".
Sie kommen nicht einmal auf die Idee, dass ihre Sucht nichts mit ihrer Intelligenz (Mutter Erde sei Dank!) zu tun hat. Wenn es also nicht die Überlegung, das Denken, die (mangelnde) Intelligenz ist, die mich in die Sucht gebracht hat – was ist es dann?
Es ist die unbekannte Welt der Gefühle. [Ich nehme hier jetzt mal keine Rücksicht auf die anderen Bedingungen bei der Entstehung einer Sucht wie Umweltbedingungen, Kultur usw.]
Diese Gefühle zu entdecken, ist für viele Menschen derart schwierig, dass sie erstmal so tun, als hätten sie gar keine.
Nun hat es beim Vogel Strauß schon seltenst funktioniert, einfach den Kopf in den Sand zu stecken, wenn eine Auseinandersetzung droht. Da klappt es beim Menschen schon gar nicht. Also bleibt nur, weiterhin die Bedeutung der Gefühle entweder nicht wahrzunehmen oder sie zu negieren. Das klingt komisch. Ist aber so.
Ich habe das bis heute immer wieder erlebt: Manche Süchtige, die schon länger spielfrei, trocken, abstinent sind, trauen sich immer noch nicht, sich mal vorsichtig an dieses beängstigende Gefühlsreich heranzupirschen. Es ist auch sehr schwer,